7.15 - Entscheidungen von Mona

7.15 - Entscheidungen von Mona

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Story Bemerkung:

Co-Autor war red-eyes
Als der Radiowecker ansprang, schliefen Joey und Pacey noch fest. Leise drang Musik aus dem Lautsprecher. Pacey wurde langsam wach und erkannte ‚When You Say Nothing At All‘ von Ronan Keating. Schnell schaltete er den Wecker aus, denn er wollte Joey nicht wecken. Er drehte sich zu ihr um. Sie lag mit dem Gesicht zu ihm und schlief noch. Offensichtlich hatte sie den Wecker nicht gehört. Er sah sie an und musste lächeln. Joey sah so süß aus, wenn sie schlief, und so unbeschwert. Er hatte überhaupt keine Lust aufzustehen, und sah seiner Freundin noch einige Minuten beim Schlafen zu.

Später stand Pacey dann leise auf. Nur mit Shorts bekleidet ging runter in die Küche und stellte die Kaffeemaschine an. Danach ging er wieder die Treppe hoch ins Obergeschoss und ins Bad. Er zog sich aus, betrat die Dusche und drehte das Wasser auf. Das kalte Wasser weckte seine Lebensgeister. Er schüttelte sich, regulierte jetzt die Wassertemperatur und duschte sich.

Joey wachte langsam auf. Noch halb im Schlaf streckte sie ihren Arm aus, doch der Platz neben ihr war leer. Verschlafen blinzelte sie zum Wecker rüber. Die digitale Uhr sprang gerade auf 7:13 Uhr. Während sie langsam das zerwühlte Bett verließ, merkte sie, wie ihr übel wurde. Schnell rannte sie ins Nebenzimmer. Sie sah weder Pacey in der Dusche, noch hatte sie Augen für sonst irgendwas. Sie schnellte direkt zur Toilette, klappte den Deckel auf und übergab sich. Danach drehte sie sich um und sah Pacey vor sich stehen. Nackt wie Gott ihn geschaffen hatte, nass und mit besorgtem Blick.

„Geht schon wieder“, griff sie ihm vorweg. Sie wusste was er fragen wollte. Sie blickte an sich herunter und betrachtete ihren Bauch. Langsam aber sicher wurde er immer runder. „Sieh‘ mich an, ich werde immer dicker und hässlicher“, meinte sie frustriert.

„Jo, du bist doch nicht hässlich.“ Pacey streichelte zärtlich Joeys Bauch. „Du bist wunderschön und ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch“, flüsterte sie ihm leise zu, dann drehte sie sich um, ging zum Waschbecken und putzte sich die Zähne.

Pacey duschte zu Ende und trocknete sich dann ab. Während er sich gerade die Haare trocken rubbelte, ging Joey unter die Dusche. Pacey putzte sich die Zähne und rasierte sich danach. Dann verließ er das Bad und zog sich an.

Als Joey die Treppe runterkam, roch sie schon den frischen Kaffee. Sie betrat die Küche und sah, dass sich Pacey um das Frühstück gekümmert hatte. Auf dem Küchentisch lagen ein paar Croissants in einem Körbchen, aus dem Toaster sprangen gerade zwei goldgelbe Toasts raus. Konfitüre, Käse und Erdnussbutter waren ebenfalls vorhanden und dann stand noch eine Packung Cornflakes auf dem Tisch.

„Ich bin dafür, dass du ab jetzt immer das Frühstück machst. Du verwöhnst uns ja richtig“, meinte Joey jetzt etwas fröhlicher. Sie ging zu Pacey und küsste ihn.

„Wenn ich dafür immer eine Belohnung wie eben erhalte ...“, gab er grinsend zurück.

Sie erwiderte sein Grinsen.

Während Pacey ausgiebig frühstückte, aß Joey nur zwei Toasts mit Konfitüre und trank eine Tasse Kaffee. Sie hatte nicht so einen großen Hunger.

Als sie mit dem Frühstück fertig waren, stellte Pacey das Geschirr in die Geschirrspülmaschine. Er verabschiedete sich von Joey und versprach ihr, bald wieder zu Hause zu sein.

Pacey erwartete wieder eine größere Lieferung an Getränken und Nahrungsmitteln, da für den Abend eine größere Feier geplant war. Ein Gast wollte im Icehouse seinen Geburtstag feiern.

Und da Ashley jetzt die Geschäftsführerin des Restaurants war, musste Pacey ihr noch einiges zeigen. Bestellungen, Warenannahme, Buchhaltung und noch einiges mehr. Es würde noch etwas dauern bis sie das Restaurant alleine führen konnte.

***

Doug wurde von seinem Wecker abrupt aus dem Schlaf gerissen. Er hatte die ganze Nacht kaum ein Auge zugemacht, weil er an Jack dachte. Er wusste nicht, wie er ihm helfen konnte, denn Jack wollte keine Hilfe annehmen. Zurzeit konnte man überhaupt nicht mit ihm reden. Doug schaltete den Wecker aus und stand auf. Er ging zu Amy, um nach ihr zu sehen. Sie schlief noch fest. Er stellte sich leise neben das Bettchen und beobachtete sie eine Weile. Sie sah so niedlich und knuffig aus. Nach einem kurzen Augenblick verließ er das Zimmer wieder.

Er ging ins Badezimmer und duschte sich. Nach wenigen Minuten verließ er die Dusche und trocknete sich ab. Er putzte sich die Zähne und rasierte sich. Als er sich angezogen hatte, verließ er das Haus ohne zu frühstücken. Er wollte nicht auf Jack treffen, denn sie würden ja eh nur wieder aneinandergeraten.

Jack wurde durch das Geräusch der zufallenden Tür geweckt. Verschlafen rieb er sich die Augen. Er hatte keine Lust aufzustehen, denn dann würde er ja nur wieder Doug begegnen und der meckerte in letzter Zeit nur noch herum. Er verstand einfach nicht, dass Jen zu seinem Leben gehörte.

Jack hatte kaum an sie gedacht, als sich die Tür öffnete und Jen das Zimmer betrat. Sofort besserte sich seine Laune und er begann zu lächeln. Er freute sich, seine Seelenverwandte wieder zu sehen. Er stand auf und ging zu ihr hinüber.

„Hi Jen, schön dich zu sehen. Ich wollte mich gerade um deine kleine Tochter kümmern. Komm doch mit zu Amy“, forderte er sie auf.

„Hi Jack, natürlich komme ich mit zu Amy. Ich habe sie ja schon länger nicht mehr gesehen“, meinte Jen.

