New Force von Steffi Raatz
New Force by Steffi Raatz
Summary: Obi-Wan Kenobi wird vor eine seiner schwersten Prüfungen gestellt, als er seinen ehemaligen Schüler Anakin suchen soll und dabei zwei neue Padawane anvertraut bekommt. Yoda glaubt mit dieser ungewöhnlichen Maßnahme den Jedi-Meister wieder aus seiner Starre zu holen, denn nur er ahnt, dass schwere Zeiten auf die Jedi und die Republik zu kommen werden. Doch auch er kann nicht erahnen, dass Obi-Wan vor seiner schwersten Prüfung steht.
Categories: Filme > Star Wars > Episode I bis III Characters: Multi-Chars/Ensemble
Genre: Action, Drama, Friendship, Hurt/Comfort, Romance, Virtual Series
Pairing: Obi-Wan Kenobi / Padmé Amidala
Challenges:
Series: Keine
Chapters: 31 Completed: Ja Word count: 55834 Read: 439103 Published: 03 May 2019 Updated: 03 May 2019
Story Notes:
Co-Autor war Nadia

Dies ist ein virtueller Spin-Off von Star Wars - Episode II. Er spielt ein Jahr nach der Hochzeit von Anakin und Padmé, zudem wird in einer alternativen Zeitlinie weitergesponnen. Des Weiteren tauchen Figuren und Geschehnisse aus der Jugendbuchreihe Jedi-Padawan von Jude Watson auf.

Die folgende Geschichte lief einstmals als 'virtuelle Serie', doch in Anbetracht der Kürze der einzelnen Episoden, habe ich beschlossen diese hier als einen Roman zusammenzufassen.

1. Neue Wege by Steffi Raatz

2. Wiedersehen by Steffi Raatz

3. Die Suche beginnt... by Steffi Raatz

4. Dunkle Schatten by Steffi Raatz

5. Verrat by Steffi Raatz

6. Entscheidungen by Steffi Raatz

7. Der Plan by Steffi Raatz

8. Zusammen by Steffi Raatz

9. Bittstellung by Steffi Raatz

10. Emotionen by Steffi Raatz

11. Aus dem Dunkeln by Steffi Raatz

12. In die Enge getrieben by Steffi Raatz

13. Bittere Erkenntnis by Steffi Raatz

14. Freund oder Feind? by Steffi Raatz

15. Zurück by Steffi Raatz

16. Dunkle Geheimnisse by Steffi Raatz

17. Der Hinweis by Steffi Raatz

18. Rettungsversuch by Steffi Raatz

19. Ohne Ausweg by Steffi Raatz

20. Gegenüberstellung by Steffi Raatz

21. Dem Tode nahe by Steffi Raatz

22. Die Macht der Tamal by Steffi Raatz

23. Auf der Suche nach Yoda by Steffi Raatz

24. Der Bruch des Kodex by Steffi Raatz

25. Schuldgefühle by Steffi Raatz

26. Der Auftraggeber by Steffi Raatz

27. Der Informant by Steffi Raatz

28. Tod dem Jedi by Steffi Raatz

29. Tiefer Hass by Steffi Raatz

30. Schwere Entscheidungen by Steffi Raatz

31. Aufstieg der Sith by Steffi Raatz

Neue Wege by Steffi Raatz
Das piepsende Geräusch seines Comlinks weckte Obi-Wan aus seiner Meditation. Langsam öffnete er die Augen und verzog das Gesicht. Seit Tagen schon war er zu keiner vernünftigen Meditation mehr gekommen, weil ständig Rufe des Jedi-Rates bei ihm eingingen. Doch er war noch nicht so weit. Obwohl er geglaubt hatte, die überstürzte Hochzeit seines Padawan hätte ihn nicht so aus der Fassung bringen können, schien es doch, als käme die innere Ruhe nicht zu ihm zurück. Anakin hatte einen falschen Weg eingeschlagen, er wusste das. Doch der junge Padawan hatte ihm nicht zuhören wollen. Etwas, was er in späteren Jahren nie mehr wirklich getan hatte. Und Obi-Wan wusste, dass der Rat ihn deshalb hätte für Anakins Taten verantwortlich machen sollen, doch dieser hatte ganz bewusst Qui-Gon die Schuld gegeben, weil dieser so beharrlich darauf bestanden hatte, den Jungen als seinen Padawan aufzunehmen.

Obi-Wan schloss erneut die Augen und versuchte sich wieder auf seine Meditation zu konzentrieren. Es war an der Zeit, dass er darüber hinwegkam, dass Anakin sich von seinem Meister abgewandt hatte.

Meister Obi-Wan schlug erneut die Augen auf. Noch immer nach all den Jahren verband er mit diesem Wort mehr Qui-Gon als sich selbst. Und in Augenblicken wie diesem kam der Schmerz zurück, seinen Meister und Vaterfigur so früh verloren zu haben.

Vielleicht war es ein Fehler gewesen, Anakin damals direkt nach dem Tod von Qui-Gon als Padawan aufzunehmen, war er doch selbst noch kein richtiger Jedi-Meister gewesen. Doch der Jedi-Rat hatte ihm diesen Wunsch gewährt und ihn für fähig gehalten fortan Meister zu sein. Obi-Wan hatte geglaubt, Qui-Gons Aufgabe fortzuführen wäre richtig. Er hatte den Instinkten und Gefühlen seines Meisters vertraut. Müde rieb er sich die Augen. Vermutlich hatte er einfach nur nicht wahr haben wollen, dass auch Qui-Gon nicht unfehlbar war.

Das stetige Piepsen seines Comlinks begann ihn zu nerven. Mühsam riss er sich zusammen, um das Gerät nicht in eine Ecke zu werfen. Stattdessen entschloss er sich, dem stetigen Rufen des Rates zu folgen.

"Obi-Wan. Wir dich versuchen zu erreichen seit langer Zeit!" Yodas Stimme erklang aus dem Gerät. Seine Stimme war weder verärgert, noch enttäuscht über Obi-Wans Verschwinden, vielmehr konnte der Jedi eine gewisse Unruhe und Besorgnis in seiner Stimme hören.

"Meister Yoda, es tut mir leid, dass ich mich nicht abgemeldet habe. Aber ich brauchte Zeit." Er hoffte, dass das Ratsmitglied seinen Standpunkt tolerieren würde.

"Zeit der Ruhe nun vorbei, Obi-Wan. Uns beunruhigende Nachricht von Naboo erreicht hat." Yoda kam wie gewohnt sofort zur Sache.

"Naboo?" Obi-Wan zuckte zusammen und musste unwillkürlich an Padmé und Anakin denken.

"Senatorin Amidala Euch hat angefordert. Dringend es sein soll."

Obi-Wan hörte zu atmen auf. Der Name Padmés hatte ihn augenblicklich in eine Art Starre versetzt. Während er im Streit mit Anakin auseinandergegangen war, so hatte er doch bedauert, dass er die Beiden hatte hinter sich lassen müssen. Seine Freundschaft zur Senatorin hatte ihm viel bedeutet.

Als er endlich wieder Luft bekam, schloss er die Augen und nickte, obwohl ihn Yoda nicht sehen konnte. Vielmehr war es eine Bestätigung für ihn selbst. "Ich werde mich unverzüglich auf den Weg machen."


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Das diplomatische Schiff, welches ihn von Tatooine nach Naboo brachte, war kein sonderlich schneller Raumkreuzer und so hatte Obi-Wan reichlich Zeit, sich Gedanken über die Vergangenheit zu machen. Lass deine Vergangenheit hinter dir, Obi-Wan. Lerne, den Schmerz durch dich hindurch fließen zu lassen, konnte er Qui-Gons Stimme hören. Ein dünnes Lächeln legte sich auf die Lippen des Jedi, während er sich in Meditationspose brachte und die Augen schloss.

Wenn es so einfach gewesen wäre, hätte er nicht ins Exil gehen brauchen. Tatooine, wo sie einst Anakin aufgegriffen hatten, war alles andere als ein friedlicher Ort um Ruhe zu finden. Und dennoch hatte er geglaubt, wenn er an den Ort des Ursprungs all seiner Probleme zurückkehren würde, dass er dann besser verstehen würde und damit auch die Ruhe in seinem Inneren zunahm. Doch er hatte sich getäuscht. Nachts verfolgten ihn die Bilder von Qui-Gons Tod und von dem Streit mit Anakin. Er fühlte sich als Versager. Nicht nur, dass er seinem Meister nicht hatte helfen können, er war auch nicht in der Lage gewesen, Anakin den nötigen Respekt beizubringen.

Mit bitterer Miene dachte er daran zurück, wie er von der Hochzeit seines Padawan erfahren hatte. Schmerz und Entsetzen hatte ihn durchflutet, aber auch der Unglaube, dass Senatorin Amidala so unbedacht hatte handeln können.

Anakins unkontrollierte Energien und seine Verärgerung darüber, dass Obi-Wan ihn nicht immer ernst genommen hatte, hatten zu einer Eskalation geführt. Obi-Wan erinnerte sich mit Furcht daran, wie er sich mit seinem Padawan einen Kampf mit Lichtschwertern geliefert hatte. Es war so unsinnig gewesen, so unnütz. Und er hatte genau gespürt, dass dunkle Energien durch den Jungen flossen. Energien, die gefährlich werden konnten, so bald die dunkle Seite davon Kenntnis nahm.

"Meister Kenobi?"

Obi-Wan sah auf und entdeckte ein hübsches Mädchen mit blonden Zöpfen im Durchgang zu seinem Quartier. Überrascht hob er die Augenbraue an und betrachtete seine fremde Besucherin fragend.

"Wer bist du und was führt dich zu mir?", seine Stimme klang trotz seiner Ängste und Sorgen ruhig und sanft.

"Lin'A Tamal." Sie verbeugte sich höflich vor ihm, ehe sie weitersprach. "Meister Yoda und Meister Windu haben mich zu Euch geschickt."

Obi-Wans Blick glitt in einen Zustand zunehmender Verwirrung, während er versuchte eine entsprechende Frage zu formulieren.

"Und warum schickt man dich mir? Hast du eine Nachricht für mich?"

"Ich bin euer neuer Padawan", erwiderte sie.


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Mace Windu betrat den abgedunkelten Raum, in dem eine Gruppe von jungen Jedi-Anwärtern trainierte. Yoda, der die Anwesenheit des anderen Ratsmitgliedes gespürt hatte, ließ das Licht wieder angehen und gab den Kindern das Zeichen für eine kurze Pause.

"Ich Eure Bedenken bezüglich Obi-Wan spüre. Ihr nicht denkt, dass ein neuer Padawan ihm Seele heilen wird." Yoda kam wie üblich schnell auf den Punkt, noch ehe er Mace Windu, den großen dunklen Jedi, angesehen hatte.

"Ich weiß, dass Ihr an Qui-Gon Jinn denkt, Meister Yoda, aber Obi-Wan ist nicht er. Der Verlust seines Meisters, die Verantwortung und der Verrat Anakin Skywalkers haben ihn stark getroffen. Seine Macht ist erschüttert." Mace Windu begab sich zu einer kleinen Sitzgruppe hinüber und nahm Platz.

Yoda nickte ihm verständnisvoll zu, während er über eine Computerstation eine holographische Darstellung einer jungen Frau aufrief. Ihre blonden Haare wehten im Wind, während ihr Schrei über eine Ebene glitt.

"Lin'A Tamal. Als Kind sie musste miterleben, wie ihre Eltern wurden ermordet. Dann ihre Meisterin umkam und sie nicht helfen konnte. Schweres Schicksal wie Obi-Wan sie hat."
Mace Windu nickte ebenfalls. Ihm war klar, dass Yoda versuchte, ihre beiden Schicksale zu verknüpfen, damit sie aus dem anderen Kraft gewinnen konnten. Doch er war sich nicht sicher, ob dies zum richtigen Zeitpunkt geschah.

"Ihr denkt, dass Obi-Wan sich wird von Gefühlen leiten lassen. Er wandeln wird auf gleichem Pfad wie sein Padawan. Davor Ihr Angst habt."

Mace Windu stellte zum wiederholten Male fest, dass es schwer war, seine Gedanken Yoda gegenüber zu verbergen. Er schloss nur kurz die Augen und sah dann auf das flirrende Hologramm. "Obi-Wan hat damals Anakin als Padawan angenommen, obwohl er die Gefühle des Rates teilte. Er hat seinem Meister vertraut und wurde bitter enttäuscht. Obi-Wan ist sehr diszipliniert, aber ich glaube, dass auch er sehr anfällig für Gefühle werden könnte."
Yoda sah den Jedi-Meister nachdenklich an. Seine rechte Hand lag an seinem Kinn, während er sich unaufhörlich mit seinem Zeigefinger auf dem Mund tippte.

"Wir sehen werden, Mace. Obi-Wan meistern wird die Situation, ich mir sehr sicher bin." Doch Mace Windu konnte spüren, dass Yoda Zweifel an seiner eigenen Aussage hatte und das machte es nicht einfacher. Langsam erhob sich der große Jedi wieder, beendete die holographische Darstellung mit einer Handbewegung und verließ den Raum ohne ein weiteres Wort.

Yoda ging über die fehlende Verabschiedung hinweg, hatte er doch genau gespürt, dass auch Mace Windu die Erschütterung in der Macht verspürt hatte. Sie wussten beide, dass etwas Bedrohliches im Anmarsch war. Im Gegensatz zu seinem Freund vertraute er jedoch ganz auf Obi-Wan, den er für einen der fähigsten Jedi hielt, der in ihren Reihen zu finden war. Fakt war nur, dass er seinen Schützling wieder motivieren musste. Er hoffte, dass Lin'A ihren Beitrag liefern würde.


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Obi-Wan holte tief Luft und sah seine Gegenüber ungläubig an. "Sag das bitte noch einmal."

Lin'A setzte sich seufzend auf einen Schemel im Quartier des Jedi und sah ihm fest in die Augen. "Meister Yoda hat mich angewiesen, Euch aufzusuchen und mich als Euren neuen Padawan vorzustellen."

Noch bevor Obi-Wan etwas erwidern konnte, platzte Lin'A mit ihrer Meinung heraus. "Glaubt mir, Meister Kenobi, ich habe nicht darum gebeten."

"Wie schmeichelhaft!", erwiderte Obi-Wan murmelnd und fuhr sich über seinen Bart.
Lin'A sprang auf und hob abwehrend die Hände, als sie die Reaktion des Jedi-Meisters sah. "Also, das war jetzt nicht gegen Euch gerichtet, ich ..."

Der Jedi lächelte matt, als er ihre Verwirrung spürte. "Schon in Ordnung. Deine Ehrlichkeit ist erfrischend."

Trotz ihrer Verwirrung konnte sie spüren, dass er diese Aussage ernst meinte und war umso erstaunter. Langsam setzte sie sich wieder und faltete die Hände im Schoß. Ihr Atem wurde wieder ruhiger und es dauerte einen Augenblick, ehe sie sich gesammelt hatte. Obi-Wan konnte die Macht durch sie hindurchfließen spüren. Das Lächeln auf seinem Gesicht wurde weicher.

Langsam hob sie ihren Kopf wieder und sah den Jedi mit dunklen Augen an. "Yoda hat mich zu Euch geschickt, weil mein Meister getötet wurde. Ich denke, er glaubt, Ihr könnt mir helfen, damit fertig zu werden."

Er schloss kurz die Augen. Wieso glaubte Yoda, er könne diesem Mädchen helfen? Er kam doch nicht einmal mit seinen eigenen Problemen zurecht. Sein Meister war ihm vor zehn Jahren entrissen worden und sein Padawan hatte sich von ihm abgewandt. Was zur Hölle dachte sich Yoda dabei, ihm einen neuen Padawan zu schicken?

"Ich denke, es ist besser, wenn ich gehe. Yoda hat es nett gemeint, aber ich sehe wie Ihr ebenfalls keine Chance." Lin'A stand von ihrem Schemel auf und wandte sich zielstrebig zur Tür. Obi-Wans Wut war nicht unbemerkt an ihr vorbeigegangen.

"Warte", ertönte es von ihm. Natürlich waren diese Erinnerungen, die er momentan in sich vorherrschen ließ, voller Schmerz, aber Lin'A war nicht schuld daran. Er durfte seine Gefühle, die er immer noch nicht ganz kontrollieren konnte, nicht an ihr auslassen. Ihr Schicksal war nicht minder schwer wie seines, wenn auch auf eine andere Art und Weise.
Sie blieb stehen. Den Rücken ihm zugewandt. Schien abzuwarten.

Obi-Wan stand langsam auf und näherte sich ihr. Seine Hand legte sich auf ihre Schulter. Ein fester, dennoch beruhigender Griff. Lin'A spürte Ruhe in sich einkehren. Hatte Yoda doch Recht gehabt?

"Lin'A, ich werde Euch nichts versprechen, aber ich denke gegen eine Probezeit ist nichts einzuwenden." Seine Stimme klang sachlich und dennoch konnte sie seine Zweifel und Hoffnungen heraushören.

Langsam sah sie zu ihm auf. Ihre Augen trafen auf seine und Wärme lag darin. Ehrliche Wärme. Er war bereit ihnen eine Chance zu geben. Lin'A nickte und ein zaghaftes, aber zuversichtliches Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Wenn er dazu bereit war, war sie es auch.

Das Lächeln aus Obi-Wans Gesicht verschwand abrupt. Lin'A wirkte verstört, riss ihre Augen jedoch einen kurzen Augenblick später auf. Ein dumpfes Beben durchdrang den Schiffsrumpf und brachte die beiden zum Taumeln.

Fragend blickten sie einander an.

"Wir werden angegriffen?" Lin'A wirkte irritiert. "Ich denke, wir befinden uns lediglich auf einer diplomatischen Mission?!"

Obi-Wan nickte abwesend und verließ, gefolgt von Lin'A sein Quartier.

Auf den Gängen herrschte hektisches Treiben. Wesen verschiedenster Herkunft rannten wild durcheinander.

"Wir müssen zur Brücke", erklärte Obi-Wan und erhielt von seiner Begleiterin ein Nicken. Sie tastete kurz nach ihrem Lichtschwert, schien sich dann besser zu fühlen und folgte dem Jedi ohne Fragen.

Als das Schiff erneut erbebte, konnten sie beide eine dunkle Macht spüren, die nach ihnen zu greifen schien. Angst machte sich breit in Lin'As Augen. Obi-Wan konnte diese Angst spüren, aber er konnte auch die Entschlossenheit des Mädchens spüren. Für einen kurzen Augenblick erlaubte er sich Überraschung und Anerkennung dafür zu empfinden, dann öffneten sich die Türen zur Brücke und ein erschreckender Anblick bot sich ihnen ...
Wiedersehen by Steffi Raatz
Lin'A stieß einen kurzen Laut des Erstaunens aus, während Obi-Wan einen Schritt zurückwich. Direkt vor ihnen kreuzte ein riesiges Kampfschiff ihren Weg. Er konnte es nicht identifizieren, doch er spürte das reine Böse, während er sich festhielt und das gewagte Manöver des Captains ihres Diplomatenkreuzers beobachtete. Sein Co-Pilot lag leblos in seinem Sitz, die Arme über die Lehnen hängend. Geistesgegenwärtig stieß sich Obi-Wan von der Wand ab, tastete sich an den Gegenständen auf der Brücke entlang, bis er schließlich neben dem Captain angekommen war, der nur kurz zur Seite sah und dann nickte.

Zwar war der Jedi bei weitem kein so guter Pilot wie sein ehemaliger Padawan Anakin, aber er war immer noch besser als gar kein Co-Pilot.

"Vorsicht, Meister!", rief Lin'A hinter ihm und deutete nach vorne. Aus dem Rumpf des Kampfschiffes lösten sich kleinere Raumschiffe, die mit ihren Blastern auf das Diplomatenschiff feuerten.

Der Jedi konnte sich gerade noch einen Fluch verkneifen und lenkte bei. Der Captain des Schiffes gab ihm Anweisungen, die Obi-Wan stumpf befolgte.

Wer oder was sie dort angriff - er wusste es nicht. Fakt war jedoch, dass dort die dunkle Seite der Macht im Spiel war. Ob die Sith sich nun endlich an ihm rächen wollten? Lange genug hatte er nun schon auf die Vergeltung für Darth Mauls Tod gewartet. War es jetzt soweit?

Obi-Wan wendete das schwere Schiff und brachte es mit Hilfe des Captains seitlich zum Angreifer in Position. Ein weiterer Einschlag erfolgte und Obi-Wan sah mit Entsetzen, dass der Captain durch die Wucht mit dem Kopf auf die Konsole schlug und ohnmächtig wurde.

Sekundenlang fühlte sich der Jedi wieder hilflos, doch seine junge Begleiterin schritt beherzt ein, schob den Captain von seinem Platz und nahm dessen Position ein. Ihr zuversichtliches Lächeln gab ihm wieder Kraft.

Er war kein Pilot, aber er würde nicht zulassen, dass die Menschen an Bord starben. Nicht er.


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Yoda sah Mace Windu nachdenklich an. Seine Stirn lag in noch mehr Falten als sonst und sein graues Haar schien sich zu kräuseln. Yoda war besorgt. Überaus besorgt.

"So weit ich es verstanden habe, geht es ihnen gut." Mace Windu hatte die Hände zu Fäusten geballt. Einziges Anzeichen dafür, dass auch er Unglauben über die Geschehnisse empfand.

"Was da geschehen ist, alter Freund? Wer angreifen will diplomatisches Schiff?" Yoda rieb sich die Stirn.

Mace Windu hatte eine dumpfe Vermutung, die er jedoch nicht aussprach. Zu unglaublich war diese Idee noch. Zu weit hergeholt. Doch er hatte die Befürchtung, dass seine Vermutung in naher Zukunft bestätigt werden würde.

"Ihr mir Dinge verschweigt", brummte Yoda, doch der hochgewachsene Jedi ließ sich davon nicht irritieren. Er strich seine Tunika glatt und sah zu Boden.

"Es ist zu früh, um darüber zu sprechen, Meister Yoda."


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Er wusste nicht, wie sie es geschafft hatten, das Schiff in den Orbit von Naboo zu lenken. Rauch quoll aus diversen Bereichen des Schiffes. Flüssigkeit tropfte aus Lecks. Lin'A saß neben ihm und half ihm das Schiff zu navigieren. Ihre Augen blickten angestrengt auf die Instrumente vor sich, während ihre Hände verkrampft um die Schalthebel lagen.
Obi-Wan ließ einen kurzen Blick aus der großen Frontverglasung gleiten, doch das feindliche Raumschiff war verschwunden. Der Aggressor war ebenso schnell und unbemerkt verschwunden wie er aufgetaucht war.

"Glaubt Ihr, sie denken, wir sind tot?" Lin'A sah ihn nachdenklich an.

"Wohl kaum", erwiderte der Jedi und versuchte sich ein wenig zu entspannen. "Ich habe keine Ahnung, warum unser Gegner aufgegeben hat. Aber er wird seine Gründe haben." Wie auch Lin'A wollte er wissen, wer sie angegriffen hatte und weshalb derjenige sein Werk nicht vollendet hatte. Obi-Wan war sich sicher, dass es nicht um eines der anderen Mitglieder dieser Reise gegangen war, sondern um ihn.

Die dunkle Seite der Macht war stark gewesen, enorm stark. Er hatte Hass gespürt. Tiefgründigen Hass und Triumphgefühle.

Er schloss für eine Sekunde die Augen und schüttelte dann den Kopf.

Erst einmal musste er das Schiff sicher an den Raumhafen von Naboo bringen, dann konnte er sich Gedanken darüber machen, was geschehen war. Noch waren sie nur in trügerischer Sicherheit.

Kurze Zeit später verließen sie das Raumschiff und begaben sich in den Abflugbereich für Raumgleiter. Lin'A stampfte neben ihm ein- zweimal mit den Füßen auf, ehe sie mit einem breiten Lächeln und einem zufriedenen Seufzer seiner Fährte folgte. Obi-Wan hatte die Erleichterung seiner Begleiterin gespürt und obwohl er nie viel von seinen Gefühlen zum Ausdruck brachte, war ein amüsiertes Glitzern in seinen Augen erschienen.
Er teilte Lin'As Erleichterung, doch war seine Freude verhaltener Natur. Noch waren sie nicht wirklich sicher.

"Meister Kenobi?" Die Stimme C-3POs erklang hinter ihm.

Obi-Wan drehte sich herum und nahm den goldenen Protokolldroiden in Augenschein. Allem Anschein nach, hatte Anakin ihn in seiner Abwesenheit noch deutlich verbessert.
"C-3PO! Ich bin erfreut dich zu sehen!" Obi-Wan klopfte dem Protokolldroiden freundschaftlich auf die Schulter.

"Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Meister Kenobi. Würdet Ihr mir folgen? Senatorin Amidala erwartet Euch bereits." Er drehte sich ein wenig unbeholfen herum und wackelte dann in seiner eigenen mechanischen Art und Weise davon.

Lin'As und Obi-Wans Blick trafen sich. Sie zog die rechte Augenbraue hoch und sah ihn halb irritiert, halb amüsiert an. Es war offensichtlich, dass sie den Droiden für äußerst merkwürdig hielt.

Für Obi-Wan jedoch spiegelte er Anakins Charakter wider. Den Charakter des kleinen jungen Anakin Skywalker, der noch unschuldig Schutz in den Armen seiner Mutter gesucht hatte. Obi-Wan war sich mittlerweile sehr sicher, dass es ein Fehler gewesen war, ihn seiner Mutter fortzunehmen. Qui-Gon hatte es nur gut gemeint, aber er wusste, dass dann alles einen anderen Weg gegangen wäre. Einen besseren.

Doch er konnte die Vergangenheit nicht mehr ändern. Er konnte Anakin seine Unschuld nicht wieder zurückgeben. Konnte ihm nicht seine Wut nehmen.

Ein Jedi darf sich Zorn, Hass oder Liebe nicht hingeben. Wieder einmal erklang Qui-Gons Stimme in seinem Kopf. Der Kodex der Jedi war klar und dennoch verstand Obi-Wan seinen ehemaligen Padawan zeitweilig ein wenig. Auch er hatte mit seinen Gefühlen zu kämpfen. Jetzt mehr denn je.

Wie würde sein Zusammentreffen mit Anakin verlaufen? Würden sie einander wieder wie Feinde gegenüberstehen? Er konnte die Furcht in sich spüren. Die Furcht, erneut verletzt zu werden. Anakin war nicht einfach gewesen, war es vermutlich noch immer nicht, aber obgleich der Enttäuschung, liebte er den Jungen wie einen jüngeren Bruder oder einen Sohn.

Während sie sich in den Raumgleiter setzten, legte sich Lin'As Hand auf seine. Er sah auf und seiner Begleiterin ins Gesicht. Ein warmer tröstender Ausdruck stand in ihrem Gesicht geschrieben. Obi-Wan nickte dankbar und spürte wie sie versuchte die Macht wie etwas Heilendes durch seinen Körper zu leiten.

Seine Überraschung war nicht sehr groß. Er hatte schon an Bord des diplomatischen Schiffes gespürt, dass das Potential in dem hübschen Mädchen sehr hoch war. Die Macht floss ungewöhnlich stark in ihr. So stark, wie sie auch in Anakin geflossen war. Doch in Lin'A war nicht die Wut wie in Anakin, in ihr spürte er trotz ihrer Schicksalsschläge nur Zuversicht.

Vielleicht war sie wirklich gut für ihn. Vielleicht hatte Yoda wie immer weise gehandelt, sie zu ihm zu schicken.



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Obi-Wan konnte seine eigene Nervosität nicht mehr unterdrücken, als er den Raumkreuzer verließ und mit C-3PO und seiner Begleiterin auf das Schloss von Naboo zu ging. Es war etwas über ein Jahr her, dass er gegangen war. Über ein Jahr, in dem er sich jeden Tag geschworen hatte, darüber hinwegzukommen, dass er Anakin verloren hatte. Doch mit dem Moment, als er den ersten Schritt auf vertrautem Boden getan hatte, war die Hoffnung zurück, Anakin zurück zu gewinnen. Zu hoffen, dass der junge Mann seine Fehler eingesehen hatte und er wieder sein Meister sein konnte. Der Meister und Freund, der er immer hatte sein wollen.

Obi-Wan wusste, auch er hatte Fehler begangen. Er hatte Anakin nicht immer zugehört und ihn auflaufen lassen, hatte seine Gefühle unterdrückt und ihm nie wirklich gezeigt, für was für einen ausgezeichneten Schüler er ihn hielt.

Schuldgefühle, die er nicht hätte empfinden sollen, suchten ihn aufs Neue heim. Ließen den Schmerz durch ihn hindurchfließen.

Wieder war es Lin'A, die ihm Trost spendete, indem sie seine Hand nahm und drückte.
Obi-Wan war so erstaunt über diese Geste, dass er Padmés Erscheinen für einen winzigen Augenblick nicht bemerkte. Doch dann durchströmte ihn ein vertrautes Gefühl.

Seine Augen trafen sich mit ihren und ein erleichtertes Lächeln formte sich auf ihren Lippen.

Obi-Wan wollte zurücklächeln, wollte die Senatorin erfreut in die Arme schließen, doch das entsprach nicht seinem Wesen. Entsprach nicht den Jedi.

So blieb er nur kurz vor ihr stehen und verneigte sich höflich. "M‘Lady!"

Einen Augenblick sahen sie einander tief in die Augen, ehe sich Lin'A räusperte. Obi-Wan schloss die Augen instinktiv und sah freundlich zur Seite.

"Senatorin, darf ich Ihnen Lin'A Tamal vorstellen. Sie ist eine Jedi-Schülerin."

Die junge Frau trat einen Schritt vor und verneigte sich vor Padmé, die diese mit einem kleinen Lachen bat, damit aufzuhören.

"Nicht doch, Padawan. Ihr müsst Euch nicht vor mir verbeugen."

"Entschuldigung, Senatorin, ich bin kein Padawan", korrigierte Lin'A die Äußerung Padmés und sah anschließend Obi-Wan an.

Padmé zog die Augenbrauen hoch und sah den Jedi fragend an, doch dieser überging diese Geste geflissentlich.

"Ihr habt meine Anwesenheit erwünscht und den Jedi-Rat kontaktiert. Womit kann ich Euch dienen?"

Wieder trafen sich ihre Augen, ehe sie ihm den Rücken zuwandte und auf das Palastinnere zuging. "Folgt mir, Ihr müsst durstig sein."

Irritiert über ihre plötzliche Wortkargheit, folgten sie ihr die Stufen hinauf zu ihren Privatgemächern. Als ehemalige Königin und Senatorin besaß sie auf Lebenszeit das Privileg in einem Flügel des Palastes zu wohnen.

Während sie die Terrasse entlanggingen, fiel es Obi-Wan schwer, nicht an die Zeit mit Anakin zu denken. An die Zeit, als sie sich hier ihren letzten Kampf geliefert hatten. Ein Kampf angereichert von Zorn und Hass.

Unwillkürlich sah er sich um, suchte nach seinem ehemaligen Padawan, doch er wusste, dass er ihn bereits gespürt hätte, wenn er anwesend gewesen wäre. Obi-Wan jedoch spürte bis auf die Anwesenheit Lin'As nichts.

Als sie in den Wohnräumen der Senatorin waren, goss diese ihnen Tee ein, ehe sie sich auf das lange Sofa setzte und die Hände in ihrem Schoß faltete. Ihre Augen waren auf ihre Hände gerichtet. Kein Wort kam über ihre Lippen. Obi-Wan konnte spüren, wie schwer es ihr fiel, etwas zu sagen.

Er setzte sich mit Lin'A auf die beiden vorhandenen Sessel, während C-3PO aus dem Raum wackelte, um frischen Tee zu besorgen.

Für einen erschreckend langen Augenblick herrschte Stille. Obi-Wan konnte das Chaos in Padmés Innerem vernehmen. Was nur war geschehen?

"Anakin hat C-3PO weiter optimiert?", fragte er, und durchbrach damit das Schweigen.

Noch ehe er ausgesprochen hatte, sah Padmé ihn mit Tränen erfülltem Blick an und stieß ihm ein, "Anakin ist spurlos verschwunden!", entgegen.
Die Suche beginnt... by Steffi Raatz
Einen kurzen Moment lang schien die Welt stehen zu bleiben. Obi-Wan starrte Padmé an, doch eigentlich sah er durch sie hindurch. Er hatte mit Vielem gerechnet, doch nicht damit.

Als er registrierte, wie die Tasse in seiner Hand zu zittern begann, stellte er sie so schnell es ging auf den kleinen Tisch vor sich. Es war nicht gut, wenn Lin'A sah, wie sehr ihn das mitnahm.

Als sich sein Blick erneut mit dem der Senatorin traf, da waren sie nicht mehr Senatorin und Jedi, da waren sie die Freunde von einst, deren Schicksal sich auf so bittere Weise miteinander verbunden hatte. Ohne zu Zögern setzte sich Obi-Wan neben sie und nahm ihre Hand. Tröstend, voller Zuversicht.

Padmé durchbrach ohne zu Zögern die diplomatische Distanz zwischen ihnen und lehnte sich an ihn. Sein Arm legte sich ohne Widerspruch um ihre Schultern, während er sie wiegte und beruhigend auf sie einsprach.

Worte fanden wie von selbst ihren Weg aus seinem Mund. Worte wie: "Gib nicht die Hoffnung auf." Worte wie: "Er wird wieder auftauchen." Es waren Worte, die ihm selbst Mut zusprechen sollten, die es aber nicht taten. Nicht nach allem, was damals passiert war, nicht, wenn er daran dachte, wie Anakin sich im Laufe der Zeit verändert hatte. Obi-Wan schloss die Augen und versuchte den Gedanken an die dunkle Macht ihres Angreifers zu verdrängen. Anakin war mehr denn je in Gefahr auf die falsche Seite gezogen zu werden. Wegen seiner Sturheit, wegen seiner Verbitterung und diesem unausweichlichen Zorn, den er in sich trug.

Lin'A stand unbemerkt auf und verließ das Zimmer. Sie schritt durch die offenen Türen hinaus auf die Veranda und sah auf den prächtigen Garten hinunter. Mit einem kurzen Blick zurück, betrachtete sie Obi-Wan und die Senatorin. Man hatte sie gelehrt, dass ein Jedi weder Zorn, noch Hass oder Liebe empfinden sollte und dennoch seinen Gefühlen vertrauen musste. Stets hatte sie geglaubt, sie wäre nicht gut genug, weil sie sich nach dem Tod ihres Meisters ihren Gefühlen hingegeben hatte. Stets hatte sie Schuldgefühle deswegen gehabt, doch jetzt sah sie Obi-Wan Kenobi.

Sie war voller Ehrfurcht gewesen, als man sie ihm zugeteilt hatte. Voller Angst darüber, ob sie gut genug sein würde, sein Padawan zu werden. Jetzt wurde ihr mit einem Male klar, dass der große Obi-Wan Kenobi, von dem der Rat nur Gutes zu berichten wusste, dass der Jedi, der einen Sith getötet hatte und im Klonkrieg zum General geworden war, dass dieser Jedi auch nur ein Mann war. Ein Mann, der nicht unfehlbar war. Nicht so, wie ihn alle darstellten.

Sie konnte spüren, dass er eine entscheidende Schwäche hatte. Und diese Schwäche waren sein ehemaliger Padawan und ganz entscheidend Senatorin Amidala. Der Mann, den sie durch die Fenster beobachten konnte, war so ganz anders. Er hatte Angst, war schwach und wirkte doch so stark. Lin'A wusste, dass sie sein Padawan werden wollte. Von ihm lernen wollte. Weil er anders war, wie die anderen. Weil er wusste, was Schmerz, Zorn und Liebe waren. Weil es ihn in ihren Augen stärker machte, als irgendwen anders. Und sie glaubte zu wissen, warum er so gut war. Warum er als einziger Jedi einen Sith hatte töten können. Weil er sich von seinen Gefühlen hatte leiten lassen.



++++



Es dämmerte bereits und Lin'A spürte, wie die Kälte der Nacht langsam nach ihr griff. Noch immer stand sie auf der Veranda und ging ihren Gedanken nach. Nicht sehend, wie schön der Sonnenuntergang war. Wie sich die Sonnenstrahlen im Wasser des Teiches brachen und zu Tausenden funkelnden Sternchen wurden. Lin'A war weit fort. Auf einem Felsvorsprung mit Blick auf eine weite, sandige Ebene. Ihre Augen waren mit Tränen erfüllt. Ihr Herz war leer. Und der einzige Klang, neben dem Wind, war ihr eigener gellender Schrei in ihren Ohren, in ihrem Geist. Einsamkeit zerfraß ihre Seele, schien sie auszuhöhlen. Einsamkeit und Schmerz.

Immer wieder hatte sie diese Vision. Immer und immer wieder. Der Tag, der Augenblick, an dem man ihren Meister umgebracht hatte und sie fast dazu. Der Tag, an dem sie nur mit dem Leben davongekommen war, weil ihr Angreifer geglaubt hatte, sie sei tot. Weil sie starr vor Angst am Boden gelegen hatte. Unfähig sich zu rühren. Unfähig einzugreifen.

Doch diesmal war es anders. Eine Hand legte sich auf ihre Schulter. Sie war nicht allein.

"Lass den Schmerz durch dich hindurchfließen. Lerne ihn zu akzeptieren und du wirst dich besser fühlen."

Es war Obi-Wans Stimme. Seine Hand, die auf ihrer Schulter lag.

Er war bei ihr, in ihrer Vision.

Lin'A sah erneut über die sandige Ebene und holte tief Luft. Als sich ihre Augen schlossen, das Gefühl seiner Hand jedoch blieb, wurde sie ruhiger. Wesentlich ruhiger.
Ihre Augen wieder öffnend, sah sie zur Seite. Sah den Jedi an und die Konturen der Vision verschwammen zur Realität. Zur Veranda, auf der sie standen. Und Obi-Wan lächelte. Ein warmherziges, verständnisvolles Lächeln.

Ihre Hand legte sich auf seine und der Schmerz in ihrem Innern schien ein wenig zu verblassen. Hoffnung erfüllte die Lücke und gab ihr Kraft. Kraft nach vorne zu sehen.

Yoda hatte wohl Recht gehabt, als er ihr gesagt hatte, Obi-Wan würde ihr die nötige Kraft geben. Wäre gut für sie.

"Komm, wir sollten trainieren", erklärte der Jedi und ließ sie los.

Sie sah ihn groß an und legte den Kopf schief. "Trainieren?"

"Tun das Meister und Padawan nicht?", schmunzelte Obi-Wan und machte eine Geste mit der Hand zum Garten hinab.

"Padawan?", formte Lin'A ungläubig mit ihren Lippen.

Obi-Wan schloss die Augen und nickte. Als er wieder zu ihr hinübersah, lächelte auch sie.



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Padmé stand am Fenster ihres Schlafzimmers und sah hinaus. Obwohl es warm im Zimmer war, fror sie. Alles war so anders und doch so gleich. Sie erinnerte sich an damals, an Anakin und Obi-Wan, an ihre Trainingskämpfe auf der Veranda oder im Garten. Sie erinnerte sich daran, wie sie die beiden von ihrem Schlafzimmer aus beobachtet hatte. Ehemann und Freund.

Jetzt sah sie wieder einem Jedi und seinem Padawan zu, doch es war nicht Anakin, mit dem Obi-Wan trainierte. Es gab einen neuen Padawan an seiner Seite. Eine neue Konstante in seinem Leben. Etwas, das ihr gänzlich fehlte.

Obi-Wan war ihre Konstante gewesen. Obi-Wan Kenobi, der Jedi, der mehr als einmal sein Leben für sie aufs Spiel gesetzt hatte und dennoch gegangen war, um seinem Padawan nicht im Weg zu stehen. Der Mann, dem sie restlos vertraut hatte. Der ihr restlos vertraut hatte, bis sie ihn verraten hatte. Verraten durch die Hochzeit mit Anakin.
Schmerzhaft erinnerte sie sich daran, wie er sie angesehen hatte. Nein, gesagt hatte er nichts. Nicht ihr gegenüber. Aber er hatte sie angesehen, als würde er einen fremden Menschen ansehen.

Und es hatte geschmerzt. Bitter geschmerzt.

Jetzt war er wieder hier und sie konnte spüren, dass er keinen Zorn ihr gegenüber empfand. Und es wunderte sie. Anakin war leicht in Rage geraten. Er hatte tief in sich drin Konflikte ausgetragen, die ihn hatten wahnsinnig werden lassen. Obi-Wan hatte davon gewusst. Er hatte es befürchtet und versucht zu ihm durchzudringen, es jedoch nicht geschafft.

Jetzt war Anakin fort und sie bat ausgerechnet Obi-Wan zu sich. Was erhoffte sie sich? Dass er ihr Anakin zurückholen würde? Oder hatte sie ihn nur sehen wollen? Den Freund, den sie verloren glaubte.

Sie hatte mit ihm gesprochen, hatte seinen Trost auf sich einwirken lassen. Und er war bereit gewesen Anakin zu suchen. Kein Zorn darüber, was ihr Ehemann getan hatte. Kein Zorn darüber, dass sie seine Warnungen in den Wind geschlagen hatten.

Nur Verständnis.

Sie hatten im Park zusammengestanden und er hatte seine Hände auf ihre Schultern gelegt und sie gebeten mit dem Weinen aufzuhören. Seine Fingerspitzen waren ihr Gesicht entlang gestrichen, dort, wo die Tränen entlanggelaufen waren und sie hatte sich ihm so nah gefühlt. Nicht dem Jedi, sondern ihrem Ben.

Wann aus ihm Ben geworden war, wusste sie nicht mehr. Aber es war ihr persönlicher Kosename für den Mann, der in ihm drinsteckte. Den Mann voller Gefühle, von denen sie wusste, dass er sie nicht zulassen durfte.

Er hatte ihr gesagt, er würde ihr Anakin zurückbringen. Er würde alles tun, um sie wieder glücklich zu machen und einen Augenblick lang hatte sie sich nichts Anderes gewünscht, als in Bens Armen glücklich zu sein. Doch Obi-Wan hatte sie auf die Stirn geküsst und wieder frei gegeben. Seine Hände hatten sich auf dem Rücken verschränkt, während sie gemeinsam zurück zur Veranda gegangen waren.

Ihre Blicke hatten sich mit denen Lin'As getroffen, die sie von dort aus beobachtet hatte. Padmé hatte so viel in ihren Augen gelesen und doch nichts, was sie verstanden hatte. Sie wusste nur, sie schien ihrem Ben gut zu tun. Und das war alles, was sie wissen wollte.


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Der Rat der Jedi schwieg. Obi-Wan wusste, dass sie versuchten, seine Gefühle zu lesen. Dass sie nach dem Grund für seine Bitte forschten. Ob er es wegen Anakin, wegen sich selbst oder gar wegen Senatorin Amidala tat. Doch Obi-Wan hatte im Laufe der Zeit gelernt, dass nur Ehrlichkeit ihm weiterhelfen konnte. So war es denn auch Mace Windu, der seine Hände vor sich im Schoß faltete und ihn mit skeptischem Blick ansah.

"Ihr möchtet diese Reise aus unterschiedlichen Gründen antreten."

Obi-Wan nickte stumm.

"Ihr habt edle Gründe, aber auch selbstsüchtige. Ihr könntet Euch selbst zu einer Gefahr werden lassen." Mace Windu wusste, dass er Obi-Wan vertrauen konnte, doch konnte sich Obi-Wan auf sich selbst verlassen?

"Ich weiß", begann Obi-Wan, "dass der Rat der Ansicht ist, dass jemand anderes sich auf die Suche machen sollte. Doch ich habe Mitschuld an der Entwicklung der Dinge ..."

"Obi-Wan, Ihr nur gefolgt habt Qui-Gons Bitte. Der Rat unsicher war mit Anakins Aufnahme. Wir alle Mitschuld tragen." Yoda schüttelte den Kopf, während er den jüngeren Jedi unterbrach.

"Dennoch empfinde ich es als meine Pflicht, Anakin zu finden." Er sah dem Älteren fest in die Augen.

Yoda nickte stumm und ließ einen kurzen Blick im Raum herumschweifen. Die meisten der Ratsmitglieder schienen einverstanden zu sein. Und Yoda wusste auch warum. Anakin stellte in seiner derartigen Verfassung eine große Bedrohung dar. Er war anfällig für die dunkle Seite der Macht. Man war sich klar darüber, dass er gefunden und auf den Weg der Tugend zurückgebracht werden musste. Aber ebenso wussten sie alle, dass dies nur Obi-Wan Kenobi gelingen konnte. Er war der Schlüssel.

"Nun gut, Obi-Wan Kenobi, so sei es. Du suchen wirst Anakin. Doch eine Bedingung wir an dich noch haben. Du annehmen musst Lin'A Tamal als deine Padawan."

Obi-Wan dankte dem Rat mit einem kurzen Nicken, ein dünnes Lächeln verbergend.
"Ich werde meine Aufgabe zu Eurer Zufriedenheit erledigen."

Mit einer kurzen Verneigung war er aus der Runde der Ratsmitglieder entlassen.

Im Flur stand Lin'A ihr Gang war schnell und rastlos. Einen kurzen Augenblick lang betrachtete er sie erheitert. Er hatte nicht einmal fragen müssen. Der Rat hatte ihm geradezu auferlegt, das junge Mädchen anzunehmen. Vielleicht hatte Yoda es gewusst. Vielleicht waren seine positiven Gefühle in diese Richtung zu offensichtlich gewesen. Aber vielleicht war es einfach auch nur Schicksal. Er schüttelte seine Gedanken hinfort und setzte sich in Bewegung. Er wollte Lin'A nicht länger im Ungewissen lassen.

Als sie seine Schritte auf dem glatten Boden hörte, wirbelte sie herum und blieb stehen. Ihre Augen waren weit geöffnet, voller Angst und Neugierde zugleich.

"Der Rat hat die Suche nach Anakin Skywalker genehmigt." Obi-Wan lächelte.

"Das ... das ist wunderbar." Nur ein sanftes Zittern in ihrer Stimme verriet ihm, dass sie eine andere Antwort erhofft hatte.

"Bist du bereit?", erklang seine Stimme in ihren Ohren.

"Bereit?"

Ein spitzbübischer Ausdruck umspielte seine Mundwinkel und Augen. Es war ein feines Glitzern, welches seinem Gesicht, zum ersten Mal seit sie ihn kannte, die Härte nahm. Erstaunt stellte sie fest, dass es ihn viel jünger erscheinen ließ. Aber vielleicht war Meister Kenobi gar nicht so alt? Lin'A fragte sich zum ersten Mal, wie alt er wirklich war. Ob es nur die Schicksale waren, die ihn alt erschienen ließen? Wie viele Jahre älter als sie war er tatsächlich?

"Hat der Rat zugestimmt?", richtete sie ihre Gedanken schnell wieder in eine andere Richtung.

"Ich brauchte nicht einmal fragen." Er legte ihr die Hand auf die Schulter. "Bist du bereit?"

Sie nickte zuversichtlich und sah zu ihm auf. In ihr stieg ein Gefühl von Stolz auf. Ein Gefühl, das sie nicht hätte haben sollen. Doch sie war stolz seine Padawan zu sein. Stolz, dass er sie erwählt hatte.

Ohne zu zögern folgte sie ihrem neuen Meister, der sich zu den Shuttlerampen begab.

Sie würden sich auf die Suche nach Anakin Skywalker machen. Nach seinem ehemaligen Padawan. Es würde aufregend werden, doch gleichzeitig durchlief sie ein Frösteln. Wie würde diese Begegnung wohl aussehen? Freundlich? Verfeindet? Was würde Anakin denken, wenn sein ehemaliger Meister einen neuen Padawan mitbrachte?

Sie fing Obi-Wans besorgten Blick auf und versuchte an etwas Anderes zu denken. Er hatte sie als Padawan ausgewählt und jetzt durfte sie ihn nicht enttäuschen.
Dunkle Schatten by Steffi Raatz
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Lin'A hatte zunehmend das Gefühl, nicht still sitzen zu können. Obi-Wan stand nun bereits seit mehr als einer halben Stunde an ein und derselben Stelle und sagte weder ein Wort, noch bewegte er sich. Sie konnte spüren, dass er mit seinen Gedanken weit fort war. Weit weg von ihr und jeglicher Realität. Die Frage, die sie sich jedoch stellte, war, ob er darüber nachdachte, ob er einen Fehler begangen hatte, sie als seinen Padawan anzuerkennen. Ihre plötzlichen Zweifel an der Richtigkeit ihrer Teilnahme an dieser Mission, ihre Zweifel, ob sie mit Anakin konkurrieren konnte, all das warf kein gutes Bild auf sie. Vor allem nicht die Frage, ob sie konkurrieren könne. Ein Jedi konkurrierte nicht mit einem anderen Jedi. Sie arbeiteten zusammen, nie gegeneinander. Nicht innerhalb ihres Kodex. Lin'A schämte sich dafür, dass sie derart schlechte Gedanken hatte.

"Meister." Sie ließ das Wort kurz auf sich wirken, ehe sie weiter sprach, "ich möchte nicht, dass Ihr schlecht über mich denkt. Meine Zweifel sind unbegründet und dumm. Ich weiß, dass ich keine Angst vor einer Konfrontation mit Anakin Skywalker haben brauche. Ihr seid mein Meister und ich vertraue Euch. Ich ..."

Obi-Wan drehte seinen Kopf leicht zur Seite und sah sie an. "Deine Zweifel sind nicht unbegründet."

"Nicht?" Ihr Redefluss stoppte so schnell, wie er begonnen hatte. Verwirrung breitete sich in ihr aus. Was meinte Obi-Wan damit? Zweifel waren nicht unbegründet? "Meister, ich verstehe nicht ganz?"

Er faltete die Hände und ließ sie in üblicher Weise in seinen Ärmeln verschwinden. Sein Gesichtsausdruck zeugte von Sorge und Verbitterung. Die junge Padawan konnte nur erahnen, wie sehr ihn etwas beschäftigte.

"Anakin ist kein Jedi mehr, aber selbst als er Padawan war, hatte er ein sehr ungestümes Wesen. Er wollte immer mit mir konkurrieren. Er wird vermutlich auch mit dir konkurrieren wollen, wenn wir ihn finden. Anakin ist jähzornig und vom rechten Pfad abgekommen. Der Kodex interessiert ihn nicht mehr."

Lin'A sah ihn unsicher an. "Und dennoch wünscht Ihr, dass ich Euch begleite. Was aber, wenn ich noch mehr Konflikte auslöse? Wenn Anakin Skywalker mich als Bedrohung ansieht und somit Eure Mission gefährdet wird?"

Für einen kurzen Augenblick war wieder dieser Ausdruck in seinen Augen, den sie nicht deuten konnte. Obi-Wan legte seine Hand auf ihre Schultern und drückte sanft zu. Ein beruhigender und zugleich bestimmender Druck. "Es ist unsere Mission, Padawan, vergiss das nicht. Wir werden uns beide dieser Situation stellen. So wie sich ein Jedi jeder Situation stellt, um daraus zu lernen und sich die Lehre daraus zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen zu machen."

Qui-Gons Stimme erklang in seinen Ohren, doch er wusste, dass es wieder mal nur eine Erinnerung war. Eine Erinnerung an einen Tag in der Vergangenheit, als er diesen Rat von seinem Meister bekommen hatte. Qui-Gon war nun schon zehn Jahre tot und trotzdem ständig bei ihm. Und immer wieder erkannte er, dass die Lehren seines alten Meisters sehr viel Wahrheit enthielten.

Er erinnerte sich daran, wie viel Trost und Kraft ihm diese Worte gegeben hatten. So hoffte er, dass auch Lin'A gleichen Trost und Kraft daraus schöpfen konnte.

"Wir werden erwartet. Gehen wir." Er deutete auf das Schiff, welches sie nach Tatooine bringen sollte und gerade auf der Landeplattform aufsetzte.


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Mace Windu saß an einem der Tische in der riesigen Bibliothek im Jedi Hauptquartier auf Coruscant. Vertieft in ein Geschichtsbuch hörte er im ersten Augenblick das Geräusch seines Comlinks nicht, als dieses jedoch nicht aufhören wollte, ein sonores Piepen von sich zu geben, nahm er es zur Hand und öffnete den Kanal.

"Meister Windu, bitte kommt umgehend in den Ratssaal. Es ist dringend."

Mace steckte das Gerät wieder weg und legte das Buch zur Seite. Sein Blick traf den von Jocasta Nu. "Sie werden nicht zu Ende lesen?"

"Nein", erwiderte er und stand mit einem Seufzen auf. "Der Rat ist zusammen gerufen worden."

Sie nickte kurz und räumte sein Buch vom Tisch.

Jocasta Nu fragte nie aus Neugierde. Sie war ein wandelndes Lexikon, eine Informationsquelle, wie es keine andere gab. Sie wusste einfach alles.

Vielleicht wusste sie sogar schon, warum der Rat einberufen worden war, ehe er es wusste. Er konnte es nicht sagen, möglich war es jedoch.

Mace Windu verließ die Bibliothek und ließ seine Gedanken kreisen. Eine Besprechung, die so kurzfristig einberufen wurde, konnte nichts Gutes bedeuten. In letzter Zeit waren viel zu viele unerklärliche Dinge passiert. Der Angriff auf das diplomatische Schiff, in dem Obi-Wan nach Naboo reiste, Anakins Verschwinden, die Erschütterung in der Macht. Mace begann sich zu sorgen. Und er wusste, dass auch Yoda diese Gedanken hatte.

Irgendetwas geschah, was sie nicht erklären konnten - noch nicht - und sie mussten es klären, bevor es außer Kontrolle geriet.


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Der Raumhafen von Tatooine war dunkel und dreckig. Lin'A klopfte den Staub aus ihren Kleidern und folgte ihrem Meister, der sich zügig in Bewegung gesetzt hatte. Noch war ihr nicht so genau klar, wohin er wollte und warum sie gerade auf Tatooine gelandet waren, schließlich war dies ein Wüstenplanet und in seiner Hauptstadt, wenn man diese überhaupt als solche bezeichnen konnte, befand sich eine Hochburg für Dealer, Schmuggler, Kopfgeldjäger oder andere Abtrünnige. Doch sie hatte Obi-Wan nicht gefragt. Sie vertraute ihm, auch wenn sie ihn eigentlich kaum kannte. Von ihrer Seite aus, war das dieses vertraute Gefühl. Etwas, was sie zu verbinden schien. Sie wusste nicht, ob Obi-Wan es auch empfand. Ob er dasselbe Vertrauen in sie hatte. Aber sie hoffte es.

Wenige Minuten nachdem sie den Raumhafen verlassen hatten, waren sie bereits am Ziel ihrer Reise angekommen. Obi-Wan betrachtete das Schild zur Schmugglerbar einen Augenblick nachdenklich, ehe er die Tür öffnete und Lin'A zum Eintreten aufforderte.

Nach all den Jahren wieder einen Fuß in diese Kaschemme zu setzen, war merkwürdig für den Jedi. Aber er wusste, wenn er irgendwo Informationen bekommen konnte, dann war es an diesem ungastlichen Ort.

Wachsam sah er sich um, während die Tür hinter ihm zuglitt. Er nickte nach rechts, als ihn Lin'A ansah und folgte ihr bis zu einem der Tische an der Seite.

"Setz dich hier." Er sah sie nicht an, sondern ließ seinen Blick durch den Raum schweifen.

"Und Ihr?" Sie sah ihn fragend an.

Obi-Wan erinnerte sich an die Bar auf Coruscant, als er fast die gleiche Unterhaltung mit Anakin geführt hatte. Damals, als sie Zam Weesel verfolgt hatten. Es war fast die gleiche Situation, nur dass sie diesmal niemanden verfolgten, sondern jemanden suchten.

"Ich werde etwas trinken gehen!", erwiderte er und schritt zur Bar. Lin'A sah ihm verwundert hinterher.

Er bestellte einen Drink und sah sich suchend um. Es dauerte nicht lange, da hatte er entdeckt, was er suchte. Er hob seine Hand und machte die Gestalt gegenüber am Tresen auf sich aufmerksam. Erkennen blitzte in den Augen seines Gegenübers auf und er kam dem Zeichen, Obi-Wan zu folgen, ohne eine Frage nach.

Mit seinem Drink in der Hand wandte sich Obi-Wan von der Bar ab und steuerte zurück zum Tisch, an dem Lin'A wartete.

Sie rutschte weiter nach hinten, als der Jedi neben ihr Platz suchte und nur wenige Augenblicke später gesellte sich eine dunkle Gestalt zu ihnen.

"Kenobi, was kann ich für Euch tun?" Die sehr dunkle Stimme verursachte der jungen Padawan einen eiskalten Schauer, doch sie ließ sich nichts anmerken.

"Ich brauche Informationen, Darf." Obi-Wan sah den Kopfgeldjäger intensiv an. Lin'A konnte erkennen, dass seine Augen ein kaltes Blau hatten. Mehrfach schon hatte sie festgestellt, dass ihr Meister je nach Stimmung unterschiedlich farbige Augen hatte.
Eigentlich waren sie irgendetwas zwischen blau-grau mit ein wenig grün. War er bedrückt oder voller Sorge, wirkten sie grau. War er verärgert, dann leuchteten sie grün, wie die Augen einer Katze. War er fest zu etwas entschlossen, so leuchteten sie jedoch in einem intensiven Blau.

Es war das einzige, woran für einen Außenstehenden zu erkennen war, welche Empfindungen Obi-Wan durchlebte.

Im Augenblick schien er jedenfalls sehr fest entschlossen. Sie konnte diese eigenartigen Schwingungen auffangen. Etwas, was zwischen Hoffnung und kompromissloser Entschlossenheit schwankte. Etwas, was sie hätte ängstigen sollen, hätte sie nicht schon längst erkannt, dass Obi-Wan in seinem Inneren einen Kampf ausfocht. Jedi mit Leib und Seele und trotzdem ein Mann intensivster Gefühle.

Lin'A beobachtete fasziniert, wie ihr Gegenüber sich zurücklehnte und die Augen schloss.

"Ihr wollt Informationen, Kenobi? Informationen sind nie umsonst. Das wisst ihr doch!"

Obi-Wan griff wortlos unter seine Tunika und warf ein kleines Säckchen mit Münzen auf den Tisch. Ein leises Klirren erklang.

Mit grimmigem Blick griff Darf nach dem Säckchen und sah sich aufmerksam um. Es war nicht gut, wenn jemand sah, dass er Geschäfte mit einem Jedi machte.

"Was wollt Ihr wissen?", seine Stimme klang beruhigt, nachdem er sicher war, dass keiner den Transfer beobachtet hatte.

"War ein junger Mann hier, der sich Anakin Skywalker nennt?"

Darf kniff die Augenbrauen zusammen und überlegte einen Augenblick lang angestrengt. Dann schüttelte er den Kopf und erhob sich von seinem Platz. "Tut mir leid, Kenobi, aber von einem Skywalker hab ich noch nichts gehört."

Obi-Wan stand auf und legte eine Hand an sein Lichtschwert. "Ich habe Euch nicht bezahlt, damit Ihr mich anlügt."

Lin'A stand ebenfalls und registrierte das Grün von Obi-Wans Augen.

Darf brummte etwas, nachdem der gesamte Laden nun sein Augenmerk auf die Jedi und den Kopfgeldjäger gerichtet hatte, und setzte sich dann wieder.

Obi-Wan und Lin'A folgten seinem Beispiel.

"Ein Skywalker hat vor einer Woche den Raumhafen mit einem Transporter verlassen. Wohin er jedoch abgereist ist, kann ich Euch nicht sagen. Doch seid vorsichtig. Die Oberen sind beunruhigt. Es heißt, eine neue Macht drängt nach oben." Darf trommelte mit seinen Fingern auf der Tischplatte. "Lasst Ihr mich jetzt gehen, ohne dass der halbe Laden darüber informiert wird?"

Der Jedi nickte kurz und lehnte sich dann nachdenklich zurück, während der Kopfgeldjäger sie verließ.

Wo zum Teufel steckte der Junge? Wohin wollte Anakin und warum hatte er seine Frau nicht darüber informiert? Und von was für einer Macht hatte Darf gesprochen?


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Der Rat der Jedi war beunruhigt. Auf dem Flug von Vorzyd 4 nach Coruscant war ein diplomatischer Kreuzer mit zwei ranghohen Jedi angegriffen und zum Absturz gebracht worden. Keiner der Insassen hatte es überlebt.

Während Mace Windu und Yoda mit dem Rat über den Verursacher diskutierten und ein Team für die Untersuchungen zusammenstellen wollten, stand Kanzler Palpatine am Fenster seines Verwaltungszimmers und beobachtete die vorbeifliegenden Gleiter, die ihre Besitzer von einem zum anderen Ende der Stadt brachten.

"Dies ist weitaus mehr, als ein Problem der Jedi, Meister Yoda." Seine Stimme klang entschlossen. "Es ist ein diplomatisches Risiko. Eine Gefahr für uns alle."

"Zwei Mitglieder des Rates getötet worden sind, Kanzler. Nichts das mit Republik zu tun hat." Yoda faltete die Hände um den Knauf seines Stockes und klopfte damit auf den Boden.

Palpatine, der nicht sehr erfreut über diese Geste der Ungeduld zu sein schien, zog eine Augenbraue hoch und drehte sich dann wieder in Richtung Fenster. "Meister Yoda, Euren Rat und die Jedi in Ehren, aber es hat sich um ein diplomatisches Schiff gehandelt, welches sich auf dem Weg nach Coruscant befand. Ein diplomatisches Schiff, innerhalb der Republik. Natürlich ist die Republik gefährdet. Woher sollen wir wissen, wer mit diesem Angriff getroffen werden sollte?"

Die Frage schien durchaus berechtigt in Palpatines Augen, doch wenn Mace und Yoda daran dachten, dass der Flug der Jedi geheim gehalten worden war und dass Obi-Wan ebenfalls bereits einen Anschlag überlebt hatte, zog sich der Kreis der Betroffenen immer enger zusammen und übrig blieben eigentlich nur die Jedi.

"Ich werde eine Sitzung einberufen, in der Maßnahmen besprochen werden sollen!" Palpatines Stimme hallte durch den Raum.

"Haltet Ihr das für sicher, Kanzler?" Mace Windu stand auf und versuchte sein Unbehagen zu verdrängen.

"Habt Ihr mir nicht gesagt, es ginge um die Jedi und nicht um die Republik?" Der Kanzler drehte sich zu ihnen um und ein dünnes Lächeln lag auf seinen Lippen. Mace Windu wusste, dass sie nichts gegen diese Sitzung tun konnten.
Verrat by Steffi Raatz
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Padmé nickte höflich und verließ die Gemächer von Königin Jamilla. Dass Kanzler Palpatine zu einer Sitzung gerufen hatte, weil er fürchtete, jemand stelle sich gegen die Republik, bereitete ihr Sorgen. Mehr jedoch machte sie sich Sorgen um Obi-Wan und Anakin. Dass sein Verschwinden ausgerechnet mit dieser scheinbaren Verschwörung gegen die Republik zusammenfiel, ließ sie das Schlimmste befürchten. Waren ihre beiden Männer in Gefahr? Gab es etwas, was sie mehr fürchtete? Nein, sie fürchtete nicht einmal ihren eigenen Tod so sehr.

Ihre Männer ... schallte es durch ihren Kopf. Obi-Wan und Anakin waren so zu einem Teil ihres Lebens geworden, dass sie nicht mehr anders denken konnte. Als Obi-Wan vor über 10 Jahren das erste Mal vor ihr gestanden hatte, war er selbst ein junger Padawan gewesen. Einer, der noch nicht so recht seinen Weg kannte. Doch nach Qui-Gons Tod - Padmé erinnerte sich mit Schmerz an den Augenblick zurück - war der junge Padawan Obi-Wan auf einen Schlag erwachsen gewesen. Und nun war er General. General Kenobi, Jedi-Meister und einer der mächtigsten Jedi, die es gab. Mit der Stärke Mace Windus und der Weisheit Yodas, doch mit dem Herzen eines Mannes, der er nicht sein durfte. Und Anakin? Anakin, ihr so geliebter Mann? Er hätte der mächtigste aller Jedi sein können, hätte er auf seinen Meister gehört. Selbst sie hatte seine Macht spüren können. Doch er war zu jähzornig, zu unbeherrscht. Mittlerweile wusste sie, dass sie ihm nicht hätte nachgeben dürfen; dass sie ihren Gefühlen nicht hätte nachgeben dürfen. Gerade weil sie ihn liebte.

Ihre Schritte trugen sie fast wie selbstverständlich zurück zu ihren Gemächern. Fast automatisch suchte sie ihre Koffer hervor, gab C-3PO Anweisungen und begann zu packen. Wenn man von ihr verlangte, dass sie nach Coruscant kommen sollte, würde sie dieser Aufforderung nachkommen. So wie sie es immer tat.


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Yoda und Mace Windu flanierten den langen Flur entlang, der zu den Gartenanlagen im Jedi-Tempel führte. Obwohl sie schwiegen und jeder für sich seinen Gedanken nachging, so schienen sie sich doch auszutauschen. Die Stille zwischen ihnen war wie ein dumpfes Einvernehmen. Sie waren sich beide darüber im Klaren, dass eine Sitzung nicht zur Lösung des Problems beitrug, sondern die Situation gegebenenfalls sogar verschlimmerte. Was würde geschehen, wenn nicht nur Jedi, sondern auch Botschafter ums Leben kommen würden? Wer konnte dann garantieren, dass die Republik noch zusammenhielt?

"Nicht gut, diese Sitzung ist!" Yoda seufzte und ließ seinen Stock klackend auf den Boden schwingen.

"Ihr wisst, wie ich darüber denke." Mace fuhr sich mit der Hand über seinen nicht vorhandenen Bart. "Meister Damne und Meisterin Sha'ak waren auf einer geheimen Mission. Niemand konnte wissen, dass sie an Bord des Diplomatenschiffes waren."

"Darum mich auch die Frage beschäftigt, ob Angriffsziel sie überhaupt waren." Yoda sah den größeren Jedi nachdenklich an.

Mace sah Yoda kritisch an. "Und wenn der Anschlag den Jedi gegolten hat? Obi-Wan ist auch angegriffen worden."

"Dann wir haben Verräter in unserer Mitte." Yodas unheilschwangere Worte hallten in Mace Windus Ohren wider.

"Diese Vorstellung missfällt mir, Meister Yoda. Wenn eine Verschwörung innerhalb der Jedi stattfindet, kann diese unter diesen Umständen nur in den oberen Reihen bestehen." Mace schloss kurz die Augen, öffnete sie dann jedoch wieder, nur um den kleineren Jedi mit zu Schlitzen verengten Augen anzusehen.

"Mir das nicht gefallen ebenso", erwiderte Yoda und atmete tief durch, "doch befürchten wir müssen dergleichen. Der Rat ebenso gefährdet ist, wie jeder andere Jedi. Nicht sicher in Gegenwart irgendeines Jedi wir sein können."

Mace faltete seine Hände und ließ sie in den Ärmeln seiner Tunika verschwinden. "Ich kann nur hoffen, dass Obi-Wan Erfolg auf seiner Suche hat, damit wir ihn schnell zu den Nachforschungen hinzuziehen können."



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Mit geschlossenen Augen lag sie auf ihrer Bettstatt und versuchte sich zu entspannen. Padmé wusste, dass sie ausgeruht zur Sitzung erscheinen sollte, doch es wollte einfach keine Ruhe in sie einkehren. Irgendetwas ließ sie nicht zur Ruhe kommen. Als ob Schwingungen sie wachhalten würden. Schwingungen konzentrierter Boshaftigkeit. Unruhig warf sie ihren Kopf von einer Seite zur anderen. Wieso konnte selbst sie diese Macht spüren? War sie so stark oder hatte sie während ihres Zusammenseins mit Anakin eine derartige Empfindsamkeit für diese Schwingungen entwickelt?

Sie setzte sich abrupt auf, als das Gefühl noch stärker wurde.

Ihr weißes Nachtgewand schlug um ihre Beine, während sie sich erhob und die Tür zu den Gängen öffnete. Alles schien ruhig. Nichts, was sie beunruhigen hätte können. Absolut nichts. Und dennoch wurde sie das ungute Gefühl nicht los, dass etwas passieren würde.

Kopfschüttelnd und tief durchatmend schloss sie die Tür wieder und begann sich anzuziehen. Ihr war es nicht mehr möglich Schlaf zu finden, also konnte sie ebenso gut auch wieder auf die Brücke gehen und den Anflug auf Coruscant erwarten.

Doch noch ehe sie die Tür zu den Gängen erneut öffnen konnte, war da wieder dieses furchteinflößende Gefühl, dieser Druck, der sich auf ihr Herz auszuüben schien, der ihr die Luft nahm. Padmé griff instinktiv nach der Wand, um sich festzuhalten, noch ehe ein erstes Beben ihr Raumschiff durchfuhr. Irgendwie hatte sie es geahnt. Nur wusste sie nicht woher.

Mit einem kräftigen Ruck stieß sie sich von der Wand ab und lief hinaus auf den Gang. Was auch immer geschah, es durfte nicht geschehen. Es war viel zu lang her, dass man sie hatte das letzte Mal umbringen wollen. Der Frieden, so trügerisch er schien, war zurückgekehrt. Es war nicht richtig, dass etwas Derartiges geschah. Absolut nicht richtig.
Eilig hastete sie die Gänge entlang, stolperte fast über ihre eigenen Füße bis sie schließlich im Cockpit des Diplomatenschiffes stand.

"Senatorin, wir werden angegriffen!", erklang die Stimme ihres Piloten. Angst zeichnete sein Gesicht.

"Wer greift uns an? Hat es eine Warnung gegeben? Eine Forderung?" Sie starrte das große Schiff an, aus dessen Rumpf Kampfjäger unbekannten Ursprungs entglitten. Sie hatte dergleichen noch nie gesehen.

"Nichts. Sie haben ohne Vorwarnung geschossen. Keine Forderungen. Nichts." Der Pilot wich einem Schwarm Kampfjäger aus und tauchte unter dem großen fremden Raumschiff durch.

Padmé fasste Halt suchend nach dem Sitz des Co-Piloten, wurde aber dennoch gewaltig durchgeschüttelt.

Plötzlich ruckte es und der Beschuss stoppte. Stille breitete sich aus.

"Was ist passiert?" Padmé griff zwischen die Piloten und drückte ein paar von den Schaltern auf der Konsole. Es schien als habe sich das fremde Schiff mit dem ihrigen verbunden. Sie waren angedockt.

"Magnetismus? So etwas wie ein magnetischer Strahl?" Der Co-Pilot sah sie entsetzt an.

"Egal, was es ist, wir müssen sofort alle Wachen zusammenziehen. Es sieht so aus, als bekämen wir gleich Besuch." Padmé versuchte Ruhe zu bewahren, doch sie wusste, dass es kein Entrinnen gab. Nicht hier im All. Nicht unter diesen Umständen.

"Senatorin?" Der Pilot sah sie fragend an. Irgendetwas in ihrem Ton sagte ihm, dass sie die Wachen nicht zusammenzog, um Angreifer abzuwehren.

Ihre Finger flogen über die Tastatur des Cockpits, während sie auf die Ankunft des Ersten Offiziers wartete.

"Coruscant ist nicht weit entfernt. Steigt in die Rettungskapseln und versucht so viele von Bord zu bringen wie Ihr könnt!" Sie sah die Piloten drängend an, als beide sich nicht regten. "Los jetzt!"

Wunschgemäß sprangen die beiden Piloten auf und eilte aus dem Cockpit. Padmé hingegen betätigte den Langstreckentransmitter und begann eine Nachricht zu senden. Sie hoffte nur, sie erreichte denjenigen rechtzeitig, an den sie gerichtet war.


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Der Comlink unter Obi-Wans Tunika gab einen ungeduldigen Laut von sich, während der Jedi mit seinem Padawan die Bar verließ. Noch immer konnte er Lin'As Erstaunen über seine Handlungsweise spüren. Aber er spürte noch mehr. Er konnte ihr Vertrauen spüren. Lin'A vertraute ihm, obwohl er Dinge tat, die nicht unbedingt mit den Regeln der Jedi konformgingen. Sie traute ihm so, wie er Qui-Gon vertraut hatte.

Ihm wurde mit einem Male bewusst, wie schmerzlich er dieses Gefühl in der Beziehung Schüler und Meister zwischen Anakin und ihm vermisst hatte.

"Meister, wollt Ihr Euch nicht melden?" Die Stimme seines Padawan durchbrach seine Gedanken. Er war in letzter Zeit viel zu oft in Gedanken versunken. Eine Tatsache, die nicht unbedingt positiv zu sehen war. So lange er seine Zeit mit Grübeln verschwendete, konnte er nicht effektiv arbeiten. Aber genau das war es, was er musste. Effektiv arbeiten, damit er Anakin finden konnte, damit er Padmé glücklich machen konnte, Lin'A eine gute Schülerin wurde und er endlich wieder ein guter Jedi sein konnte. Yoda hielt so gute Stücke auf ihn, und er war drauf und dran, ihn zu enttäuschen.

"Kenobi?", antwortete er in den Comlink und erwartete die Mitteilung.

"Obi-Wan, wir haben eine Mitteilung für Euch aufgefangen und werden Sie jetzt für Euch abspielen", erklang zu seinem Erstaunen Kit Fistos Stimme.

Neugierig gesellte sich Lin'A an seine Seite, um besser hören zu können.

"Hier spricht Senatorin Amidala, bitte übermittelt diese Nachricht unverzüglich an Meister Obi-Wan Kenobi", ertönte Padmés Stimme aus dem Comlink und der Jedi zog irritiert und beunruhigt die Augenbrauen hoch. "Obi-Wan, ich hoffe, Ihr könnt mich hören. Ich bin auf der Reise von Naboo nach Coruscant. Ein unidentifiziertes Raumschiff hat uns angegriffen und ich vermute, wir werden gleich geentert. Ich habe veranlasst, dass meine Crew von Bord geht, um sich zu retten, aber ich nehme nicht an, dass ich ihnen werde folgen können. Obwohl ich kein Jedi bin, noch gesegnet mit der Macht, spüre ich erhebliche böse Energien. Passt auf Euch auf Obi-Wan und findet Anakin. Bitte."

Die Nachricht verstummte und Kit Fistos Stimme erklang erneut aus dem Comlink. "Der Raumkreuzer von Senatorin Amidala ist nie auf Coruscant angekommen."

"Rettungskapseln?", fragte Obi-Wan mit einer stoischen Ruhe, die Lin'A nicht begreifen konnte.

"Keine, Meister Kenobi." Kit Fisto klang bedrückt.

Obi-Wan beendete die Comlink-Verbindung und steckte das kleine Gerät wieder unter seine Tunika.

Lin'A sah ihn an. Abwartend, wie er reagieren würde, doch nichts spiegelte sich in seinem Gesicht wieder. Nicht einmal die Augenfarbe konnte ihr dieses mal verraten, was in ihrem Meister vor sich ging.

"Meister?" Nach einem Augenblick des Schweigens und des Verharrens an ein und derselben Stelle, fragte sie sich ernsthaft, was geschehen sollte.

Sie wusste, was die Senatorin ihrem Meister bedeutete, ebenso gut wusste sie, dass Anakin Skywalker ihrem Mentor wie ein Sohn oder jüngerer Bruder war. Es schien so, als würden sie sich im Kreis drehen. Mit jedem Schritt den sie taten, um eine Katastrophe zu verhindern, wurde irgendwo eine weitere ausgelöst, die sie ins Straucheln brachte.

"Wir werden nach Corsucant reisen, sofort", erklang die Stimme ihres Meisters und an seinen zu Fäusten geballten Händen konnte sie erkennen, dass er ganz und gar nicht unbeteiligt war. Sie nickte stumm und folgte ihm zum Hangar.

Obi-Wan fühlte sich innerlich wie tot. Was geschah nur, warum war das Leben nicht mehr so einfach wie vor ein paar Jahren? Mit dem Kampf auf Naboo hatte alles begonnen. Mit dem Kampf gegen Count Dooku war es nur schlimmer geworden und je länger er darüber nachdachte, desto schlimmer schien es zu werden. Er versuchte sich zu konzentrieren und den Frust, der sich in ihm aufbaute, zu kanalisieren und durch sich hindurch fließen zu lassen. Diese Schwankungen, die er durchlebte, sie schienen aus der Vergangenheit zu kommen, ihn wieder einzuholen.

Als er den Hangar betrat und auf einen der Piloten zusteuerte, damit er einen Flug nach Coruscant kaufen konnte, ertönten hinter ihm merkwürdige Geräusche.

Instinktiv legte er eine Hand an sein Laserschwert und wirbelte herum, doch dort war niemand. Lediglich Lin'A, die fast in ihn hineingelaufen wäre, starrte ihn erschrocken an.
Manchmal fragte er sich, ob sie in ihm so etwas wie einen alten verschrobenen Jedi-Meister sah. So wie er vor Jahrzehnten Yoda betrachtet hatte. Doch dann dachte er wieder an ihren verständnisvollen Blick, an ihr grenzenloses Vertrauen und ihm wurde klar, dass er aufhören musste, Zweifel zu hegen. Sie war nicht Anakin. Sie hegte keinen Groll gegen ihn.

Er wandte sich wieder um und schritt weiter auf den Piloten zu, als plötzlich ein Blasterschuss hinter ihm erklang. Obi-Wan drehte sich rasend schnell um und sein Lichtschwert erglühte hell in der trüben Dunkelheit des Hangars. Doch er war nicht schnell genug gewesen.

Mit großem Entsetzen sah er, wie Lin'A ihr Gesicht verzog und auf die Knie sackte.

"Neeein!", hörte er sich selbst schreien, ehe er mit großen Schritten auf sie zueilte, um ihren Fall abzubremsen. Innerlich fluchend, glitt er rutschend neben ihr auf die Knie.
Sein Lichtschwert fiel neben ihn, als er nach ihr griff und ihren Fall kurz vor dem Boden stoppte. "Lin'A!", erklang seine matte Stimme, doch sein junger Padawan hatte bereits das Bewusstsein verloren.

Doch viel Zeit zum Nachdenken blieb dem jungen Jedi-Meister nicht. Ein weiterer Blasterschuss schlug neben ihm ein und drängte ihn zum Handeln. Obi-Wan ergriff sein Lichtschwert erneut, aktivierte es und legte den Körper seines Padawan vorsichtig auf dem Boden ab.

Weitere Schüsse folgten, die er erfolgreich mit seinem Laserschwert abwehrte.

Obi-Wan versuchte seine Sinne zu schärfen. Wo befand sich der Angreifer?

Eine dunkle Gestalt huschte seitlich der Tankkanister entlang. Der Jedi-Meister vernahm die Bewegung nur für einen sehr kurzen Moment, doch dieser genügte, um ihm den Weg zu weisen.

Schneller als sein Angreifer denken konnte, hatte sich Obi-Wan dorthin begeben, wo er vermutete, dass der Angreifer herauskommen würde. Und seine Sinne hatten ihn nicht getrogen. Die Gestalt rannte aus dem Schutz der Kanister und hob erschrocken seine Waffe, als er Obi-Wan sah, doch da hatte dessen Lichtschwert ihn bereits durchbohrt.
Der Angreifer starrte entsetzt auf das Lichtschwert in seinem Körper, während der junge Jedi-Meister verständnislos seinen Gegner ansah.

Er hatte mit allem gerechnet. Nicht jedoch mit Darf, dem Kopfgeldjäger ...
Entscheidungen by Steffi Raatz
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Obi-Wan starrte den Leichnam seines Informanten fassungslos an. Noch vor weniger als einer Stunde hatte ihm Darf Informationen über Anakin und eine dunkle Bedrohung mitgeteilt, jetzt lag er tot vor ihm und hatte versucht, ihn und seinen Padawan zu töten.
Lin'A! Der Name seines Padawans schoss in seinen Kopf.

Mit schnellen Schritten hatte er den Hangar wieder durchquert und war an ihrer Seite. Noch immer lag sie genauso da, wie er sie zurückgelassen hatte. Regungslos und blass. Obi-Wan fuhr sich mit seiner Hand verzweifelt über das Gesicht. Was sollte noch geschehen? Womit hatte er all diese Qualen verdient? Was war in seinem Leben so falsch gelaufen, dass er bestraft werden musste?

Er ließ sich neben Lin'A auf den Knien nieder und hob ihren Körper sanft an. Er konnte ihren Schmerz spüren, aber es hieß auch, dass sie am Leben war. Zu dem Schmerz über die Verletzung seines Padawan mischten sich Wut über die Entführung Padmés und Zorn über die Dummheit Anakins, einfach so zu verschwinden. Mühsam verdrängte er erneut die Frustration in seinem Inneren. Ließ sie kurz in sich wirken und dann durch sich hindurchfließen. Qui-Gon hatte ihn dies gelehrt und er war ein gelehriger Schüler gewesen. Doch in diesem Moment war er sich nicht sicher, ob er auch in Zukunft noch stark genug sein würde, diese Empfindungen abzublocken. Mit ihnen sachlich umzugehen und sich ihnen nicht hinzugeben.

Entsetzt stellte er fest, dass er in großer Gefahr war, die dunkle Seite der Macht zu dicht an sich heranzulassen.