Jack wollte noch etwas sagen, doch da hörte er Amy durchs Babyfon. Er ging mit Jen in Amys Zimmer. Die Kleine war offensichtlich gerade aufgewacht. Er hob sie hoch und schaukelte sie ein wenig. Sofort hörte sie auf zu schreien.

„Jen, kannst du bitte kurz auf Amy aufpassen? Ich würde dann eben unter die Dusche springen und mich dann um ihren Babybrei kümmern“, fragte er sie.

„Selbstverständlich bleibe ich hier bei Amy. Sie ist schließlich meine Tochter.“

Jack legte Amy in ihr Bettchen und beugte sich zu ihr runter. „Hast du gehört? Deine Mom wird jetzt auf dich aufpassen, während ich mich um dein Essen kümmere“, sprach Jack zu der Kleinen, doch Amy fing an zu weinen. „Warum weinst du denn? Ich bin doch gleich wieder bei dir“, sagte Jack.

Amy wurde wieder leiser.

„Ich kümmere mich schon um sie“, beruhigte Jen ihn. „Du kannst jetzt ruhig duschen gehen.“

„Danke, Jen“, bedankte er sich bei Jen und verließ das Zimmer.

Jetzt fing Amy lauter an zu weinen. Jack lief sofort zurück zu ihr und hob sie aus dem Gitterbett. Er sprach ruhig mit ihr und Amy wurde wieder still. Jack wusste nicht, was mit ihr war und sah Jen nur fragend an.

So gingen sie zusammen in die Küche und Jack kümmerte sich um das Frühstück.

***

„Wo ist nur mein rechter Schuh?“, verzweifelt drehte Ashley sich ein paar Mal um die eigene Achse, um dann die Treppe hinauf zu stürzen. Wo war nur ihr verdammter, schwarzer Stöckelschuh? Wegen dieser dämlichen Suche kam sie bestimmt zu spät! Die Blondine trug eine schicke Hose mit Nadelstreifen, zu der die Schuhe perfekt passen würden, wenn sie das verdammte Ding nur finden würde!

„Was ist denn?“, ertönte es von unten. Justin saß in der Küche und genoss bei einer Tasse Kaffee die Morgenzeitung, während Ashley durch das ganze Haus hetzte und Stress hatte.

Natürlich war Ashley für den Job dankbar, aber so früh aufgestanden war sie schon lange nicht mehr. „Mein Schuh macht Urlaub und ich weiß nicht wo!“, jammerte Ashley und sah unter dem Bett nach. Fehlanzeige. Kein schwarzer Stöckelschuh.

„Wo hast du ihn zum letzten Mal gesehen?“, fragte Justin und blätterte gelassen vom Wirtschaftsteil zur Politik um.

„Im Laden?“, Ashley richtete sich auf und lief zum begehbaren Kleiderschrank. Endlich erblickte sie ihn, wie er, halb mit einem hellblauen Pulli zugedeckt, auf dem Boden lag.
Ashley warf sich auf ihn. Erleichtert sang sie: „E-e-endlich!“ Hocherfreut zog sie sich den Schuh an und kam wieder zurück in die Küche, wo Justin seelenruhig Zeitung las. Leise kam die neue Single von The Corrs aus dem Radio, aber der irische Pop konnte Ashley nicht beruhigen, sie war einfach viel zu spät dran! Schnell nahm sie ihre Tasse Kaffee vom Küchentisch und trank einen Schluck. Fast verschluckte sie sich und zusätzlich verschmierte ihr zarter, rosa Lippenstift, aber sie beschloss, sich die Lippen im Auto nachzuziehen. Dann eilte sie zur Spüle, stellt die Tasse weg und suchte in ihrer Handtasche nach dem Lippenstift, damit er nicht zu Hause liegen blieb und sie ohne geschminkte Lippen arbeiten gehen musste.

„Gott, Ashley, hör auf damit, von einem Ende zum anderen zu laufen!“, meinte Justin, der immer noch die Ruhe weg war und einen Schluck Kaffee nahm. Er faltete die Zeitung zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Nur, weil du zu Hause arbeitest und ohne weiteres nur noch im Schlafanzug herumlaufen könntest, brauche ich nicht zu spät zu kommen. Okay, Schatz?“, erwiderte Ashley und hängte sich die Tasche um die Schultern. Der Lippenstift war drin, alles war gut.

Justin schnaubte und tat so, als wäre er beleidigt, aber seine Frau hatte ja Recht. Er war durch seine Arbeit jetzt ungebundener, während Ashley nicht tun und lassen konnte was sie wollte, seit Pacey ihr den Job angeboten hatte.

„Zum Mittagessen kannst du dir die Spaghetti mit Hackfleischsoße von gestern aufwärmen oder bestell dir was – aber keine Pizza! So gut für die Gesundheit ist das Zeug nicht und deshalb solltest du es nicht jeden Tag in dich reinstopfen!“, mahnte Ashley und zupfte ihr blutrotes Oberteil zurecht. „Bestell dir, wenn du unbedingt willst, Chinesisch, aber nichts Italienisches, du hast ja noch die Pasta vom gestrigen Abendessen!“

„Schon klar, Ash, ich bin doch kein kleines Kind mehr!“, beschwerte Justin sich und trank seine Tasse Kaffee aus.

„Oh, man weiß bei dir nie. Vielleicht kann ich uns heute Abend auch was zu Essen machen, aber verlass dich nicht drauf, du kannst dir ja im Supermarkt irgendwas ... Gesundes ... zum Essen holen – keine Tiefkühlpizza!“

„Schon klar, Ashley!“

„Gut. Ähm, ich komme heute außerdem später heim. Ich habe noch die Therapie Sitzung nach der Arbeit, darum werde ich wohl keine Zeit zum Kochen finden“, erklärte Ashley und überlegte noch schnell, ob Justin mehr Anweisungen brauchte. Aber wahrscheinlich hörte er ihr eh schon nicht mehr zu.

„Da du ja eh nichts zu tun hast, wäre es nett von dir, wenn du dich um die Schmutzwäsche kümmern könntest. Ansonsten ... keine Pizza!“ Ashley gab ihn einen Kuss auf die Wange. „Bis heute Abend!“

„Ja, ja, bis dann!“, verabschiedete auch Justin sich.

Ashley seufzte, zupfte noch einmal ihr Outfit zurecht und ging dann aus dem Haus, in der Hoffnung, doch noch pünktlich zu kommen.