"Alles wird gut", flüsterte er dem Mädchen zu und hob Lin'A auf seine Arme. Er musste sie nach Coruscant bringen. Nur im Tempel der Jedi konnte ihre Verletzung ausreichend behandelt werden.

Er musste warten, um etwas wegen Padmé oder Anakin zu unternehmen. Er musste warten. So schwer ihm das auch fiel.



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Die Straße war finster und nur ab und an eilte jemand vorbei, der nicht gesehen werden wollte. Niemand wollte hier gesehen werden. Sie alle waren Jäger oder Gejagte.
Eine dunkle Gestalt trat aus einem der Hauseingänge und zog sich den Mantel fester um den Körper. Schnellen Schrittes eilte die Gestalt, das Gesicht verdeckt von einer Kapuze, die Straße entlang.

Ein heißer Wind ließ den Stoff des braunen Mantels flattern und darunter kamen polierte Lederstiefel zum Vorschein. Stiefel mit silbernen Schnallen. Glänzend und so sauber, als hätten sie nie zuvor den Boden auf Tatooine berührt.

Fast raubkatzenähnlich eilte die Gestalt weiter, bog um eine Häuserecke und verschwand fast ungesehen im Dunkeln einer der Eingänge.

Eine Tür öffnete sich und kurzfristig drang der Lärm von Musik und betrunkenen Leuten nach draußen, dann verstummte die Nacht erneut, als sei nie etwas dergleichen geschehen.



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Obi-Wan starrte auf die bewusstlose Gestalt seines Padawan und schlug die Hände vor sein Gesicht. Er hatte Mühe klar zu denken. Mühe, sich noch länger zu kontrollieren. Die Macht in ihm schien an Stärke zu verlieren.

Der Jedi-Meister richtete sich auf und trat an das Fenster des Raumkreuzers auf dem sie sich befanden. Sie waren nur wenige Parsec von dem Ort entfernt, wo Padmés Diplomatenschiff zum letzten Mal registriert worden war. Er konnte nichts Anderes tun, als den Himmel nach dem Schiff abzusuchen, doch außer dem Sternenlicht und kleiner Planeten war dort nichts.

Obi-Wan spürte Wut gegen Kanzler Palpatine in sich aufsteigen. Hätte der Kanzler auf die Meister Yoda und Windu gehört, wäre Padmé nicht angegriffen worden. Zu seiner Wut mischte sich das dumpfe Gefühl, versagt zu haben. Obi-Wan machte sich Vorwürfe. Er hätte etwas dergleichen erahnen müssen. Der Angriff auf den diplomatischen Kreuzer, als er nach Naboo gereist war, Anakins plötzliches Verschwinden. Er hätte sich weigern müssen, den Jungen zu finden. Er hätte zu ihrem Schutz auf Naboo bleiben müssen. Doch er hatte die Gefahr nicht gespürt. Nicht so wie sonst. Sein fast untrügliches Gespür hatte ihn im Stich gelassen. So wie es ihn immer im Stich ließ, wenn es um Padmé oder Anakin ging.

Obi-Wan ballte seine rechte Hand zur Faust und ließ diese erst schnell, dann immer langsamer werdend auf die Scheibe vor sich prallen. Seine Augen schlossen sich.

Langsam ein- und ausatmen, befahl er sich selbst. Er musste sich beruhigen.

Mit zusammengekniffenen Augen ließ er seine Stirn gegen das kühle Metall sinken. Er musste endlich schaffen, wieder klar denken zu können.

Langsam öffnete er erneut die Augen und ließ seinen Blick zu Lin'A hinübergleiten. Seine Hand entspannte sich wieder. Langsam und kontinuierlich.

Müde stieß er sich von der Wand ab und ging zu seiner Schülerin hinüber. Neben ihrem Bett zog er sich einen Hocker heran und setzte sich. Schweigend betrachtete er ihr Gesicht. Dieses hübsche ebenmäßige Gesicht mit den klugen Augen darin. Diesen warmen, klugen Augen, die ihn zu verstehen schienen. Doch ihre Augen waren geschlossen, konnten ihm nicht den Trost geben, den er glaubte zu brauchen. Sie waren geschlossen, weil man ihn betrogen hatte. Eiskalt betrogen.

Obi-Wan fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht und versuchte die Tränen zu unterdrücken, die ihm in die Augen schossen. Er hatte schon lange nicht mehr geweint. Das letzte Mal hatte er Qui-Gon sterbend in seinen Armen gehalten.

Qui-Gon. Obi-Wan fragte sich, was sein Meister getan hätte. Welchen Rat hätte er ihm gegeben. Hätte er ihm gesagt, dass er auf dem richtigen Pfad sei oder hätte er ihn gewarnt, seine Schritte zu überdenken?

Der junge Jedi-Meister strich seiner hübschen Schülerin eine Haarsträhne aus dem Gesicht und ein trauriger Ausdruck erschien auf seinem, dann verlor er sich erneut in Gedanken.


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"Ihr habt mich angefordert."

Der Mann an der Bar zuckte kaum merklich zusammen, drehte sich dann herum und lächelte. In seinen Augen war jedoch nur Kälte. Das Lachen war eine Maske. "Die Stimme eines Engels!"

Eine Hand schnellte unter der Tunika hervor, als sich die Hand des Mannes zu dicht an die Kapuze wagte und hielt diese fest.

Mit der anderen Hand schob die Gestalt ihre Kapuze zurück und katzenhafte Augen sahen ihr Gegenüber an. "Traue niemals einem Engel. Er könnte gefallen sein."

Die Hand um das Gelenk des Mannes löste sich und eine attraktive Frau schälte sich aus der Tunika. Ihr Körper war in ein Gewand aus Leder und metallenen Schnallen gekleidet. Ihr langer dunkler Mantel reichte bis zum Boden und schlug um die Lederstiefel, dessen silberne Schnallen im Schein des Lichts blitzten.

"Ihr sagtet, Ihr hättet einen Auftrag für mich!" Sie bestellte einen Drink und prüfte ihren Blaster.

"Ich habe gehört, Ihr seid eine der besten Kopfgeldjägerinnen der Galaxis. Aber wie gut seid Ihr wirklich?" Der Mann legte ein Säckchen voller Münzen vor ihr auf den Tisch und sah sie herausfordernd an.

"Wen soll ich aus dem Weg schaffen?" Ihr Blick barg Gefahr und er konnte das Lauern darin erkennen. Sie war wie eine Raubkatze auf dem Sprung.

"Wenn Ihr es schafft, Obi-Wan Kenobi zu töten, gehört Euch noch mehr als dieses." Er deutete auf den kleinen Beutel und sah sie forschend an.

Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. "Einen Jedi-Meister?"

"Wenn Ihr Euch das nicht zutraut, werde ich jemand anderen finden." Er legte seine Hand auf das Säckchen, doch ihre Hand war schnell und umfasste seine mit eisernem Griff.

Ihre Augen trafen sich erneut und sie konnte Hass in seinem Blick glitzern sehen.

"Es gibt keinen Job, den Nisa Amari nicht erledigen könnte!", erwiderte sie und verstaute den Beutel an ihrer Gürtelschnalle. Die Augen ihres Gegenübers blitzten zufrieden auf. Genugtuung stand dort geschrieben.

Die Kopfgeldjägerin warf ihre braune Tunika wieder lose über und verließ erhobenen Hauptes die dunkle Kaschemme. Blicke von anderen Kopfgeldjägern und Söldnern streiften die gutaussehende Frau, ehe diese verschwand.


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Obi-Wan verließ das Quartier von Lin'A und schloss die Tür von außen. Als er seinen Blick wieder hob, traf er auf jenen von Mace Windu.

"Ihr seht müde aus, Obi-Wan."

Der junge Jedi-Meister schloss kurz seine Augen und nickte dann kaum merklich. "Es … es war ein wenig viel in letzter Zeit."

Meister Windu lächelte matt und legte seine Hand freundschaftlich auf die Schulter des anderen Jedi. "Lasst uns ein Stück gehen."

Die beiden Jedi-Meister schlugen den Weg zum Garten im Tempel ein. Einem Ort von Ruhe und Besinnung.

"Habt Ihr herausfinden können, warum auf mich und meinen Padawan geschossen wurde?" Obi-Wans Tunika schlug um seine Beine.

"Darf hat für jemanden gearbeitet, der allem Anschein nach Lin'As Meister hat umbringen lassen. Es sieht so aus, als habe der Auftraggeber nicht nur gewollt, dass ihr Meister sterben sollte, sondern auch sie. Dass Ihr nun ihr neuer Meister seid, war wohl nicht bekannt und entsprechend hat der Kopfgeldjäger auch Euch versucht umzubringen."

Mace steckte seine Hände in die Ärmel seiner Tunika und ging ohne einen Blick auf Obi-Wan weiter.

Dieser blieb stehen und zog die Stirn kraus. "Das macht alles keinen Sinn, Meister Windu. Sinn würde es nur dann ergeben, wenn ihr Meister und sie etwas wüssten, was von äußerster Wichtigkeit sein könnte. Doch dann hätte Lin'A es mir oder Euch doch schon anvertraut."

"Vielleicht weiß sie nicht von der Wichtigkeit dieser Information. Vielleicht weiß sie gar nicht, worum es geht. Aber der Auftraggeber glaubt, sie wüsste es."

Obi-Wan schüttelte den Kopf und versuchte klar zu denken. "Nein, das denke ich nicht. In ihr ist viel versteckt, verschüttet, aber ich hätte es gespürt. Wir haben irgendwie eine Bindung zueinander aufgebaut. Ich würde es wissen."

Mace Windu blieb nun doch stehen und sah den jungen Jedi-Meister an. "Meister Yoda hatte also Recht."

"Womit?" Obi-Wan sah ihn fragend an.

"Er prophezeite mir, dass Lin'A wie geschaffen für Euch sei. Er sprach von einer außergewöhnlichen Präsenz der Macht in ihr."

Der junge Jedi-Meister schloss mit einem leichten Lächeln auf den Lippen die Augen und rief sich in Erinnerung, wie er diese Macht zum ersten Mal wahrgenommen hatte.

"Ja, ich habe es gespürt. Sie ist in dieser Hinsicht Anakin ähnlich, doch lässt sie sich nicht vom rechten Weg abbringen."

"Weil Ihr sie auf dem richtigen Weg begleitet." Mace Windu nickte zustimmend.

Obi-Wan verdrängte das unbehagliche Gefühl, welches ihn bei dieser Aussage beschlich. Er war sich absolut nicht mehr sicher, ob er dem gerecht werde konnte, hatte er doch schon bei Anakin versagt.

Mace Windu schien für einen kurzen Augenblick etwas zu spüren, doch Obi-Wan gelang es, seine Gedanken schnell zu verdrängen, so dass der ältere Jedi es als eine unbedeutende Schwankung betrachtete und ein anderes Thema begann.


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Sie standen in einer Reihe. Kopfgeldjäger aus allen Teilen der Galaxis. Kopfgeldjäger mit Erfahrung in ihrem Geschäft. Männer und Frauen, die bereit waren, für Geld alles zu riskieren. Sie standen in einer Reihe im Hangar des riesigen Raumkreuzers und warteten darauf Instruktionen zu erhalten.

Ein Mann in schwarzer Uniform und einem Blick, der das Fürchten lehren konnte, betrat den Hangar und positionierte sich vor den Kopfgeldjägern. Sie fürchteten seinen Blick jedoch nicht. Sie waren abgebrüht. Abgestumpft. Ihr Verdienst war der Tod. Ihre Gier nach Geld, war unersättlich.

Er sah sie sich alle sehr genau an. Schien sich jedes Gesicht einzuprägen, ehe er begann ihnen Namen zu nennen. Namen von denen, die seinesgleichen verachteten und schneller tot sehen wollten, als irgendwen anders. Die Namen von ihren ärgsten Feinden.
Jeder der Kopfgeldjäger bekam einen Namen genannt. Und als er am Ende der Reihe war, blieb nur ein einziger Name übrig.

Und als er ihn nannte, hallte er durch den Hangar und ließ Genugtuung auf seinem Gesicht erscheinen.

"Tötet Meister Windu! Tötet die Jedi. Alle. Keiner soll überleben!"
Der Plan by Steffi Raatz
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Padmé stand fassungslos auf der Balustrade und sah das Geschehen mit an. Ein Kopfgeld auf die Jedi. Ihr Herz schien stillzustehen. Ein dunkler Schleier schien sich über ihre Gedanken zu legen. Es schien nicht mehr so, als würde sich alles aufklären, als würde alles sich irgendwie wieder dem Guten zuwenden. Es war eine dieser Situationen, in denen sie schon oft verharrt hatte. Voller Hoffungslosigkeit und Angst, doch bisher hatte es immer ein Happy End gegeben, einen Ausweg, eine Lösung. Sollten jedoch die Jedi vernichtet werden, so würde auch die Hoffnung sterben. Die Hoffnung auf eine Zukunft, in der Frieden und Gleichgewicht herrschten.

Padmé schloss die Augen und versuchte die Angst und Verzweiflung in ihrem Inneren niederzukämpfen.

Sie hatte alle Namen gehört. Namen von weisen und großen Kämpfern. Namen von Männern und Frauen, die sie während der Klonkriege kennen und schätzen gelernt hatte. Männer und Frauen, die gekommen waren, um sie, Anakin und auch Obi-Wan zu retten. Die ihr Leben auf's Spiel gesetzt hatten, um anderen das Leben zu retten.

Doch zwei Namen waren unausgesprochen geblieben. Die Namen, die ihr mehr bedeuteten, als alles andere auf der Welt. Anakin Skywalker und Obi-Wan Kenobi. Sie hätte Erleichterung empfinden müssen, doch die Tatsache, dass ihre Namen nicht erwähnt worden waren, ließ sie befürchten, dass die beiden Männer Teil eines viel größeren Planes waren. Teil eines Planes, der, wie es schien, die Machtverhältnisse in der Galaxis neu ordnen sollte.


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Die Nacht war klar und hell. Auf Coruscant waren die Nächte nicht mehr dunkel. Schon lange nicht mehr. Die vielen Lichter der Stadt. Dieser einzigartigen Planetenumfassenden Stadt waren unaufhörlich an und tauchten die Nacht in ein schummriges Licht aus Abertausenden von Neonröhren. Mace Windu stand auf einer der Balkone des Jedi-Tempels und sah auf die Stadt hinunter. Auf das noch immer pulsierende Leben, welches tagein und tagaus unaufhörlich seinen Lauf nahm. In Coruscant standen die einen auf, wenn die anderen schlafen gingen. Es gab nie einen Platz oder eine Zeit, in der absolute Ruhe herrschte. Ruhe, nach der sich der weise Jedi-Meister sehnte. Die Gedanken in seinem Kopf kamen nicht zur Ruhe. Eine Ruhe, die ihm fehlte, um über einige Geschehnisse nachzudenken.

Mace atmete die kalte Luft ein und stützte sich mit beiden Händen am Balkongeländer ab. Seine Augen wanderten über die fernen Rauchschwaden, die aus einer der vielen Fabriken kamen.

Er fühlte sich mit einem Male müde und ausgelaugt. So, als habe er schwer gekämpft. Doch es waren Sorge und Bedenken, die ihn so erschöpften. Die Welt, die er kannte brach zusammen. Sie alle sahen es. Yoda, die anderen Ratsmitglieder, Obi-Wan … sie alle konnten es spüren, konnten es sehen.

Mace seufzte und spannte seinen Rücken kurz, um ihn dann wieder zu lockern. Obi-Wan. Der junge Jedi-Meister bereitete ihm besonders Sorge. Stets war er ihr Hoffnungsträger gewesen. Einer der wenigen Jedi, die es geschafft hatten, soweit eins mit der Macht zu werden, dass all ihr Wissen und all ihre Kraft in ihm zusammenflossen. Sie hatten alle an ihm gezweifelt, doch er hatte ihnen bewiesen, dass er es Wert gewesen war, ein Jedi zu werden.

Mace Windu wusste, dass Obi-Wan dem Rat in Hinsicht auf Anakin zugestimmt hatte. Er hatte seinem Meister Qui-Gon ebenso von Anakin abgeraten und doch hatte er dem Wunsch seines Meisters zugestimmt und ihn als seinen Padawan akzeptiert.

Obi-Wan war kein schlechter Meister, aber mangels seiner Erfahrungen hatte er Fehler gemacht. Anakin hatte diese Fehler nicht erkannt. Er hatte sich selbst überschätzt. Er tat es vermutlich immer noch.

Mace wischte seine Gedanken hinfort, indem er mit seiner Hand über seine Augen fuhr. Nicht Anakin war sein momentanes Problem. Dass die Dunkle Seite in Anakin ungewöhnlich stark war, aber nicht die Oberhand gewann, war ihnen allen bewusst. Doch Obi-Wan schien augenblicklich einen ebenso gefährlichen Weg zu beschreiten.

Mace erinnerte sich an den hydroponischen Garten. Nur für einen Augenblick hatte er Verwirrung, Verzweiflung und Selbstzweifel verspürt. Einen kurzen, verschwindend kleinen Moment.

Der dunkelhäutige Jedi-Meister wusste, dass Obi-Wan sofort alle Gefühle in sich verschlossen hatte. Und genau das bereitete ihm Sorgen.

Obi-Wan schien etwas verstecken zu wollen und das kam in gewisser Weise einer Lüge gleich. Er versuchte ihn, Mace Windu, zu täuschen. Aber er versuchte auch sich selbst zu täuschen.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Dunkle Seite der Macht erkannte, dass der fähige Jedi-Meister schwach geworden war. Schwach und anfällig für die Dunkle Seite.

Mace wusste, dass er mit ihm hätte reden sollen, doch die Ereignisse in der Republik überschlugen sich. Ihnen allen blieb momentan wenig Zeit nachzudenken oder zu reden. Sie konnten nur versuchen, den Schaden in Grenzen zu halten. So, wie sie es als Hüter der Gerechtigkeit und des Friedens tun sollten.

Doch der dunkelhäutige Jedi-Meister machte sich nichts vor. Mit dem Angriff der Handelsföderation auf Königin Amidala und ihr Volk, war ein neues Zeitalter eingerufen worden. Klonkriege, abtrünnige Jedi oder die Auferstehung der Sith. Es waren nur all zu deutliche Zeichen dafür, dass ihr Leben sich verändern würde. Und Mace befürchtete, dass die Jedi nicht stark genug sein würden, um dem Widerstand zu leisten. Mit einem schalen Beigeschmack auf der Zunge erinnerte er sich an seine eigenen Worte, noch vor Beginn der Klonkriege: "Die Jedi sind keine Krieger, sie sind Hüter des Friedens." Nun denn, die Klonkriege hatten einiges verändert. Die Jedi waren zu Kriegern geworden, ob sie es gewollt hatten oder nicht.

Mace Windu schloss die Augen und versuchte neue Kraft aus der Macht zu gewinnen, die ihn umgab. Er konzentrierte sich ganz auf sein Innerstes und ließ Ruhe in sich einkehren. Eine tiefe, beruhigende Stille, in der er für einen kleinen Moment unaufmerksam wurde und den Schatten nicht wahrnahm, der hinter ihm an den Fenstern entlang huschte.



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Sie lag am Boden und dunkle Schatten tanzten vor ihren Augen. Ihre Beine schienen wie gelähmt und doch durchzuckte ein einziger nicht enden wollender Schmerz durch ihren Körper.

Sie hörte ein Lichtschwert surren, Schüsse aus einer Waffe, Schreie. Sie hörte den Atem ihrer Meisterin. Schwer und keuchend.

Sie wusste, dass sie verletzt war und am Boden lag, weil ein Schuss des Kopfgeldjägers sie an der Hüfte getroffen hatte. Der Schmerz war so schnell gekommen, der Fall so hart gewesen, dass sie ihr Lichtschwert verloren hatte.

Und nur langsam kam sie wieder richtig zu Sinnen und erkannte, was geschah.

Durch einen milchigen Schleier hindurch sah sie ihre Meisterin kämpfen. Erkannte schemenhaft, wie sie sich zur Wehr setzte und doch trotz ihrer Fähigkeiten immer wieder zurückgedrängt wurde.

In nicht allzu weiter Ferne lag ihr Lichtschwert. Wäre sie nur ein wenig klarer gewesen, hätte sie es erreichen können. Doch der Schmerz, der sie durchfloss, war zu intensiv. Benebelte ihre Sinne.

Sie konnte den Windzug spüren, als ihre Meisterin an ihr vorbeieilte, in Deckung ging und konterte. Wütende Schreie und Flüche drangen an ihr Ohr.

Langsam legte sich der Schleier vor ihren Augen, sie konnte erkennen was nicht weit von ihr geschah, doch sie hätte es lieber nicht gesehen.

Ihre Meisterin wehrte noch einen weiteren Schuss ab, da trat eine dunkle Gestalt aus dem Hintergrund, feuerte auf die Jedi-Meisterin und traf diese unvorbereitet in den Rücken. Mit einem erstickten Schrei brach sie zusammen, versuchte noch einmal ihr Lichtschwert gegen ihren unbekannten Angreifer zu heben und versagte kläglich, als ihr die Kraft entsagte und weitere Schüsse sie niederstreckten.

Die junge Padawan biss die Zähne zusammen, um einen Schrei der Verzweiflung zu unterdrücken, nahm ihr Lichtschwert, hievte sich trotz all ihrer Schmerzen auf und machte einen Satz auf den Kopfgeldjäger zu.

Mit nur einem, für den Angreifer völlig überraschenden, Schlag, trennte sie ihm den Kopf ab und schnappte sich seinen Blaster. Der andere, unbekannte Angreifer, schaffte es noch, einen einzigen Schuss in ihre Richtung zu feuern, ehe er selbst von mehreren Schüssen niedergestreckt wurde.

"Bastarde!", zischte die junge Padawan mit ausgestreckter Waffe und eine enorme Wut durchströmte ihren Köper. Sie hatten ihre Meisterin getötet. Sie hatten sie selbst töten wollen. Ihr Hass gegen die beiden Wesen, die sie soeben getötet hatte, hätte nicht größer sein können.

Als Wut und Hass jedoch langsam in ihr abebbten, da erschütterte ein Zittern ihren Körper. Langsam ließ sie die Waffe sinken, ließ sich auf die Knie fallen und begann zu weinen. Bittere, salzige Tränen.

"Warum?", flüsterte sie und ballte die Hände zu Fäusten. "Warum nur?"

Und sie schwor bittere Rache an denjenigen, die etwas Derartiges in Auftrag gegeben hatten.


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"Ihr seid so ruhig, M'Lady. Bedrückt Euch was?" Padmé schloss die Augen und schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter. Die ironische Stimme hinter ihr lachte leise und sie konnte den Hohn darin vernehmen.

"Was wollt Ihr von mir?" Sie blieb mit auf dem Rücken gekreuzten Armen stehen und versuchte Ruhe zu bewahren.

"Sagt mir, wo sich Euer Mann befindet."

Padmé drehte sich langsam um und sah die Gestalt hinter sich an. Ein langer dunkler Mantel verhüllte den Körper der Frau und die tiefsitzende Kapuze verwehrte ihr jeden Blick auf das Gesicht.

"Selbst, wenn ich es wüsste, wärt Ihr die letzte Person, der ich es sagen würde", erklärte die junge Senatorin und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. "Und warum sollte ich es Euch sagen? Ihr habt einen diplomatischen Raumkreuzer geentert, gebt den Mord von allen Jedi in Auftrag und haltet mich hier gegen meinen Willen fest. Ich habe keinen Grund dazu. Wie könnt Ihr Kooperation erwarten?"

Ein leises Lachen erklang. "Weil Ihr keine Wahl habt, Senatorin."

Padmé kniff die Augen zusammen und sah ihr Gegenüber skeptisch an. "Ich kenne den Aufenthaltsort meines Mannes nicht. Mehr habe ich Ihnen nicht zu sagen."

Langsamen Schrittes ging die mysteriöse Unbekannte den Raum entlang und sah hinunter auf die Raumjäger, die im Hangar standen. Sie schien eine unendliche Geduld und Ruhe zu haben, was Padmé zunehmend nervöser werden ließ. Nicht, dass sie sich etwas hätte anmerken lassen, doch als der Druck zunehmend stärker wurde, musste sie ihre Hände zu Fäusten ballen, damit man das unruhige Zittern nicht sehen konnte.
"Euer Mann wird versuchen Euch zu retten."

Padmé lachte kurz auf und funkelte ihr Gegenüber trotzig an: "Er ist verschwunden und nicht einmal ich weiß, wo er sich aufhält. Glaubt Ihr wirklich, es würde ihn kümmern, wo ich bin? Glaubt Ihr wirklich, er würde die Frau retten, die er verlassen hat?"

Ihre eigenen Worte brannten ihr eine Narbe ins Herz. War es wirklich das, was Anakin getan hatte? Hatte er sie wirklich verlassen? War es nicht nur eine unangekündigte Reise, von der er wiederkehren würde? War er fort und hatte sie im Stich gelassen? Padmé versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie lediglich ihre schlimmsten Befürchtungen ausgesprochen hatte.

"Er wird kommen, M'Lady. Und wenn nicht, um Euch zu retten, so doch, um sich seiner Bestimmung zu ergeben."

"Seine Bestimmung. Was ist, Eurer Ansicht nach, seine Bestimmung? Anakin ist kein Sith. Er ist ein Jedi und wird nie der guten Seite abschwören!" Ihre Erwiderung erfolgte mit energischer, deutlicher Stimme, die keinen Widerspruch zu dulden schien und dennoch war sie sich mehr als im Klaren darüber, dass sie nicht die Wahrheit sagte. Anakin war anfällig für die Dunkle Seite. Er war einer der Guten, doch das konnte genauso schnell umschlagen wie ihre Gefühle damals für ihn.

Und die Frau in der dunklen Tunika schien es zu spüren. Sie schien ganz genau zu wissen, dass die Senatorin ihren eigenen Worten nicht vertraute. Schlagartig wurde Padmé bewusst, dass sie mit einem Sith oder mit einem abtrünnigen Jedi sprechen musste. Doch diese Erkenntnis war so erschreckend, dass sie für einen Augenblick das Atmen vergaß.

"Anakin Skywalker wird seine Bestimmung annehmen. Und Dank Euch, Senatorin, wird auch der große Jedi-Meister Obi-Wan Kenobi bald seinen Weg zu uns finden."

Mit einem lauten Lachen verließ die Unbekannte den Raum und ließ eine völlig fassungslose Senatorin zurück. Padmé schien weder sprechen noch atmen zu können.

Obi-Wan auf dem Pfad der Dunklen Seite der Macht ... wie, nur wie war es soweit gekommen? Sie konnte es nicht glauben. Sie wollte es nicht glauben!
Zusammen by Steffi Raatz
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Mace Windu hörte das Rascheln hinter sich in letzter Sekunde. Gekonnt wich er dem Angreifer aus und zog sein Lichtschwert, welches mit einem energischen Surren zum Leben erwachte. Die purpurne Laserklinge erhellte die trübdunkle Umgebung, während der Jedi-Meister und der Angreifer umeinander herumtänzelten. Mace stellte keine Fragen, er gab sich auch nicht überrascht. Obwohl er zu konzentriert auf andere Dinge gewesen war, um den Angreifer rechtzeitig zu registrieren, hatte er dennoch mit etwas Derartigem gerechnet.

Die scharfe Klinge der Kampflanze seines Gegners stieß vor und verfehlte den Jedi-Meister nur um wenige Zentimeter. Mace Windu konnte den Luftzug auf seiner Haut spüren und kniff die Augen zusammen. Sein Blick fixierte seinen Gegner, so dass er genau erkennen konnte, wie dieser schwitzte.

Fast tänzelnd schritten sie um einander herum, nur manchmal stieß die Lanze des Gegners vor und wurde sogleich von dem Laserschwert abgeblockt. Es war, als würde er ihn sondieren. Als würde er versuchen, die Schwächen des Jedi zu ergründen.

Dann stieß er plötzlich los, verfehlte Mace Windu in einer schwachen Sekunde nur um einen Hauch und wiederholte diesen Stoß immer und immer wieder. So schnell, dass Mace Schwierigkeiten bekam, den Bewegungen seines Gegners auszuweichen. Was auch immer sein Gegner war, er war schnell, unwahrscheinlich schnell.

Doch er war nicht sehr intelligent. Schnell wurde dem Jedi-Meister klar, dass sein Gegner immer wieder dieselbe Taktik anwandte. Und obwohl Mace wirklich Schwierigkeiten hatte, ihm auszuweichen, gelang es ihm mit ein wenig Täuschung, den Angreifer zu überwältigen und ihn an die Wand zu spielen.

Keuchend stand dieser mit dem Rücken ans kühle Metall der Brüstung gelehnt. Das Schwert des Jedi-Meisters surrte gefährlich nahe an seiner Kehle, bereit, ihn jederzeit zu töten. Doch Mace wollte ihn nicht töten. Er wollte Informationen.

"Nennt mir Euren Auftraggeber!"

"Ich kenne ihn nicht und Euch würde ich ihn sowieso nicht verraten!", zischte sein Gegenüber und keuchte. Ein verspottendes Keuchen.

"Ihr solltet ihn mir aber lieber nennen, ansonsten werde ich ...", brummte der Jedi.

"... mich töten?", lachte sein Gegner. "Tut es ruhig. Es werden andere kommen und einer wird es schaffen, Euch zu töten. So wie alle Jedi getötet werden. Hört Ihr. Alle! Die Jedi werden aussterben und Ihr könnt nichts dagegen tun!" Und damit ließ sich jener, der die Worte gesprochen hatte rückwärts über den Balkon fallen. Hinab in die Tiefe und in den Tod. Der gnädiger ihm nicht hätte sein können.

Mace spürte, wie ihn Entsetzen packte. Zum erstenmal in seinem Leben spürte er einen Anflug von Angst und Wut in sich aufkeimen. Und eine erschreckende Hilflosigkeit machte sich in ihm breit.


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Obi-Wan saß an einer der sprudelnden Quellen im hydroponischen Garten des Tempels. Obwohl ihn Angst und Verzweiflung im Griff gehabt hatten, kam langsam wieder die Ruhe zurück. Der Ort der Zusammenkunft war zugleich immer wieder für Obi-Wan auch ein Ort der Ruhe und Entspannung gewesen.

Während ein paar Meter weiter Kinder spielten und sich von ihren Trainingsstunden erholten, saß er auf einem der Felsen, genoss die künstliche Sonne und ließ seinen Geist treiben. Die Meditation hatte den gewünschten Effekt erzielt und ihm bewusstgemacht, dass er nur dann erreichen konnte, was er anstrebte, wenn er seine Gefühle zur Seite schob und seinem Verstand und der Macht in ihm die Möglichkeit gab, miteinander zu kooperieren.

Das Verschwinden Padmés und die Verletzung Lin'As waren Faktoren, die ihm schlussendlich klargemacht hatten, dass er sich konzentrieren musste. Was war er für ein Jedi-Meister, wenn er nicht in der Lage war, das Wesentliche zu erkennen? Für einen Augenblick hatte er sich der dunklen Seite näher gefühlt, als je zuvor und vielleicht war es diese Erkenntnis gewesen, die ihn zurück zu seinen Wurzeln gebracht hatte.

Ein Schwall Wasser, der ihn traf, riss ihn aus seinen Gedanken. Obi-Wan schüttelte aus Reflex kurz den Kopf und sah den kleinen Jungen erstaunt an, der kichernd davon rannte. Sie hatten den Meister träumen gesehen und ihn wecken wollen. Obi-Wan erinnerte sich noch zu gut daran, wie er damals mit seinen Freunden auch Streiche gespielt hatte. Nur, dass Meister Yoda damals nicht so begeistert gewesen war.

Mit einer Hand fuhr er sich über sein Gesicht, um das tropfende Wasser von seinen Augen fernzuhalten, als er glaubte Lin'A am anderen Ende des Gartens zu erkennen. Ihr Gang war schnell und energisch. Der Jedi runzelte die Stirn und betrachtete seinen Padawan ein wenig irritiert. Irgendwas war anders. Und vor allem, wieso trug sie diese seltsame Kleidung und war nicht in ihrem Bett?

Sie schien etwas zu suchen. Ihr Blick wanderte hin und her, während ihre Gangart nicht langsamer wurde. Dann erblickte sie den Jedi und augenblicklich schien es so, als habe sie gefunden, was sie gesucht hatte.

Obi-Wan zog die Augenbrauen hoch und sah ihr abwartend entgegen. Er hatte nicht vor, sich von seinem Platz zu bewegen. Schon gar nicht, so lange ihn Lin'A mit einem so beunruhigenden Blick ansah.

Als sie bis auf wenige Meter an ihn heran war, erkannte er, dass sie neben dem Lichtschwert auch einen Blaster an ihrer Hüfte trug. Ganz unüblich für einen Jedi war sie in schwarzes Leder gekleidet und wirkte dadurch eher wie ein Kopfgeldjäger.

Sekundenlang schrillten Alarmglocken bei Obi-Wan, doch er rief sich ins Gedächtnis, dass es sich um Lin'A handelte und keine Gefahr von ihr ausging.

"Obi-Wan Kenobi?", erklang ihre Stimme und augenblicklich wusste der Jedi-Meister, dass etwas nicht stimmte.

"Padawan, was führt dich zu mir? Du solltest im Bett liegen! Nicht, dass ich nicht froh wäre, dich wieder bei Bewusstsein zu sehen, doch hältst du es nicht selbst für klüger, dich auszuruhen?" Ohne es zu wollen, hörte er den Tadel in seiner Stimme.

"Ausruhen kann ich mich, wenn ich tot bin. Ich bin hier, weil ich von Euch als Padawan aufgenommen werden will."

Obi-Wan legte den Kopf schief und blinzelte. "Bitte was?"

"Ich will als Euer Padawan aufgenommen werden!", wiederholte sie energisch und mit einem Male wusste er was anders an der Person vor ihm war. Die Macht floss anders durch sie. Das war nicht Lin'A, im Inneren der Person vor ihm brodelten Zorn und Verbitterung. So stark, wie er sie einst bei Anakin verspürt hatte.

Er sprang auf und war sofort in Alarmbereitschaft. "Wer bist du?"

"E'Lin Tamal", erwiderte sie mit kühler Stimme, "und ich bin hier, weil ich von Euch lernen will, die Macht zu nutzen. Meister Yoda hat stets in Gegenwart meines Meisters von Euch nur Gutes erzählt. Ich will mir Eure Weisheit und Fähigkeit im Umgang mit der Macht zu eigen machen."

"E'Lin", wiederholte er ihren Namen und sah sie nachdenklich an. "Eine Zwillingsschwester."

"Ihr kennt Lin'A?" Die junge Frau sah ihn überrascht an.

Obi-Wan holte tief Luft und nickte dann. "Ja, sie ist mein Padawan."


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Leise und geschickt wie eine Katze kletterte sie in das Gebäude, am Sicherheitssystem vorbei. Niemand im Tempel der Jedi dachte auch nur daran, dass sich jemand feindlich gesinntes in ihr innerstes Heiligtum vorwagen würde. Gerade deshalb war es für sie auch der idealste Ort, um ihren Auftrag zu erfüllen. Obi-Wan zu töten war kein einfaches Unterfangen. Sie wusste, im Kampf gegen ihn würde sie wohl oder übel vermutlich überleben, doch wenn sie es schaffte, ihn zu verwirren oder seine Aufmerksamkeit abzulenken, dann hatte sie eine Chance.

Nisa Amari presste sich in den Schatten einer Türnische und wartete die passierenden Jedi-Schüler ab. Sie waren noch zu jung und zu unerfahren, um sie zu registrieren. Nisa hatte sich gut informiert. Und weil sie sich gut informiert hatte, wusste sie, dass sie Meister Kenobi nur drei Schwachpunkte hatte: seinen ehemaligen Padawan Anakin Skywalker, die Senatorin Amidala und sein neuer Padawan Lin'A Tamal.

Anakin war verschwunden, Amidala entführt, also blieb ihr nur noch Lin'A. Alles in allem eine sehr glückliche Situation für sie. Durch den Verlust der anderen beiden, war Meister Kenobi bereits getroffen, der Verlust seiner Padawan würde ihn maßgeblich schwächen und sie konnte ihn vernichten.

Sie musste unwillkürlich an Tatooine denken und an den stümperhaften Mordversuch von Darf. Dieser Vollidiot hatte ihr fast das Geschäft ruiniert. Sie musste Obi-Wan Kenobi auf eine perverse Art dankbar sein, dass er den unfähigen Kopfgeldjäger vernichtet hatte. Doch jetzt war ihr erstes Ziel diese kleine Jedi-Schülerin, an der Meister Kenobi scheinbar einiges lag.

Nisas Blick wanderte hinüber auf die andere Seite des Ganges. Nicht mehr weit und sie hatte ihr Quartier erreicht. Es würde so einfach werden …


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Obi-Wan schüttelte den Kopf und sah E'Lin an. Sie war ein absolutes Ebenbild ihrer Schwester, dennoch waren sie wie Tag und Nacht. Lin'A war ein herzensgutes Wesen mit Wärme und Güte in ihrem Inneren, obwohl ihr Meister getötet worden war. E'Lin war verbittert, voller Wut und Rachegelüste. Sowohl innerlich, als auch vom Erscheinungsbild waren sie alles andere wie Zwillinge. Obi-Wan wollte keinen zweiten Anakin als Schüler. Er wollte nicht noch einmal versagen.

"Obi-Wan, ich sehe, Ihr E'Lin schon kennen gelernt." Yoda lenkte seinen Gleiter neben sie und klopfte mit seinem Stock auf E'Lins Schulter. Diese nahm die Geste mit einem mürrischen Zucken der Mundwinkel zur Kenntnis.

"Meister Yoda!", nickte Obi-Wan zur Begrüßung.

E'Lin nickte ebenfalls und trat einen Schritt zurück. "Meister Kenobi, ich erwarte Eure Antwort und werde in der Zwischenzeit meine Schwester aufsuchen. Meister Yoda."

Yoda nickte und sah ihr nachdenklich hinterher. "Sie viel Wut in sich hat. Gefährlich das sein kann, aber nicht unmöglich es ist, ihr zu helfen."

"Nein, Meister Yoda. Ihr verlangt jetzt nicht von mir, was ich denke?!" Obi-Wan schüttelte ungläubig den Kopf.

"Ihre Meisterin ermordet wurde vor ihren Augen. E'Lin es nach Rache dürstet wie einst Anakin, doch E'Lin als Balance hat ihre Schwester. Gemeinsam sie sehr mächtig und sie Euch trauen." Yoda nickte bedächtig.

"Zwei Padawane. Meister Yoda, das …"

"Wie einst Qui-Gon Jinn", erklärte er und Obi-Wan schloss die Augen.

"Ja, wie einst Qui-Gon", wiederholte er matt und nickte. "Ich werde den Rat aufsuchen."

"Der Rat schon zugestimmt hat", erwiderte Yoda und seine Stimme bekam einen sehr müden Ton. "Neue Erkenntnisse darauf schließen lassen, dass Jedi getötet werden sollen. Meister Windu angegriffen wurde und vage Informationen erhielt. Nur wenn wir uns machen zu Nutzen Fähigkeiten von vielversprechenden Schülern, wir eine Chance haben."

"Jedi getötet? Wer gibt einen solchen Auftrag? Und welche Jedi?" Der jüngere Jedi-Meister wirkte mit einem Male alarmiert.

"Alle Jedi, Obi-Wan, alle Jedi." Yoda kehrte ihm den Rücken zu und verließ den hydroponischen Garten.

Obi-Wan sah ihm nach und erinnerte sich daran, dass er wieder atmen musste. Seine Lungen füllten sich mit Luft und er konnte einen Stich spüren, als sie sich dehnten.

Er hatte Yoda noch nie so erschüttert gesehen. Noch nie hatte er diese Schwingungen von ihm verspürt. Etwas war in Gange und er fühlte sich plötzlich nicht mehr so ruhig. Warum auch immer, ihn überkam das Gefühl etwas mit dem, was geschah, zu tun zu haben.
Bittstellung by Steffi Raatz
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Obi-Wan blieb für einen Augenblick regungslos und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Wieso nur, fühlte er sich verantwortlich für alles, was geschah?

Er versuchte den Gedanken für einen kurzen Moment zu verdrängen und das zu realisieren, was Yoda ihm soeben mitgeteilt hatte. Und im selben Augenblick, als er versuchte dessen Worte zu verstehen, wurde ihm klar, dass er nicht verstand, was der weise Jedi-Meister ihm gesagt hatte.

"Meister Yoda!" Obi-Wan eilte dem alten Jedi hinterher und rief seinen Namen. Egal, ob er wie ein ungestümer Padawan wirkte. Er hatte einfach nicht die Ruhe, um diese Angelegenheit lange aufzuschieben. "Wartet, Meister Yoda!", wiederholte er, als er ihn fast eingeholt hatte und Yoda blieb stehen, lenkte seinen Gleiter herum, so dass er Obi-Wan ansehen konnte und schüttelte ermahnend den Kopf.

"Obi-Wan, du kein kleiner Junge mehr bist. Du dich zügeln müsst in deinen Taten. Dies die Tat eines ungeduldigen Jungen war."

Der Jedi nickte nur kurz, ehe er seine Hände faltete und in den Ärmeln seines Mantels verschwinden ließ. "Ihr habt erwähnt, dass der Rat sich besonders fähige Padawane zu nutzen machen will, doch ist nicht genau das, was dem Rat und unserem Glauben widerspricht? Sollten wir nicht schützen und schlichten, statt zu kämpfen oder Kämpfer auszubilden? Wo bleiben da unsere Lehren, wo bleibt unser Kodex?"

"General Kenobi", erinnerte ihn Yoda an seinen eigenen Rang innerhalb der Truppen der Republik, "glaubst du nicht auch, dass dein Titel Beweis genug für Veränderungen? Die Zeiten sich leider maßgeblich verändern. Nichts mehr dem entspricht, wofür wir stehen. Die Jedi eine Vereinigung sind, deren Vernichtung ich kommen sehe."

"Warum so negativ, Meister Yoda? Sind wir es nicht, die Konflikte lösen? Haben wir nicht Kriege verhindert? Warum sollten wir nicht mehr gebraucht werden?" Obi-Wan spürte eine tiefe Leere in sich.

"Es andere Mittel und Wege gibt. Vielleicht niemand mehr abgeneigt von Krieg und Machthaberei. Etwas dunkles Großes steht bevor. Ich es spüren kann in meinen alten Knochen." Er schüttelte traurig den Kopf. "Nimm dich E'Lin an. Führe zu Ende, was wir nicht vollenden könnten."

"Meister Yoda, was ..." Doch Yoda wandte sich ab und verschwand aus dem hydroponischen Garten. "... was meint Ihr mit ‚was Ihr nicht vollenden könnt‘?" Obi-Wan wurde leiser und sah dem weisen Jedi hinterher, der ihn wieder mal ratlos stehen gelassen hatte.


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E'Lin ging den Gang zu den Quartieren entlang. Zwar war sie, dank ihrer Meisterin, nicht oft im Tempel gewesen, aber sie kannte den Weg noch immer sehr genau. Merkwürdigerweise konnte sie an ihre Meisterin denken, ohne eine Träne zu vergießen. Der Schmerz in ihrem Inneren war stark, aber ein weitaus stärkeres Gefühl hatte sich in ihrem Inneren eingenistet. Die Wut war so stark und ausgeprägt, dass sie hätte Angst haben sollen, doch sie nahm dieses Gefühl lediglich hin. Es machte sie kalt und stark. Es gab ihr die nötige Kraft, um gegen den Schmerz anzukommen. Sie wusste, es war falsch. Sie wusste, dass sie sich Meditationen hätte hingeben sollen. Sie wusste, dass sie mit dem Kodex der Jedi brach, weil sie gewillt war, in Zukunft hart zu sein. Hart und ohne Gnade, doch es erschien ihr richtig. Wohin hatte die Vernunft und die Kontrolle jeglicher Emotionen ihre Meisterin gebracht? Sie war tot. Ausgelöscht von Wesen, die nicht einmal Mut genug gehabt hatten, allein gegen sie anzutreten. Und ihre Schwester? Sie wusste, dass sie angegriffen worden war. Niederträchtig niedergestreckt von einem Kopfgeldjäger. Warum sollte sie nach den Regeln spielen, wenn es die anderen auch nicht taten? Wie sollte sie beschützen, wenn sie nur Diplomatie anwenden durfte? E'Lin ballte reflexartige ihre Hände zu Fäusten. Erst als ein dünner Rinnsaal Blut über ihren Handrücken lief, registrierte sie einen dumpfen Schmerz. Ihre Fingernägel hatten sich tief in ihre Handinnenfläche gegraben.

Sie sah ihre Hände an und kniff die Augen zusammen. Nicht einmal eine Verletzung vermochte ihr Innerstes noch zu berühren. Wie abgestumpft war sie wirklich? Wie sehr Jedi steckte noch in ihr? Wie viel Empfindungen? Oder war sie bereits an der Schwelle zur Dunklen Seite und hatte es nicht erkannt?

Eine einzelne Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und tropfte wie in Zeitlupe auf ihre Handinnenfläche, vermischte sich dort mit dem Blut und verschwamm. Eine weitere Träne rann ihre Wange hinab, benetzte ihre Lippen. Salzig brannte es auf ihrer Zunge. Und es folgten weitere Tränen. Immer mehr. So erlösend, so brennend. Doch mit ihnen kam auch der Schmerz. Der tiefe nagende Schmerz, der ihr Innerstes zu ersticken drohte. Der sie aufzufressen schien.

Sie ließ sich gegen die Wand sinken und rutschte mit dem Rücken an ihr herunter bis sie am Boden hockte und ihre Arme um ihre Beine schlingen konnte.

Schmerzen. Tiefe lodernde Schmerzen. Nie im Leben hatte sie geglaubt, dergleichen zu empfinden. Darauf hatte man sie nicht vorbereitet. Das hatte man ihr verschwiegen. Wie sollte sie dieses Gefühl verstehen? Wie sollte sie dagegen kämpfen?

E'Lin schlug die Hände vor ihr Gesicht und unterdrückte ein lautes Schluchzen.

Doch plötzlich vernahm sie ein Geräusch. Es war wie eine dumpfe Erschütterung. Etwas, das nicht in die Umgebung passte. Augenblicklich waren ihre Tränen versiegt und ihre Sinne reagierten wie automatisch. E'Lin stand vom Boden auf und horchte. Schräg gegenüber lag das Quartier ihrer Schwester und genau dort schien der Ursprung dieses Geräusches zu sein. Nein, vielmehr dieser Empfindung. Sie konnte nicht ganz einordnen, ob es mehr Geräusch oder Gefühl war, aber es war fremd, gehörte nicht hierher.

Fast augenblicklich mit dem Öffnen der Tür zu Lin'As Quartier, zog sie ihr Lichtschwert und aktivierte es.

Im Inneren des Raumes war es dunkel. Dunkel und ruhig. Nur der Atem ihrer schlafenden Schwester war zu hören. Doch was war es, was sie vernommen hatte? Die junge Frau war sich sicher, dass etwas hier sein musste. Etwas, was nicht hierhergehörte.

Ein dumpfer Schlag in ihren Nacken, ließ sie taumeln. Unvorbereitet ging sie in die Knie und versuchte ihr letztes bisschen Gleichgewicht nicht zu verlieren.

"Verdammt", fluchte sie und wirbelte im gleichen Augenblick herum, als ein Blasterschuss dorthin traf, wo sie noch eben gehockt hatte.

Den zweiten Schuss schaffte sie mit ihrem Lichtschwert abzuwehren, doch sie konnte ihren Gegner nicht richtig sehen. Er oder sie war einfach zu schnell. Schnell wie ein Raubtier …


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Er hatte sich vorgenommen ruhig zu wirken. Sich nicht anmerken zu lassen, dass Yodas Worte ihn durcheinander gebracht hatten. E'Lin schien genug Probleme zu haben. Dass sie für ihn eines darstellte, musste sie nicht auch noch erfahren. Obi-Wan hoffte, dass Lin'A wieder zu sich gekommen war. In ihr hatte er eine gewisse Quelle der Ruhe gefunden und er war sich sicher, dass sie ihm mehr über ihre Schwester sagen konnte. Vielleicht gelang es Lin'A auch, die Differenz zwischen ihm und E'Lin zu überbrücken. Er konnte es jedenfalls nur hoffen.

Das Geräusch eines Schusses, das Zischen, wenn ein Blasterschuss auf Metall traf, er kannte es und es erklang ohrenbetäubend laut über den Gang. Obi-Wan musste nicht lange überlegen, zog sein Lichtschwert und rannte los. Egal, woher es kam, es gehörte nicht in den Tempel, es gehörte zu keinem Jedi.


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E'Lin spürte, wie sie etwas streifte, sie spürte die Finsternis, die sie zu ergreifen versuchte und den dumpfen Schmerz an ihrer Schulter, und in ihrem Inneren kochte erneut die Wut hoch. Sie war nicht all diese Parsec gekommen, um einem anderen Feind zu erliegen. Sie war hier, um den Tod ihrer Meisterin zu rächen. Gerechtigkeit herbeizuführen.

Im gleichen Augenblick, als ihr Lichtschwert die dunkle Luft zerteilte, öffnete sich die Tür des Quartiers ein weiteres mal und Obi-Wan schaffte es gerade noch, unter dem aktivierten heranrasenden Lichtschwert abzutauchen. E'Lin zuckte erschrocken zusammen, während eine dunkel gekleidete Person die Gunst der Stunde nutzte und wie ein Phantom an ihnen vorbei in die Finsternis verschwand.

E'Lin konnte das Blut in ihren Ohren rauschen hören. Ihr Puls ging unregelmäßig. Adrenalin pumpte durch ihre Adern.

"Alles in Ordnung? Was ist geschehen?" Obi-Wan legte ihr eine Hand auf die Schulter und sie konnte sehen und spüren, dass er ebenso erschrocken von dem Vorfall war, wie sie selbst.

"Jemand ist hier eingedrungen. Ich hörte merkwürdige Geräusche. Dann der Angriff … ich, ich weiß es nicht." Sie ließ den Kopf sinken und ballte erneut ihre Hände zu Fäusten.

Obi-Wan nickte matt. Schon wieder hatte jemand versucht Lin'A etwas anzutun. Er musste dringend herausfinden, worum es ging. Welches Geheimnis sich dahinter verbarg.

"Was … ist … passiert?"

Obi-Wan und E'Lin sahen einander mit fragenden Blicken an, ehe ihre Köpfe synchron zum Bett herum ruckten, wo Lin'A sich aufsetzte und sie mit verstörtem Blick ansah.


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Der Rat der Jedi sah ihn finster an. Obi-Wan verneigte sich und verließ den großen Versammlungsraum. Er hatte geahnt, dass er keinen Erfolg haben würde. Er hatte es geahnt und gewusst, dass es ihm egal sein würde.

"Habt Ihr Erfolg gehabt?" Lin'A, die langsam wieder zu Kräften kam, sah ihn fragend an. Ihre Stimme war noch immer schwach, doch er konnte spüren, wie stark ihr Geist schon wieder war.

Verneinend schüttelte er den Kopf und sah zu E'Lin hinüber, die gelangweilt an ihrer Wunde an der Schulter herumdrückte. Der Schmerz schien ihr egal zu sein. So wie ihr alles egal zu sein schien. Obi-Wan seufzte.

"Was gedenkt Ihr jetzt zu tun?" Die Stimme von Lin'A holte ihn aus seinen Gedanken zurück.

"Ich werde trotzdem gehen", erwiderte er nachdenklich, den Blick nicht von E'Lin abwendend.

"Dann werde ich mitkommen."

Obi-Wans Kopf ruckte herum und sein ungläubiger, zugleich besorgter Blick traf sie. "Keinesfalls Lin'A. Die Wunde muss heilen und ohne Segen des Rates wird mein Handeln sich nicht unbedingt positiv auf deine Ausbildung auswirken. Es wäre ratsamer, hier auf mich zu warten und zu genesen."

"Ist sie es wert?", erklang E'Lins Stimme hinter ihm.

Erstaunt sah er sich um. "Bitte?"

"Ist sie es wert?", wiederholte E'Lin ihre Frage.

Obi-Wan sah Lin'A fragend an. Doch er unterließ es etwas zu sagen, stattdessen wanderte sein Blick zurück zur anderen Schwester. "Sie sind es wert", bezog er Anakin in seine Antwort ein und erntete ein wissendes Nicken der jungen Frau.

"Dann sollten wir gehen und diese Mission erfolgreich zuende bringen."

Obi-Wan zog eine Augenbraue hoch und sah von einer zur anderen. Sie waren fest entschlossen, ihn zu begleiten. Egal, was passieren würde. Egal, wohin sie gehen würden. Und er war sich mit einem Male klar, dass er noch nie soviel Loyalität und Vertrauen erfahren hatte.
Emotionen by Steffi Raatz
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Ein Räuspern im Hintergrund ließ sie aufhorchen. Schon seit geraumer Zeit hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden. Jetzt sah sie sich bestätigt. "Jocasta?"

Sie drehte sich mit geschürzten Lippen herum. Es war die einzige Gefühlsregung, die sich in ihrem Gesicht oder in ihrer Haltung wiederspiegelte. Gänzlich ungerührt nickte sie und wartete auf Antwort von ihrem Gegenüber.

Obi-Wan räusperte sich kurz und holte tief Luft. Er wusste, Qui-Gon Jinn hatte sich ihr anvertraut, dennoch fiel es ihm plötzlich schwer, sich jemandem in dieser Weise zu öffnen.

"Ihr habt etwas auf dem Herzen, Meister Kenobi?" Jocasta deutete auf einen Stuhl und setzte sich ebenfalls.

Obi-Wan sah den Stuhl eine Weile zwiegespalten an, ehe er sich setzte und die Hände im Schoß faltete. "So könnte man es nennen."

"Nun dann, ich werde versuchen, Euch behilflich zu sein." Jocasta faltete ebenfalls ihre Hände und sah den jungen Jedi-Meister an. Ihr Blick erschien ihm ruhig. Sehr ruhig, fast unbeteiligt, kalt. Doch er schüttelte den Gedanken hinfort und begann zu erzählen.

"Ihr habt einst Qui-Gon Jinn geholfen, als dieser sich … verliebt hatte." Es fiel ihm deutlich schwer, diese Worte in Bezug auf seinen Meister zu benutzen und dennoch wusste er, dass auch er nicht unfehlbar gewesen war. "Ich will nicht sagen, ich sei verliebt … vielmehr … nun, ich empfinde eine sehr tiefe Freundschaft zur Senatorin Amidala und diese Gefühle scheinen mich immer mehr in meiner Berufung als Jedi zu beeinflussen. Jocasta, sagt mir, sind wir Jedi einfach nicht dazu bestimmt solche Empfindungen zu erfahren? Gibt es diese Regeln nicht wegen der Dunklen Seite der Macht, sondern weil wir mit zunehmenden Empfindungen unfähig werden, unsere Aufgabe zu erfüllen?"

Die alte weise Jedi sah ihn nachdenklich an.


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Lin'A lag auf dem Bett und starrte die Decke an. Es war so verdammt viel passiert in den letzten Tagen, sie konnte gar nicht recht begreifen, wie schnell alles gegangen war.

"Die Decke muss unglaublich faszinierend sein!" E'Lins gelangweilte Stimme drang an ihre Ohren.

"Ich denke nach", erwiderte sie, ohne einen Blick von der Decke zu lassen.

"Ja, Wahnsinn", brummte E'Lin und rutschte auf ihrem Stuhl herum. "Statt hier zu sitzen und zu warten, könnten wir trainieren, wir könnten …"

"Unsere Wunden auskurieren?", erwiderte ihre Schwester.

"Sei nicht immer so vernünftig, Lin'A! Unsere Meister sind getötet worden. Uns hat gleiches Schicksal gedroht. Dir scheint es immer noch zu drohen. Und was tust du, du liegst hier herum, starrst die Decke an und denkst nach. Worüber? Wie du sterben wirst?" E'Lin stand auf und sah ihre Schwester herausfordernd an.

"Warum denkst du immer nur das Schlechteste?" Lin'A richtete sich von ihrem Bett auf und wandte ihren Blick zu ihrer Schwester. Sie selbst konnte kaum glauben, dass sie Zwillinge waren. Sie hatten im Grunde nichts gemeinsam. Nicht mehr. Vor vielen Jahren war das noch anders gewesen. Aber E'Lin hatte in dieser Hinsicht Recht. Es brachte nichts, über die Vergangenheit nachzudenken. Sie mussten nach vorne sehen. Und vielleicht tat ein kleines Kampftraining ihr ganz gut.

Ehe E'Lin auf ihre Frage antworten konnte, hatte Lin'A ihr Lichtschwert aktiviert und machte ihren ersten Schlag. E'Lin sprang zurück und parierte schneller, als das Auge ihrer Schwester die Aktivierung des Lichtschwertes wahrnehmen konnte.

Wie zwei Raubkatzen begannen die Schwestern sich umeinander zu drehen. Immer im Kreis, immer wachsam.

Lin'A machte einen Ausfallschritt, wirbelte herum und die Lichtschwerter der Schwestern prallten funkensprühend aufeinander. Hinter E'Lin öffnete sich die Tür, so dass diese hinaus auf den Flur sprang und somit ein klein wenig Luft zwischen sie brachte. Die Luft schien vor Anspannung zu flirren, als die Lichtschwerter immer wieder aufeinanderschlugen, immer wieder Funken stoben.

Die beiden jungen Frauen tänzelten umeinander herum, Schweiß lief ihre Stirn hinunter, noch nicht richtig verheilte Wunden schmerzten, doch sie bissen die Zähne zusammen und lieferten sich einen Kampf, der nicht hätte anstrengender sein können. Ein Kampf, der sie bis zur Erschöpfung brachte. Ein Kampf, den keine von beiden verlieren wollte, egal, was geschah …


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"Gefühle beeinflussen durchaus die Kraft eines Jedi, Meister Kenobi. Manche stärken ihn, manche schwächen ihn. Die Dunkle Seite der Macht hat so viel Kraft, weil Hass den Jedi in seinen Fähigkeiten stärkt. Liebe kann einen Jedi schwächen. Und weil wir Jedi dem Wohl aller Lebewesen zugetan sind, sollten Gefühle keine Rolle spielen. Spielen sie jedoch eine nicht unwesentliche Rolle, wie es bei Qui-Gon Jinn der Fall war, können sie sehr schmerzhaft enden. Qui-Gon ist nicht eins geworden mit der Macht. Sein Körper löste sich nicht auf. Erinnert Ihr Euch?"

Obi-Wan ließ den Klang von Jocastas Stimme in sich verklingen und schloss die Augen. Ja, er erinnerte sich zu gut. Er erinnerte sich, dass sein Meister ihm nicht erschienen war. Nicht einmal. Und hätte er das nicht sollen? Oder machte er seine Sache richtig? War Qui-Gon sich sicher, dass er keinen Fehler beging. So sicher, dass er es nicht für nötig hielt, ihm zu erscheinen?

"Meister Kenobi, Meister Kenobi!" Ein junger Jedi-Schüler, den er aus Yodas Unterricht kannte, rannte auf ihn zu.

Obi-Wan richtete sich von seinem Stuhl auf und sah den Jungen erstaunt und tadelnd zugleich an. Doch dieser ließ sich daran gar nicht stören und deutete nur hektisch auf den Eingang der Bibliothek: "Sie bringen sich um!"

Jetzt war Obi-Wan hellwach und alarmiert: "Wer bringt sich um? Von wem sprichst du?"

"Eure Padawane! Lin'A und E'Lin!" Die Stimme des Jungen wurde immer drängender, klang immer aufgeregter.

Nun hielt den Jedi-Meister nichts mehr. Was auch immer geschehen war, er konnte nicht glauben, was er hörte und dennoch … unmöglich schien nichts mehr zu sein. Ebenso wenig, dass seine Padawane plötzlich aneinandergeraten waren.

Jocasta Nu stand langsam von ihrem Stuhl auf und sah dem davon eilenden Jedi-Meister hinterher. Ihre Lippen zuckten kurz, dann wandte sie sich wieder ihren Büchern zu.


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Ein dumpfer Bass dröhnte aus den Boxen und erfüllte die schwüle Hitze des Raumes mit Elektrizität. Während wild zuckende Leiber aneinander stießen und sich nach dem Rhythmus aus den Boxen wiegten, spielten die ganz abgebrühten Russisch Roulette oder vergnügten sich mit sinnlosen Wetteinsätzen.

Nisa stand an der Bar und nippte an ihrem Drink. Ihr Blick schweifte umher und glitt über die Massen auf der Tanzfläche, die wie in Trance zu sein schienen.

Noch immer war sie wütend über ihren verpatzten Einsatz. Es hatte so wunderbar einfach angefangen. Wäre da nicht dieses dumme Mädchen aufgetaucht. Die Kopfgeldjägerin kippte ärgerlich den restlichen Drink ihre Kehle hinunter.

Eine Hand legte sich von hinten auf ihre Schulter, doch derjenige bereute dies augenblicklich. Nisas Hand hatte blitzschnell nach der Waffe gegriffen und nun drückte sie dem Fremden die Waffe gegen die Brust.

"Wer seid Ihr? Und was wollt Ihr von mir?" Ihre Stimme klang wie das Zischen einer Schlange. Gefährlich und unberechenbar.

"N … nichts … ich bin nur ein Bote …" Er drückte ihr einen Chip in die Hand und machte auf dem Absatz kehrt. Rannte, so schnell ihn seine Beine trugen.

"Hey!", rief sie ihm noch nach, aber eigentlich interessierte sie seine Flucht nicht mehr. Vielmehr Aufmerksamkeit lag auf dem Chip in ihrer Hand. Ein Datenchip.

Sie sah sich kurz suchend um, trat dann an eines der Computerterminals im Raum heran und schob den Chip ein. Es dauerte nicht lange, da erkannte sie eine dunkle Gestalt auf dem Bildschirm. Für einen kurzen Moment glaubte sie, einen Sith im Hintergrund zu erkennen, doch dann sprach die dunkle Gestalt und Nisas Aufmerksamkeit war wieder auf etwas Anderes gelenkt.

"Ihr habt Euren Auftrag nicht erfüllt. Ich gebe Euch eine zwei Tages Frist, Nisa Amari. Zwei Tage, um Obi-Wan Kenobi zu töten. Ansonsten stirbt Euer Bruder."

Sie starrte auf den Bildschirm und schüttelte den Kopf. Was zum Teufel …

Das war nicht ihr Auftraggeber, das war jemand völlig anderes. Wieso stellte derjenige ihr ein Ultimatum. Wie konnte er es wagen? Die Kopfgeldjägerin rammte ihre Faust auf das Terminal und erstarrte, als sie ihren Bruder tatsächlich auf dem Bildschirm erkannte.

"Verdammt …", schallte ihre Stimme durch den Raum. Sie hasste Fristen. Sie hasste es, unter Druck zu geraten, erpresst zu werden und noch mehr hasste sie Auftraggeber, die sie hintergingen. Sie hatte also zwei Tage. Nur noch zwei Tage bis diese Unbekannten ihren nächsten Verwandten töten würden.

Ihr blieb nichts Anderes übrig. Verärgert zog sie den Chip aus dem Terminal und warf ihn auf den Boden. Ihr Stiefel landete unsanft darauf und das Knirschen von leichtem Metall erklang.

Sie würde Obi-Wan Kenobi in eine Falle locken müssen und wenn sie schon dabei war, konnte sie die lästigen kleinen Mädchen auch gleich erledigen.

Es war an der Zeit zu handeln. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Aus dem Dunkeln by Steffi Raatz
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Seine Füße trugen ihn so schnell es ging durch die Korridore des Jedi-Tempels. Obi-Wan konnte einfach nicht glauben, dass alles so fürchterlich aus dem Ruder lief. Gerade jetzt, wo er sich glaubte wieder gefasst zu haben. Jetzt, wo er das Gefühl bekommen hatte, er würde endlich wieder Kontrolle zurückerlangen.

Was trieb die beiden Mädchen nur an, dass sie sich selbst zu bekämpfen schienen.

Obi-Wan bog in den hydroponischen Garten und hörte bereits das Aufeinanderprallen von Lichtschwertern und das Keuchen zweier angestrengter Menschen.

Sein Schritt beschleunigte sich automatisch und als er vor ihnen stand, stemmte er die Hände in die Hüften, schüttelte den Kopf und wirkte zum ersten Mal seit Langem wirklich erbost.

Lin'A und E'Lin nahmen ihren Meister nicht zur Kenntnis. Erst als sein Lichtschwert zwischen ihnen hindurchzischte, schraken sie auf und taumelten einige Schritte rückwärts. Die Köpfe der beiden jungen Frauen ruckten herum. Die Haare hingen ihnen feucht in die Stirn, ihr Atem ging schwer. Selten hatte Obi-Wan jemanden so erschöpft gesehen.

Die beiden Schwestern ließen ihre Lichtschwerter sinken. Reuevoll senkten sie unter dem verärgerten Blick ihres Meisters ihre Augen.

Einen viel zu langen Augenblick erschien es ruhig, ehe Obi-Wans Stimme einem Donner gleich durch den Raum hallte. "Seid ihr des Wahnsinns? Wolltet ihr euch umbringen?"

Lin'A schloss die Augen, während E'Lin das Kinn nach oben streckte, ihren Körper straffte und offensichtlich auf Konfrontationskurs war.

"Du", er deutete auf E'Lin und seine Stimme wurde leise, jedoch bedrohlich, "solltest am besten wissen, wohin falsche Aggressionen führen. Wieso hast du dein Wissen nicht benutzt? Deine Schwester in Gefahr zu bringen, war eine dumme und unreife Entscheidung."

"Meister Kenobi, ich habe dem Kampf zugestimmt, es ...", ertönte Lin'As Stimme, doch Obi-Wan hob nur die Hand und ließ seinen Blick keinen Moment von E'Lin.

"E'Lin hat für ihre Taten alleine Verantwortung zu tragen."

"Heißt das, Ihr lehnt es jetzt ab, weiterhin ihr Meister zu sein?" Lin'As Stimme klang bedrückt.

Der Jedi streckte sein Rückrad und seufzte. "Nein, das wäre die letzte Konsequenz. Ich sage euch beiden ehrlich, was ich denke. Ich bin nicht gewillt einen weiteren Padawan zu verlieren. Ich bin nicht gewillt, einen zweiten Anakin zu unterrichten. Also überlegt euch genau, was ihr wollt und wie weit ihr dafür gehen würdet."

Lin'A und E'Lin sahen sich nachdenklich an.


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Der Raumkreuzer nach Tatooine war überfüllt, dennoch hatte Obi-Wan einen Platz gefunden, wo er in Ruhe meditieren konnte. E'Lin und ihre Schwester saßen derweilen an einem der Tische und tranken etwas.

"Glaubst du, er hat ernst gemeint, was er gesagt hat? Würde er uns wirklich abweisen?" E'Lin nahm einen kräftigen Schluck.

Lin'A schob ihren Becher nachdenklich hin und her. "Ja."

"Ja?" E'Lin zog die Augenbrauen hoch.

"Ja. Er hat mit dem Verlust seines Meisters Qui-Gon, dem Verlust seines Padawans Anakin, den er meiner Auffassung nach geliebt hat wie einen Sohn, und dem Verlust von Senatorin Amidala, einer sehr guten Freundin, so viele schreckliche Dinge erlebt, dass er Angst hat, dass irgendetwas davon sich wiederholen könnte." Lin'A sah ihre Schwester traurig an.

Diese zuckte nur mit den Schultern: "Sagtest du nicht, diese Amidala wäre mehr für ihn als eine Freundin?"

Lin'A schüttelte den Kopf und verengte ihre Augen zu Schlitzen. "Hörst du mir überhaupt zu, Schwester? Ich rede davon, dass unser Meister viele Verluste einstecken musste und du spekulierst über seine Empfindungen zu einer Frau!"

"Hey, das ist wichtig! Was, wenn er sie liebt? Schon vergessen? Ein Jedi darf nicht lieben, hassen oder Zorn empfinden." E'Lin tippte ihrer Schwester an die Stirn.

"Nein, das habe ich nicht vergessen", zischte diese und stoppte die Hand von E'Lin in ihrer Bewegung. "Vergiss du aber auch nicht, den Teil mit Zorn oder Hass. Seit deine Meisterin getötet wurde, bist du doch nur noch auf Rache aus. Glaubst du, ich spüre so etwas nicht? Glaubst du, Obi-Wan merkt das nicht?"

E'Lin entriss ihrer Schwester die Hand und verschränkte die Arme vor der Brust. "Und ich sage dir, seine Gefühle werden uns mehr in Gefahr bringen, wie meine ..."


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Lin'A kannte die Bar bereits, in der sie sich wieder Informationen beschaffen wollten und so zog sie ihre Schwester mit zu einem der Tische. Obi-Wan deutete ein Nicken an, sah ihnen kurz hinterher, um sie später schnell wieder zu finden, ehe er sich an den Tresen begab. Er bestellte etwas zu Trinken, nickte dem Barkeeper zu und schob ein kleines Bestechungsgeld über den Tresen.

Kurz darauf verschwand der Barkeeper, kehrte mit einem Zettel zurück und deutete auf einen Wookie, der an einem der hinteren Tische gerade mit einem Wesen, das Obi-Wan nicht kannte, in einen Streit geriet.

Der Jedi nickte dem Barkeeper zu, nahm den Zettel entgegen und begab sich mit seinem Drink zu dem gezeigten Tisch, während der Streit zwischen dem Wookie und dem Fremden immer lauter wurde.

Obi-Wan räusperte sich kurz und reichte dem, ihn ärgerlich fixierenden, Wookie den Zettel, den er vom Barkeeper erhalten hatte. Daraufhin nickte der haarige Geselle nur und stand von seinem Platz auf. Sein Gegenüber gab einen Schimpflaut von sich, den der Wookie mit einem Schlag auf dessen Kopf und Gebrüll kommentierte. Obi-Wan blinzelte kurz, ignorierte dann jedoch augenblicklich die Reaktion seines zukünftigen Gesprächspartners.

Lin'A stützte ihr Gesicht auf ihre Hände, während E'Lin mit großen Augen ihrem Meister entgegensah. Obi-Wan setzte sich auf die Seite von Lin'A, während E'Lin erschrocken zur Seite rutschte, als der Wookie neben ihr auf die Sitzbank rutschte.

Obi-Wan faltete die Hände auf dem Tisch und beugte sich leicht vor. "Ich habe gehört, Ihr könnt mir eventuell Informationen über ein gekapertes Diplomatenschiff geben."

Der Wookie begann eigenartige Laute von sich zu geben, welche die beiden Padawane nicht verstehen konnte. Ihr Meister hingegen, schien alles genauestens zu verstehen.

Er drückte dem beharrten Wesen einen Geldbeutel in die Hand und nickte dann. Lin'A versuchte irgendwas zu verstehen, während E'Lin ihren Sitznachbarn mit argwöhnischen Blicken begutachtete.

Plötzlich stand der Wookie auf, brummte irgendetwas und verschwand mit einer undefinierbaren Handbewegung. Obi-Wan ließ sich zurückfallen und sah einen Moment lang stumpf an die Decke.

"Habt Ihr etwas herausgefunden? Was hat dieses Wollknäuel erzählt?!" E'Lin beugte sich vor und trommelte mit den Fingern auf dem Tisch.

Obi-Wan richtete seinen Blick auf die junge Padawan und die Leere darin verschwand. "Er hat von einem ..."

Weiter kam der Jedi nicht mehr. In diesem Augenblick betrat eine Frau die Bar und lenkte sofort alle Blicke auf sich. Der Jedi-Meister wollte seinen Satz vollenden, da war bereits ihre Waffe auf ihn gerichtet.

Die beiden Padawane sprangen auf die Bänke und hatten blitzschnell ihre Lichtschwerter gezückt, doch zum Schlag holten sie nicht aus, denn plötzlich schien es, als richte sich jede Mündung einer Waffe in der Bar auf das Trio.

"Verdammt ...", schluckte E'Lin und sah ihre Schwester panisch an.

Diese ließ ihr Lichtschwert sinken und suchte ratlos den Augenkontakt zu ihrem Meister, doch dieser verharrte regungslos auf seiner Position und starrte die Frau an, durch die das alles ausgelöst worden war.


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Padmé stand an einem der Fenster des Kampfschiffes, in dem sie sich befand und starrte ins All. Jeder einzelne Stern schien ihr mit einem Male so unendlich fern und unerreichbar. Wie weit waren Naboo und Coruscant voneinander entfernt? Wo genau befand sie sich? Sie wusste es nicht.

Ein Raumkreuzer passierte ihr Blickfeld und ließ sie wach werden. Kam man, um sie zu retten? Nein, der Kreuzer flog vorbei und schien zur Landung anzusetzen.

Padmé konnte zwar nicht sehen, wo sie genau war, aber ein Raumhafen musste sich in der Nähe befinden. Sie hatte Schmugglerschiffe, Transporter und kleine Jäger gesehen, doch niemand hatte sich für das große fremde Schiff interessiert, in welchem sie sich befand.

Vielleicht war es auch gut so. Wenn sich niemand um das Schiff kümmerte, konnte auch niemand gefährdet werden.

Ein weiteres Raumschiff kreuzte ihren Sichtbereich und sie erkannte es augenblicklich als ein Diplomatenschiff der Jedi.

Plötzlich keimte wieder Hoffnung in ihr auf. Ob man doch kam, um sie aus diesem Gefängnis zu holen?

Padmé presste ihr Gesicht gegen die Scheibe, um mehr sehen zu können, als ein dumpfer Knall in ihren Ohren ertönte und das Schiff der Jedi erschüttert wurde. Ein weiterer Knall erklang, dann schossen Flammen aus dem Rumpf und schließlich zerbarst es in tausend kleine Teile.

Padmé hielt den Atem an, nicht begreifend, was sie gesehen hatte. Jedi ... es waren Jedi, versuchte sie sich klarzumachen. Jedi sollten nicht sterben, sie waren die Guten.

Doch die Wahrheit traf sie hart. Sie rief sich die Szene mit den Kopfgeldjägern in Erinnerung und spürte wie die Luft in ihren Lungen zu brennen begann. Zischend ließ sie jegliche Luft entweichen und mit der entweichenden Luft, kam ein Schrei, dessen Verzweiflung von Tränen unterstrichen wurde ...
In die Enge getrieben by Steffi Raatz
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Lin'A sah zu ihrer Schwester hinüber und suchte ihren Blick. Mit einem Kopfnicken deutete sie zu ihrem Meister, doch E'Lin wusste ebenso wenig, warum der Jedi wie erstarrt schien und zuckte ratlos mit den Schultern.

Für einen langen Augenblick schien es unheimlich still in der Bar. So still fast, dass man eine Nadel hätte fallen hören können.

Einzig das Knirschen der hochpolierten Lederstiefel der vermeintlichen Angreiferin störte die Ruhe.

Obi-Wan ließ seine Hand langsam sinken, so wie sie ihren Zeigefinger langsam, aber offensichtlich immer weiter beugte, um die Waffe abzufeuern.

Die beiden Padawane glaubten vor lauter Angst und Anspannung zu vergehen, da ging mit einem Male plötzlich alles sehr schnell.

Die Angreiferin feuerte. Im gleichen Augenblick zog Obi-Wan sein Lichtschwert und wehrte den Schuss ab. So schnell, dass Lin'A ein erstaunter Ausruf entglitt, während in E'Lins Blick etwas wie Stolz schwang.

Obi-Wan und die Angreiferin sahen sich fest in die Augen, fixierten einander. Lin'A schien die Anspannung im Raum sehen zu können. Es war wie ein gespanntes Seil, dass zu reißen drohte. Bedrohlich und unerträglich.

Und wieder ging alles sehr schnell. Schüsse lösten sich schnell hintereinander aus der Waffe, zeitgleich wie das Lichtschwert herumwirbelte und diese abwehrte.

E'Lin sprang auf den Tisch und zog ebenfalls ihr Lichtschwert. Wer ihren Meister angriff, war auch ihr Feind. Sie hatte kein Bedürfnis erneut Opfer einer solchen Attacke zu werden.

Die Reaktion auf ihr Handeln kam schnell. Einige Anwesende zogen ihre Waffen und den jungen Frauen wurde schnell klar, dass die Angreiferin nicht ohne Verstärkung erschienen war. Sie hatte vorgesorgt.


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Der Comlink gab einen widerlich schrillen Laut von sich. Mace Windu, der sich der Meditation gewidmet hatte, blinzelte mit einem Auge und schielte auf das kleine Gerät, welches den penetranten Ton von sich gab und ihn in seiner Ruhe störte.

Schließlich stand er seufzend auf und nahm das Gerät an sich.

"Mace Windu", meldete er sich und fuhr sich mit seiner freien Hand über seine Glatze.

"Meister Windu, wir haben hier einen Notruf erhalten. Ihr solltet Euch das mal anhören", erklang die Stimme aus dem Gerät und der große Jedi blähte nachdenklich seine Wangen auf, während er das Gerät ausschaltete.

Es war der fünfte Notruf innerhalb von einer Nacht. Nicht, dass bisher etwas Ungewöhnliches gewesen wäre. Es kamen des Nachts öfter Notrufe rein, die meisten waren falscher Alarm oder aber für das Raumkommando von Coruscant bestimmt. Doch seit den Angriffen auf die Jedi, die sich häuften und den bisherigen Verlusten von sechs ihrer Leute, hatte der Jedi-Meister ein unruhiges Gefühl, welches sich nur verstärkte, wenn er auch noch gerufen wurde.

Müde und angespannt warf er sich seinen Mantel über und verließ sein Zimmer.


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Nisa zuckte zusammen und biss sich ärgerlich auf die Zunge. Wie konnte der Jedi nur so schnell sein? Ihre Schüsse waren präzise, sie waren unbestimmbar platziert. Ihre ganze Art zu kämpfen war unberechenbar. So zumindest hatte sie es bisher angenommen. Dieser Jedi jedoch, brachte ihr gesamtes Weltbild zum Einsturz.

Ehrgeizig und angestachelt von dem Drang zu siegen, so wie sie es stets tat, ließ sie ihre Waffe, einen einfachen Blaster, fallen und zog zwei Laserwaffen aus den Holstern an ihren Beinen. Es waren Spezialanfertigungen. Waffen, deren Schüsse immer trafen, deren Durchschlagkraft alle üblichen Waffen in den Schatten stellte.

"Stirb Jedi!", zischte sie und begann zu schießen.

Wilde, unberechenbare Schüsse, die ihr Gegenüber unmöglich abfangen konnte. Und dennoch schien jeder Schuss genau sein Lichtschwert zu treffen. Jeder verdammte Schuss wurde abgewehrt, traf umstehende, flüchtende Wesen, die plötzlich nicht mehr zusehen wollten, weil es ihnen zu gefährlich wurde.

Nisa sah den Jedi nicht einmal schwitzen. Keine Zeichen von Anstrengung.

Verärgert registrierte sie seine scheinbare Überlegenheit.

Doch dann fiel ihr Blick auf die jungen Frauen, die sich tapfer mit ihren Lichtschwertern zu verteidigen versuchten. Sie fixierte eine der jungen Frauen und ihre Blicke trafen sich. Sie blieb wie erstarrt stehen und konnte nur im letzten Augenblick den Angriff eines von Nisa angeheuerten Söldners abwehren.

Und der Kopfgeldjägerin war augenblicklich klar, wie sie den Jedi-Meister an die Wand spielen konnte. Sie musste nur vollenden, was sie im Jedi-Tempel begonnen hatte. Sie musste sich seinem Padawan zuwenden und töten.


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Mace starrte auf das Signal auf dem Schirm und bat um Wiederholung des aufgefangenen Hilferufes. Er wusste, er ließ den Funkspruch bereits zum sechsten Male abspielen und langsam kam es dem Lotsen merkwürdig vor, doch das war ihm egal. Die Stimme auf dem Band war unverkennbar.

"Kontaktiert Obi-Wan Kenobi!", wies er den jungen Mann an und sah sich im Raum um. Bis auf zwei Lotsen war es leer. Alle anderen schliefen. Die Nacht schien trotz allem ruhig und recht ereignislos. Wäre da nur nicht dieser Funkspruch gewesen. Dieser Hilferuf von Vorzyd 5, der ihn so nervös werden ließ.

"Ich kann Meister Kenobi nicht erreichen."

Fast gedämpft drang die Antwort des Lotsen in seine Ohren. Nicht erreichbar. Also musste er sich selbst auf den Weg machen. Er musste dem Notruf folgen, ehe es zu spät war.

Abrupt drehte er sich wieder zum Lotsen herum und legte seine Hand auf dessen Schulter. "Versucht weiter, Meister Kenobi zu erreichen und wenn Ihr ihn erreicht habt, sendet ihm folgende Nachricht: Notruf von Vorzyd 5 eingegangen. Anakin in Gefahr. Ich habe mich bereits auf den Weg gemacht." Damit verschwand er so schnell wie er gekommen war und ließ die beiden Lotsen allein …



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Während E'Lin mit aller Macht versuchte den bulligen Söldner auf Abstand zu halten, versuchte Lin'A die Angriffswelle zweier behaarter Wesen abzuwenden. Allein wusste sie, wäre eines dieser Wesen zu schlagen gewesen, gemeinsam jedoch schienen sie eine undurchdringliche Barriere zu bilden. Lin'A hatte einfach nicht mehr die Kraft sich ausreichend zu wehren.