***

Dawson saß an diesem Morgen in „Gellar’s Coffeeshop“ und genehmigte sich Kaffee, French Toast und die Los Angeles Times als Morgenlektüre. Während er den Sportteil las und an seinem Kaffee nippte, freute er sich auf seinen freien Tag. Die Sonne strahlte über L.A. und als Dawson sich den Börsennachrichten zuwenden wollte, zerstörte das Handy seine Entspannung. Er setzte die halb leere Tasse ab, legte die Zeitung weg und nahm den Anruf widerwillig entgegen: „Dawson Leery, hallo?“

„Hi D., hier Jeremy!“

Dawson grinste: „Jerry, lang nichts mehr von dir gehört!“

Jeremy Donovan hatte in den letzten Jahren mit Dawson zusammen gearbeitet und drehte jetzt Dokumentarfilme und machte künstlerisch angehauchte Fotos für Zeitschriften.

„Weißt du, was ich gerade erfahren habe?“, fragte Jeremy, während er am anderen Ende der Leitung genüsslich Kaugummi kaute.

„Nein, schieß los.“ Dawson nippte an seinem Kaffee.

„Justin fotografiert nur noch in Capeside“, ließ Jeremy die kleine Bombe platzen.

Dawson hob erstaunt seine Augenbrauen an: „Justin Harper?“

„Jap. Es ist einfach unglaublich! Er hat schon mit so vielen wunderbaren und berühmten Menschen zusammengearbeitet und nun müssen diese wunderbaren und berühmten Menschen zu ihm in dieses kleine Kaff – nichts für ungut, D. -, weil der gute Herr nicht dauernd nach New York oder Los Angeles reisen will, um Geld zu verdienen!“, erklärte Jeremy aufgeregt.

„Das ist merkwürdig, findest du nicht?“, fügte er hinzu, nachdem Dawson nichts antwortete, weil er in eine Überlegung versunken war.

„Doch, doch, du hast vollkommen Recht. Lässt er sich denn gar nicht dazu bewegen, seiner Kundschaft entgegen zu kommen?“, fragte Dawson und nahm einen Schluck von seinem Kaffee.

„Überhaupt nicht! Justin vermasselt sich seine ganze Zukunft, wenn er so weitermacht!“, empörte sich Jeremy. „Unsereins muss sich hier den Arsch aufreißen, um täglich von L.A. nach New York zu jetten und er macht sich ein schönes Leben in einem abgelegenen Städtchen.“

Dawson trank hastig seinen Kaffee aus und erwiderte dann: „Soll ich vielleicht mit ihm reden? Ich hatte eh vor, mal wieder Capeside zu besuchen, dann könnte ich ihm doch gleich erklären, warum es idiotisch ist, sich bei so was selbst im Weg zu stehen.“

„Ja, Kumpel, tu das. Ich muss jetzt aufhören, mein Flug nach Miami geht gleich. Man sieht sich, okay?“, sagte Jeremy.

„Gut, bis dann. Und danke für die Informationen!“, antwortete Dawson und legte auf. Einen Moment blieb er ruhig sitzen, dann verstaute er das Handy in seiner Jackentasche, legte ein paar Dollar für den Kaffee und den French Toast auf den Tisch, schnappte sich die Zeitung und beeilte sich dann, zum Flughafen zu kommen.

Vielleicht hatte er ja so viel Glück, Justin davon zu überzeugen, dass es falsch war, in Capeside zu bleiben, denn Stars kamen für gewöhnlich nicht den weiten Weg von ihren Hollywood Residenzen nach Capeside, nur um zwei, drei Stunden zu arbeiten. Landschaftsbilder konnte Justin fotografieren, so oft er wollte, aber das aufregende Großstadtleben, das seine Kunden sehen wollten, bekam er nicht vor die Linse.

Dawson nahm sich ein Taxi und ließ sich zum Flughafen fahren. Auf den Weg dorthin machte er ein paar Telefonate, um sich ein Ticket zu besorgen. Außerdem warnte er Gale vor, dass ihr Sohn kommen würde, falls das mit Justin länger dauern würde und damit Dawson dann irgendwo im Leery Haus übernachten konnte. Denn das mit Justin konnte lange dauern. Er könnte stur werden und es nicht einsehen und Dawson wollte nicht grundlos kommen, er wollte was erreichen. Ja, es konnte sehr lange dauern.

***

Kurz nach Mittag verließ Jack die Schule. Seine Schüler hatten heute nach fünf Stunden frei gehabt. Das hatte ihm aber auch gereicht. Die letzte Stunde war schlimm gewesen. Seine Schüler hatten überhaupt nicht aufgepasst und waren in Gedanken überall, nur nicht beim Thema gewesen. Dabei war seine Literaturklasse sonst immer relativ begeistert von seinem Unterricht. Jedenfalls hatte Jack das Gefühl, dass es so war.

Nun saß er gerade im Wagen und war auf dem Weg nach Hause. Wenn Jack und Doug beide vormittags arbeiten mussten, passte eine Babysitterin auf Amy auf. Sie machte das schon länger und sie war gut und zuverlässig.

Plötzlich hörte Jack einen Knall und der Wagen ließ sich fast gar nicht mehr steuern. Er hatte große Mühe den Mustang auf dem Seitenstreifen zum stehen zu bekommen.

„Das hätte ins Auge gehen können“, sagte er laut zu sich selbst. Jack stieg aus und ging um das Auto herum. Sein linker Vorderreifen war geplatzt. „Mist!“, fluchte er und ging nach hinten.

Er öffnete den Kofferraum und holte das Reserverad und den Wagenheber heraus. Er brachte beides nach vorne, bockte den Wagen auf und wechselte das Rad. Dann deponierte er das ausgewechselte Rad im Kofferraum und legte den Wagenheber dazu. Da Jack sich beim Reifenwechseln die Hände verschmutzt hatte, ging er zum Beifahrersitz und öffnete das Handschuhfach. Dort hatte er ein Päckchen Tempos liegen. Er nahm eins und wischte sich die Hände ab. Jetzt ging er ums Auto herum und stieg wieder ein. Da erschrak er, denn Jen saß auf dem - eben noch leeren - Beifahrersitz.

„Jen, Mensch, hast du mich aber erschreckt“, sprach er zu ihr. „Hättest du nicht ein paar Minuten früher kommen können? Dann hättest du mir beim Reifenwechsel helfen können.“

Jen lachte ihn an – oder war es aus? „Dann ist es ja gut, dass ich nicht früher hier war“, meinte sie und knuffte ihn leicht auf die Schulter.

Er schüttelte seinen Kopf und fuhr los. Wenige Minute später waren sie zu Hause. Jack stellte das Auto beim Haus ab, und sie gingen hinein. Im Wohnzimmer saß die Babysitterin und spielte mit Amy. Sie blickte auf und sah Jack.

„Hallo Mr. McPhee. Amy ist einfach niedlich“, sagte sie und stand auf. „Ich habe sie vor einer Stunde gefüttert. Sonst ist nichts passiert. Alles in Ordnung.“

Jack nickte freundlich und ging zu Amy. Man sah der Kleinen an, dass sie sich freute ihren Vater zu sehen. Er nahm Amy hoch und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Auch er freute sich wieder bei ihr zu sein. Kurze Zeit später verließ die Babysitterin das Haus, nachdem Jack sie bezahlt hatte.

Jack nahm Amy und ging mit ihr zurück ins Wohnzimmer. Jen folgte ihnen. Sie setzten sich auf die Couch und Jack setzte die Kleine ab. „Sie wird dir immer ähnlicher“, meinte Jack zu Jen. „Wenn ich sie sehe, muss ich immer an dich denken.“

„Dann vergisst du mich wenigsten nicht“, erwiderte Jen spaßig.

„Als ob ich dich jemals vergessen könnte.“

Doch während sich Jack mit Jen unterhielt, wurde Amy langsam quengelig. Jack nahm sie hoch und drückte sie vorsichtig an seine Brust. Er wippte mit ihr langsam hin und her. „So ... ist ja schon wieder gut. Was ist denn mit dir? Hast du Hunger? Oder willst du zu deiner Mom?“, fragte er die Kleine.

Er wandte sich an Jen: „Ich weiß auch nicht was Amy heute hat. Sie war heute Morgen schon so komisch. Vielleicht sollte ich mit ihr mal zum Arzt gehen.“

„Ich würde erst noch ein wenig warten, vielleicht beruhigt sie sich ja. Und wenn nicht, kannst du morgen immer noch den Doc aufsuchen.“

Damit war Jack einverstanden. Er ging mit Amy ein wenig auf und ab und unterhielt sich mit ihr und Jen. Da fing Amy an zu weinen.

„Amy, was ist denn nur los mit dir?“, fragte er besorgt, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. Er drehte seinen Kopf zu Jen hin. „Weißt du vielleicht was sie haben könnte?“

Jetzt wurde Amy noch lauter und heulte erst richtig los. Jack konnte sie gar nicht mehr beruhigen. Amy brauchte seine volle Aufmerksamkeit. Er kümmerte sich nur noch um sie und ihm fiel zuerst gar nicht auf, dass Jen verschwunden war. Nur ganz langsam beruhigte sich Amy ein wenig.

***

Pacey war auf dem Weg nach Hause. Er hatte Ashley einiges im Restaurant gezeigt, so dass sie vorerst alleine auskommen sollte. Und wenn sie irgendein Problem hatte, konnte sie ihn ja anrufen. Als er an einem Baumarkt vorbeifuhr, hielt er an. Er wollte ja noch Farbe für das Haus kaufen. Er hatte sich mit Joey auf einen Cremeton geeinigt. Nur nicht ganz Weiß. Also kaufte er einige Eimer weiße Farbe und einen kleinen Eimer mit brauner Farbe. Wenn sie das mischten würde es einen warmen Cremeton geben. Zusätzlich kaufte er noch mehrere Pinsel und Rollen in verschiedenen Größen. Er hoffte ja, dass ihnen die Freunde ab und zu helfen würden.

Anschließend fuhr Pacey nach Hause. Er parkte auf dem unbefestigten Parkplatz vor dem Haus. Er stieg aus, öffnete den Kofferraum und holte die Farbeimer, Pinsel und Rollen heraus. Nachdem er alles hinter das Haus gebracht hatte, ging er durch die Hintertür ins Haus und suchte Joey. Er fand sie schnell, denn sie saß im Wohnzimmer in der Fensternische und starrte nach draußen.

Pacey sah sie einen Augenblick an. Sie sah so süß aus, wie sie dort in der Nische saß. Dann ging er auf sie zu. Kurz bevor er sie erreichte, drehte sie ihren hübschen Kopf und sah ihn lächelnd an. Er setzte sich zu ihr.

„Hi, Joey. Wie geht’s dir denn gerade?“, fragte er sie.

„Im Moment ganz gut. Ich habe heute Vormittag noch gearbeitet und sitze seit einigen Minuten hier und blicke nach draußen. Das ist herrlich entspannend und baut den Stress ab“, beantwortete sie ihm seine Frage.

Pacey blickte sie an. Er fing an zu lächeln und streichelte ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Ein wohliger Schauer lief Joey über den Rücken. Pacey blickte auf ihren Mund. Ihre Lippen öffneten sich leicht. Langsam kamen sich ihre Gesichter immer näher, es war eine magische Anziehungskraft zwischen ihnen. Und dann lagen sie sich in den Armen und küssten sich innig. Der Kuss dauerte sehr lange ...

Als sie sich wieder voneinander lösten meinte Joey grinsend: „Danke, Pace. So entspanne ich mich noch lieber.“

„Meinetwegen könnten wir so den ganzen Nachmittag, was sage ich denn, den ganzen Tag und die ganze Nacht verbringen“, meinte Pacey, schelmisch lächelnd.

Joey gefiel der Gedanke ebenfalls. Doch leider mussten sie sich ja auch noch ,nebenbei‘ um das Haus kümmern. Sie wollten, dass es möglichst schnell schön aussah.

Beide gingen nach draußen.

Es war schon Nachmittag als Pacey und Joey begannen das Haus zu streichen. Pacey hatte die Farben gemischt, bis ein Cremeton erreicht war, der beiden gefiel. Dann mischte er noch einen dunkleren Farbton für die Fensterrahmen und Türen.
Er nahm eine Rolle, die helle Farbe und begann auf der Ostseite die Fassade zu streichen. Joey hatte nach einem Pinsel gegriffen, nahm die dunklere Farbe und kümmerte sich um die Fensterrahmen.

Sie waren ca. eine Stunde schon mit dem Streichen beschäftigt, als Paceys Schwester Gretchen auftauchte. Sie hatte an der Tür geklingelt. Und als niemand geöffnet hatte, war sie um das Haus herumgegangen und so auf Joey und Pacey gestoßen. Spontan bot sie ihnen ihre Hilfe an. Dabei konnten sie ja reden. Sie nahm eine Rolle und begann, ihrem Bruder bei der Fassade zu helfen.