Ihrer Schwester schien es leichter zu fallen, den großen Kerl von sich fernzuhalten, doch Lin'A konnte auch bei ihrer Schwester Ansätze von Erschöpfung erkennen.

Obi-Wan hingegen schien immer noch völlig ausgeglichen den Angriffen der Kopfgeldjägerin gegenüber zu stehen. Sein Gesicht wirkte ausdruckslos und seine Bewegungen waren schnell und präzise.

Lin'A seufzte innerlich und wünschte sich nur annähernd etwas von der Genauigkeit und Perfektion ihres Meisters zu haben.

Just in diesem Augenblick sah sie einen Schatten. Es war wie eine dunkle Front, die sich auf sie zu bewegte, dann war der Augenblick vorbei und ein kaltes scharfes Messer schnitt in ihre Haut unterhalb des Halses.

Lin'A riss ihre Augen auf und vermochte nicht zu glauben, was soeben geschehen war. Sie war zwar noch ein Padawan, jedoch nicht langsam. Aber diese Frau, sie war … sie war unglaublich schnell gewesen. Schneller als jedes Wesen, das sie kannte.

E'Lin stieß einen Schrei der Überraschung aus und tötete den bulligen Kerl ihr gegenüber mit fast schon infernaler Präzision.

Obi-Wan stoppte den Kreuzzug ihrer Schwester mit einer schlichten Handbewegung. E'Lin stoppte in ihrer Bewegung und blieb stehen, doch Lin'A konnte die Wut und die Hilflosigkeit in ihren Augen erkennen.
"Was wollt Ihr?" Die Stimme ihres Meisters hallte durch die fast verlassene Bar und sie erschien dem Padawan so laut, wie nichts zuvor in ihrem Leben.

"Ergebt Euch oder sie stirbt." Die Kopfgeldjägerin presste das Messer noch etwas stärker an Lin'As Hals und ein dünnes Rinnsal Blut floss ihren Hals hinab.

Obi-Wan fixierte die Kopfgeldjägerin genau. Seine Augen wirken stumpf und gefühllos, doch die Padawan konnte seine Anspannung spüren, seine Gedanken schienen sie fast anzuspringen. Er war auf der verzweifelten Suche nach einem Ausweg, ohne sie zu gefährden. Lin'A fühlte sich gerührt, doch andererseits erfasste sie auch eine große Furcht. Obi-Wan fühlte sich verantwortlich, was hieß, er war bereit alles zu tun, alles bis hin zur Kapitulation.

"Weshalb? Wer sind Eure Auftraggeber?" Er versuchte Informationen zu erhalten, während E'Lin am liebsten ihr Lichtschwert gezogen und alle aus dem Weg geräumt hätte, die ihr im Weg standen, um ihrer Schwester zu Hilfe zu kommen.

"Wenn Ihr Euch mir ergebt, Obi-Wan Kenobi, werde ich die beiden Mädchen am Leben lassen. Überlegt Euch also genau, was Ihr tun werdet. Ansonsten töte ich erst sie, dann ihre Schwester und zuletzt Euch." Nisa war entschlossen. Ihr rann die Zeit davon. Ihr Bruder hatte nicht mehr viel Zeit.

Die beiden Schwestern konnten sehen, wie es in ihrem Meister arbeitete. Sie konnten sehen, wie er schwankte. Wie er sie beide ansah, ihre Überlebenschancen abwog. Und sie wollten beide schreien. Sie wollten ihm beide zu verstehen geben, dass er auf keinen Fall nachgeben durfte, doch sie taten es nicht. Sie taten es nicht, weil seine Entscheidung bereits offensichtlich war. Das Überlegen war nur eine letzte Suche nach einem anderen Weg. Und so schlossen beide ihre Augen und versuchten die Worte mit Fassung zu tragen.

"Ich werde mich Euch ergeben. Lasst meine Padawane frei."
Bittere Erkenntnis by Steffi Raatz
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Die Zeit in der Bar schien still zu sehen. Weder Lin'A, noch ihre Schwester vermochten in diesem Augenblick zu atmen.

Er hatte sich tatsächlich ergeben. Obi-Wan, ihr Mentor, ihr Held.

Lin'A kniff die Augen zusammen und versuchte wieder zu atmen, doch es fiel ihr schwer. Die Angreiferin ließ von der jungen Padawan ab und sprang vom Tisch. Weder Lin'A noch E'Lin machen einen Versuch, nochmals anzugreifen. Es hatte einfach keinen Sinn. Ihr Meister hatte sein Lichtschwert deaktiviert und stand abwartend am anderen Ende des Raumes. Die beiden jungen Frauen wussten, dass sie keine Chance gehabt hätten. Weil er es so wollte.

Das Leder ihrer Kleidung knatschte, während die dunkel gekleidete Angreiferin einem Raubtier gleich auf den jungen Jedi-Meister zu ging.

Obi-Wan spürte die Anspannung in sich. Anspannung und ungeheure Wut. Seine Gedanken kreisten um Vergeltung und um Mord. Doch er hatte sich im Griff. Seine Waffe blieb deaktiviert, sein Äußeres schien emotionslos. Aber er wusste nicht, wie lange er diese Gefühle noch unterdrücken konnte. Sie brannten förmlich in ihm. Zusammen mit einem weiteren Gefühl, dass er sich nicht eingestehen wollte.

Er war nicht wie Anakin. Er war nicht wie andere Jedi, die der dunklen Seite nachgegeben hatten. Er war nie so gewesen. Immer hatte er sich kontrollieren können. Immer. Und doch spürte er mit einem Male, dass es ihm zunehmend schwerer fiel, diesen Status aufrecht zu erhalten.

Die Angreiferin nahm ihm das Lichtschwert aus den Händen, während sich ihre Waffe an seine Schläfe drückte. Ihre Augen beobachteten aufmerksam jeden Wimpernschlag, den der Jedi-Meister tat. Dann zog sie sich zurück, einer Raubkatze gleich, geschmeidig in ihren Bewegungen und immer auf dem Sprung.

"Lasst die beiden gehen."

Nisa drehte sich um und sah den Jedi aufmerksam an. Etwas in seiner Stimme irritierte sie. "Warum sollte ich?"

"Weil sie Euch nichts getan haben." Obi-Wan sah seiner Gegnerin direkt in die Augen.

"Habt Ihr auch nicht", erwiderte sie und lächelte. Kalt. Berechnend.

"Wer seid Ihr?", zischte der Jedi und zeigte zum ersten Mal seine Verärgerung, in dem er die Augen zusammenkniff.

Nisa sah ihn aufmerksam an. Gefühle. Der Jedi zeigte Gefühle.

Mit zwei großen Schritten trat sie wieder dichter an ihn heran und betrachtete ihn mit schräg zur Seite gelegtem Kopf. "Ihr seid nicht, wie die Jedi, denen ich bisher begegnet bin."

"Ist das so?!" Seine Stimme hatte einen gefährlichen Unterton.

Sie lächelte. Ein Lächeln voller Zynismus und trotzdem in einer seltsamen Weise schön. "Eigentlich sollte ich hier die Fragen stellen." Amüsement schwang in ihrer Stimme mit, während sie ihn zu umkreisen begann.

"Wenn Ihr mich schon töten werdet und so lautet immerhin Euer Auftrag", verblüffte er sie mit seinem Wissen, "werde ich doch wohl erfahren dürfen, weshalb mir dieses Schicksal zuteil wird."

"Ich schlage Euch etwas vor." Sie blieb vor ihm stehen und fuhr mit ihrem Finger über das Revers seiner Tunika. "Ihr verratet mir, warum Ihr so einfach aufgegeben habt und weshalb ich Gefühle wie Zorn und Wut aus Eurer Stimme heraushöre und anschließend werde ich Euch erzählen, wie mein Auftrag lautet und was ich sonst noch weiß. Ein fairer Tausch?"

Obi-Wan sah sie einen sehr langen Moment forschend an, dann nickte er.


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Padmé hockte mit angewinkelten Beinen auf der Pritsche, die in dem Raum stand, in dem sie gefangen gehalten wurde, und hatte ihre Beine mit ihren Armen umschlungen. Leise wiegte sie vor und zurück und versuchte sich einzureden, dass alles gut werden würde, doch in ihrem Inneren brannte eine Angst, die sie aufzufressen schien.

Ihre Gegner: Jedi oder Sith. Obi-Wan in den Fängen der dunklen Macht. Ihr Mann verschollen. Die Jedi zur Vernichtung freigegeben.

Was, was nur schien noch Sinn zu machen?

Nichts.

Padmé spürte wie sie an Halt verlor.

Wer sollte sie noch retten? Wer sollte die Republik noch retten, wenn niemand mehr da war, der sie retten konnte und wollte?

Sie spürte, wie die Verzweiflung sie gänzlich zu übermannen drohte und schloss die Augen, versuchte sich auf ihr Innerstes zu konzentrieren.

Auf ihr Herz, sie musste auf ihr Herz hören. Hören, was dieses ihr riet.

Sie konnte es hören. Das laute Pochen, das Hämmern vor Aufregung und Angst, und es schlug hart gegen ihre Rippen, aber es glaubte noch immer an das Gute.

Langsam öffnete sie wieder ihre Augen, stand auf und trat an das Fenster heran. Ihren Blick auf die Sterne gerichtet, in die Dunkelheit des Alls war sie sich plötzlich sicher, dass man sie angelogen hatte.

Er würde nicht der dunklen Seite verfallen, nicht er. Nicht ihr Ben.


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Lin'A und E'Lin starrten wie gebannt auf ihren Meister. Fast schon lethargisch ging er zum Tresen, ignorierte die Waffen um sich herum und genehmigte sich einen Drink. Es war, als sähen sie einem Fremden zu, jemandem, den sie weder bisher gesehen, noch von dem sie etwas gehört hatten.

Obi-Wan entledigte sich seines Umhangs und setzte sich auf einen der Barhocker. Sein Gesicht haftete an dem Glas, emotionslos wie gewohnt und dennoch war etwas anders.
Mit einer einladenden Geste hielt er seiner Gegnerin ebenfalls ein Glas hin, doch diese lehnte dankend ab und blieb stehen.

Abwartend ruhte ihr Blick auf ihm.

"Ich bin eine Gefahr für alle Jedi." Mehr sagte er nicht und dennoch war es wie ein Schlag ins Gesicht, eine Bombe die einschlug.

Lin'A sog die Luft tief ein, während E'Lin fast ihr Lichtschwert fallen gelassen hätte.

"Eine Gefahr? Erklärt mir das genauer." Nisa schien plötzlich noch mehr interessiert an der Geschichte des Jedi, der ihr von Anfang an, so seltsam vorgekommen war.

Obi-Wan Kenobi, einer der fähigsten und einer der mächtigsten Jedi, erklärte über sich selbst, dass er eine Gefahr für seine Zunft darstellte. Wenn das keine Ironie des Schicksals war.

Obi-Wan sah auf und seiner Gegnerin geradeaus in die Augen. Sie konnte Schmerz darin lesen, aber auch eine unergründliche Wut, die sich auf diesem Schmerz aufbaute.

"Es gibt Dinge im Leben, die man nicht steuern kann. Einst hatte ich einen jungen Padawan, der mich tief enttäuschte. Heute könnte ich ihn nicht mehr verurteilen, da ich, obwohl ich es seit längerem zu leugnen versuche, dieselben Gefühle empfinde wie er. Gefühle, die ein Jedi nicht empfinden darf. Wut, Verzweiflung und etwas noch viel Tieferes, das ich nicht auszusprechen wage."

Nisa schloss kurz die Augen und flüsterte dann: "Liebe", ehe sie doch zu dem Drink griff und sich neben den Jedi-Meister auf den anderen Barhocker setzte.

Obi-Wan starrte wieder in sein Glas, nicht bejahend, nicht verneinend. Stille im gesamten Raum. Niemand wagte zu sprechen.

Lin'A und E'Lin sahen einander an und schluckten. Nicht, weil sie soeben erfahren hatten, was sie schon lange vermutet hatten, nein, sondern weil sie ihren Meister zum ersten Mal in dieser Art und Weise sahen. Einen der größten Jedi-Meister seiner Zeit, der vor sich und der Welt zugegeben hatte, dass er nicht unfehlbar war. Der sich gerade mit seinem ehemaligen Schüler auf eine Stufe gestellt hatte. Es war ernüchternd. Es war wie ein Schlag in die Magengrube.

Keine von ihnen wollte ihn so sehen. Wollte ihm deshalb aberkennen, was er geleistet hatte. Doch in diesem Augenblick konnten sie nichts Anderes. Sie sahen ihn nur noch so, wie er dort saß. Müde und resigniert.


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Der kleine Starfighter passierte gemächlich den Rand eines Asteroidenfeldes und steuerte zielstrebig Vorzyd 5 an.

Mace saß auf seinem Sitz und konnte von seiner Position aus bereits einen winzigen Punkt erkennen, der sich als sein Reiseziel herauskristallisieren würde. Vorzyd 5 war nicht mehr weit entfernt.

Obwohl es aus dieser Entfernung noch nicht möglich war, rechnete er irgendwie jeden Augenblick damit, dass er Anakin spüren konnte. Er koppelte den Hyperraumring ab, um in die Atmosphäre des Planeten steuern zu können.

Er fragte sich, was ihn empfangen würde, das Gefühl von Furcht oder eine Erschütterung der Macht, die ihm bestätigen würde, was er schon seit längerem befürchtete; Anakins Abdriften zur dunklen Seite der Macht.

Nach der Landung auf dem Planeten musste er jedenfalls auf alles vorbereitet sein.

Also schloss er die Augen und versuchte sich aufs Meditieren zu konzentrieren. Die Kraft lag in Ruhe und Disziplin.

Mace öffnete kurz die Augen.

Und darin, vorbereitet auf alles zu sein.
Freund oder Feind? by Steffi Raatz
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Nisa Amari sah Obi-Wan Kenobi mit kühler Ruhe an. Dass er ihr gegenüber offen zugab, eine Gefahr für den gesamten Jedi-Orden geworden zu sein, war ungewöhnlich, sprach jedoch für ihn. Etwas an ihm war ihr sympathisch, auch wenn sie es niemals offen zugeben würde. Er war rein, hatte eine gewisse Unschuld und das obwohl er ein Mann war, vor dem selbst sie sich fürchtete.

Sie wusste, dass sie in seiner Gegenwart niemals unvorsichtig würde sein dürfen, ihm niemals den Rücken zukehren sollte, denn das konnte sie ihr eigenes Leben kosten, entgegen ihres Auftrags ihm den Garaus zu machen.

„Weshalb ist es Euch untersagt zu lieben?“, fragte Nisa nach einigen gedehnten Sekunden.

Obi-Wan atmete tief durch. „Liebe ist die stärkste aller Emotionen“, begann er zu erklären. „In ihr wurzeln alle anderen. Aus Liebe kann schnell Trauer werden, aus Trauer Wut und aus Wut wird sehr schnell Hass. Hass führt zu Rache, zu Unvorsicht und früher oder später zum Tod.“

Aus einiger Entfernung beobachteten die Schwestern Lin’A und E’Lin Tamal das Gespräch und wagten es kaum zu atmen. Sie wussten um das Dogma der Jedi, doch dass Obi-Wan so offen darüber sprach und vor allem über seine eigenen Gefühle, die ihm untersagt waren, ließ die beiden erstarren.

Lin’A fand als erste wieder zu Wort und sah ihre Schwester aus dem Augenwinkel an. „Wir müssen etwas unternehmen“, flüsterte sie. „Meister Kenobi kann diese Frau nicht ewig von ihrem Auftrag ablenken und das Unweigerliche hinauszögern.“

Etwas überrascht, dass diese Worte ausgerechnet von Lin’A kamen, ruckte E’Lins Kopf zu ihr herüber. „Ich weiß das und ich überlege auch schon, was wir tun können“, ließ sie sich mit gedämpfter Stimme vernehmen. Ihr Blick glitt zurück zu ihrem Meister und der Kopfgeldjägerin.

Nach einigen Sekunden des Nachdenkens sagte sie plötzlich, ohne sich vorher mit ihrer Schwester zu beraten, in gut hörbarer Lautstärke zu Nisa Amari: „Ich bitte Euch um das Leben meines Meisters.“

Lin’A sah sie vollkommen überrascht an. Obi-Wan und Nisa waren nicht weniger verblüfft.

„Warum sollte ich?“, kam es ausdruckslos von der Kopfgeldjägerin.

„Was habt Ihr davon, wenn Ihr ihn tötet?“, kam die Gegenfrage unvermittelt von der jungen Padawan.

Lin’A fühlte sich veranlasst ebenfalls etwas zu sagen. „Ihr seid Kopfgeldjägerin.“ Nisa Amari nickte unbeeindruckt. „Es geht hierbei lediglich um Geld“, fuhr sie deshalb schnell fort. „Wir könnten Euch auszahlen.“

Obi-Wan konnte kaum glauben, was seine Padawane im Begriff waren zu tun. Sie versuchten ihm auf diplomatische Weise das Leben zu retten. Wie verzweifelt mussten sie sein, um überhaupt in Erwägung zu ziehen, dass dieser Versuch irgendetwas in Nisa Amari berühren könnte?

Doch auf jeden Fall hatten sie die volle Aufmerksamkeit der Kopfgeldjägerin und er selbst wäre ein Narr, würde er nicht versuchen diesen Umstand zu nutzen.

Noch ehe er dazu kam etwas zu sagen, wandte sich Nisa ihm wieder zu und sagte mit einem unterdrückten Bedauern in der Stimme, welches ihm jedoch dank der Macht nicht entging: „So viel Geld habt ihr nicht.“

„Ich wusste nicht, dass ich so viel wert bin“, konnte Obi-Wan sich plötzlich selbst sagen hören.

„Ihr seid nicht mein einziger Auftrag“, gestand die Dunkelhaarige mit unfassbarer Ruhe. „Ihr seid nur einer auf einer langen Liste.“

Obi-Wan versuchte abzuwägen, wie weit er gehen konnte. Und nach einiger Zeit fragte er so vorsichtig, als prüfe er das Eis am Rand eines zugefrorenen Sees: „Mag sein, dass wir nicht die finanziellen Mittel haben Euch von Eurem Auftrag zu entbinden, aber möglicherweise können wir Euch auf eine andere Weise helfen?“

Nisa sah den Jedi mit zusammengekniffenen Augen an und schwieg einige lange Sekunden. Dieser Jedi-Meister und seine Padawane hatte es binnen weniger Minuten geschafft zwei, für ihren Beruf ganz verheerende, Gefühle in ihr zu wecken; Mitleid und Vertrauen. Beides war tödlich in diesem Gewerbe. Wenn sie nicht besser wüsste, dass Jedi nicht imstande waren Gedanken und Gefühle derer zu beeinflussen, mit denen sie sich unterhielten, würde sie denken, dass Obi-Wan sie irgendwie dazu brachte derart zu empfinden.

Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, ehe sie ein wenig zögernd begann zu erzählen: „Etwas Großes ist im Gange. Ich bin nicht die einzige Kopfgeldjägerin, die eine Liste mit Namen erhalten hat. Insgesamt habe ich fünf Aufträge dieser Art bekommen. Und mein Lohn …“ Sie zögerte und dachte an ihren Bruder. „Ich bekomme kein Geld.“

„Was dann?“, kam es überrascht von Lin’A, die mit einigen Schritten zu ihrem Meister und der Kopfgeldjägerin aufschloss, dicht gefolgt von ihrer Schwester.

„Das Leben meines Bruders.“ Sie seufzte und sah Obi-Wan beinahe hilfesuchend an. „Ein Sith hat ihn praktisch vor meiner Nase entführt, nachdem ich mich weigerte einen derartigen Auftrag anzunehmen. Ich wollte mich niemals mit den Jedi anlegen, da ich mir dessen bewusst bin, wofür sie stehen. Doch offenbar bin ich zu gut, als dass meine Auftraggeber auf mich hätten verzichten können.“ Sie zwang sich zu einem selbstsicheren Lächeln, obwohl es in ihrem Innern ganz anders aussah.

„Wo hält man Euren Bruder gefangen?“ Obi-Wan zeigte Anteilnahme und war bereit Nisa zu helfen, sofern sie im Gegensatz dazu bereit war ihm entgegen zu kommen.

„Das weiß ich nicht“, schüttelte Nisa den Kopf. „Ich weiß nur, wo mein Auftraggeber ist. Oder einer davon …“ Obi-Wan und die beiden Padawane sahen zuerst sich abwechselnd und dann die Kopfgeldjägerin an. „Vorzyd 5“, lautete die kurze Antwort auf die ungestellte Frage. Damit gab sie dem Jedi-Meister das Lichtschwert zurück, sehr zur Überraschung aller, und fragte: „Werdet Ihr mir helfen meinen Bruder zu befreien?“

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Senatorin Amidala blickte noch immer hinaus auf die Sterne. Seit vor Stunden ein junger Mann zu ihr in den Trakt gebracht worden und ihrer Zelle gegenüber eingesperrt worden war, hatte sie nichts von ihren Entführern gehört oder gesehen. Eine furchtbare Stille erfüllte die Räume und ließ ihre Zelle noch viel kälter erscheinen, als sie ohnehin war.

Padmé fröstelte und zog daher die Beine noch enger an ihren Körper. Das Kinn ruhte auf ihren Knien und ihr Blick an der kahlen Wand gegenüber der Schlafpritsche, auf der sie saß. Vor ihrem inneren Auge sah sie nochmals die letzten Momente mit Anakin. Er hatte sie vor dem Einschlafen auf die Stirn geküsst und ihr gesagt, dass er sie immer zu ansehen könnte. Dass sie das schönste Wesen sei, das er jemals gesehen hatte. Und dann hatte er ihr gesagt, wie sehr er sie liebte und immer lieben würde.

Zu müde und vielleicht auch zu naiv war sie in jener Nacht gewesen, die Worte nicht so zu verstehen, wie er sie aussprach. Als ein Abschied. Er hatte sich von ihr verabschiedet, ohne es tatsächlich auszusprechen. Und sie glaubte allmählich, dass sie ihn nicht wiedersehen würde. Dass er beabsichtigt hatte zu gehen, aus für sie unbekannten Gründen, und niemals zurückkehren würde.

Noch während sie die Bitterkeit dieser Erkenntnis den Tränen nahe brachte, wurde die Tür zum Zellentrakt geöffnet und ein groß gewachsener Mann trat ein. Sie war nicht imstande sein Gesicht zu sehen, da er eine Kapuze trug. Wohl um seine Identität vor ihr zu verbergen.

Der junge Mann in der Zelle ihrer gegenüber stand auf, als der Vermummte auf ihn zutrat und das elektromagnetische Feld deaktivierte, durch das seine Zelle verschlossen war.

Der Senatorin lief es eiskalt den Rücken hinunter, als der Neuankömmling ein Laserschwert unter seiner Tunika hervorholte und aktivierte. Es glomm feuerrot auf, als es aktiviert wurde und der junge Gefangene presste sich rücklings an die Wand seiner Zelle, als vermochte er es, durch sie hindurch zu gleiten, wenn er es nur stark genug versuchte.

„Was habt Ihr vor?“, rief die Senatorin aus einem Impuls heraus, stand auf und ging so weit es ihr möglich war in Richtung Gang vor. Sie bekam eine Art Stromschlag, als sie das elektromagnetische Feld berührte und zuckte unweigerlich zusammen.

Der Vermummte wandte sich zu ihr um und antwortete mit einer seltsam zischenden Stimme, die sie erschaudern ließ: „Das selbe, was Euch bevorsteht, wenn Euer Ritter in strahlender Rüstung hier nicht bald auftaucht, um Euer Leben zu retten.“

Senatorin Amidala hielt den Atem an, als die Person mit dem Laserschwert auf den jungen Gefangenen zuging. Wie aus weiter Entfernung konnte sie ihre eigene Stimme immer wieder in völliger Verzweiflung „NEIN!“ schreien hören. Doch es half nicht das Geringste. Völlig hilflos musste sie mit ansehen, wie das Laserschwert durch die Luft schwang und dem Jungen den Torso durchtrennte.

Der Bewaffnete drehte sich zu ihr um und sie glaubte gelbe Augen unter seiner Kapuze hervorleuchten zu sehen.

Intuitiv tat sie einige Schritte rückwärts, bis sie an die Kante ihrer Pritsche stieß. Sie sackte mit Tränen erfüllten Augen darauf zusammen und konnte nichts weiter, als immer wieder von der Leiche zu dem Mann mit dem Schwert zu blicken.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren deaktivierte der Mann sein Laserschwert und steckte es zurück unter seine Tunika. Dann verließ er auf leichten Schritten den Trakt, beinahe so, als würde er vor Genugtuung schweben.

Padmé Amidala erschauderte angesichts so viel Kaltblütigkeit und vergrub das Gesicht in den zitternden Händen.

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Indes verließ Meister Windu das Raumschiff und betrat den Planeten Vorzyd 5. Er konzentrierte sich, um auf gewisse Schwingungen in der Macht zu achten, die typisch für die Anwesenheit eines oder weiterer Jedi waren. Doch er konnte nichts wahrnehmen.

Entschlossen sich dennoch auf dem Planeten umzusehen und vor allem umzuhören tat er einen Schritt nach dem anderen.

Nach allem, was er noch von Meister Qui-Gon Jinns Erzählung in Erinnerung hatte, durfte er hier mit nicht allzu großer Freundlichkeit rechnen. Über zehn Jahre war es her, dass Qui-Gon und Obi-Wan – damals noch ein Padawan – hier gewesen waren.

Und nun war er hierher gekommen, um den jungen Skywalker zu finden.

Die Hände in der Verborgenheit der Ärmel seiner Tunika gefaltet, ließ er das Schiff hinter sich und sah sich nach Anwohnern um. Sollte Anakin oder ein anderer Fremder hier gewesen sein, so würde ihm das hoffentlich jemand sagen können. Ein Jedi oder jemand wie Anakin würde hier viel zu sehr auffallen, um unbemerkt zu bleiben.

Zumindest hoffte Mace Windu, dass seine Reise hierher nicht vergeblich gewesen war.
Zurück by Steffi Raatz
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Sie wusste nicht, wie es geschehen war. Sie wusste noch nicht einmal wirklich warum, aber ihr Kopf lehnte an der Schulter des jungen Jedi-Meisters und sein Arm lag halb um ihre Schultern. Es war eine Pose ... nicht wie eine Umarmung, mehr wie ein Kampf und trotzdem eine Geste des Vertrauens. Es war nichts Halbes und nichts Ganzes, aber es war mehr als jegliches Vertrauen, das sie in den letzten Jahren empfunden oder gezeigt hatte.

Sie wusste, dass sie ihre Trauer und Wut mit seiner Energie löschte. Dass sie ihm die letzte Kraft zu nehmen wagte, die er aufbrachte, um nicht selbst an seinen Zweifeln zu Grunde zu gehen und doch gab er ihr diese Energie, diese Kraft, die ihr die Möglichkeit gab, zu vertrauen.

So war ihre Trennung dann aber auch ein langsames und vorsichtiges Auseinanderdriften. So vorsichtig und angespannt es nur sein konnte, gleichzeitig jedoch mit einer Nähe, die es vor diesem Augenblick nicht gegeben hatte. Ein dünnes Band, geknüpft vom Schicksal, welches die seltsamsten Wege zu gehen schien.

So wurden Feinde zu Verbündeten, um andere Feinde zur Rechenschaft zu ziehen.

War das konform mit den Regeln des Jedi-Ordens? Sie hatte keine Ahnung, aber es war ihr auch egal. Obi-Wan Kenobi schien zudem ein Mann der Kontroversen zu sein. Sie war sich sicher, dass er den Kodex mehr als einmal brechen würde, sollte es zum Wohle derjenigen sein, für die er so tiefe Gefühle empfand oder zum Wohle der Republik.

Nisa richtete ihren Blick auf die beiden jungen Frauen, die den Jedi-Meister begleiteten. Noch vor Kurzem hatte sie die beiden vernichten wollen, dennoch waren sie nicht bereit gewesen den Spieß umzudrehen. Nein, sie hatten einen fairen Handel angeboten, sie hatten sogar akzeptiert, dass sie, Nisa - die Kopfgeldjägerin - ihr absolutes Feindbild, zu einem Teil des Teams wurde.

"Ich schlage vor, wir brechen unverzüglich nach Vorzyd 5 auf." Nisa nahm ihren Mantel von einem der Barhocker und reichte Obi-Wan seine Tunika. "Es gibt da etwas, was ich dringend erledigen muss."

Ihr Gesicht wurde wieder zu einer eiskalten Maske, aus der jegliches Gefühl gewichen war, während sie an den beiden Padawanen vorbeirauschte.

Obi-Wan nickte seinen beiden Schützlingen zu und war fast erstaunt, als sie noch immer seinem Wort folgten, ohne eine Frage zu stellen.

Lin'A legte ihm im Vorbeigehen sanft eine Hand auf die Schulter und ließ ihn ihr Vertrauen spüren. "Wenn Ihr reden möchtet ..."

Seine Hand berührte ihre und ein leichtes Lächeln voller Dankbarkeit deutete sich auf seinen Lippen an. Sie wusste, wie schwer es ihm fiel.

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Mace stand völlig allein auf der Hochebene und sah hinunter auf die geschäftige und doch so geradlinige Gesellschaft von Vorzyd 5. Seine Bewohner waren ihm nicht wirklich eine Hilfe gewesen, aber für sie war er ja auch nur der Fremde, der einen Fremden suchte. Der seltsame dunkelhäutige Mann, der zu einem Orden gehörte, dessen Hilfe sie zwar in der Not schon in Hilfe nahmen, aber mit dem sie sonst nichts weiter zu tun haben wollten.

Vermutlich lag es irgendwie an Qui-Gon, oder vielmehr an Obi-Wan, der auf Vorzyd 5 mal wieder ein wenig über die Stränge geschlagen hatte. Unkonventionell hätte Qui-Gon sein Verhalten beziffert.

Mace lächelte. Qui-Gon war schon immer darauf bedacht gewesen, schwierige Kinder auf den richtigen Weg zu bringen.

Und Obi-Wan hatte als ungestümer Padawan so manches Mal seinen Meister auf eine harte Probe gestellt hatte.

Vielleicht war es deshalb so wichtig für Obi-Wan gewesen, Anakin im Namen seines Meisters weiter zu unterrichten? Obi-Wan war erwachsen geworden - über Nacht - und über Nacht hatte er die Rolle seines Meisters eingenommen, um ihm auf diese Weise zu zeigen, dass er die Lehren verstanden hatte.

Nur im Augenblick schienen Qui-Gons und Obi-Wans Vergangenheit wie ein schweres Schicksal auf ihm zu lasten.

Mace schloss die Augen und versuchte einen Moment lang die Stille in sich aufzunehmen, um neue Kraft zu schöpfen. Vielleicht konnte er mit ein wenig Konzentration auch eine Quelle der Macht erfassen, die von Anakin ausgehen sollte.

Die Wucht, mit dem ihm schließlich die Welle aus fehlgeleiteter Macht traf, als er seine Sinne schärfte, ließ ihn jedoch die Augen wieder aufreißen.

Irgendetwas stimmte nicht.

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Yoda stand an einem der großen Fenster im Jedi-Tempel und sah auf das geschäftige Treiben in Coruscant. Überraschend hatte er von der Abreise Meister Windus erfahren und seither plagten ihn die seltsamsten Gedanken.

Mace Windu und er kannten sich schon sehr lange. Die Bezeichnung Freunde traf nicht wirklich auf sie beide zu, doch sie vertrauten einander und sie waren sich so gut wie immer einig, wenn es um Entscheidungen ging. Meister Windu hätte nie eine Entscheidung getroffen, ohne ihn zu konsultieren und auch anders herum. Nun jedoch war Mace abgereist. Hatte Obi-Wan kontaktiert, ihn nach Vorzyd 5 beordert, aber nicht ein Wort an ihn, Yoda, gerichtet.

Etwas war geschehen und er wusste nicht, was er davon halten sollte. Er hatte Boten losgeschickt, die herausfinden sollten, was für eine Nachricht Obi-Wan erhalten hatte.

Yoda fühlte sich nicht gut dabei, aber es schien ihm die einzige Möglichkeit, an die Informationen zu gelangen, die er benötigte. Mace jetzt zu kontaktieren, brachte ihn vielleicht in Schwierigkeiten, die Yoda nicht verantworten wollte.

Der alte Jedi-Meister spürte eine sehr intensive Welle der Macht. Eine Macht, wie er sie bisher nur einmal empfangen hatte.

Sein kleiner Körper ruckte herum und ein stummes Nicken begrüßte den Gast in seinen Gemächern.

"Wir dich glaubten verloren zu haben. Obi-Wan auf der Suche nach dir ist." Yoda sah sein Gegenüber an und schüttelte den Kopf. Was er empfing, war nicht das, was erwartet hatte, es war viel mehr, was er befürchtet hatte. "Wir dich bereits verloren haben. Obi-Wan sich vergeblich auf die Suche gemacht hat."

"Dann fragt Euren ehrenwerten Obi-Wan, warum Ihr mich verloren habt. Ihr habt nie an mich und meine Fähigkeiten geglaubt. Oh ja, Ihr edlen Kämpfer gegen das Böse und Euer teurer Kodex. Hättet Ihr doch nur einmal an mich geglaubt, statt an meinen Meister. An den Mann, der alles andere als Euer ehrenwerter Vertreter ist. Aber das wollt Ihr nicht sehen!

"Und was hast du nun vor, Anakin?" Yoda sah dem zornigen jungen Mann in die Augen und blieb unerschütterlich ruhig.

"Ich werde Euch die Augen über Obi-Wan öffnen!"

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Mit einem lauten Zischen durchteilte das Lichtschwert die kühle Luft des Planeten und streifte nur knapp an einem der Sith vorbei. Mace keuchte schwer, als der Laserstrahl sich mit dem roten Laserstrahl seines Gegners traf und dunkle Energien durch seinen Körper zu dringen schienen.

Sie waren überraschend aus dem Nichts gekommen. Zwar hatte er sie wahrgenommen, doch da war es bereits zu spät gewesen. Mace hatte nicht mehr fliehen können. Er hatte sich dem Kampf gegen drei übermächtige Gegner stellen müssen. Und ihm war klar, wo es einen Sith gab, gab es auch immer einen Meister.

Mace beängstigte der Gedanke daran, aber auch das Wissen, dass er sich hatte in eine Falle locken lassen.

Seine Gegner waren einfach übermächtig. Ihm war bewusst, dass er diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Zumindest nicht allein.

Er konnte nur hoffen, dass Obi-Wan seine Nachricht rechtzeitig erhalten hatte und auf dem Weg zu ihm war, um ihm zu helfen.

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Obi-Wan sah zu Nisa hinüber, die aus dem Fenster des kleinen Transportschiffes sah und ihren Gedanken nachzugehen schien. Er wusste nicht, ob er ihr vertrauen konnte, aber insgeheim war es auch egal. Er hatte zum ersten Mal die Wahrheit ausgesprochen und fühlte sich elendig. Es kam ihm vor, als sei er ein Verräter des Jedi-Ordens. Von Erleichterung war keine Spur.

Er setzte sich etwas abgelegen auf eine Bank und tastete nach seinem Comlink, den er bei seinem Besuch in der Bar deaktiviert hatte, um nicht unnötig aufzufallen.

Als das kleine rote Licht des Gerätes beim Aktivieren wie wild zu blinken begann, beschlich den Jedi eine dunkle Vorahnung.

Unverzüglich positionierte er das Gerät auf einer ebenen Fläche und schaltete es ein.

Die Stimme Meister Windus lockte E'Lin und Lin'A aus dem vorderen Bereich an.

Noch ehe sie Zeuge dessen werden konnten, was das Hologramm gesagt hatte, deaktivierte Obi-Wan bereits das Gerät wieder. Sein Gesicht war wie erstarrt und ein Zittern hatte seine Hand erfasst, mit der er den Comlink festhielt.

Lin'A und E'Lin fühlten sich mit einem Male mit einem starken Gefühl zwischen Angst und Freude konfrontiert.
Dunkle Geheimnisse by Steffi Raatz
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Lin’A blickte aus dem Frontfenster des Transportschiffes, der dabei war die Landeebene anzusteuern. Ihre Schwester stellte sich neben sie. E’Lin bemerkte etwas in ihrem Augenwinkel, dass ihre Aufmerksamkeit erregte und sie schob sich an ihrer Schwester vorbei, lehnte sich soweit über die Cockpitinstrumente, dass sie beinahe mit der Nase das Glas des Fensters berührte.

„Was ist das?“ Sie zeigte auf die nahe gelegene Hochebene, die sich rechts von ihnen befand.

Aus dieser Entfernung war wenig zu erkennen. Lin’A glaubte jedoch einen lilafarbenen Laserstrahl zu erkennen. „Meister Kenobi!“, schrie sie aufgeregt. „Schnell, das müsst Ihr Euch ansehen.“

Obi-Wan kam so schnell ihn seine Beine tragen konnten. Und noch ehe er sah, worauf seine Padawane ihn hinweisen wollten, fühlte er die Gefahr. Er wusste, dass der lila Lichtstrahl ein aktiviertes Jedi-Schwert war und er spürte Schmerz und Angst von diesem Jedi ausgehen. Mace Windu. Nur er konnte es sein. „Schnell“, forderte er angespannt von dem Piloten, „zur Hochebene.“

Der Pilot nickte und lenkte sein Schiff in die gewünschte Richtung. Inzwischen war auch Nisa Amari zu der Gruppe im Cockpit hinzugestoßen.

„Was ist los?“, erkundigte sie sich.

„Mace Windu“, sagte Obi-Wan stumpf, zog bereits das Laserschwert und eilte zur Ausstiegsluke. Die Padawane und die Kopfgeldjägerin folgten seinem Beispiel und liefen mit gezogenen Waffen hinter dem Jedi-Meister her.

Obi-Wan beschlich ein grausames Gefühl. Das Gefühl, versagt zu haben. Er wusste, dass er zu spät kam, aber er war nicht bereit diesen Pfad des Schicksals einfach so zu akzeptieren.

Der Transporter landete am Fuße der Hochebene und die Vier rannten hinauf, so schnell sie konnten. Drei Sith stellten sich ihnen plötzlich in den Weg und versperrten die Sicht auf den Jedi-Meister Windu, doch Obi-Wan Kenobi konnte fühlten, dass er da war. Und auch, dass das Leben langsam aus ihm wich. Wut keimte in dem noch jungen Jedi-Meister auf und er aktivierte das Lichtschwert. Entschlossen rannte er auf die Sith zu und griff sie an.

Wieder folgten Nisa Amari und die Padawane seinem Beispiel und stürmten auf die anderen beiden Sith zu. Einer der Sith versuchte Nisa mit seinem Doppelschwert zu enthaupten, doch es gelang ihr eine Rolle auf dem Boden auszuführen und damit dem tödlichen Schlag zu entkommen.

Obi-Wan schlug immer wieder mit dem Laserschwert auf seinen Gegner ein, doch der Sith wusste nur zu gut, wie er jedem Schlag entkommen konnte, nur um selbst einige Hiebe auszuüben, von denen der Jedi einem nur um Haaresbreite entging.

Lin’A und E’Lin umkreisten den dritten Sith und versuchten ihn immer wieder zu treffen, jedoch ohne Erfolg. Erst als Lin’A bei einem Ausweichmanöver das Gleichgewicht verlor und rücklings auf der Hochebene landete, sich der Sith davon einen Vorteil versprach und seinen Angriff auf sie konzentrierte, gelang es E’Lin wiederum einen gekonnten Schlag zu vollführen und traf den Sith in den Kniekehlen, woraufhin dieser zusammensackte und Lin’A geistesgegenwärtig ausholte und ihren Gegner enthauptete.

„Gut gemacht!“, rief E’Lin außer Atem und half ihrer Schwester wieder auf die Beine.

„Gleichfalls“, erwiderte Lin’A nicht weniger stolz auf das gekonnte Zusammenspiel.

Sie wollten sich teilen, jeweils einen der übrigen Sith angreifen, doch ehe sie losliefen, bemerkten sie, dass die anderen beiden verschwunden waren.

Nisa stand schwer atmend, die Hände auf den Oberschenkeln abstützend auf der Hochebene und blickte zu Obi-Wan hinüber.

Dieser hatte zu dem schwer verwundeten Mace Windu aufgeschlossen und kniete nun neben dem Jedi-Meister nieder. Es fiel ihm nicht leicht seine Gefühle zu unterdrücken, denn Wut und Rachelust hatten ihn den Kampf durchstehen lassen. Er wusste, dass diese Gefühle falsch waren, dass sie ihn verführten, doch er war immer öfter außerstande ihnen nicht nachzugeben.