Etwa ein bis zwei Stunden später, während alle schwitzend am Streichen waren, klingelte Joeys Handy. Joey legte den Pinsel an die Seite und ging zum Telefon, welches auf einem Tisch in der Nähe lag.

„Potter ... hallo ... was denn, schon übermorgen? Aber der Termin war doch erst nächste Woche! ... vorgezogen? ... Ja, ich werde es schon irgendwie schaffen.“ Damit beendete sie das Gespräch.

Pacey war von der Leiter gestiegen und zu ihr hingegangen.

„Das war meine Chefin. Die haben einfach den Termin vorgezogen. Jetzt muss ich bis übermorgen fertig sein. Ich weiß gar nicht wie ich das schaffen soll“, sagte sie aufgeregt. Sie wollte ins Haus gehen, um sich etwas zum Trinken zu holen, als ihr schwindelig wurde. Pacey konnte sie gerade noch festhalten, sonst wäre sie vielleicht gestürzt. Besorgt führte er sie zu einem Stuhl, wo sie sich hinsetzte.

Gretchen war inzwischen ins Haus gelaufen, hatte eine Flasche Mineralwasser geholt und sie Joey gegeben.

Während Joey trank, sahen sich die Geschwister unruhig an.

„Joey, wir fahren jetzt am besten zum Arzt“, meinte Pacey. Als er sah, dass Joey widersprechen wollte sagte er noch: „Nur zur Vorsicht.“

Auch Gretchen pflichtete ihm bei.

Pacey brachte Joey zum Wagen, öffnete ihr die Beifahrertür und half ihr beim einsteigen. Gretchen wollte gerade auf der Rückbank Platznehmen als ihr Bruder sie stoppte und sie bat hier zu bleiben. Nur widerwillig ließ sie sich überreden.

Während Pacey in das Auto stieg und wegfuhr, ging seine Schwester nach hinten, räumte auf und brachte Rollen, Pinsel und die Farbe rein, damit nicht alles eintrocknete und unbrauchbar wurde.

***

Pacey und Joey saßen im Wartezimmer des Arztes. Zeitgleich mit ihnen war noch ein Pärchen angekommen. Außerdem saßen hier noch vier weitere Patienten. Drei Frauen und ein Mann. Da es sich um einen Frauenarzt handelte, war der Mann bestimmt die Begleitung von einer der Frauen. Also waren noch drei Patientinnen vor ihnen dran. Eine Frau wurde aufgerufen und sie verließ mit dem Mann das Wartezimmer.

Joey hatte sich eine Zeitschrift genommen und las die Artikel. Pacey hatte da keinen Kopf für. Er machte sich Sorgen um seine Freundin. Er sah sich ein wenig um. Hier war alles in weiß gehalten. Die Wände, die Decke, die Tür und die Fensterrahmen. ‚Typisch Praxis’, dachte er sich. Da klingelte ein Handy. Es war das von Joey. Sie holte es aus ihrer Tasche und stand auf. Während sie den Raum verließ, nahm sie das Gespräch entgegen. Pacey blieb sitzen und schüttelte seinen Kopf. Hoffentlich wurde das nicht alles zuviel für sie.

Während Joey telefonierte, wurde die nächste Frau aufgerufen. Mit ihr stand die Frau neben ihr auf und beide verließen den Warteraum.

Einige Minuten später hörte Pacey Joey lauter werden. Dann wurde es still und wenige Sekunden später kam sie wieder herein. Genervt nahm sie neben ihrem Freund Platz.

„Die spinnen doch mit ihren Extrawünschen“, meinte sie aufgebracht.

Pacey versuchte sie zu beruhigen, aber sie war zu aufgeregt. Es dauerte eine Weile bis sich Joey wieder beruhigt hatte.

„Vielleicht solltest du ein paar Tage Urlaub nehmen. Dann könntest du dich entspannen. Mit dem Streichen des Hauses komme ich auch alleine klar“, meinte er.

Joey sah ihn liebevoll an. Pacey war so süß, wenn er sich sorgte. „Das wird nicht nötig sein. Aber es ist nett, dass du dir Sorgen machst“, erwiderte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

Pacey wollte noch etwas sagen, aber da wurde Joey aufgerufen. Gemeinsam verließen sie den Warteraum und wurden in ein anderes Zimmer geführt. Während sie auf den Arzt warteten nahm Pacey noch mal das Thema auf.

„Willst du nicht doch versuchen Urlaub zu nehmen?“, fragte er sie erneut.

Doch Joey hielt es nicht für notwendig. Sie hatte eh nur noch Arbeit für vier bis fünf Wochen. Ab dann, so hatte sie mit ihrer Chefin ausgemacht, würde sie eine längere Pause einlegen.

Wenige Minuten später betrat der Arzt das Zimmer.

„Miss Potter, Mr. Witter, was führt Sie zu mir?“, fragte er.

Joey wollte sich gerade erklären, als Pacey ihr jedoch zuvorkam. „Joey ist vorhin schwindelig geworden und wir wollten kein Risiko eingehen“, meinte er zum Doktor.

Der Arzt runzelte die Stirn und musste dann kurz schmunzeln. Die Sorte überfürsorglicher Ehemann bzw. Freund kannte er ja schon. Da war Pacey nicht der Erste und er würde bestimmt auch nicht der Letzte sein.

„Ähm ...“, kam es da von Joey.

„Ja, Miss Potter?“, fragte der Arzt.

„Das war nicht das erste Mal. Gestern ist mir auch kurz schwindelig geworden, aber da danach wieder alles in Ordnung war, habe ich nichts gesagt.“

Pacey sah sie vorwurfsvoll von der Seite an, schwieg aber.

Der Arzt untersuchte sie gründlich. Nach einer knappen Viertelstunde, die Pacey und Joey wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, war er fertig. Joey zog sich wieder an. Erwartungsvoll blickten beide den Mann im weißen Kittel an.

„Ihre Werte sind ein wenig erhöht. Hatten Sie vielleicht viel Stress oder Aufregung in letzter Zeit“, fragte sie der Arzt.

Joey musste die Frage bejahen. Erst der Streit mit Pacey, dann den Ärger mit den Wasserrohren. Hinzu kam der Stress mit der Arbeit. Sie hatte kaum Zeit, um sich auszuruhen.

„So was in der Art dachte ich mir schon. Sie sollten möglichst jeden Stress vermeiden und auch nicht mehr so viel arbeiten. Ansonsten ist soweit alles in Ordnung“, meinte der Arzt.

Die beiden bedankten und verabschiedeten sich von dem Doktor und verließen die Praxis.

Schweigend gingen sie zum Auto. Pacey öffnete ihr die Tür und schloss sie auch wieder, nachdem sie eingestiegen war. Dann setzte er sich auf den Fahrersitz und fuhr los.

Nach einer Weile des Schweigens fing Joey an zu sprechen. „Na los, mach mir schon Vorwürfe. Ich weiß ja selber, dass ich Mist gebaut habe. Ich habe unser Baby gefährdet“, kam es aufgebracht von ihr. „Wie konnte ich nur so ...“, weiter kam sie nicht.

Pacey war auf den Seitenstreifen gefahren und hatte angehalten. Er legte seinen Zeigefinger auf ihren Mund und wischte dann mit demselben Finger eine Träne von ihrem Gesicht.

„Joey, bitte hör mir zu. Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen. Ich trage doch die meiste Schuld daran. Ich lasse dich viel zu oft alleine. Aber damit ist jetzt Schluss. Ich werde mit Ashley reden, dass sie sich mehr ins Icehouse einbringt. Wenn sie dann Fragen hat, kann sie ja immer noch anrufen. Ich werde mich ab sofort mehr um dich kümmern, du bist meine oberste Priorität. Und ich werde das Haus alleine weiter streichen. Du kannst ja dabei zusehen, wenn du willst“, erklärte er. Pacey sah ihr in die Augen und ergänzte dann noch: „Potter, ich liebe dich und unser Baby.“ Er streichelte zärtlich ihren Bauch. „Und ich möchte nicht, dass dir ... nein euch irgendwas passiert.“

Joey sah ihn liebevoll an. „Ich liebe dich auch“, erwiderte sie und küsste ihn auf den Mund.

***

Als Dawson am Haus der Harpers ankam, saß Justin gerade auf der Veranda und putze die Linse eines seiner Objektive. Wie er so auf einem Stuhl im Schatten saß und sich seinen Fotoutensilien widmete, nahm er Dawson erst gar nicht wahr, aber als der die Gartentür hinter sich schloss, ließ ihn das Geräusch aufsehen. Erstaunt sah er Dawson an: „Hi! Was machst du denn hier?“

„Hey, Justin. Ich bin gekommen, um mit dir für einen Moment zu reden.“ Dawson wanderte, mit den Händen in der Hosentasche, hinauf zur Veranda. „Kann ich mich zu dir setzen?“

„Klar, du bist ja schließlich schon hier“, meinte Justin und legte die Arbeit nieder.

„Gut.“ Dawson setzte sich neben Justin auf einen der Verandastühle und wiederholte: „Gut.“

„Also, was gibt’s?“, fragte Justin und blinzelte in die Sonne.

Dawson betrachte die Fotoausrüstung zu Justins Füßen: „Nette Kamera. Benutzt du sie oft?“

„Was für eine Frage! Natürlich! Sie war so teuer, ich kann sie ja wohl kaum in einen Schrank stellen und nicht benutzen. Wobei ...“, Justin fuhr sich durch die Haare und sah Dawson an. „Dir kann ich’s ja sagen. Die Geschäfte laufen nicht so gut, wie sie eigentlich sollten.“

„‘Ne Ahnung warum sie das nicht tun? Du bist doch wirklich gut!“, fragte Dawson nach, zufrieden, dass das Gespräch in die richtige Richtung ging.

„Ich weiß nicht.“ Justin räusperte sich. „Vielleicht, weil ich nicht so kompromissbereit bin, wie sie es gerne hätten. Ich verlasse Capeside nicht mehr zum Fotografieren.“

„Klar, Capeside ist wunderschön, aber wäre ich mein ganzes Leben lang nur hier gewesen, hätte ich jetzt nicht meine eigene TV-Serie“, bemerkte Dawson und sah sich um.

Justin hatte schon Recht, dass er die kleine Stadt nicht verließ, die Dawson’s Heimat war. Dennoch schob er sich damit Steine in den Weg, große Felsbrocken, die er nicht überwinden konnte, wenn er den großen Erfolg wirklich wollte.

Justin schwieg.

„Wie geht es Ashley?“, fragte Dawson nach.

„Ach, es geht. Seit sie diesen Job im Icehouse hat ist sie wahnsinnig gestresst. Irgendwie wurmt es mich ja schon – ich sitze zu Hause rum und warte auf Arbeit und sie ist die ganze Zeit im Restaurant“, beschwerte Justin sich und hoffte, dass wenigstens Dawson ihn verstand.

Dawson musterte ihn: „Und du hast nur für Ashley die Reisen eingeschränkt?“

„Was heißt hier ‚Reisen‘? Um die Welt gejettet bin ich ja nie. Aber es ist wirklich schon lange her, dass ich in ein Auto gestiegen bin, um ein paar Hundert Kilometer zu einem Fotoshooting zu fahren“, erwiderte Justin.

„Dann tu es doch. Ashley scheint es ja gut zu gehen, also pack die Kamera ein und mach dich auf den Weg. Schaden wird’s dir bestimmt nicht“, meinte Dawson optimistisch.

„Und Ash? Die versteht das nicht. Erst gebe ich es auf, meinen Klienten entgegen zu kommen, weil ich ruhig leben will und nun nehme ich wieder den Stress auf mich“, zweifelte Justin.

„Aber du liebst doch deine Arbeit! Dann arbeite!“, Dawson lächelte ihm aufmunternd zu. Dann erhob er sich: „Ich muss weiter. Will noch bei meiner Mutter reinschauen. Überleg’s dir.“

Dawson verließ das Grundstück und ließ einen nachdenklichen Justin zurück. Er wog seine Möglichkeiten sorgfältig ab, noch als Dawson schon lange weg war. Da war auf der einen Seite das ruhige Leben in Capeside, das glückliche Leben mit seiner Frau. Aber auf der anderen Seite war er der Mann in der Familie. So altmodisch es auch klang, aber es war unnatürlich, dass Ashley so von der Arbeit eingespannt war und er selbst kaum Aufträge bekam.

Das musste sich wieder ändern. Er nahm seine Kamera hoch und putzte weiter das Objektiv. Während er die Linse sauber polierte, meinte er bestimmt: „Ich muss es wirklich ändern. Koste es, was es wolle.“

***

Amy weinte, heulte und schrie abwechselnd und das schon eine ganze Weile. Jack versuchte sie zu beruhigen, aber ohne jede Aussicht auf Erfolg. Er wusste bald nicht mehr weiter. Er hatte auch nicht die geringste Ahnung, warum sie so unglücklich war. Jack hatte schon alles versucht, aber Amy weinte einfach weiter. Er hatte sie jetzt auf den Arm genommen und wippte mit ihr hin und her.