„Meister Windu“, sagte er schwer atmend und sah an dem Jedi hinab. Sein rechter Arm war abgetrennt und er blutete stark aus dieser und einer weiteren Wunde am linken Bein und der Brust. Er hatte keine Chance gegen die drei Angreifer gehabt.

„Obi-Wan“, brachte Windu mit viel Mühe über die Lippen. Seine Atmung ging immer flacher und er wusste, dass ihn der Sith an der Lunge verletzt hatte. Er schmeckte den metallischen Geschmack des eigenen Blutes und schluckte hinunter, was ihm nicht aus den Mundwinkeln rann.

Obi-Wan Kenobi zog den Verletzten auf seinen Schoß. „Spart Eure Kraft, Meister. Ihr solltet jetzt nicht sprechen.“

Mace Windu hob die Hand Richtung Obi-Wans Gesicht, schaffte es jedoch nicht ganz, den anderen Jedi zu berühren. „Du müsst zurück nach … Coruscant. Sage“, er hustete und noch mehr Blut quoll aus seinem Mund, „sage Yoda, es gibt eine Verschwörung …“

„Eine Verschwörung?“ Obi-Wan sah den Jedi-Meister fragend an.

Mace schluckte das Blut hinunter. „Innerhalb des Rates. Traue keinem …“ Plötzlich zuckte Mace Windu und begann zu röcheln. Dann schloss er die Augen – für immer.

„NEIN!“ Obi-Wan rüttelte an dem dunkelhäutigen Jedi, doch vergebens. Dann legte er den Kopf des Toten behutsam auf den Grund, stand auf und blickte zu seinen Padawanen und der Kopfgeldjägerin hinüber. „Wir fliegen nach Coruscant“, verkündete er schließlich matt. Dann wandte er sich Mace Windus leblosem Körper zu und hob ihn auf. „Wir bringen ihn zurück.“

Die drei Frauen nickten lediglich.

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Nisa Amari hatte dafür gesorgt, dass sie mit einem Personentransporter nach Coruscant fliegen konnten. Jedoch vermied sie es zu erwähnen, dass die drei Begleitpersonen Jedi waren. Ein Jedi zu sein war inzwischen tödlich geworden. Sie wusste das.

Während des gesamten Fluges schwiegen die Vier sich an. Obi-Wan fühlte sich verantwortlich für Windus Tod. Hätte er den Comlink nicht deaktiviert, wären sie rechtzeitig auf Vorzyd 5 gewesen und er hätte dem Jedi-Meister helfen können sich gegen die Sith zu verteidigen, die letztlich feige geflohen waren. Der jungen Jedi-Meister wurde das Gefühl nicht los, dass alles nur ein abgekartetes Spiel gewesen war. Dass es nur der Beginn einer Schnitzeljagd war, in welcher der Jäger zum Gejagten wurde.

Die letzten Worte Windus gingen ihm nicht mehr aus dem Sinn. Etwas begann sich zusammenzubrauen, etwas weitaus Größeres und Gefährlicheres als alles, was die Jedi bisher bekämpft hatten. Er spürte die Veränderung in der Macht deutlich, aber er wusste nicht genau, aus welcher Richtung sie kam.

Eine Verschwörung innerhalb des Rates. Wer kam in Frage? Und warum sollte ein Jedi seinen Orden verraten und für wen? Steckte Count Dooku dahinter? Obi-Wan rieb sich müde das Gesicht und fiel schließlich in einen unruhigen Schlaf.

Erst als Lin’A an seiner Schulter rüttelte bemerkte er, dass sie inzwischen in Coruscant angekommen waren. Obi-Wan stand auf. E’Lin und Nisa hatten sich bereits zum Ausgang begeben, um das Schiff zu verlassen. Der Jedi-Meister dankte es seinem Padawan, dass sie ihn geweckt hatte und ging neben ihr her, Richtung Ausstiegsluke.

„Geh schon mal voraus“, sagte er. „Ich werde noch die Überführung Meister Windus in die Wege leiten.“

„Seid Ihr sicher, dass ich nicht bleiben soll?“

Er legte seinem führsorglichen Padawan die Hand auf die Schulter. „Ich bin sicher. Ruht euch aus. Ich fühle, dass dies gerade die Ruhe vor dem großen Sturm ist. Wir werden unsere Kräfte noch brauchen.“

Sie nickte ihm zu und ließ ihn dann auf der Plattform zurück.


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Erinnerungen fluteten seine Gedanken. Erinnerungen an den Tod seines eigenen Meisters. Im Grunde war es gut, dass Windu derzeit keinen Padawan unterrichtet hatte. Er wusste nur zu gut, wie schwer es ihm selbst damals ergangen war, als er plötzlich ohne Qui-Gon dastand und selbst der Meister eines Padawan wurde.

Windu war ein großer Verlust für den Orden und etwas sagte Obi-Wan, dass es nicht der letzte große Verlust sein würde. Die Dunkle Macht wurde stärker. Und sie hielt sich nicht länger im Hintergrund. Die Sith nahmen zu, begannen die Jedi anzugreifen und Obi-Wan wusste, dass selbst das nur ein kleines Teil des großen Ganzen war.

Die Hände unter den Ärmeln der Tunika gefaltet, schritt er langsam in den Raum, wo sich üblicherweise der Hohe Rat einfand. Außer Windu fehlte auch noch Yoda und Obi-Wan fühlte sich, als zöge ihm jemand den Boden unter den Füßen weg.

„Wo ist Meister Yoda?“, erkundigte er sich angespannt.

„Das wissen wir nicht“, war die Antwort des Meisters Ki-Adi-Mundi.

Obi-Wan sah sich in der Runde um. „Seit wann ist er fort?“

„Auch das wissen wir nicht genau. Er ist heute jedoch nicht zum Unterricht mit den Jünglingen erschienen.“

Neuerlich keimte Zorn in Obi-Wan auf und er sah es den anderen an, dass sie seinen Ärger fühlten. Er wurde von allen Seiten beobachtet.

„Meister Windu ist tot“, verkündete er schweren Herzens. Er sah in fragende und erschütterte Gesichter. „Die Sith halten sich nicht länger im Hintergrund. Etwas ist im Gange und Meister Windu bat mich ausdrücklich mit Yoda zu sprechen und mit keinem sonst. Die letzten Geschehnisse zwingen mich gleichsam dazu Misstrauen gegen jeden hier zu hegen.“ Ein ungehaltenes Raunen ging durch die Runde und Obi-Wan hob beschwichtigend die Hände. „Mir ist bewusst, dass dies den gesamten Rat angeht, doch ich habe allen Grund misstrauisch zu sein. Jeder in dieser Runde würde mich verstehen, wüsste er, was ich weiß. Mehr kann ich dazu im Augenblick nicht sagen.“

„Uns ist zu Ohren gekommen, dass Anakin hier war“, sagte wieder Meister Ki-Adi-Mundi.

Obi-Wan hob die Brauen und ging auf den Jedi-Meister zu. „Wann? Wer hat ihn gesehen? Warum wurde er nicht festgehalten?“

„Einer der ganz jungen Padawane glaubt ihn gesehen zu haben.“ Der Jedi-Meister hielt inne. „Es ist nicht auszuschließen, dass er für Meister Yodas Verschwinden verantwortlich ist.“

Warum sollte Anakin Yoda entführen? War es wirklich schon so weit gekommen? Hatte Anakin bereits die Seiten gewechselt?

Fragen über Fragen schossen Obi-Wan in den Sinn, doch er wusste, dass auch der Rat keine Antworten für ihn hatte.
Der Hinweis by Steffi Raatz
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Obi-Wan verließ den Rat, jedoch nicht, ohne die Emotionen und negativen Schwingungen aufzufangen, die ihm entgegenschlugen. Er hatte den Rat einmal mehr auf die Probe gestellt und war durch sein Handeln in Ungnade gefallen. Nicht, dass er wirklich an der Situation Schuld gewesen wäre, aber der Rat führte diese ganzen Verstrickungen und das Verschwinden Yodas, den Tod von Mace Windus auf sein Handeln zurück und auf seinen Padawan Anakin, den er nicht im Griff zu haben schien.

"Und wie ist es gelaufen? Haben Sie dich in der Luft zerrissen?" Nisa stieß sich von der Wand gegenüber der Tür zum Versammlungsraum ab und kam dem jungen Jedi-Meister entgegen.

Obi-Wan sah nur einmal kurz auf, das ungewohnte "Du" registrierend und fuhr sich dann fahrig mit den Händen über sein Gesicht. Er fühlte sich mit einem Male so furchtbar müde und ausgelaugt.

"Sie waren nicht wirklich erfreut über meine Nachricht. Wäre ich allerdings auch nicht gewesen. Doch es gibt weitere neue Ereignisse, die wir noch nicht kannten und die unsere Situation nicht weniger gefährlich machen." Obi-Wan steckte seine Hände wieder in die Ärmel seiner Tunika und begab sich auf den Weg zu den Aufenthaltsräumen. Nisa folgte ihm mit wenig Abstand.

Kurze Zeit gingen sie den Gang hinunter, beide schweigend und in sich gekehrt. Doch Nisa brannte die Frage auf der Zunge, was er erfahren hatte, sie wusste jedoch, er würde nur sprechen, wenn er wollte.

Jedi waren schon seltsame Gesellen. Dennoch empfand sie eine Sympathie gegenüber dem jungen Jedi-Meister, der mehr Lebenserfahrung zu haben schien und mehr Schicksalsschläge erfahren hatte, als jeder, den sie bisher gekannt hatte.
Er war menschlicher als die anderen Jedi, die sie kennen gelernt hatte. Gut, nicht wirklich kennen gelernt. Sie hatte sie beobachtet, ein Weilchen studiert und sie nicht annähernd interessant gefunden. Dieser Jedi vor ihr, war jedoch ein anderes Exemplar.

Der Gang nahm einfach kein Ende und Nisa wurde des Wartens leid. Die Kopfgeldjägerin schloss zu dem Jedi auf und legte ihm ihre Hand auf die Schulter: "Ich weiß, wenn der richtige Zeitpunkt ist, erzählst du es mir schon, aber ich denke, ein besserer Augenblick wird nicht mehr kommen. Die Zeiten sind offensichtlich schlecht und vor allem gefährlich für einen Jedi, also ... was hast du erfahren, Obi-Wan?"

Für einen kurzen Moment zögerte der junge Jedi-Meister, doch er konnte ihre Aufregung, ihre Wissbegier spüren, aber auch, dass sie die Situation einzuschätzen versuchte. Und eine Erklärung war er ihr in gewisser Weise auch schuldig. Immerhin hatte sie sein Leben verschont.

"Wie Ihr wisst, ist Meister Windu auf der Hochebene in meinen Armen gestorben. Er war einer der wenigen, denen ich im Rat noch trauen konnte. Der andere vertrauenswürdige Altmeister Yoda ist, wie ich soeben erfahren habe, spurlos verschwunden. Somit habe ich niemanden im Rat mehr, dem ich trauen könnte. Es sind wahrlich gefährliche Zeiten, Nisa Amari." Er blieb stehen und legte ihr seine Hand auf die Schulter. "Und ich könnte durchaus verstehen, wenn Ihr nicht länger gewillt wäret, mir zu helfen."

Nisa legte ihre lederbehandschuhte Hand auf seine und sah ihn fest und durchdringend an. Ihre Augen wirkten wie die einer Katze, während ihre Stimme voll derartiger Entschlossenheit klang, wie er es bisher selten vernommen hatte. "Wir haben einen Bund geschlossen, Obi-Wan. Rache an meines Bruders Mörder und das Leben deiner Senatorin. Dieser Bund wird nicht gebrochen. Nicht von dir, nicht von mir. Wenn das heißt, wir werden durch die Hölle gehen, dann werden wir durch die Hölle gehen! Aber wir werden es gemeinsam tun!"

Obi-Wan blinzelte kurz und schien tatsächlich für einen kurzen Moment überrascht über so viel Ehrlichkeit.

"Stören wir?" E'Lin zwinkerte kurz, während Lin'A ihr einen sanften Stoß in die Seite gab. Egal wie seltsam die Pose des Jedi-Meisters und der Kopfgeldjägerin anmutete, es stand ihnen keineswegs zu, darüber ein Urteil zu fällen.

Obi-Wan löste seine Hand von Nisas Schulter und drehte sich seinen Padawanen zu, die in voller Ausrüstung vor ihm standen und bereit zum Aufbruch schienen.

Doch zum Aufbruch wohin?

Er hatte doch keine Ahnung, welchen Schritt sie als nächstes tun sollten. Er nicht, Nisa nicht, keiner von ihnen ...

Lin'As Enthusiasmus überwältigte ihn in diesem Moment und er sah erstaunt von E'Lin, die er bis eben angesehen hatte, zu ihrer Schwester.

"Was weißt du, Lin'A?"

"Ich bin leicht zu durchschauen, oder?" Sie lächelte matt und reichte ihrem Meister einen kleinen holografischen Transmitter.

Für einen kurzen Augenblick sah Obi-Wan ihn nachdenklich an, dann nahm er ihn entgegen, wog ihn vorsichtig in der Hand und sah sich suchend um.

Dann ging er zielstrebig mit großen Schritten auf einen der Trainingsräume zu, die in der Nähe lagen und sah sich drinnen noch einmal um, ob auch niemand anwesend war.

Während er direkt auf die Tür gegenüber seiner Anfangsposition zusteuerte und diese fest verschloss, eilten seine Padawane und die Kopfgeldjägerin durch die Tür, durch die er ebenfalls den Raum betreten hatte.

Nisa Amari schob eine der Padawane von der Tür weg und verschloss diese, es instinktiv dem Jedi-Meister nachahmend.

Was auch immer er erfahren hatte, der Jedi schien keinem außer ihnen mehr zu trauen und während es einerseits surreal auf die Kopfgeldjägerin wirkte, so machte es seine Padawane mehr als stolz.

Als er mit seiner Tür fertig schien, drehte Obi-Wan sich um und sah zu Nisa hinüber, die ihm mit einem Kopfnicken zu versehen gab, dass auch ihre Tür gesichert war.
Ohne ein weiteres Wort stellte er sich in die Mitte des Raumes und aktivierte den Transmitter, aus dem ein heller, bläulicher Strahl entwich, ehe sich eine Gestalt daraus formte, die ihm nur allzu bekannt erschien.

"Obi-Wan, alter Freund, vielleicht erkennst du mich noch. Es sind viele Jahre vergangen seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Doch ich melde mich nicht, weil ich alte Erinnerungen auffrischen will. Ich habe erfahren, dass Senatorin Amidala entführt wurde und dass man dich für nicht ganz unschuldig daran hält. Mein Freund, ich kann diese Dinge nicht glauben, dazu kennen wir uns zu gut. Ich halte es eher für möglich, dass man dich reinlegen will und ich möchte dir helfen.

Ich habe erfahren, dass sich ein unbekannter Raumkreuzer im Orbit des Vorzyd-Systems aufhält. Ein nicht registriertes Schiff, dessen Fracht recht zweifelhaft ist. Hier scheint zudem eine finstere Macht aktiv zu sein. Mehrere Sith wurden gesichtet und ich habe das Gerücht gehört, Senatorin Amidala sei auf dem Raumkreuzer von einigen Wartungstechnikern gesehen worden. Bestätigen kann ich dir diese Meldung nicht, aber ich hoffe, sie gibt dir einen winzigen Hoffnungsschimmer.

Solltest du Hilfe brauchen, kannst du mich auf Vorzyd 5 kontaktieren. Ich bin in der Raumbasis "Dephta" erreichbar.

Die Macht sei mit dir, Obi-Wan."

Ein leises Surren erklang und die holografische Darstellung des Mannes in Fliegermontur verschwand.

Lin'A und E'Lin sahen ihren Meister fragend an, doch dieser starrte nur nachdenklich auf den Transmitter.

Gerade in dem Moment, als Lin'A die Stille durchbrechen wollte, kam Bewegung in den Jedi-Meister.

"Wir fliegen nach Vorzyd 5!", erklang seine entschlossene Stimme, während Nisa mit ihrem Fuß den Transmitter am Boden zerstörte.

"Sicher ist sicher", raunte sie den beiden Padawanen zu und folgte dann ohne zu zögern dem Jedi, der bereits den Raum verlassen hatte.


+++


Yoda saß neben dem jungen Jedi-Anwärter auf der Kommandobrücke des kleinen Raumschiffes und schien geistig abwesend zu sein.

Seit Anakin ihn aufgefordert hatte mit ihm zu gehen, hatte der Altmeister weder ein Wort von sich gegeben, noch Widerstand geleistet.

Anakin schien der Umstand, dass sein Passagier nichts von sich gab und teilnahmslos zu sein schien, weder zu wundern, noch zu beunruhigen. Er wusste, was der kleine grüne Kauz tat – seine Gedanken und Gefühle lesen. Und im Grunde genommen war es Anakin egal.

Egal, seit er an jenem Tag den Palast verlassen und einen letzten Blick auf seine wunderschöne Frau gerichtet hatte.

Alles Lug und Trug. Mehr Schein als Sein.

Obi-Wan hatte ihn gewarnt, sich nicht seinen Gefühlen hinzugeben, aber er, Anakin, hatte es von Anfang an gewusst. Diesen Rat hatte sein Meister ihm nur gegeben, weil er hatte verhindern wollen, dass er Padmé näher kam. Aus einem einzigen eigennützigen Grund.

"Du dich täuscht, Anakin", unterbrach Yodas Stimme den Gedankenfluss des jungen Mannes.

"Wir werden sehen, wer sich getäuscht hat, alter Mann!", erwiderte Anakin trocken und steuerte seinen kleinen Flieger auf Kurs zum Dagoba-System.


+++


"Wer war das? Und wieso wusstest du von der Nachricht, wenn sie doch scheinbar so geheim war?" E'Lin sah ihre Schwester aufmerksam an, während diese ihre Tunika beiseitelegte, um es sich auf einer der Schlafpritschen des Raumkreuzers bequem zu machen.

"Ich kannte den Boten des Transmitters. Er hat mir gesagt, dass er eine positive Nachricht für meinen Meister hätte und ich ihm diese unverzüglich übermitteln solle, damit dieser aufbrechen könnte." Lin'A zog die Decke auf der Pritsche zurecht und ließ sich darauf fallen. Mit einem kurzen unterdrückten Stöhnen rieb sie sich die Seite, an der sie seinerzeit von einem Kopfgeldjäger auf Tatooine verletzt worden war.

"Aber du weißt nicht, wer das Hologramm war?" E'Lin ließ nicht locker.

"Nein, aber er schien unseren Meister sehr gut zu kennen. Ein Grund, warum wir ihm vermutlich vertrauen sollten, so wie unser Meister und Nisa Amari es tun." Lin'A schien müde, weiter über das Thema zu diskutieren und legte sich auf ihre unverletzte Seite.

"Nur was, wenn es falsch ist, unserem Meister zu vertrauen?"

Lin'A drehte sich ruckartig wieder zu ihrer Schwester um: "Fängst du schon wieder an? E'Lin, er ist der Einzige, dem wir momentan noch vertrauen können!"

"Ob das auch Senatorin Amidala, Meister Windu und Meister Yoda dachten? Vielleicht hatte Anakin Skywalker seine Gründe, seinen Meister zu verlassen? Es gibt genügend Gerüchte ..."

Lin'A hob die Hand und stoppte ihre Schwester im Redeschwall. "Gerüchte, liebste Schwester. Gerüchte. Über wen gibt es die nicht? Wir sollten unserem Herzen folgen. Unserem Verstand. Aber nicht den Gerüchten oder Vermutungen."

Damit war das Thema für sie beendet und sie drehte sich wieder mit dem Kopf zur Wand, um zu schlafen. E'Lin jedoch saß noch lange auf ihrer Pritsche und versuchte ihre Gedanken zu ordnen.
Rettungsversuch by Steffi Raatz
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Es hatte lange gedauert, bis Obi-Wan endlich eingeschlafen war. Und seine Träume waren alles andere als erholsam. Er träumte wirr, vermengte Erinnerungen und geheime Sehnsüchte. Er sah sich selbst neben seinem Meister knien, der ihn darum bat sich um Anakin zu kümmern. Er fühlte auch wieder den Schmerz, der ihn damals fast überwältigt hatte, als das Leben seines Meisters aus dessen Augen gewichen war. Plötzlich fand er sich in einem dunklen Raum mit schweren samtenen Vorhängen wieder, die das Sonnenlicht nicht hereindringen ließen. Senatorin Amidala stand vor ihm, hielt seine beiden Hände und sprach zu ihm, doch er konnte sie nicht verstehen. Es war fast, als wäre er taub. Ein Gefühl der Verzweiflung keimte in ihm auf, denn er wusste ihre Worte waren bedeutsam und er musste sie hören. Er wollte sie hören und konnte es doch nicht. Gerade als er der Senatorin sagen wollte, dass er sie nicht hören konnte, spürte er ein glühendes Brennen, das von seinem Rücken ausging, sich durch seinen Körper bohrte und das in Form eines grünen Leuchtens zwischen seinen Rippen wieder heraustrat. Ungläubig blickte er das Leuchten an und wurde sich dessen bewusst, dass es sich um ein Jedi-Schwert handelte. Um Anakins Schwert, um genau zu sein. Zwar sah er seinen ehemaligen Padawan nicht, doch er fühlte dessen Anwesenheit ganz deutlich.

Schweißnass schrak der Jedi aus seinem Schlaf und blickte in das beunruhigte Gesicht der Kopfgeldjägerin.

„Du hast schlecht geträumt“, sagte sie und bot ihm ein Glas Wasser an.

Dankbar nahm er das gekühlte Getränk und leerte das Glas in nur einem Zug. Er nahm sich einen Augenblick Zeit, bis seine Atmung wieder normal war. „Wie seid Ihr hier herein gekommen?“

„Ich wäre eine lausige Kopfgeldjägerin, könnte ich nicht ein so einfaches Schloss wie das an deiner Tür aufbrechen.“ Sie grinste ihn frech an, doch schnell wurde sie wieder ernst. „Wovon hast du geträumt?“ Sie missachtete bewusst die Tatsache, dass er sich weigerte eine freundschaftliche Richtung in ihrer Beziehung einzuschlagen, in dem er sie weiterhin nicht duzte.

„Von Anakin, meinem ehemaligen Padawan.“ Er atmete tief durch und schob sich an Nisa vorbei aus dem Bett, auf dessen Kante sie sich ungefragt niedergelassen hatte. Fahrig fuhr er sich durch das verschwitzte Haar. „Er hat mich im Traum getötet.“

Die Kopfgeldjägerin stand auf. „Das würde er sicher nicht tun. Es sei denn …“

„… ich würde ihm einen guten Grund geben“, schloss Obi-Wan für sie.

„Gibt es einen Grund von dem ich wissen sollte?“

Sofort tauchte das Gesicht der schönen Senatorin vor seinem inneren Auge auf, doch der Jedi schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe ihm nie einen Anlass gegeben, mich derart zu verachten.“

Katzengleich erhob sich Nisa wieder und musterte ihn eingehend. „Das hoffe ich doch sehr. - Um deinetwillen.“

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Das Schiff flog den Raumhafen an und keine Minute später ging ein Ruck durch den Raumkreuzer, der alles erbeben ließ. Sie hatten angedockt.

Obi-Wan ging der kleinen Truppe voraus, die ihm auf das Promenadendeck folgte, von wo aus man eine fantastische Übersicht über das gesamte Areal hatte.

Es herrschte reges Treiben an Bord der Raumstation, überall wurde Handel betrieben, Stimmen und anderer Lärm schlug geradezu auf die Neuankömmlinge ein und gerade als Obi-Wan seinen Kameraden bescheid sagen wollte, dass er sich eine kleine Fähre nehmen und auf Vorzyd 5 hinunterfliegen würde, um seinen alten Freund Garen zu treffen, erblickte er diesen bereits in der Menge unter ihnen.

„Entschuldigt mich“, bat er seine Gefährten daher und eilte zu Garen hinunter, der gerade dabei war, sich mit einem sehr groß gewachsenen und ausgesprochen haarigen Kerl zu unterhalten. Obi-Wan Kenobi blieb geduldig hinter dem alten Freund stehen, blickte hinauf zu seinen Gefährten und gab ihnen ein Zeichen, dass sie etwas trinken gehen sollten, solange er mit seinem Freund sprach.

„Deine Information wird mir sehr nützlich sein“, sagte Garen und reichte dem Wookiee einen kleinen Beutel, in dem sich die Bezahlung befand.

Der Wookie jaulte in seiner typischen Art auf und stapfte dann in die Menge davon. Garen blickte ihm nach und begann zu lächeln als er Obi-Wan bemerkte, der immer noch geduldig hinter ihm stand.

„Du bist früher hier als erwartet.“ Mit diesen Worten drehte sich Garen um und zog seinen alten Freund in eine kurze, aber kräftige Umarmung. Sie klopften einander auf die Schultern und blickten sich einige Augenblicke lang an.

„Du konntest einfach nicht auf mich warten …“ Obi-Wan lächelte ein wenig, als Garen die Schultern hochzog und wieder sinken ließ.

„Du kennst mich doch.“

Nun war es an Obi-Wan zu nicken. „Wolltest du die Senatorin auf eigene Faust suchen?“

„Nein, ich wollte dir lediglich die Information besorgen, wo genau sie sich befindet.“ Garen reichte seinem Gegenüber einen kleinen Zettel. „Der Wookiee von eben kennt jemanden, der Senatorin Amidala gesehen hat.“

Obi-Wan hob in angenehmer Überraschung die Brauen. Dann öffnete er den zusammengefalteten Zettel, auf dem die Nummer der Andockschleuse stand, an welcher das Schiff lag, das er suchte. „Ich danke dir, Garen“, sagte er und reichte seinem Freund zum Dank die Hand. „Ich schulde dir was.“

„Das wären dann ungefähr drei Gefallen, auf die ich zurückkommen kann“, zwinkerte der andere. „Leider kann ich euch nicht bei eurem Vorhaben unterstützen, alter Freund. Ich muss einige dringend benötigte Ersatzteile kaufen und auf mein Schiff bringen. Die Hauptenergiezellen sind beinahe ausgebrannt und ich habe nicht vor ewig im Vorzyd-System zu verweilen.“

„Ich werde schon zurechtkommen“, erwiderte Obi-Wan milde lächelnd. Er hätte gerne die Unterstützung seines Freundes in Anspruch genommen. Denn je mehr sie waren, desto größer war die Chance, dass der Rettungsversuch der Senatorin Amidala von Erfolg gekrönt sein würde.

Garen legte ihm die Hand auf die Schulter. „Ich bin noch einige Zeit in Rufreichweite. Du kennst die Frequenz meines Com-Links noch?“

„Selbstverständlich“, bestätigte Obi-Wan. „Vielen Dank nochmals für alles.“

Garen nickte lediglich, drückte den anderen Jedi nochmals für einen Augenblick und verschwand dann in der Menge, wie kurz zuvor der Wookiee. Obi-Wan seufzte, steckte die Hände unter die Tunika und kehrte zurück auf das obere Promenadendeck.

Es war nicht schwer für ihn seine Gefährten wieder zu finden. Gemeinsam machten sie sich so unauffällig wie möglich zu der Andockschleuse auf, die der Wookiee genannt hatte.

++++


Für eine so wertvolle Gefangene wie die Senatorin war das Schiff erstaunlich schlecht bewacht, stellten die Eindringlinge überrascht fest. Obi-Wan hatte mit deutlich mehr Widerstand gerechnet.

Es erwies sich als äußerst nützlich, dass Nisa Amari die Gruppe begleitete, denn kein Türschloss war vor der Kopfgeldjägerin sicher.

„Es ist so still hier …“, flüsterte Lin’A und ihr Meister gebot ihr zu schweigen, indem er den Zeigefinger über die eigenen Lippen legte.

Die Vier spähten um die Ecke einer Kreuzung in den nächsten Gang. Hier war ebenfalls weit und breit keine Spur von irgendwem. Das Schiff wirkte verlassen. Irgendwie sogar gespenstisch. Und Obi-Wan gefiel diese Ruhe ganz und gar nicht. Er fühlte sich beobachtet, doch er konnte nirgendwo Kameras ausmachen. Und er spürte auch ansonsten kaum eine Schwingung in der Macht, die ihn vor Gefahr warnen würde.

Mit einigen Handbewegungen deutete er Nisa und seinen Padawanen, dass sie die Türen auf der linken Seite des Korridors durchsuchen sollten, während er sich die auf der rechten Seite vornehmen würde. Die Drei nickten, obgleich Lin’A ihren Meister lieber begleitet hätte, um ihn im Notfall unterstützen zu können. Doch anscheinend war er der Ansicht, dass die Kräfte so am besten aufgeteilt waren und sie wagte es nicht ihrem Meister zu widersprechen.

Nisa, Lin’A und E’Lin kamen wesentlich schneller voran, als der Jedi und so verlor er die Drei rasch aus den Augen. Die vierte Tür an der er sein Glück versuchte war extrem gut verschlossen und so sah er sich gezwungen das Lichtschwert zu aktivieren, um es wie einen Schneidbrenner einzusetzen und den Stahl der Tür zu schmelzen. Nach nicht ganz einer Minute gab die Tür ihren Widerstand auf und ließ sich problemlos öffnen, indem Obi-Wan ihr einen kräftigen Tritt versetzte und sie so nach innen aufschwang. Das Lichtschwert voraus, stürmte der Jedi in den geöffneten Raum und fand eine erstarrte Senatorin am anderen Ende des Zimmers an der Wand stehen, wo sie in Deckung gegangen war.

„Der Macht sei Dank, Ihr seid am Leben“, stieß Obi-Wan Kenobi erleichtert aus und eilte auf die Senatorin zu.

„Ich wusste Ihr würdet mich finden“, erwiderte sie freudestrahlend und fiel dem Jedi um den Hals. „Ich habe es gewusst …“

„Seid Ihr verletzt?“ Er löste sich nur ungern aus der Umarmung, doch es musste sein. Und so schob er sie ein Stück weit von sich, um sie genau ansehen zu können.

„Es geht mir gut, Meister Kenobi.“

Diesmal war es Obi-Wan, der die Senatorin in eine Umarmung zog. Er dankte es der Macht erneut im Stillen, dass ihr nichts geschehen war und dass er sie so schnell und reibungslos gefunden hatte. Genau in diesem Moment der Unachtsamkeit bemerkte er die aufkommende Gefahr nicht rechtzeitig. Er hörte einen Schuss und sackte keine Sekunde später getroffen zusammen.

Amidala stand wie erstarrt da, griff sich eine Schusswaffe, die der Jedi-Meister zusätzlich am Gürtel befestigt hatte und zog den Verletzten in einem Reflex hinter einen Tisch, den sie so umwarf, dass die Tischplatte ihnen ein wenig Deckung bot. Dann erhob sie sich und schoss blindlings in die Richtung, aus der die Schüsse zu ihnen hereindrangen, jedoch ohne irgendwen sehen zu können.

„Obi-Wan“, keuchte sie und erhaschte einen flüchtigen Blick auf den Verletzten, der sein Bein an der verwundeten Stelle hob und schmerzverzerrt zu ihr aufblickte.

„Kümmert euch nicht um mich, M’Lady.“

Weitere Schüsse erfolgten und schlugen an der Wand hinter ihnen tief schwarze Löcher in den Stahl, aus denen es qualmte.

Plötzlich fiel ein Droide getroffen in Senatorin Amidalas Blickfeld auf den Boden, doch der Treffer kam nicht von ihr. Weitere Schüsse erklangen von draußen auf dem Korridor und lenkten die übrigen Droiden ab. Die Senatorin erkannte mit einem Mal, dass Obi-Wan keineswegs allein gekommen war, um sie zu retten. Er war in Begleitung von gleich drei Frauen gewesen. Eine davon verstand es perfekt mit der Handfeuerwaffe umzugehen und die anderen beiden hieben solange mit den Laserschwertern auf ihre Gegner ein, bis keiner davon mehr stand.

Schwer atmend traten die drei in den Raum und die Senatorin schob den Tisch beiseite, hinter dem sie Schutz gefunden hatten.

Lin’A hielt den Atem an, als sie sah, dass ihr Meister verletzt war und rannte zu ihm hinüber. Die Senatorin band die Verletzung ab, um eine Infektion und zu hohen Blutverlust zu verhindern, während E’Lin und Nisa Amari den Korridor in beide Richtungen sicherten.

„Ich werde versuchen das Cockpit zu erreichen“, sagte die Kopfgeldjägerin schließlich. „Wenn wir das Schiff erstmal kontrollieren, sind wir einigermaßen sicher.“

Die Senatorin nickte ihr im Einverständnis zu, kümmerte sich weiterhin um den Verletzten und schenkte den Padawanen vorerst keine große Aufmerksamkeit. Ihre ganze Sorge galt Obi-Wan.

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Nisa Amari schoss sich den Weg zum Cockpit des Schiffes frei, ganz in ihrem Element versunken. Immer wenn ein Droide auftauchte, reagierte sie mit übermenschlichem Geschick und schoss, noch ehe dieser seine Waffe abfeuern konnte.

Sie hatte geschworen Rache zu nehmen an jenen, die ihren Bruder getötet hatten und sie beschloss hier und jetzt mit diesen Droiden anzufangen.

Nach einigen Minuten erreichte sie endlich die Pilotenkanzel. Geschwind verschaffte sie sich Zutritt zu dem relativ kleinen Raum und wurde dort von einer Gestalt empfangen, die in schweren dunklen Stoff gehüllt gänzlich vor ihr verborgen blieb. Plötzlich ging ein Rucken durch das Schiff und ein Zischen erklang. Nisa erkannte das Geräusch. So hörten sich Andockklammern an, wenn sie sich lösten. Das Schiff legte ab …
Ohne Ausweg by Steffi Raatz
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Das Dagoba-System bestand aus Planeten, die von dicht wuchernden Schlingpflanzen und alten Bäumen bewachsen waren, die kaum einen Lichtstrahl auf den Boden ließen. Die düstere Sumpflandschaft schien ideal als Versteck geeignet, doch zur Landung eines Raumschiffes, war nicht ausreichend Platz.

Yoda betrachtete das waghalsige Manöver des jähzornigen Padawan neben ihm, während er wieder mal in seine Gedanken- und Gefühlswelt vorzudringen versuchte.
Doch Anakin hatte sich hinter einer Mauer aus Wut, Verzweiflung und Selbstmitleid verschanzt. Yoda gelang es zwar seine Gefühle zu empfangen, jedoch nicht zu seinem verwundbaren Kern vorzudringen.

„Was auch immer du versuchst, alter Mann, es wird dich nicht weiterbringen!“ Anakins Stimme klang bedrohlich, während er mit zusammengekniffenen Augen den Blick auf die Schlingpflanzen vor sich gerichtet hielt.

Er war gut. Yoda hatte es immer gewusst. Aber er war zu gut und zu ehrgeizig für einen Jedi.

Nach einem gewaltigen Scheppern wurde das kleine Raumschiff durchgeschüttelt und der alte Jedi-Meister konnte sich kaum auf seinem Sitz halten. Anakin hingegen starrte wie verbissen auf die Instrumente vor sich und lenkte das Raumschiff tiefer in die Sumpflandschaft, ehe es mit lautem Poltern und Rumpeln zwischen zwei Bäumen hindurch im Schlick aufsetzte und eine braune Brühe aufstob, die vermutlich vom Boden des Planeten stammte.

Das kleine Schiff wurde noch einmal kräftig durchgeschüttelt, ehe es mit einem starken Ruck zum Stehen kam. Anakin betätigte einige Schalter an der Konsole und stand dann auf.


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Anakin funkelte den alten Jedi-Meister böse an, doch Yoda ließ sich dadurch kein bisschen aus der Ruhe bringen. Er wusste bereits, warum der junge Skywalker ihn zu diesem Planeten geflogen hatte. Yoda war ihm ein Dorn im Auge, eine Bedrohung. Er war der älteste und weiseste des Jedi-Ordens und zudem hatte er, abgesehen von Anakin selbst, die höchste Zahl an Midi-Chlorianern im Blut, was ihn zu einem sehr mächtigen Jedi-Meister machte. Doch warum wollte Anakin ihn loswerden? Yoda vermochte es nicht die Antwort auf jene Frage im Geist des jungen Skywalkers zu finden.

„Ihr habt gegen meine Aufnahme in den Jedi-Orden gestimmt.“

Yoda nickte lediglich, faltete die kleinen Hände vor dem Bauch.

„Warum?“, fauchte Anakin.

Seine großen grünen Augen sahen den wütenden jungen Mann vor sich seelenruhig an. „Die Antwort auf deine Frage du bereits kennst.“

„Weil ich ein besserer Jedi geworden wäre als du und das konntest du nicht ertragen.“

Ganz langsam und fast nicht sichtbar schüttelte Yoda den Kopf und schloss die Augen. „Zu arrogant du bist.“

Anakin kniff zornig die Augen zusammen. Yoda fühlte, dass er kurz davor war, die Kontrolle über sich zu verlieren, doch Obi-Wan war seinem ehemaligen Padawan ein guter Lehrmeister gewesen, hatte ihm beigebracht jenen Emotionen nicht nachzugeben. Yoda vermochte jedoch auch zu spüren, dass diese Doktrin an Kraft verlor, den jungen Mann vor sich allmählich schwächte und anfälliger für die dunkle Seite der Macht werden ließ denn je.

„Gegen den Kodex du verstoßen hast, als geheiratet du hast die Senatorin Amidala“, fuhr Yoda nach einem gedehnten Moment fort.

Wild fing Anakin an zu gestikulieren, winkte ab und gab ein abfälliges Zischen von sich. „Weil ich nicht im Zölibat leben wollte und stattdessen die Frau geheiratet habe, der mein Herz gehört, seit ich denken kann? Das ist lächerlich!“

Abermals schüttelte Yoda den Kopf. „Nicht erlaubt zu lieben dir ist. Immer Hand in Hand gehen Liebe und Hass. Gelehrt dein Meister dich das hat. Zu leicht du deinen Gefühlen nachgibst, Anakin Skywalker.“

„Wie soll man etwas so Natürliches wie Emotionen abschalten? Das ist unmöglich!“, fauchte Anakin den Jedi an. „Du weißt, dass ich der beste Jedi hätte werden können, der je existiert hat.“

Da war sie wieder, die Arroganz, die Yoda am wenigsten an dem jungen Skywalker schätzte. Nicht zum ersten Mal stellte sich der alte Jedi die Frage, an welchem Punkt sie Anakin Skywalker verloren hatten? War er durch den Tod seiner Mutter so anfällig für die Dunkle Macht geworden, durch seine Liebe zur Senatorin Amidala oder war es ihm schon immer bestimmt gewesen das Gleichgewicht der Mächte zu verändern und sie hatten es von vornherein nicht aufhalten können? Yoda wusste es nicht. War er auch sonst sehr weise, so wusste er die Antwort auf diese so wichtige Frage nicht.

„Nicht unter Kontrolle du dich hast, junger Skywalker. Unfähig den Kodex zu befolgen du bist. Der Rat deshalb einstimmig gegen deine Aufnahme in den Orden entschieden hatte.“ Yoda bereitete sich innerlich auf einen Wutausbruch des ehemaligen Padawan vor, doch dieser überraschte ihn, indem er nach Yoda griff, den viel kleineren Jedi-Meister hochhob und aus dem Schiff trug. Unsanft setzte Anakin den alten Lehrmeister auf dem matschigen Dschungelboden ab, der dem kleinen Raumschiff allmählich nachgab. Yoda versuchte nicht sich zu wehren, hätte ohne sein Lichtschwert auch nicht allzu viel gegen den Zorn Anakins ausrichten können.

Anakin kehrte zurück ins Innere des Schiffes, ohne sich einmal umzublicken.

„Richtig meine Entscheidung war“, sagte Yoda in aller Ruhe, faltete abermals die kleinen Hände vor dem Körper und trat einige Schritte zurück. Anakin blieb kurz stehen, dann setzte er seinen Weg ins Cockpit fort, betätigte einige Schalter und Yoda sah zu, wie sich die schmale Luke des Raumschiffs schloss, ehe das Schiff abhob.


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E’Lin hielt den kleinen Kommunikator in der Hand, während Lin’A sich gehetzt umsah. „Meister Garen, könnt Ihr mich hören?“ Statisches Rauschen war die Antwort auf E’Lins Frage. „Hallo!?“

„Hast du auch die richtige Frequenz drin?“, erkundigte sich ihre Schwester und sah sich weiterhin wachsam nach allen Seiten um.