Jack drehte sich um und sah Jen durch die Tür hereinkommen.

„Jen, bitte hilf mir. Ich weiß nicht mehr weiter. Amy weint jetzt schon seit einigen Minuten“, bat er sie. „Ich schaffe es nicht, sie zu beruhigen.“

Jen starrte ihn nur an und jetzt fing die Kleine erst richtig an zu heulen. Jack ging mit ihr durch den Raum und sprach ihr leise ins Ohr: „Amy, was hast du denn?“

Doch das brachte alles nichts. Amy war einfach nicht zur beruhigen. Er war so mit der Kleinen beschäftigt, dass er gar nicht mitbekam, dass die Eingangstür ins Schloss fiel.

Dougs Schicht war zu Ende und er war nach Hause gekommen. Als er die Tür geöffnet hatte, hörte er Amy schon. Er stellte seine Tasche ab und ging gleich zu Jack und Amy.

„Was ist mit ihr?“, fragte er gleich besorgt und hauchte beiden zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange. Er streichelte Amy das verschwitze, feuchte Haar aus dem Gesicht. Fieber hatte sie scheinbar keins, auch wenn ihre Temperatur – vermutlich vom Weinen – erhöht schien.

„Ich hab nicht die geringste Ahnung. Sie weint jetzt schon so lange und wir haben es nicht geschafft sie zu beruhigen“, erklärte Jack aufgeregt.

„Wir?“, fragte Doug nur, doch Jack überhörte das.

Jack drehte sich zu Jen hin, doch sie war verschwunden.

„Kannst du sie bitte nehmen, ich werde mal beim Arzt anrufen. Vielleicht ist sie ja krank. Wir sollten da auf keinen Fall ein Risiko eingehen.“

Jack übergab Amy an Doug, der sich gleich um sie kümmerte und ihr einige beruhigende Worte ins Ohr flüsterte. Währenddessen hatte Jack nach dem Telefon gegriffen und war dabei die Nummer des Arztes zu wählen. Da hörte Amy plötzlich auf zu weinen. Erschöpft legte sie ihr kleines Köpfchen an Dougs Brust und wurde endlich leiser.

Jack legte den Hörer auf und ging zu Doug und Amy rüber. „Wie hast du das geschafft?“, fragte er seinen Lebensgefährten.

Doug hatte allerdings keine Erklärung dafür. Er hatte die Kleine kaum auf den Arm genommen und versucht sie zu beruhigen, als sie schon friedlich wurde.

„Nimmst du sie bitte einen Augenblick, ich wollte noch kurz mit Pacey telefonieren“, meinte Doug und gab sie Jack zurück. Er hatte sich gerade abgewendet und wollte zum Telefon gehen, als Amy wieder anfing zu weinen. Erstaunt sah er Jack an.

„Das ist doch nicht wahr“, meinte Jack deprimiert. „Weint sie denn nur bei mir?“

Wieder nahm Doug Amy und sie hörte wenige Sekunden später auf zu weinen.

Jack war geschockt. Abwesend verließ er den Raum und ging ins Schlafzimmer. „Es liegt an mir“, sagte er nur immer vor sich hin. Er schloss sich im Zimmer ein und fing an zu schluchzen. Er realisierte, dass er Amy verlieren würde - Jens Tochter.

Er bekam nicht mit, dass Doug an die Tür klopfte und ihn rief. Es war zuviel für Jack gewesen und er brach zusammen.

***

Dawson schlenderte am Abend langsam die Straße hinunter. Ganz Capeside war in eine sommerliche Stimmung versetzt und der Geruch von gegrilltem Fleisch lag in der Luft. Kinder spielten auf der Straße und von irgendwoher klang Vanessa Amorosis ‚Absolutely everbody‘.

Sein Ziel war das Icehouse, das heute mit kitschigen bunten Lampions dekoriert war. Trotz des Grillwetters waren viele unternehmungslustige Menschen in das Lokal gepilgert.

Dawson entdeckte Pacey, zusammen mit Joey, an der Bar. Joey wirkte niedergeschlagen, obwohl sie Pacey ihr strahlendes Halblächeln schenkte. Pacey sprach gerade beruhigend auf sie ein.

Dawson ging auf seine zwei besten Freunde zu. Pacey bemerkte ihn als Erster.

„Hey Alter!“, er grinste erfreut.

Joey fuhr herum und ihr Lächeln wechselte zu einem breiten Grinsen: „Dawson, was machst du denn hier?“

Sie stand kurz auf und umarmte ihn umständlich. Ihr Bauch war schon so umfangreich und sie hatte sich noch nicht ganz daran gewöhnt, die Leute nicht mehr ganz umfassen zu können.

„Ich wollte mich mit Justin Harper auf beruflicher Ebene unterhalten“, erklärte Dawson lächelnd.

„Oh, bei diesem Satz hast du dich sicher ganz erwachsen gefühlt“, stellte Pacey fest.

Joey, die sich wieder gesetzt hatte, stand schon wieder auf. Aufgeregt schlug sie vor: „Lasst uns zusammen essen, okay? Ich habe einen Bärenhunger!“

Dawson nickte. „Klingt gut“, meinte er und folgte Joey, die sich bereits einen Platz am Fenster ausgesucht hatte.

Pacey trottete den beiden hinterher und ließ sich neben Joey nieder. „Also, erzähl: Hat sich der Trip in die Heimat gelohnt?“, hakte Pacey neugierig nach. Ein Kellner brachte die Speisekarten an den Tisch und zündete eine dickbauchige Kerze in der Mitte des Tisches an.

Dawson zuckte mit den Schultern: „Ich hoffe es doch. Ich meine, Justin könnte sich seine Karriere kaputt machen, er muss sich darüber im Klaren werden.“

„So seid ihr L.A. Typen, nur die Karriere im Kopf“, grinste Joey und schmökerte in der Speisekarte. Da sie für zwei aß, hatte sie tierischen Hunger.

Dawson nickte: „Natürlich, Money makes the world go round. Und, wie ist es bei euch so gelaufen?“

Joey seufzte und legte die Karte weg: „Probleme, Probleme, Probleme! Es ist einfach zum Heulen.“

Pacey legte beschwichtigend den Arm um sie: „Nein, ist es nicht.“

Er wandte sich Dawson zu: „Sie darf nämlich nichts Schweres mehr heben oder das Haus streichen. So was zieht Frauen mächtig runter.“

„Wegen dem Baby?“, fragte Dawson nach.