„Natürlich!“, erwiderte E’Lin etwas grob. „Meister Garen, bitte meldet Euch.“

„Hier Garen.“ Seine Worte wurden von Rauschen untermalt, doch die beiden Schwestern verstanden ihn gut genug. „Wer spricht da?“

„Mein Name ist E’Lin. Mein Meister Kenobi gab mir Eure Frequenz. Wir benötigen Eure Hilfe!“

„Steckt Obi-Wan in Schwierigkeiten?“

E’Lin warf einen Blick auf Obi-Wan Kenobi, der immer noch eine Hand auf die schmerzende Schulter presste und schwer atmete. „Ja, er wurde verwundet. Wir haben die Senatorin gefunden, aber das Schiff hat abgelegt. Und daher brauchen Eure Hilfe.“

„Ich bin schon unterwegs.“

Lin’A und E’Lin tauschten einen kurzen Blick, dann eilten sie hinüber zu ihrem Meister, der gerade versuchte aufzustehen.

„Wir müssen zu Nisa“, sagte er keuchend und ließ sich von der Senatorin stützen.

„Ich werde gehen“, erwiderte Amidala und sah Obi-Wan eindringlich an. „Ihr seid nicht in der Lage …“

Plötzlich durchschnitt eine doppelschneidige rotleuchtende Klinge die Luft und verfehlte E’Lin nur um haaresbreite. Lin’A hatte sie geistesgegenwärtig beiseite gezogen, noch ehe sie sich der Gefahr wirklich bewusstgeworden war.

Innerhalb von Sekunden tauchte eine dunkle Gestalt im Türrahmen auf, schwang das Lichtschwert erneut und blitzte den Jedi-Meister aus gelben Augen an. Obi-Wan stieß die Senatorin beiseite, in Richtung seiner Padawane, zog das eigene Lichtschwert und aktivierte es. Der Schmerz in der Schulter war für den Moment vergessen, seine Gedanken waren ganz auf den Gegner fokussiert. Der Sith begann damit den Jedi zu umrunden, eine Art Vorspiel vor dem Kampf.

Ohne den Blick von dem Sith abzuwenden, der offenbar dieselbe Herkunft hatte, wie Darth Maul, jener Sith, der seinen Meister Qui-Gon Jinn getötet hatte, befahl er den Frauen: „Verschwindet!“

Die Senatorin bewegte sich nicht vom Fleck, wollte den verwundeten Jedi nicht allein lassen, doch die Padawane gehorchten dem Befehl ihres Meisters, ergriffen je eine Hand der Senatorin und zogen sie hinter sich her aus dem Raum. „Wir müssen zur Andockschleuse!“, schrie E’Lin, während sie davonrannten.

„Nein, wir müssen zum Cockpit und das Schiff unter Kontrolle bringen“, widersprach Senatorin Amidala energisch und zog die Mädchen in die gegenüberliegende Richtung.

„Aber Meister Garen ist auf dem Weg hierher.“

„Er kann doch nicht im Flug an dieses Schiff hier andocken!“, entgegnete Amidala und blickte sich nervös um. Sie wollte zurück zu Obi-Wan Kenobi, ihn unterstützen. Seinen Tod würde sie sich nie verzeihen können. „Ihr geht, ich werde Meister Kenobi helfen“, sagte sie schließlich und riss sich von den beiden Mädchen los.

„Meister Kenobi hat doch gesagt …“, begann Lin’A, wurde jedoch von der Senatorin unterbrochen.

„Ich kenne ihn schon etwas länger als ihr. Und ich weiß, dass er meine Hilfe braucht. Geht!“ Mit diesen Worten ließ sie die beiden im Korridor zurück und rannte in die Richtung, aus der sie gekommen waren.


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Unterdessen entdeckte Garen, nicht weit von der Station entfernt, das gesuchte Schiff und flog geradewegs darauf zu. Er hatte noch keine Ahnung, wie er seinem alten Freund in dieser Situation helfen konnte, da sein kleines Raumschiff nur über eine minimale Bewaffnung verfügte, aber er war fest entschlossen Obi-Wan nicht im Stich zu lassen. Er beschleunigte das gerade erst reparierte Schiff, das nun zum Glück über genug Antriebskapazität verfügte, um mit dem doch deutlich größeren Passagierschiff mithalten zu können.

Als er mit dem Raumkreuzer synchron flog, steuerte er sein Schiff direkt an deren Andockvorrichtung und koppelte die beiden Schiffe aneinander.

‚Soweit, so gut’, dachte er und erhob sich. Er griff nach seinem Lichtschwert und machte sich daran sein Schiff zu verlassen.
Gegenüberstellung by Steffi Raatz
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Garen wartete auf den Druckausgleich der Andockschleuse, das aktivierte Lichtschwert fest in beiden Händen haltend. Als der Indikator von Rot auf Grün wechselte, öffnete sich die Luke von selbst, gab ein leises ‚Klick’ von sich und der Jedi konnte an Bord des fremden Transportschiffes.

Tief durchatmend konzentrierte er sich auf seine Sinne, folgte dem schmalen Korridor bis er zu einer Abzweigung kam. Er entschied sich dafür geradeaus weiterzugehen, nichts nach rechts, wohin ihn die Abzweigung geführt hätte. Die Andockschleuse befand sich am Heck des Schiffes, das Cockpit war demnach direkt vor ihm, er durfte nicht abzweigen.

Er fühlte Furcht und Unsicherheit, doch er konnte die Quelle nicht erkennen. Plötzlich hörte er Schüsse und das wohlvertraute Geräusch, das entstand, wenn Lichtschwerter Schüsse aus Energiewaffen abwehrten. Sofort folgte er seinem Instinkt und rannte in die Richtung, aus welcher der Lärm zu ihm drang.


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Obi-Wan glaubte seinen Augen nicht trauen zu können, als Senatorin Amidala plötzlich wieder hinter dem Sith auftauchte. Gerade noch rechtzeitig wehrte er einen Hieb seines Gegners ab und sah sie vorwurfsvoll an. „Ich sagte Euch, Ihr sollt verschwinden. Bringt Euch in Sicherheit!“

„Ich lasse nicht zu, dass Ihr Euer Leben riskiert, um das meine zu schützen, Obi-Wan!“, rief sie ihm zu.

Der Sith wandte sich ihr nur flüchtig zu, sah offenbar weniger eine Gefahr in ihr als in dem Jedi-Meister – zu Recht.

„Padmé, bitte …“ Seine Stimme klang beinahe flehentlich in den Ohren der Senatorin und sie bemerkte seinen Blick erst, als er bereits wieder aus seinem Gesicht verschwand. Er hatte besorgt ausgesehen, sie auf eine Weise angeblickt wie noch niemals zuvor. Er holte zu einem Schlag aus, doch der Sith wehrte ihn ab und hieb seinerseits zu. „Ihr lenkt mich ab, geht!“

Kaum, dass er ausgesprochen hatte, trat Amidala dem gemeinsamen Feind in die Kniekehle, so dass dieser im Bruchteil einer Sekunde zusammensackte. Die Aufmerksamkeit des Sith galt nun der Senatorin. Sofort schwang er das doppelschneidige Lichtschwert in ihre Richtung und der Geruch von versengtem Haar lag in der Luft. Er hatte der Senatorin das Haar angekohlt, als diese ihm gerade so auswich.

Obi-Wan stockte der Atem. Das war knapp gewesen, zu knapp! Sie lenkten sich gegenseitig ab, nicht jedoch den Sith. Der Jedi spürte die Entschlossenheit seines Gegners, ebenso auch die Sorge der Senatorin. Und gleichzeitig beherrschte der Gedanke seinen Geist, dass er hierhergekommen war, um die Senatorin zu retten und sich nicht etwa von ihr retten zu lassen. Als Nächstes spürte er ein unmenschliches Brennen. Nicht in seiner bereits vorhandenen Wunde, sondern am Bein. Von seinem Oberschenkel ging ein so immenses Brennen aus, welches sich zunehmend über seinen ganzen Körper ausbreitete, dass er glaubte jeden Augenblick die Besinnung zu verlieren. Zuerst glaubte er, der Sith hätte ihm das rechte Bein vom Körper getrennt, so stark war der Schmerz, doch als er aus einem Reflex heraus hinabsah, stellte er fest, dass die Klinge des Sith ihn lediglich gestreift hatte.

„Obi-Wan!“ Es war die Senatorin, die seinen Namen schrie.

„Verschwindet! Schnell!“ Er sah sie nicht an, versuchte sich auf seinen Widersacher zu konzentrieren. Er durfte sie nicht ansehen, sie lenkte ihn ab. Jeder Augenblick, in dem er sie ansah, könnte seinen Tod bedeuten. Und wenn er durch die Hand des Sith starb, wer sollte dann Padmé retten? Er war doch nur wegen ihr gekommen.

„Ich bleibe bei Euch, Obi-Wan. Ihr braucht mich.“

Damit hatte sie so Recht, so verdammt Recht. Nur brauchte er sie auf eine Weise, die ihm nicht erlaubt war.

Sie beide versuchten sich gegen den Sith zu behaupten, der nicht müde zu werden schien. Obi-Wan jedoch konnte fühlen, wie Kraft und Konzentration ihn zunehmend verließen. Die Verletzungen schwächten ihn immer mehr und der Gedanke, dass Padmé nicht ging und sich in Sicherheit bringen ließ, wollte seine Gedanken nicht loslassen. Warum musste sie auch so verdammt stur sein?!

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Lin’A hieb einem Droiden den Kopf von den Schultern, während E’Lin versuchte sich gleich gegen zwei der künstlichen Lebensformen zu verteidigen. Gerade als E’Lin glaubte in der Falle zu stecken, durchschnitt ein blaues Lichtschwert den Korridor hinter der Padawan und schlug den Droiden, der ihr gegenüber war, entzwei. Sie verschwendete nicht einen Augenblick darauf zu sehen, wer hinter dem Droiden zum Vorschein kam, wandte sich blitzschnell um und schlug dem anderen Angreifer den Arm ab, in der dieser seine Waffe gehalten hatte, um ihn kampfunfähig zu machen.

„Ihr müsst Meister Muln sein“, Lin’A schenkte dem Fremden einen Augenblick ihrer Aufmerksamkeit. „Ihr kommt keine Sekunde zu früh.“

„Eher zu spät“, kommentierte E’Lin und verteidigte sich bereits gegen einen weiteren Droiden.

„Ihr habt ein loses Mundwerk“, erwiderte Garen daraufhin und lächelte die Padawan an. Irgendwie gefiel sie ihm durch ihre offene, kokette Art sofort.

Sie hatten gerade die Gruppe Droiden erfolgreich bekämpft, als in dem Korridor vor ihnen ein weiteres Dutzend solcher Droiden auftauchte. Die Drei stellten sich nebeneinander, Garen in der Mitte, die Padawane jeweils außen, und machten sich abermals kampfbereit, ohne auch nur eine Sekunde ausruhen zu können.

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Sie schoss blindlings auf die verhüllte Person vor sich, doch ihr Gegner vermochte es jeden dieser Schüsse abzuwehren, kam mit langsamen Schritten auf sie zu und Nisa spürte den Blick ihres Widersachers auf sich ruhen, obgleich sie seine Augen nicht sehen konnte. Erst als er sie bis auf wenige Meter erreicht hatte, funkelten sie kalte gelbe Augen an.

Nisa schoss unentwegt, doch sie traf ihr Gegenüber nicht ein einziges Mal. Und das obwohl sie eine verdammt gute Schützin war. Ihr Gegner war besser!

Plötzlich kam kein einziger Schuss mehr aus ihrer Waffe und sie schleuderte diese vor Zorn auf ihren Gegner, traf ihn jedoch nur am Arm. Ein gurgelndes Lachen war seine einzige Reaktion darauf. Er empfand ihren Versuch sich zu verteidigen offenkundig lächerlich.

Zögerlich wich sie zurück. Sie wusste, dass sie es ohne eine Waffe nicht gegen den Sith aufnehmen konnte. Und ihr Gegenüber war ganz eindeutig ein Sith.

Zu ihrer Überraschung deaktivierte dieser sein Lichtschwert und steckte es weg. Nisa hielt unbewusst den Atem an. Und als sie gerade wieder glaubte, doch noch eine Chance zu haben, fühlte sie eine imaginäre Hand, die sich um ihren Hals schloss und zudrückte. Ihr Gegner stand jedoch noch immer gute zwei Meter von ihr entfernt, berührte sie nicht wirklich, streckte lediglich die Hand nach ihr aus. Er drückte ihr mental die Kehle zu und sie konnte absolut nichts dagegen tun.

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Obi-Wan kniff die Augen zusammen und wich dem doppelschneidigem Lichtschwert aus, jedoch nicht ohne die Senatorin eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Ihr Haar hatte sich teilweise gelöst und hing nun wirr in Strähnen in ihrem Gesicht, verdeckte teilweise sogar gefährlich ihre Augen und somit die uneingeschränkte Sicht auf ihren Gegner. Der junge Jedi-Meister fühlte immer stärkere Angst in sich aufkeimen. Allerdings keine Angst vor dem Verlust eines Gliedmaßes oder gar seinem eigenen Tod. Die Angst um die Senatorin wurde immer größer und damit auch seine eigene Verletzlichkeit.

Während sein Bein und die Wunde im Rücken schmerzten, schmerzte seine Seele umso mehr. Er konnte seine innere Zerrissenheit kaum mehr ertragen. Wenn es das war, was Anakin fühlte, konnte er ihn zum ersten Mal wirklich verstehen. Er wusste, der Verlust von Padmé würde etwas in ihm auslösen, dass ihn jegliche Regeln der Jedi vergessen lassen würde.

Abgelenkt wie er war, reagierte er auf den Hieb seines Gegners fast zu langsam und ging Schutz suchend zu Boden. Padmé, die nicht gesehen hatte, dass er nur ausgewichen war, stürmte vor.

„Nicht!“, schrie Obi-Wan auf dem Rücken liegend, doch sie konnte nicht mehr bremsen.

Ihr Körper prallte gegen den ausgestreckten Arm ihres Gegners und sämtliche Luft wich aus ihren Lungen, während sie wie ein Stein zu Boden ging.

Obi-Wan reagierte instinktiv. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben von dem Gefühl unbändiger Wut geleitet. Nicht einmal bei Qui-Gons Tod hatte er derart heftig reagiert. Doch die Angst vor seinen Gefühlen war gewichen und hatte der Angst um Padmé Platz gemacht.

Sein Lichtschwert surrte und während er sich mit einem kräftigen Abstoß wieder auf die Füße brachte, durchtrennte der Laser das Lichtschwert seines Gegners, zerteilte es in zwei Hälften, von der eine scheppernd zu Boden fiel.

Den kurzen Augenblick Verwirrung, den er im Gesicht des Sith wahrnehmen konnte, nutzte er aus, schlug in einer Drehung und wieder in die Knie gehend, in Höhe der Beine seines Gegners, zu. Der Geruch von verbranntem Fleisch durchzog die Luft und bestätigte Obi-Wan, dass er getroffen hatte.

Der Sith knickte zur Seite, während seine Beine stehen blieben.

Ohne nachzudenken, schlug Obi-Wan ein weiteres Mal zu, parierte den schwachen Versuch eines Gegenangriffs und durchbrach die letzte Barriere, um seinen Kontrahenten zu vernichten.

Der Blick seines Gegenübers fixierte ihn erst fragend, dann mit einem hämischen Grinsen, als wüsste er, dass Obi-Wan ein Tabu gebrochen hatte, dann brach der Blick und der Kopf des Sith fiel von seinen Schultern.

Im selben Augenblick öffnete Padmé ihre Augen und schrie erschrocken auf. Ihre Augen erfassten als erstes den abgetrennten Kopf, ehe Obi-Wan an ihrer Seite war und ihr die Haarsträhnen aus dem Gesicht strich, um sie und auch sich selbst versuchte zu beruhigen.

Sein Gesicht spiegelte den Schmerz wieder, den er sowohl körperlich als auch mental empfand und die Senatorin ließ ihren Blick sorgend über seine angespannte Miene gleiten.

„Obi-Wan …“

„Nicht, Senatorin!“ Er wehrte ihre Hand ab, die sein Gesicht berühren wollte.

„Ich hatte schon geglaubt …“ Ihre Stimme brach und sie musste schlucken.

„Dass ich tot wäre? Das habe ich von Euch auch fast angenommen. Wie konntet Ihr so unvernünftig sein und bleiben? Ich hätte mir nie verzeihen können, wenn Euch etwas geschehen wäre.“ Seine Stimme klang wütend und zugleich verzweifelt.

Padmé sah ihn mit großen Augen an. Etwas schwang in seiner Stimme mit, was sie von Anakin her kannte. „Obi-Wan“, setzte sie erneut an, „was … was ist geschehen? Ich erkenne Euch kaum wieder. Woher diese Wut, diese …“

„Senatorin, bitte … Padmé …“ Seine Stimme wurde milder, jedoch nicht minder verzweifelt. Seine Hand löste sich von ihrem Arm, während er offensichtlich Abstand zu ihr suchte.

„Obi-Wan, bitte …“

„Nein, Padmé, ich … ich kann nicht. Es darf nicht … Seid in Zukunft vorsichtiger, ich werde Euch nicht mehr schützen können. Ich werde Garen bitten oder einen anderen Jedi meinen Platz an Eurer Seite einzunehmen.“ Er rang deutlich nach Luft, während er unter Schmerzen zurückwich, als sie versuchte seine Wunden zu begutachten.

„Einen anderen? Warum glaubt Ihr, Ihr könntet mich nicht mehr schützen? Obi-Wan, Ihr seid der Einzige, dem ich vertrauen kann.“

„Nein, vertraut mir nicht, M’Lady. Mir kann man nicht mehr trauen als Anakin.“

Einen Augenblick lang sah sie ihn fragend an. Stille lag in der Luft und es schien, als wolle er nichts mehr sagen, dann brach er das Schweigen und seine Stimme erklang so voller bitterem Schmerz und Reue, dass sie es kaum ertragen konnte.

„Mein Schutz ist wertlos, weil ich den Kodex der Jedi gebrochen habe und mit jeder Sekunde in Eurer Nähe mehr breche. Ich habe Wut und Verzweiflung mein Handeln steuern lassen, um Euch zu retten. Die Dunkle Seite ist zu nahe … ich bin ihr zu nahe gekommen.“

„Warum, aber warum … Obi-Wan, erklärt es mir.“ Sie konnte nicht glauben, dass er tatsächlich der Versuchung zu erliegen drohte. Der Sith-Lord durfte nicht Recht behalten. Das konnte nicht sein!

Obi-Wan presste sich an die Wand und sah von ihr weg.

„Weil ich zu viel für Euch empfinde, Padmé, viel zu viel.“

Noch während sie ihn mit aufgerissenen Augen anstarrte und zu begreifen versuchte, was er ihr gerade gesagt hatte, ertönte ein heiserer Schrei – Nisa.

Obi-Wan überlegte nicht lange, richtete sich mühsam auf, griff sein Lichtschwert und sah die Senatorin erschöpft und verzweifelt zu gleich an.

„Geht zu Garen!“ Seine Stimme klang matt und kühl, während er sich entfernte und die junge Frau hinter sich ließ, die nicht wusste, ob sie lachen oder weinen sollte.
Dem Tode nahe by Steffi Raatz
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Nisa spürte die Angst, die in ihrem Inneren hochkroch, während sich allein durch die Macht des Sith ihre Kehle immer mehr zuschnürte. Sie wollte versuchen mit ihren Händen das unsichtbare Band von sich zu ziehen, doch sie berührte nur ihre eigene Kehle. Ein ergebnisloses Unterfangen. Sinnlos. Nutzlos.

Die Angst in ihren Gliedern wurde stärker, das Gefühl von Schwärze und Unendlichkeit kam näher. Verzweiflung machte sich in ihr breit. Sollte das wirklich ihr Ende sein? Getötet von der Dunklen Seite der Macht. Getötet von der Seite, die sie immer unterstützt hatte und dessen sie Teil gewesen war. Teil des Bösen, der machtvollen Seite bis sie jenen Jedi kennen gelernt hatte, der es verstanden hatte, ihr und sein Schicksal gleichermaßen in eine Bahn zu lenken.

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Padmé saß am Boden und starrte noch immer auf den abgetrennten Kopf des Sith. Ihre Finger zitterten, nein, ihr ganzer Körper zitterte. Doch nicht wegen des Anblicks, sondern, weil in ihrem Inneren eine Angst erwacht war, die sie bis zu diesem Augenblick nur einmal empfunden hatte, nämlich als Anakin verschwunden war.

Langsam, fast zögerlich drehte sie ihren Kopf in die Richtung, in der sie Garen, den anderen Jedi, vermutete und sah den Korridor entlang.

„Geht zu Garen!“, hallte es in ihrem Kopf nach.

Obi-Wan hatte bitter geklungen, bitter und verletzlich. Verletzlicher als sie je vermutet hätte.

Hatte sie ihn richtig verstanden? War da wirklich mehr als Freundschaft, die er für sie empfand? War sie schuld daran, dass ein Jedi nach dem anderen fiel?

Wie konnte Obi-Wan sich mit Anakin vergleichen? Mit dem einst so herzlichen und doch so egozentrischen jungen Mann, der zwar eine tiefe Liebe für sie empfand, dessen Liebe aber nicht tief genug schien, um bei ihr zu bleiben, statt sich seiner Eitelkeit zu ergeben.

Wie konnte er sich mit ihm vergleichen? Obi-Wan, der treusorgende, liebevolle Mensch, dessen Güte ihr Herz erwärmte und schon immer hatte erwärmen können. Der junge Jedi, der seit sie sich kannten zu einem reifen, verantwortungsbewussten erwachsenen Mann herangereift war. Ein Mann, der sein eigenes Leben mehr als einmal der Gerechtigkeit unterordnete.

Padmé ließ ihren Blick in die andere Richtung schweifen, in die Obi-Wan gegangen war.
Sie wusste, dass er nicht mehr bei Kräften war, sie wusste ebenso, dass er nicht wollte, dass sie sich in seiner Nähe befand. Jedes seiner Worte hatte sie aufgesogen und in sich eingeschlossen. Dennoch wusste sie ebenso gut, dass sie nicht einfach dasitzen und warten oder ihm gar den Rücken zu kehren konnte. Sie musste etwas tun. Auch wenn sie Gefahr lief, ihr eigenes Leben dabei zu riskieren.

Egal was Obi-Wan empfand, egal wie sehr sie fürchtete, dass er der Dunklen Seite näherkam, dieses tiefe innige Gefühl, das sie für ihn empfand, dieses Gefühl, das sie bisher als unergründlich tiefe Freundschaft wahrgenommen hatte, ließ nicht zu, dass sie davonlief.

Und so stand sie auf, warf noch einen letzten Blick auf den toten Sith, griff sich eine herumliegende Waffe und eilte dem Jedi hinterher.

++++

Obi-Wan schienen die Augen zu brennen. Eine Verzweiflung tobte in ihm, die er in seinem Leben noch nie empfunden hatte. Nur einmal war er annähernd in die Nähe dieser Gefühle geraten. Es war der Tag gewesen, an dem sein Meister gestorben war.
Dieses eine Mal hatte er seine Gefühle kaum unter Kontrolle halten können und dennoch hatte er es mit all seiner Willenskraft geschafft. Der Glaube, den richtigen Weg zu gehen, Qui-Gon damit zu ehren, hatte ihn gestärkt.

Und als er erfahren hatte, dass Anakin die Senatorin geheiratet hatte, hatte er zu seinem eigenen Erstaunen nur Enttäuschung empfunden, Enttäuschung und eine Müdigkeit, die ihn ins Exil getrieben hatten. Dorthin, wo alles seinen Anfang genommen hatte. Doch jetzt … jetzt waren die Emotionen so stark in ihm, dass ihm klar wurde, dass er seinem Bestreben, seinem Meister Ehre zu machen, nicht mehr gerecht werden konnte.

Obi-Wan war noch nicht einmal auf der Brücke angelangt, da konnte er den Sith schon spüren. Eine dunkle Welle der Macht, voll Zorn und Boshaftigkeit schlug ihm entgegen. Und so wie er seinen Gegner spüren konnte, so wusste der junge Jedi-Meister, auch sein Feind konnte fühlen, dass er in der Nähe war.

Er zog sein Lichtschwert, atmete noch ein letztes Mal tief durch und aktivierte es entschlossen. Noch nicht einmal ganz um die Ecke, ließ er es in die Höhe schnellen. Keine Sekunde zu spät. Sein Gegner, erneut ein Sith, hatte ihn wie vermutet schon erwartet und seinerseits zum Schlag ausgeholt. Obi-Wan gelang es gerade so den Angriff zu parieren.

Sein Blick glitt nur kurz zur Seite, wo Nisa auf die Knie sackte, aber wohlauf zu sein schien. Mit dem Angriff auf den Jedi hatte der Sith sein anderes Opfer loslassen müssen.
Nisa hockte keuchend am Boden, ihre Hände am Hals und die Haare wild ins Gesicht hängend.

Obi-Wan ließ seinen Blick wieder von ihr und wandte sich ganz seinem Gegner zu. Seiner Verbündeten ging es soweit gut, jetzt hatte er keine Zeit mehr, sich um sie zu kümmern. Jetzt ging es darum, den Gegner zu vernichten und den Rest zu schützen – Nisa, Padmé, Garen und seine Padawane.

Das blaue Lichtschwert des Jedi-Meisters durchschnitt die Luft und sauste auf den Sith zu, der mit seinem doppelschneidigen Lichtschwert reagierte und den Schlag abfing.

Ein wilder Kampf entbrannte, dem Nisa geschwächt und entsetzt wich. Sie wusste, ohne ihre Waffe taugte sie nichts und in diesem für sie unkontrollierbar schnellen Kampf hatte sie keine Chance einzugreifen.

Hinter ihr tauchte die Senatorin auf, dessen Gesicht voller Entschlusskraft erschien, bis sie schließlich sah, mit welchen Energien dieser Kampf geführt wurde.

Padmé kniete sich neben die Kopfgeldjägerin, kontrollierte wie es ihr ging, ehe beide Frauen ihren Blick wieder auf den Kampf richteten, dessen Geschwindigkeit immer mehr zuzunehmen schien.

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E’Lin spürte einen leichten Schmerz in ihrer Schulter und sah ihren Gegner mit zornigem Blick an. Hatte es diese Maschine tatsächlich geschafft, sie zu treffen? Mit einem kräftigen Hieb zerstörte sie die Drohne in tausende von Einzelteilen. Nicht mit ihr!

Garen sah kurz zu ihr hinüber und begutachtete, ob ihre Schulter schwer verletzt war, doch außer einer kleinen Schramme war nichts zu sehen. Der Schuss hatte die junge Frau nur gestreift.

Lin’A erledigte keuchend einen letzten Droiden, dann war es plötzlich ruhig um die Drei.

Garen sah von einer Zwillingsschwester zur anderen und vergewisserte sich, dass beide wohlauf waren. Er wusste, Obi-Wan würde ihn lynchen, wenn auch nur einer von ihnen etwas geschehen wäre.

„Wohin jetzt?“, Garen deaktivierte sein Lichtschwert.

E’Lin deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. „Dorthin würde ich sagen.“

„Nein“, unterbrach Lin’A, der einmal mehr bewusst wurde, dass sie einen wesentlich engeren mentalen Draht zu ihrem Meister hatte als ihre Schwester, „wir müssen Richtung Brücke. Schnell!“

Garen sah Lin’A intensiv an und konnte eine gewisse Sorge erkennen. Nicht, dass er der anderen Schwester nicht vertraute, aber etwas ließ ihn glauben, dass Lin’A eine Verbindung zu Obi-Wan hatte, der er vertrauen konnte.

„Zur Brücke!“, wiederholte Garen daher und setzte sich, ohne auf eine Antwort zu warten, in Bewegung.

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Padmé schrie auf und wollte aufspringen, als Obi-Wan das erste Mal vom Laserschwert des Sith getroffen wurde und dunkelrotes Blut seinen Ärmel zu tränken begann, doch Nisa hielt sie geistesgegenwärtig davon ab, in einer Kurzschlussreaktion alles noch schlimmer zu machen. Sie beide wussten doch, dass sie in diesem Kampf keine Chance hatten.

Obi-Wan unterdrückte einen Schmerzensschrei und biss die Zähne zusammen. Nicht nur die Verletzung im Arm schmerzte, die Wunde im Rücken hatte sich wieder geöffnet und er konnte das warme klebrige Blut seinen Rücken entlangrinnen spüren. Im Grunde hatte er kaum noch die Kraft, diesem Kampf standzuhalten. Nicht bei dem Tempo, welches dieser Sith vorlegte.

Er war eindeutig geschulter und wesentlich stärker als ihr voriger Gegner, den er trotz seiner Rückenwunde hatte besiegen können.

Obi-Wan spürte, dass dies sein letzter Kampf sein könnte und eine tiefe Ruhe breitete sich in ihm aus. Würde er Qui-Gon wiedersehen? Würde er an seiner Seite stehen und auf das Geschehen hinabblicken?

Sein Lichtschwert streifte den Arm seines Gegners, doch der schien völlig unbeeindruckt davon. Obi-Wan wusste, dass ihn die Kraft verließ. Sein Atem ging schwerer, immer schwerer und schließlich traf ihn der Stoß des Sith so unvorbereitet und kräftig, dass der junge Jedi-Meister erschöpft und geschlagen zu Boden ging. Zwar konnte er sein Lichtschwert noch heben, um einen weiteren Schlag zu parieren, doch er wusste, dass es zu Ende war.

Padmés aufgerissene Augen brannten sich in sein Gedächtnis und er tadelte sie innerlich, weil sie wieder nicht auf ihn gehört hatte. Doch er war dankbar, sie ein letztes Mal sehen zu können. Sie zu sehen, ehe er Qui-Gon folgen würde.

Das rote, doppelschneidige Lichtschwert des Sith rauschte auf ihn hernieder und plötzlich schien die Zeit wie in Zeitlupe zu vergehen.

Obi-Wan schloss resignierend, eins mit sich selbst, die Augen.
Die Macht der Tamal by Steffi Raatz
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Wie durch einen undurchdringlichen Nebel nahm Obi-Wan den gellenden Schrei Lin’As wahr. Und obgleich er sich der Erschöpfung hingeben wollte, öffnete er noch einmal die Augen. Er hatte sich nicht getäuscht. Das Lichtschwert seines Padawan hatte den tödlichen Hieb abgewehrt, der seinen Kopf in der nächsten Sekunde von den Schultern getrennt hätte. Er war außerstande abzuwägen, ob es Lin’A gelingen würde den Sith zu besiegen, doch er wusste, dass, wenn Lin’A hier bei ihm auf der Brücke war, E’Lin nicht weit entfernt sein konnte. Ein dunkler Schleier legte sich schließlich auf seinen Blick, trübte ihn, bis er schließlich nachgab und das Bewusstsein verlor.

„Genug ist genug!“, schrie E’Lin den Sith an. Obwohl sie nicht die selbe Verbundenheit zu ihrem Meister hatte wie Lin’A, war sie nicht bereit zuzusehen, wie dieser niedergestreckt wurde.

Der Sith hob würdevoll den Blick, betrachtete seine neuen Gegner genau. Er war verblüfft darüber, dass er es mit Zwillingen zu tun bekam, die offenbar beide demselben Jedi-Meister unterstellt waren. Er konnte die Kraft spüren, die von den beiden Mädchen ausging und schärfte seine Sinne.

Wie um seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, wirbelte der Sith sein zweischneidiges Lichtschwert vor sich im Kreis herum. Die Brücke des Transporters war in ein tiefes Rot getaucht, das sich schließlich mit Blau vermischte, als auch die Padawane ihre Schwerter anhoben.

E’Lin spürte die Entschlossenheit ihrer Schwester, wodurch sie selbst noch sicherer wurde. Ihre Überheblichkeit war fehl am Platz, könnte sie sogar das Leben kosten. E’Lin wusste, dass es hier nicht darauf ankam ihrer Schwester zu beweisen, dass sie der bessere Padawan war. Hier und jetzt stellten sie sich einem Gegner, der wesentlich mächtiger als sie war. Der mächtiger war als ihr Meister!

Ihr Herz hämmerte wie wild gegen ihre Brust, als sie in einem Ausfallschritt nach vorn schnellte, um den ersten Angriff auf den Sith vorzunehmen. Kaum, dass der Sith E’Lins Hieb pariert hatte, drohte ihm von der anderen Seite erneut ein Schlag mit dem Lichtschwert.

Während die beiden Schwestern den Sith immer weiter zurückdrängten, bis dieser die Steuerkonsole im Rücken hatte und nicht weiter ausweichen konnte, eilte Garen zu den beiden Frauen, die in einer Ecke zusammen gekauert saßen und das Schauspiel mit gebannten Blicken verfolgten. Er bemerkte dabei die tiefe Angst, die von der Senatorin Amidala ausging. Ihr Blick glitt immer wieder besorgt zu Obi-Wan und schließlich wagte sie es zu ihm hinüber zu kriechen.

„Helft mir!“, bat sie Garen und begann damit den bewusstlosen Jedi hinter sich her, in sicheren Abstand zu dem Sith, zu ziehen.

Garen kam ihrer Aufforderung nach, behielt dabei jedoch immer die Padawane im Auge, die Schlag auf Schlag gegen den Sith die Oberhand gewannen. Er war beeindruckt von ihrem Talent. Allein war jede von ihnen schwach und hätte in diesem Stadium der Ausbildung keine Chance gegen den Sith, aber als Team schienen sie unschlagbar zu sein.

Nisa Amari stand mit zitternden Knien auf und half den beiden anderen Obi-Wan auf die Beine zu bringen. Er hing schließlich zwischen den beiden Frauen, die Beine schleiften auf dem Boden, als sie ihn nach draußen brachten.

„Bringt ihn zu meinem Schiff!“, rief Garen der Senatorin zu.

Diesmal würde Padmé Amidala nicht widersprechen. Gemeinsam mit Nisa trug sie Obi-Wan fort von dem Geschehen.

Garen aktivierte sein Lichtschwert, um die Padawane zu unterstützen, doch das war schon nicht mehr nötig. Er sah gerade noch, wie E’Lin dem Sith die Beine durchtrennte, woraufhin dieser ächzend zu Boden ging. Kaum, dass der Sith mit dem Oberkörper auf den harten Boden auftraf, hieb Lin’A zu und enthauptete den Feind. Dann sackte sie erschöpft neben ihm auf die Knie und atmete in unkontrollierten Stößen.

„Wir … haben … ihn … besiegt“, stammelte sie ungläubig. Ihr Blick glitt hinauf zu ihrer Schwester.

E’Lin deaktivierte ihr Lichtschwert und stemmte stolz die Hände in die Hüfte. „Das … nenne ich … Teamwork!“ Auch sie war völlig außer Atem.

„Ich bin schwer beeindruckt“, ließ sich Garen vernehmen und er lächelte die beiden Mädchen zufrieden an. „Ihr seid in der Tat ein exzellentes Team.“ Er deaktivierte ebenfalls sein Lichtschwert. Momentan schien jegliche Gefahr gebannt. „Jetzt aber nichts wie weg hier.“ Sein Blick glitt zum großen Fenster hinten den Padawanen hinaus. Vor ihnen tat sich ein Asteroidenfeld auf, das rasch näherkam. Sie mussten den Transporter verlassen, der zu groß und zu träge zu manövrieren war. Zudem war es eine zu große Gefahr sein eigenes kleines Schiff angedockt zu lassen, während er den Transporter flog.

„Gute Idee!“, pflichteten ihm die Padawane wie aus einem Mund bei.

Nur wenige Minuten später befanden sich alle sechs Personen in Garens Schiff und er löste die Andockklammern, doch es war bereits zu spät, um dem Asteroidenfeld auszuweichen. Sie steuerten genau darauf zu!

Nisa Amari stand hinter dem Navigationssessel, an dessen Lehne sie sich so sehr klammerte, dass das Weiß ihrer Knochen unter der dünnen Haut ihrer Finger hervortrat.

Lin’A und E’Lin hatten sich auf einer der hinteren Bänke gesetzt und starrten abwechselnd von ihrem verwundeten Meister hinaus zu dem Asteroidenfeld und wieder zurück.

Padmé hatte den Kopf Obi-Wans in ihren Schoß gelegt und betrachtete sorgenvoll das Gesicht des Jedi, aus dem jeglicher Ausdruck gewichen war. Er lag da, als wäre er tot, doch sie hatte mehrmals seinen Puls überprüft, der zwar recht schwach aber konstant war.

„Könnt ihr uns hier rausfliegen?“, fragte Nisa den Jedi vor sich, ohne ihn dabei anzusehen. Ihr Blick war stur nach draußen gerichtet.

Die Trägheitsabsorber sorgten dafür, dass die kleine Gruppe nur wenig von den häufigen und vor allem raschen Richtungswechseln bemerkte, die Garen vornahm. Wie ein Hase auf der Flucht Haken schlägt, um nicht zur Beute zu werden, navigierte der Jedi sein Schiff von hart Steuerbord nach hart Backbord und wieder zurück, ebenso änderte sich innerhalb von Sekunden ihr Flugvektor.

„Ich versuche es.“ Garen biss sich auf die Unterlippe, betätigte unablässig Schaltelemente an seiner Steuerkonsole und warf immer wieder einen Blick auf das Sensorenfeld, um nicht einen Asteroiden zu übersehen, der auf Kollisionskurs flog.

Lin’A blieb fast das Herz stehen, als sie sah, wie ein weiterer Asteroid auf sie zuraste. E’Lin nahm ihre Hand und drückte sie kurz. Auch ihr Herzschlag hatte sich verdoppelt. Gerade im letzten Moment schaffte es der Jedi diesem auszuweichen, nur um das Schiff erneut direkt in die Anfluglinie eines weiteren zu steuern, dem er abermals auswich.

Es vergingen mehr als zehn Minuten bis sie das Asteroidenfeld endlich hinter sich hatten. Garen ließ sich erschöpft in seinen Sessel zurückfallen, wischte sich den Schweiß von der Stirn und drehte sich dann zur Senatorin um.

„Wie geht es ihm? Ist er noch am Leben?“

„Ja, noch!“, erwiderte Padmé voller Sorge und streichelte dem bewusstlosen Jedi die Wangen.

„Ich fliege uns nach Coruscant“, sagte der Jedi und gab bereits den Kurs ein.

„Nein.“ Padmé sah von Obi-Wan auf und zuerst Nisa, dann Garen in die Augen, als dieser sich ihr wieder zugewandt hatte. „Naboo liegt näher. Und dort ist er sicherer. Niemand vermutet ihn bei mir. Und ich kann dafür sorgen, dass sich die besten Heiler um ihn kümmern.“

„Einverstanden“, nickte Garen, „dann fliegen wir nach Naboo.“

Stille senkte sich über die kleine Gruppe und mit Ausnahme von Garen, der das Schiff steuerte, sah jeder mit ernster Miene auf Obi-Wan hinab, dessen Überleben auf Messerschneide stand.
Auf der Suche nach Yoda by Steffi Raatz
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„Vorsicht!“, rief Senatorin Amidala einem dem Träger zu, die den immer noch bewusstlosen Jedi Kenobi zu seinem Schlafgemach transportierten und dabei um ein Haar die Trage gegen die Ausstiegsluke des Raumschiffs stießen. Obi-Wan lag wie leblos auf der Schwebeliege, jedoch sah Padmé an seinem schmerzvoll verzerrten Gesicht, dass er noch am Leben war. Ein Umstand, welcher ihr große Erleichterung verschaffte.
Sie ließ Obi-Wan in das Zimmer direkt neben ihrem eigenen bringen, für den Fall, dass er sie brauchte. So konnte sie seine Rufe jederzeit hören.

Die Padawane folgten schweigend und ließen sich schließlich von einer der Bediensteten Amidalas zu den eigenen Schlafräumen begleiten, während die Senatorin selbst nicht eine Minute von Obi-Wans Seite wich. Sie war der Meinung ihm dies schuldig zu sein, nach allem was er in den letzten Stunden für sie auf sich genommen hatte.

„Er ist nicht so leicht unterzukriegen“, sagte Garen, der neben Amidala herging und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Er sah ihr an, dass sie sich für Obi-Wans Zustand verantwortlich fühlte. „Gebt ihm ein oder zwei Tage, dann wird er wieder fit sein.“

„Ich hoffe, Ihr habt Recht.“ Sie blickte für einen Sekundenbruchteil zu Jedi Muln hinüber.

„Auch, wenn ich ihn lange Zeit nicht gesehen habe – bis vor kurzem – so weiß ich doch, dass er verdammt zäh ist. Vertraut mir, M’Lady.“

Sie nickte lediglich, ihr Blick galt noch immer Obi-Wan Kenobi.

„Wenn Ihr erlaubt, ziehe ich mich jetzt zurück. Ich werde versuchen den Rat zu kontaktieren.“

„Selbstverständlich, Jedi Muln“, kam es in ziemlich leisem Ton von der Senatorin.