„Ja. Es bringt meinen ganzen Plan durcheinander“, meinte Joey.

„Deinen ganzen Plan? Wolltest du etwa den Boden aus dem Wohnzimmer reißen und Fliesen verlegen?“, spöttelte Pacey.

Der Kellner kam zurück zum Tisch und Pacey bestellte zwei Bier für sich und Dawson und ein Glas Apfelsaftschorle für Joey.

Als der Kellner wieder verschwand, antwortete Joey gereizt: „Nein, aber ich kann so viele Dinge nicht mehr tun.“

„Aber doch nur für ein paar Monate. Dann kannst du so viele volle Getränkekästen tragen wie du willst“, witzelte Dawson.

„Ihr nehmt mich überhaupt nicht ernst!“, beschwerte Joey sich und verschränkte die Arme und zog einen Schmollmund.

„Doch, das tun wir“, versicherte Pacey lachend.

Die Getränke kamen und die drei Freunde orderten das Abendessen.

„Alkohol ist auch tabu“, murrte Joey und blickte betrübt auf ihr Glas Apfelsaftschorle.

„Ja, du hast dich ja auch immer so gerne betrunken, nicht wahr?“, sagte Pacey.

Die Freunde ließen den Abend bei Bier, Apfelsaftschorle für die Schwangere und gutem Essen ausklingen.

***

Ashley saß am Küchentisch und aß in aller Ruhe ihr Abendessen. Während sie ihr Sandwich verschlang, las sie in der neuesten Ausgabe der ‚Glamour‘.

„Na?“, Justin stand im Türrahmen und betrachtete Ashley versonnen. Ihm fiel schwer, seine Gedanken zu ordnen, aber er musste dringend mit ihr reden. Langsam ging er zum Tisch und setzte sich Ashley gegenüber.

„Hey, Schatz, wie war dein Tag?“, fragte Ashley gut gelaunt und spülte einen Bissen ihres Sandwiches mit Wasser runter.

Justin räusperte sich: „Genau deswegen muss ich mit dir reden, Honey.“

„Wieso?“, Ashley sah ihn neugierig an und legte ihr Sandwich weg. Sie wischte sich die Krümel von den Handflächen und sah ihn aufmerksam an.

„Dawson war hier“, begann Justin.

Ashley lächelte: „Und, wie geht es ihm?“

„Oh, gut, aber das ist im Moment nebensächlich. Er ... er will das ich meine Prioritäten als Fotograf überdenke“, entgegnete Justin und rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. Es war ihm wahnsinnig unangenehm über dieses Thema zu sprechen, weil er sich denken konnte, wie Ashley darauf reagieren würde.

„Weshalb denn? Es läuft doch ganz gut“, meinte Ashley und runzelte die Stirn.

Justin zuckte mit den Schultern: „Kann schon sein, aber Dawson hat recht, wenn er sagt, dass meine wichtigsten Aufträge zurückgehen. Viele wissen zwar, wie gut ich bin, aber Capeside ist eben am anderen Ende der Welt.“

Ashley aß nachdenklich weiter. „Und, was hast du jetzt vor?“, fragte sie nach einer Weile.

„Ich weiß es ja auch nicht. Mir gefällt es hier, wirklich, aber wenn ich mehr Erfolg haben will, muss ich wieder in der Welt herumkommen. In einer Stadt leben, in der was passiert.“ Justin stand auf und tigerte unruhig durch den Raum.

„Aber ich will hier nicht mehr weg, hier habe ich Freunde gefunden, einen Job und dir geht es doch hier genauso! Immerhin kannst du hier in aller Ruhe dem Fotografieren nachgehen, wären wir zum Beispiel in Los Angeles hättest du keine ruhige Minute!“, wütend stand Ashley auf und knallte ihren leeren Teller in die Spüle.

„Allerdings hätte ich da lukrativere Aufträge ...“ Justin schwieg für einen Moment, dann sprach er weiter: „Mir gefällt’s hier natürlich auch, aber ich muss auch an meine Karriere denken!“

„Die kannst du ja trotzdem weiterführen! Durch meinen Job im Restaurant verdienen wir genug Geld und außerdem musst du nicht alles machen, was Dawson von dir verlangt!“ Ashley versuchte ruhig zu bleiben, aber automatisch wurde ihre Stimme lauter.

Justin sah sie verzweifelt an: „Es ist ja nicht nur Dawson. Ich merke ja selbst, wie wenige Menschen es akzeptieren können, dass ich nur noch hier arbeiten möchte.“

„Was ist dir denn wichtiger? Ein schönes Leben in Capeside oder ein stressiges Leben in der Großstadt, vor dem wir eigentlich geflüchtet sind? Willst du das wirklich wieder haben?“, fragte Ashley und sah in fassungslos an.

Was Justin ihr in den letzten Minuten unterbreitet hatte, war das Schlimmste, was er ihr sagen konnte. Es war offensichtlich, dass es hier nur um seinen Beruf ging, den er hier genauso gut ausüben könnte wie andernorts. Er dachte gar nicht daran, wie wichtig es ihr war zu bleiben, ein einfaches Leben zu führen, mit Spaß an der Arbeit und genau das würde er nirgends bekommen, außer in Capeside.

Und hier wollte er nicht länger sein, so wie es aussah.

„Ashley, es geht nicht anders!“, erwiderte Justin und wurde dabei auch merklich lauter.

„Doch, es geht. Du würdest für den Erfolg, den du doch eigentlich hast, so viel aufgeben. Wenn es hier um’s Geld geht, kannst du gerne gehen. Aber wir brauchen es nicht. Ich habe gedacht, wir brauchen nur uns. Und das hast du nicht mehr, wenn du gehst“, atemlos starrte Ashley ihn einen Augenblick an. Dann eilte sie zur Tür und wenig später war sie schon über die Treppe nach oben verschwunden.

Justin blieb zurück. Kraftlos ließ er sich auf seinen Stuhl fallen. Ashley hatte also eine Entscheidung gefordert, die Justin nicht treffen konnte. Immerhin war ihm beides gleichermaßen wichtig und er hatte gedacht, dass es zusammen funktionieren könnte, aber anscheinend ging es doch nicht. Himmel, er wollte doch so sehr, dass es ging! Er konnte so etwas nicht allein entscheiden, aber er musste es. Nur wie?


Fade to black …


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