Garen hatte diese Bezeichnung schon lange nicht mehr gehört und sah sie nur kurz blinzelnd an. Ob sie wusste, dass er es abgelehnt hatte, denselben Weg wie Obi-Wan zu bestreiten und stattdessen lieber Pilot geworden war? Irgendwann würde er ihr erzählen, dass er die Dinge lockerer sah, als die meisten Jedi, aber bis dahin war noch genügend Zeit.

Als Garen den Raum verließ, wandte er sich nochmals zu ihr und seinem alten Freund um. Amidala nahm ein Tuch zur Hand, befeuchtete es mit Wasser aus der Schale, die ihr eine Bedienstete hingestellt hatte und strich damit über die Stirn des verletzten Jedi. Es erstaunte Garen ein wenig, mit welcher Behutsamkeit sie sich um den Jedi kümmerte, beinahe so, als empfinde sie tiefere Gefühle für ihn. Garen versuchte sich auf sie zu konzentrieren, aber offenbar verstand es die Senatorin ihre Gefühle vor den Jedi zu verbergen. Es gelang ihm nicht sie richtig zu deuten.

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Garen aktivierte den Transceiver in seinem Raumschiff und gab die Frequenz des Jedi-Rates auf Coruscant ein. Zunächst war nichts als statisches Rausches zu hören, dann aktivierte sich langsam ein flackerndes blaues Bild, eine holografische Darstellung, auf seiner Navigationskonsole. Als sich die Darstellung endlich stabilisierte, erkannte Garen die Jedi-Meisterin Adi Gallia. Sie befand sich ungewöhnlicher Weise ganz allein im Ratssaal. Garen zog die Stirn kraus.

„Meister Gallia, ich grüße Euch.“ Er neigte respektvoll den Kopf, ehe er das Hologramm wieder anblickte. „Ich wollte Euch darüber in Kenntnis setzen, dass es Kenobi gelungen ist die Senatorin zu befreien.“

„Das sind erfreuliche Nachrichten. Aber gestattet mir die Frage; woher wisst Ihr von der Entführung der Senatorin Amidala?“

Garen lächelte mild. „Ich wurde in diese Mission verwickelt und war nicht unwesentlich bei der Rettungsaktion beteiligt.“

Meisterin Gallia nickte und straffte die Schultern. „Wo ist Meister Kenobi?“

„Er wurde im Kampf gegen einen Sith-Lord verwundet und erholt sich gegenwärtig auf Naboo.“

„Naboo?“

„Die Senatorin Amidala schlug vor, sich um Kenobi zu kümmern, als Gegenleistung für ihre Rettung. Sie wird von Schuldgefühlen geleitet. Und sie denkt, dass Obi-Wan auf Naboo sicher ist. Wir mussten schnell handeln und angesichts seines Zustandes war ich mir nicht sicher, ob er es bis nach Coruscant zurückschaffen würde. Das Risiko schien mir zu hoch.“

„Eure Entscheidung war weise, Garen.“ Gallia atmete die Anspannung heraus, die sie bislang zurückgehalten hatte. „Wie Ihr sicher bemerkt habt, haben wir ebenfalls unsere Probleme.“ Sie machte eine Pause, ehe sie langsam fortfuhr. „Meister Yoda ist verschwunden.“

Garen hielt hörbar die Luft an. „Verschwunden?“ Wie konnte ein Jedi-Meister mit Yodas Fähigkeiten einfach so verschwinden, ohne dass ein anderes Ratsmitglied dies bemerkte? Die Sache schmeckte Garen ganz und gar nicht. „Hat er keine Nachricht hinterlassen?“

Gallia schüttelte den Kopf und senkte für einen kleinen Moment den Blick, ehe sie wieder Garens Augen suchte. „Wir denken, dass er entführt wurde.“

„Was bringt Euch zu dieser Annahme?“, wollte Garen wissen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und musterte die holografische Darstellung der Jedi-Meisterin aufmerksam.

„Jemand war im Tempel. Jemand, der Obi-Wans ehemaligem Padawan ähnelt. Wir haben die Überwachungsaufnahmen gesehen. Es war sehr dunkel und die Person war verhüllt, jedoch war ihr Gesicht für den Bruchteil einer Sekunde zu sehen.“ Adi Gallia machte eine Pause. „Diese Person ist in Richtung des Dagobah-Systems aufgebrochen.“

Was sollte jemand auf dieser unwirtlichen Welt wollen? Garen hob erstaunt die Augenbrauen „Ist das sicher?“

Gallia nickte langsam.

„Ist ihm jemand gefolgt?“

„Ja, jedoch gab es einen Unfall.“

„Ein Unfall?“ Garen wurde zunehmend unruhiger.

„Es scheint, als sei kein Jedi mehr sicher. Der Kontakt zu Meister Sanchu ist unbekannterweise abgebrochen. Es war meine Absicht Meister Kenobi als nächsten mit diesem Auftrag zu betrauen, jedoch gelang es mir nicht eine Verbindung herzustellen.“ Inzwischen wusste sie weshalb.

„Ich werde gehen, wenn Ihr erlaubt.“

„Einverstanden, Garen. Doch nehmt Euch in Acht. Die Dunkle Seite der Macht gewinnt an Stärke. Die Zahl ihrer Anhänger wird größer, das fühle ich. Wir müssen sehr vorsichtig sein, in allem was wir fortan tun.“

„Ich werde vorsichtig sein“, versprach Garen. Ein letztes Nicken von Gallia und die Verbindung war getrennt. Seufzend ließ sich der Jedi in seinem Pilotensessel zurückfallen.

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Es war gut, dass er den Hyperantrieb wieder auf Vordermann gebracht hatte, dachte Garen Muln, und nicht nur, dass er ihn repariert hatte, nein, er hatte ihn verbessert. So war es ihm gelungen das Dagobah-System in relativ kurzer Zeit zu erreichen.

Ihm war klar, dass man sich auf Naboo Sorgen machen würde, immerhin hatte er nur eine kurze Nachricht hinterlassen und mit keinem mehr gesprochen, doch die Dringlichkeit der Situation hatte ihm keine andere Möglichkeit gelassen.

Im Prinzip hatte er sogar gehofft, in Kürze wieder zurück zu sein. Jedoch erwies es sich als recht schwer nach den Lebenszeichen von Meister Yoda zu suchen. Seine Scanner wurden immer wieder von Interferenzen gestört.

Stunden später dann jedoch, in denen er sich selbst immer wieder einreden musste, dass er nicht aufgeben durfte, fand er den Jedi-Meister schließlich.

Garen flog sein Schiff in die unmittelbare Nähe des Standortes von Meister Yoda und setzte zur Landung an. Als sich die Luken seines Raumschiffes öffneten, traf es ihn wie der Schlag. Die Luft auf dieser Welt war feucht und viel zu warm. Sofort kam Garen ins Schwitzen, doch er versuchte das unangenehme Gefühl zu verdrängen, das die Hitze ihm vermittelte.

„Meister Yoda?“, rief er ins Dickicht des Waldes. Er konnte fühlen, dass Yoda noch am Leben war.

„Die Stimme ich doch kenne.“ Das kleine grüne runzlige Gesicht des ehrwürdigen Jedi-Meisters erschien vor ihm im Dickicht und es war, als würde ihm ein Stein vom Herzen fallen.

„Meister Yoda, gut, dass ich Euch gefunden habe. Der Jedi-Orden hat sich bereits größte Sorgen gemacht.“

„Mir niemand etwas getan hat und ich sehen und fühlen kann, dass Ihr Euch weitaus mehr Sorgen um andere Dinge macht. Garen Muln, du nie warst ein konventioneller Jedi. Welche Gegebenheit dich hat wieder zurück zum Tempel geführt?“ Yoda kletterte fast mit Leichtigkeit über einen Baumstumpf, ehe er wieder seinen Stock beim Gehen zu Hilfe nahm.

Garen lächelte innerlich. Wie auch immer Yoda das machte. Im entscheidenden Augenblick war er alles andere als alt und unbeweglich.

„Obi-Wan war bei mir. Ich bin mehr oder weniger in die Befreiung von Senatorin Amidala hineingeraten.“ Garen zuckte mit den Schultern. Sich durchaus bewusst, dass der Altmeister genau wusste, dass das nicht alles gewesen sein konnte.

„Freundschaft ein mächtiges Band sein kann. Obi-Wan das immer schon wusste“, nickte der alte Jedi-Meister und klopfte mit seinem Stock auf einen Stein. „Garen, du hier bist, um mich zu finden, ich weiß, doch ich hier vorerst sicher bin. In einer Vision ich gesehen habe, dass mein weiteres Schicksal hier im Dagobah-System liegt. Dein Schicksal und das von Obi-Wan jedoch enger verknüpft sind, als dir bewusst. Anakin, Obi-Wans ehemaliger Schüler hier war und nichts Gutes vorhat. Du ihn schützen und warnen solltest. Schnell.“

Für einen kurzen Augenblick sah Garen Yoda nachdenklich, ja fast abgeneigt an. Er konnte nicht glauben, dass er den Jedi hier zurücklassen sollte. Doch dann wurde ihm klar, dass der Altmeister schon so manch weise Entscheidung getätigt hatte, die sie alle in Frage gestellt hatten. Er musste ihm und den Visionen der Macht vertrauen. Und sollte Obi-Wan tatsächlich nicht nur durch seine Verletzungen in Gefahr schweben, sondern auch durch seinen ehemaligen Schüler, so musste er verhindern, dass noch Schlimmeres geschah.

Also nickte er und legte dem alten Yoda die Hand auf die Schulter. „Hoffen wir, dass ich rechtzeitig auf Naboo eintreffen werde, um Schlimmeres zu verhindern.“
Der Bruch des Kodex by Steffi Raatz
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Die Senatorin von Naboo schritt lautlos durch die riesigen Gänge des Palastes. Warme Sonnenstrahlen stahlen sich zwischen den marmorierten Säulen hindurch, die die Flure säumten. Es war früh am Mittag und das Essen war bald fertig. Sie wollte Obi-Wan in den Speiseraum holen, in dem die Padawane bereits ungeduldig warteten. Sie trainierten sehr viel, seit sie auf Naboo waren. Und dieses Training förderte den Appetit der Jedi-Schüler ausgesprochen. Lächelnd hatte Padmé ihnen versichert, dass sie sich beeilen würde, Obi-Wan zu holen und die beiden mussten dafür im Gegenzug versprechen, noch nicht mit dem Essen zu beginnen.

Sanft klopfte sie an die massive Holztür zum Zimmer des Jedi-Meisters. „Obi-Wan, seid Ihr wach?“

Seit dem Zwischenfall mit den Sith, als er mehrere Verwundungen davongetragen und all seine Kraft aufgebraucht hatte, schlief er sehr viel. Doch Padmé wusste, dass nicht nur Ruhe für seine Genesung wichtig war, sondern auch Nahrung. Er musste wieder zu Kräften kommen. Gerade jetzt konnte er es sich nicht leisten Schwäche zu zeigen. Und dass er aufgab, würde sie schon gar nicht zulassen. Allerdings – das war ihr in den vergangenen Stunden, die er hier auf Naboo verbracht hatte, aufgefallen – wirkte er noch verschlossener als sonst, nachdenklicher. Und in seinen Augen hatte sie Resignation gesehen. War er es leid den Frieden zu bewahren? Sie hoffte, dass es nichts mit den Gefühlen zu tun hatte, die er für sie hegte, oder gar mit Anakin. Er war zu wichtig. Der Kampf der Jedi gegen die Dunkle Seite der Macht war zu bedeutend, als dass er sich jetzt zurückziehen konnte.

Als Obi-Wan ihr nicht antwortete, klopfte sie noch einmal und trat dann in seine Gemächer. Sie fand ihn vor dem großen Fenster stehend und in den Hof hinunterblickend vor.

„Obi-Wan …“, sagte sie und ihre Stimme klang dabei ganz sanft.

Er zuckte unwillkürlich zusammen. „Senatorin, ich habe Euch nicht gehört. Verzeiht mir.“

„Und gespürt habt Ihr mich ebenfalls nicht?“ Schwanden etwa seine Kräfte? Hatte dies etwas mit seinem überraschenden Geständnis zu tun? War es ihre Schuld? Zögerlich legte sie die linke Hand auf seinen Arm, als er den Kopf schüttelte.

„Ich war in Gedanken.“

Die Senatorin nickte. „Wie fühlt Ihr Euch heute?“

„Die Schmerzen lassen nach, aber wenn ich zu lange auf den Beinen bin, wird mir schnell schwindelig“, sagte er ehrlich und wandte sich nun erstmals zu ihr, sah ihr in die wundervollen warmen Augen und glaubte sich darin zu verlieren. Sie sah ihn voller Sorge an, doch da war noch etwas Anderes in ihrem Blick, das er nicht zu deuten wagte.

„Ich mache mir Sorgen um Euch.“ Obwohl ihr klar war, dass er es bereits wusste, hielt sie es für nötig, es auszusprechen.

„Es geht mir besser“, versicherte er ihr und ließ den Blick zu ihrer Hand wandern, die noch immer auf seinem Arm ruhte. „Ihr braucht Euch nicht zu sorgen, Senatorin.“

„Ihr entfernt Euch von mir. Warum?“ Dass er sie seit seinem Geständnis wieder mit dem Titel ansprach, den sie bekleidete, machte ihr sehr zu schaffen. Sie wollte nicht, dass er sich von ihr distanzierte. Nicht jetzt, wo sie selbst immer mehr erkannte, dass sie sich vor geraumer Zeit für den falschen Jedi entschieden hatte. Nicht ausgerechnet jetzt, wo ihr immer klarer wurde, dass seine Gefühle nicht unerwidert waren. Sie wusste, dass es falsch war so zu empfinden, doch sie konnte sich diesen Gefühlen nicht erwehren. Sie wollte es auch gar nicht. Viel zu sehr genoss sie die Nähe Obi-Wans. Er gab ihr ein Gefühl von Sicherheit, von Geborgenheit. Anakin hatte ihr manchmal Angst gemacht. Seine Ansichten, die Art wie er auf gewisse Vorkommnisse reagierte – wie er überreagierte. Bei Obi-Wan war dies nie der Fall. Er schien immer alles unter Kontrolle zu haben – selbst seine Gefühle.

„Es ist gegen den Kodex der Jedi, dass ich diese Gefühle für Euch habe. Und nicht nur das …“ Er seufzte, entzog ihrer Hand den Arm und trat einen Schritt zurück. „Ich hätte es nie aussprechen dürfen! Schlimm genug, dass ich so empfinde. Und ich breche damit nicht nur den Kodex der Jedi, sondern ich hintergehe auch Anakin.“

„Wir haben nichts getan, das verboten ist.“ Ihre Stimme war noch immer sanft und ihr Blick wurde noch weicher. „Ich bin froh, dass Ihr Eure Gefühle offenbart habt.“

„Ich aber nicht!“, sagte er viel zu harsch und wandte sich abrupt um, damit er ihr nicht mehr in die Augen sehen musste. Die Bewegung war jedoch zu rasch gewesen und Schmerz schwappte in Wellen über seinen Körper, ließ ihn einen Augenblick taumeln.

Erneut ging Padmé zu ihm, trat vor ihn, hielt Obi-Wan diesmal mit beiden Händen an den Armen fest. „Sollen wir so tun, als hätte sich das Verhältnis zwischen uns nicht verändert? Vielleicht gelingt Euch das, mir jedoch nicht! Ich kann meine Gefühle nicht mit Kraft der Macht unterdrücken wie ein Jedi-Meister. Ich bin ein Mensch und ich empfinde …“ Sie hielt inne, sammelte sich und versuchte ihr Temperament, das gelegentlich zum Vorschein trat, wieder unter Kontrolle zu bringen. Gerade wenn ihr etwas sehr wichtig war, wurde sie oft viel zu leidenschaftlich. „Ich empfinde etwas für Euch, Obi-Wan. Ich weiß, dass ich es nicht sollte. Ich bin eine verheiratete Frau. Aber ich kann diese Gefühle nicht länger ignorieren und mir selbst einreden, dass sie nur vorübergehend sind. Denn das sind sie nicht. Sie werden stärker, mit jedem Augenblick, den wir zusammen verbringen. Ich möchte Euch nahe sein“, hauchte sie schließlich und trat ganz dich vor ihn.

Das Erstaunen über ihr Geständnis vermochte er perfekt zu verbergen, jedoch war er mehr als versucht, ihr nachzugeben. Er konnte ihren Atem an seinem Hals spüren, ihre Lippen, die noch während sie sprachen, beinahe seine Haut berührten und ihm ein Prickeln im Leib bescherten, welches er so vorher noch nie gefühlt hatte. „Wir dürfen dies nicht“, sagte er eindringlich, jedoch mit ruhiger Stimme. „Es ist nicht richtig, Padmé. Ganz gleich, was ich für dich empfinde und ganz gleich, was du für mich empfindest. Wir dürfen uns nicht gehen lassen.“

Sie senkte den Blick, um Tränen der Enttäuschung zu verbergen. Dann schloss sie einen Moment die Augen, um sich abermals zu sammeln. „Sicher habt Ihr Recht.“

Diesmal war sie es, die Distanz zwischen ihnen schuf. Er hatte Recht! Sie mussten diese Distanz wahren, auch wenn es ihnen beiden nicht leichtfiel. Die Senatorin atmete tief durch und entsann sich wieder dem Grund, der sie überhaupt in Obi-Wans Schlafzimmer geführt hatte. „Das Mittagessen ist fertig.“

Er nickte ihr stumm zu. Und für einen weiteren gedehnten Augenblick sahen sie einander an, ehe sie sich gemeinsam auf den Weg zum Speisesaal machten, in dem die Zwillinge sicherlich schon mehr als ungeduldig auf sie warteten.

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Sie gingen schweigend im Garten des Palastes spazieren, als einer der Bediensteten der Senatorin herbei gerannt kam. Er musste erst einige Male tief durchatmen. „Verzeiht, wenn ich störe. Aber eben habe ich beunruhigende Nachrichten erhalten, Senatorin.“

„Was ist geschehen?“ Sofort war nicht nur Padmé alarmiert, sondern auch Obi-Wan.

„Es heißt, Eurer Freund“, er blickte bei seinen Worten nicht die Senatorin, sondern den Jedi an. „Garen Muln … er sei tödlich verunglückt!“

Padmé schlug sich betroffen eine Hand vor den Mund, während Obi-Wan mit einem Mal kleiner zu werden schien. Sie sah ihm kummervoll an, wandte sich dann jedoch an ihren Bediensteten. „Danke, für die Nachricht.“

Mit einem stummen Nicken entfernte sich der Mann von ihnen.

„Obi-Wan …“, brachte sie mit brüchiger Stimme hervor, „das tut mir so leid.“

Verzweiflung entbrannte in Obi-Wan. Und ein tiefer, stechender Schmerz zwang ihn in die Knie. Jedoch kam der Schmerz von innen, nicht etwa von einer der Wunden. Er kannte Garen schon so viele Jahre, hatte schon so viel mit ihm erlebt. Nicht nur Kämpfe, auch schöne Ereignisse, er verband seine unbeschwerte Kindheit im Tempel mit Garen. Jetzt bedauerte er noch mehr, dass sie sich so lange Zeit nicht gesehen und den Kontakt beinahe gänzlich zueinander verloren hatten. Die Zeit konnten sie nie wieder aufholen. Dafür war es nun zu spät! Er wandte sich von der Senatorin ab, um die Tränen zu verbergen, die er im Begriff war zu weinen. Sie sollte sich nicht noch mehr um ihn sorgen müssen. Jedoch war er vollkommen außerstande dieser Flut von Emotionen standzuhalten und so gab er sich ihnen schließlich hin, sackte auf die Knie und begann zu weinen, wie schon lange nicht mehr. Zuletzt hatte er sich derartig zerschmettert gefühlt, als Qui-Gon Jinn ums Leben gekommen war.

„Sschh, schon gut. Es ist in Ordnung, lasst diese Gefühle raus. Ich bin bei Euch.“

Die Worte Padmés drangen nur langsam zu ihm durch, sickerten träge in seinen Geist und er ließ sich gänzlich fallen. Ihre Umarmung brachte ihm den Trost, den er jetzt brauchte. Wie ein Ertrinkender sich an einem Rettungsring festhält, so klammerte er sich Halt und Nähe suchend an die Senatorin. Die vergangenen Tage forderten letztlich ihren Tribut. Er verlor jegliche Kontrolle über sich. Jetzt, in diesem Augenblick, war er kein Jedi mehr, sondern nur noch ein Mann. Ein gebrochener Mann!

Obi-Wans extreme Reaktion auf die Nachricht machte Padmé noch mehr Sorgen. Und sie wünschte sich, ihm irgendwie helfen zu können. Nun mehr denn je! Allerdings wusste sie nicht im Geringsten, wie sie ihm bei einem solchen Verlust helfen sollte. Sie war mit derartigen Nachrichten und Erlebnissen meist professionell umgegangen. Aber auch nur deshalb, weil ihre Stellung es ihr nicht erlaubte Freundschaften zu Untergebenen zu entwickeln. Und vielleicht, aber nur vielleicht, war sie inzwischen einfach resistent gegen den Tod geworden.

Nichtsdestotrotz fühlte sie mit Obi-Wan und zog ihn noch näher in die Umarmung. Sein Kopf lag auf ihrer Brust und sie fühlte, wie ganz allmählich seine Tränen durch den dünnen Stoff ihres Kleides drangen. Sein ganzer Körper bebte unter den tiefen Schluchzern und sie streichelte ihm über das Haar und den Rücken, flüsterte beruhigende Worte in sein Ohr, auch wenn sie wusste, dass diese ihn jetzt nicht zu trösten vermochten.

Viele Minuten vergingen und als er sich langsam beruhigte und zu ihr aufsah, sah Padmé etwas in seinen Augen, das sie niemals zuvor darin gesehen hatte. Die Resignation war gewichen, hatte Entschlossenheit Platz gemacht. Und gerade als sie glaubte, die Leidenschaft zu sehen, die sein Jedi-Dasein ausmachte, überraschte Obi-Wan sie, indem er sie in einen Kuss zog.

Dieser Kuss war alles andere als schüchtern und zurückhaltend, er war leidenschaftlich und hungrig. Sie gab sich ihm hin, ohne auch nur einen Moment zu zögern und öffnete ihre Lippen. Ihre Zungen berührten sich und in diesem Augenblick vergaß Padmé einfach alles um sich herum. Sie dachte nicht daran, dass man sie in dieser prekären Situation erwischen konnte. Nicht an Anakin, den sie betrog und auch nicht daran, dass sie Obi-Wan praktisch dazu verführte, den Kodex der Jedi zu brechen. Nichts zählte in diesem Augenblick, außer der Tatsache, dass sie und Obi-Wan sich endlich das eingestanden, was sie beide schon viel zulange verbergen mussten.

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Nisa Amari war gerade von ihrem Schlafgemach auf dem Weg zu den Padawanen, mit denen sie gemeinsam trainierten wollte, als sie ungewollt die Nachricht über den Tod des Jedi-Meisters Garen Muln mit angehört hatte. Sie starrte noch einen Moment hinab zu der Senatorin und Meister-Kenobi, ehe sie sich abwandte und entschlossen den Flur entlang rannte.

Sie war nicht bereit an Garens Tod zu glauben! Nicht, wenn niemand sein Schiff oder das Wrack davon zu ihnen brachte, zusammen mit dem Leichnam des Jedi! Dass Obi-Wan Kenobi die Nachricht einfach so geschluckt hatte und ebenso die Senatorin, verwunderte sie nicht weiter. Die beiden waren die letzten Tage nicht wirklich hier im Palast gewesen, schienen in ihrer eigenen Welt gefangen, in denen es nur sie gab. Doch Nisa wusste, wie wichtig das Überleben eines jeden einzelnen Jedi war. Und sie wusste um Garen Fähigkeiten! Sie war fest entschlossen den Jedi zu suchen und vor allem – ihn auch zu finden! Ob nun tot oder lebendig, sie wollte ihn finden!
Schuldgefühle by Steffi Raatz
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Sie lag unter ihm, in seinen Armen. Ihre nackten Oberkörper berührten sich, waren noch heiß von der Leidenschaft, derer sie sich die vergangenen Stunden hingegeben hatten. Obi-Wan verlagerte sein Gewicht, so dass er schließlich neben Padmé lag. Tiefe Zuneigung war in ihrem Blick und er lächelte sie an.

Er wusste, dass er gegen den Kodex der Jedi verstoßen hatte, doch es war ihm nicht so wichtig erschienen, wie die Tatsache, dass er Anakin hintergangen hatte. Dass sie beide Anakin hintergangen hatten. Sie hatten sich ihrer verbotenen Gefühle hingegeben und im Rausch der letzten Stunden war untergegangen, welch fatale Folgen ihr Handeln nach sich ziehen könnte.

Im Nachhinein konnte er noch nicht einmal genau sagen, was ihn dazu gebracht hatte sich gehen zu lassen. Obi-Wan Kenobi wusste im Augenblick nur eines mit absoluter Sicherheit, nämlich, dass er Padmé liebte. Er hatte sich schon seit seiner ersten Begegnung mit ihr zu ihr hingezogen gefühlt, sich jedoch immer wieder auf den Kodex der Jedi stützend von ihr ferngehalten. Nach Qui-Gon Jinns Ableben hatte er sogar jeglichen Kontakt zu ihr vermieden. Und selbst als sie ihn zur Feier ihrer Senatswahl eingeladen hatte, war er um eine unehrliche Antwort, seiner Absage den Feierlichkeiten beizuwohnen, nicht verlegen gewesen. Er wusste, dass er den Kontakt zu ihr vermeiden musste, weil er sonst Gefahr liefe die Kontrolle über seine Gefühle zu verlieren. Zehn Jahre hatte er sie erfolgreich gemieden. Bis zu jenem Tag, an dem man ihn und Anakin als ihre Beschützer auserkoren hatte. Hatte der Altmeister Yoda nicht gesehen, dass die Senatorin dazu bestimmt war Meister und Padawan erneut in ein Gefühlschaos zu stürzen?

Nach diesen zehn Jahren glaubte sich Obi-Wan auf der sicheren Seite zu befinden. Zudem machte Anakin keinen Hehl daraus, was er für Padmé empfand. Und dies kam Obi-Wan nur gelegen, auch wenn er sich so manches Mal schwer damit tat die eigenen Gefühle zu verbergen. Schließlich gestand ihm Anakin, dass er Padmé zur Frau genommen hatte und Obi-Wan war in gleichem Maße erleichtert wie erschüttert.

Erleichtert, weil er sich selbst nicht mehr fragen musste, ob er seinen Gefühlen nachgeben sollte. Ob er versuchen sollte mit ihnen zu leben, ohne sich von ihnen auf die Dunkle Seite der Macht führen zu lassen. Ihre Stärke nutzen und ein noch besserer Jedi werden, als er ohnehin schon war. Erschüttert war er, weil Anakin noch viel zu schwach war, um die Stärke der Liebe aufzunehmen und richtig zu nutzen. Anakin ließ sich von ihr schwächen und verführen. Und inzwischen wusste Obi-Wan genau, dass Anakin von der Dunklen Seite der Macht angezogen wurde, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er ihr zu widerstehen nicht länger imstande war.

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„Du machst doch nicht schon schlapp, Schwester-Herz“, rief E’Lin. Sie atmete heftig, doch sie ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Vor sich hielt sie das aktivierte Lichtschwert, stets bereit einen Angriff ihrer Schwester abzuwehren.

„Nicht doch“, antwortete Lin’A und zwinkerte. „So leicht lasse ich mich von dir nicht mehr besiegen.“ Langsam umkreiste sie ihre Schwester und ließ sie dabei nicht für eine Sekunde aus den Augen.

Die Beiden drehten sich einige gedehnte Sekunden im Kreis umeinander herum, ehe E’Lin nicht länger ausharren konnte und zu einem Hieb ansetzte, dem Lin’A jedoch nicht nur gekonnt auswich, sondern auch parierte. Sie stoppte das Lichtschwert unmittelbar im Nacken ihrer Schwester. Natürlich wollte sie ihr nicht den Kopf von den Schultern trennen. „Das macht jetzt zwei für beide. Wir haben Gleichstand, meine Liebe.“

Schmollend wandte sich E’Lin um und blickte ihre Schwester an. „Das gab es ja noch nie!“ Sie musterte Lin’A einige Augenblicke. Seit sie sich entschlossen hatten Jedi zu werden, war es immer E’Lin gewesen, die im Kampf mit dem Lichtschwert die bessere war. Und nun wurde sie offenbar von ihrem Thron gestoßen. Das konnte sie nicht zulassen. „Ich verlange eine Revenge.“

„Die kannst du haben“, erwiderte Lin’A selbstbewusst und ging erneut in Stellung. Ihre Knie waren leicht angewinkelt, so dass sie hin und her federn konnte. Flexibilität war ausgesprochen wichtig, denn nur so konnte sie ihrem Gegner schnell ausweichen.

Die beiden Mädchen vergaßen im Eifer des Trainings vollkommen, dass sie eigentlich mit Nisa Amari verabredet gewesen waren. Was dazu führte, dass sie nicht bemerkten, dass diese nicht wie vereinbart kam.

„Auf ein Neues“, gab E’Lin von sich, als plötzlich jemand im Schutz der Schatten unter der Überdachung des Palastes, welcher den Garten umgab, davon huschte. „Wer war das?“, fragte E’Lin mehr sich selbst als ihre Schwester.

Lin’A zuckte die zierliche Schulter. „Keine Ahnung. Vielleicht Nisa?“

„Warum sollte sie sich derart verhüllen und ohne zu grüßen davonlaufen?“

„Finden wir es doch heraus“, schlug Lin’A vor, deaktivierte das Lichtschwert und eilte der Person hinterher. Ihre Schwester folgte ihr dichtauf.

Erst außerhalb des Palastes sahen sie die Person wieder. Größe und Gangart wiesen auf einen Mann hin, mehr vermochten sie aus der Entfernung nicht zu ermitteln. Die Person war in einen dunklen Umhang gehüllt und trug zudem eine Kapuze. Die verhüllte Gestalt setzte sich in einen gelben Speeder und brauste schneller davon, als die Mädchen es für möglich gehalten hatten. So nahe der Stadt war es nicht erlaubt in einer derartigen Geschwindigkeit zu fliegen, sie beide wussten das. Offenbar wusste es aber die Person nicht. Oder es war ihr egal.

„Der hatte es aber eilig“, sagte E’Lin verblüfft und stemmte die Hände in die Hüfte.

„Etwas zu eilig, wenn du mich fragst.“

„Du bist immer so misstrauisch. Vielleicht war es ein Bote, der eine wichtige Nachricht überbringen soll.“ Sie blickte ihre Schwester beinahe teilnahmslos an.

„Hast du die Erregung nicht gespürt, die von der Person ausging? Sie hat mich praktisch erschlagen.“

„Das war schon immer mehr deine Stärke, liebste Schwester. Meine ist das Lichtschwert.“ E’Lin berührte es an ihrem Gürtel, wie um ihren Worten mehr Nachdruck zu verleihen.

„Wir sollten Meister Kenobi darüber in Kenntnis setzen.“

„Du willst ihn damit belästigen? Sicher wird er dich belächeln“, meinte E’Lin nur und legte ihrer Schwester dabei eine Hand auf den Unterarm. „Lass uns lieber noch etwas trainieren.“

Lin’A schüttelte den Kopf und blickte noch immer in die Richtung, in welche die Person eben davongebraust war. „Nein, nein. Ich gehe lieber zu Meister Kenobi. Wir können danach immer noch trainieren.“

Seufzend gab E’Lin schließlich nach. „Na schön. Aber vergiss nicht, dass du mir eine Revenge schuldest.“

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Obi-Wan hatte unlängst das Schlafgemach der Senatorin Amidala verlassen und befand sich in seinen eigenen Räumen. Vor dem Fenster stehend, starrte er hinunter in den Hof. Hinter seinen Augen arbeitete es. Er wusste, dass es ein Fehler gewesen war seinen Gefühlen nachzugeben, doch sie waren inzwischen so stark, dass er sie nicht mehr unterdrücken konnte.

Das aufgeregte Hämmern, als Klopfen war dies schon nicht mehr zu bezeichnen, an der Tür, ließ ihn erschrocken herumfahren. „Herein“, ließ er sich vernehmen und ließ die gefalteten Hände unter der Tunika verschwinden.

Die massive Holztür schwang nach beiden Seiten auf und seine Padawane stürmten herein. Nein, eigentlich war nur Lin’A aufgeregt, stellte er fest, E’Lin folgte dieser nur und machte dabei einen gegenteiligen Eindruck.

„Meister …“, rief Lin’A außer Atem, „wir haben eben jemanden aus dem Palast fliehen sehen.“

„Eigentlich floh die Person nicht, sie schien es nur etwas eilig zu haben“, kommentierte E’Lin.

Und wie es E’Lin nicht anders erwartet hatte, schenkte Meister-Kenobi wieder einmal nur Lin’A seine Aufmerksamkeit. Sie hatte nichts Anderes erwartet.

„Wer war es? Gerade eben, sagst du?“ Er legte seinem Padawan beide Hände auf die schmalen Schultern.

„Wir konnten sein Gesicht nicht sehen, aber wir glauben, dass es ein Mann war.“

„Ein Sith?“

Lin’A schüttelte den Kopf. „Ein Sith wäre sicherlich nicht geflohen, Meister.“

„Du hast völlig Recht“, stimmte er grüblerisch zu und die Erkenntnis, dass es sich dabei um Anakin gehandelt haben könnte, traf ihn wie ein Schlag. Langsam ließ er die Hände wieder sinken und trat einige Schritte zurück.

„Was ist mit Euch, Meister? Habt Ihr eine Vermutung?“

Oh ja! Wenn sie nur wüsste, wie Recht sie mit ihrer eigenen Annahme hatte. Vor seinem inneren Auge sah er sich selbst und Padmé, wie sie in ihrem großen Bett lagen und sich liebten. Weiters sah er die Tür einen Spalt aufgehen und seinen ehemaligen Padawan hineinblicken, der ihren Verrat mit ansah. Doch hätte er Anakins Gegenwart nicht spüren müssen? Andererseits hatte er alles um sich herum vergessen, als er mit Padmé vereint gewesen war. Es hatte nur sie und ihn gegeben.

Wie hatte er dies zulassen können? Wie hatte er derartig die Kontrolle über sein Handeln verlieren können, um sich von seinen Gefühlen leiten lassen?

„Was denkt Ihr, wer es war?“, fragte Lin’A weiter und blickte besorgt in das erschrockene Gesicht ihres Meisters. E’Lin stellte sich neben sie, wollte es ebenfalls wissen.

„Obi-Wan!“, erklang plötzlich eine weibliche Stimme von draußen im Hof.

Die drei wussten sofort, dass es sich damit um die Senatorin handelte. Sie begaben sich zu dem großen Fenster, vor dem Obi-Wan nur Minuten zuvor gestanden hatte.

Padmé stand unten, schirmte die Augen mit der linken Hand ab und blickte hinauf zu ihnen. Es erstaunte sie ein wenig die Padawane neben Obi-Wan stehen zu sehen, aber sie war bemüht es sich nicht anmerken zu lassen. „Meister-Kenobi“, sagte sie nun wieder förmlich. „Ich habe eben erfahren, dass Nisa verschwunden ist. Meine Bediensten sagten mir, dass sie vor einiger Zeit aufgebrochen ist, wohl um sich auf sie Suche nach Garen zu machen. Offenbar hält sie seinen Tod für unwahrscheinlich.“

Erst jetzt fiel Obi-Wan auf, dass er die letzten Stunden nicht einmal an Nisa gedacht hatte. Ebenso wenig an seine Padawane. Padmé hatte seine Gedanken ganz und gar eingenommen. „Wie kann sie ohne Bescheid zu sagen gehen? Und wenn sie nicht an seinen Tod glaubt, warum hat sie uns dies nicht erzählt?“

„Sie wollte Euch sicherlich keine falsche Hoffnung machen, Meister“, sagte Lin’A mit weicher Stimme.

„Ja, bestimmt wollte sie Euch in Ruhe lassen.“

Obi-Wan sah die Padawane einige Zeit an, dann wanderte sein Blick wieder hinab in den Hof. „Offenbar jagt eine schlechte Nachricht die andere“, sagte er und sprach damit Padmé an. Es gefiel im ganz und gar nicht, dass er in diesem Moment von seinen Padawanen flankiert war.

Padmé sah mit sichtlicher Anspannung auf. „Was meint ihr?“

Obi-Wans Blick glitt zunächst von Lin’A zu E’Lin und letztlich wieder hinab zu ihr. „Meine Padawane haben jemanden aus dem Palast flüchtigen sehen.“ Selbst von deutlich weiter oben vermochte Obi-Wan zu sehen, wie Padmé schluckte, als ihr jegliche Farbe aus dem zarten Gesicht wich. Er brauchte es nicht auszusprechen, sie hatte ebenfalls sofort Anakin in Vermutung. Jetzt konnten sie nur hoffen, dass sie sich irrten. Zum Wohle aller.
Der Auftraggeber by Steffi Raatz
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Nisa Amari steuerte das kleine Raumschiff, welches sie günstig hatte mieten können, in Richtung des großen Wüstenplaneten Tatooine, der auf ihrem Sichtschirm zusehends anschwoll. Was zunächst nur ein kleiner Fleck auf ihrem Monitor war, hatte sich in eine große rötlich, beige Kugel und schließlich zu einem imposanten Planeten gewandelt.

Sie wusste nicht recht, ob ihre Reise hierher von Erfolg gekrönt sein würde oder nicht, aber sie hoffte es. Seit sie von Garens vermeintlichem Tod erfahren hatte, hatte sie ein unbestimmtes Gefühl gehabt, dass der Jedi-Ritter noch am Leben sein könnte. Womöglich war es nur Wunschdenken. Wenn es jedoch nur eine einprozentige Chance gab, dass der Jedi noch am Leben war, so musste sie alles daran setzen ihn zu finden.

Sämtliche Spuren hatten sie schließlich hierher nach Tatooine geführt.

Die Kopfgeldjägerin drosselte das Tempo, als sie in die Stratosphäre des Planeten eintrat. Inzwischen füllte der Planet ihren gesamten Sichtschirm aus und es ließen sich Bergketten und Wüstenebenen ausmachen. Städte bildeten sich als nächstes, ließen den leblos wirkenden Planeten ein wenig lebendiger erscheinen.

Bis auf wenige hundert Meter ging sie hinunter und begann dann Hektar für Hektar die Landschaft zu scannen. Wäre Garen in der Nähe einer der Städte oder landwirtschaftlich genutzten Gegenden abgestürzt, so hätte sie unlängst davon erfahren. Aus diesem Grund fokussierte sie ihre Suche auf die Steppen, die Regionen wo niemand zu leben schien. Der Bordcomputer war gespeist mit den nötigen Parametern, die ihre Suche nach dem Jedi vereinfachen würde. Würde sie ihn mit bloßen Augen suchen, so würde es Monate, wenn nicht gar Jahre, dauern den Jedi zu finden.

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Zur selben Zeit saßen Obi-Wan und Padmé in einem der größeren Zimmer, die zur Unterkunft der Senatorin gehörten, und tranken Tee. Dem Jedi-Meister war es ganz und gar nicht danach, tatenlos herumzusitzen, doch er wusste, dass er noch nicht imstande war, ohne medizinische Versorgung von Naboo aufzubrechen. Und wohin hätte er auch gehen sollen? Er hatte nicht die geringste Ahnung, wo er Anakin suchen sollte. Und er wusste noch nicht einmal, ob es tatsächlich sein ehemaliger Padawan gewesen war, der so überstürzt den Palast verlassen hatte.

Padmé war ebenfalls in Gedanken versunken. Sie wusste, dass, wenn Anakin sie und Obi-Wan zusammen gesehen haben sollte, es für sie beide keine Möglichkeit gab in Ruhe über alles zu reden. Anakin war nicht der Typ Mann, mit dem man in Ruhe über solche Dinge sprechen konnte. Er würde sofort explodieren, sein Lichtschwert aktivieren und Obi-Wan zu einem Kampf herausfordern. Und das war etwas, was sie um jeden Preis verhindern wollte. Einen der beiden zu verlieren, würde sie nicht verkraften.

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Nisa hatte sich gerade eine der Nahrungsrationen warm gemacht, die vor ihrer Abreise gekauft hatte, und war dabei sie zu kosten, als ein unscheinbar wirkendes Lämpchen an der Navigation heftig zu blinken begann. Sofort war der Hunger vergessen und sie setzte sich in den Pilotensessel, um dem Blinken auf den Grund zu gehen.

Offenbar hatte der Computer gefunden, wonach sie ihn hatte suchen lassen. Garens Schiff, oder besser; was davon übrig war. Keine zehn Minuten später landete sie das Schiff nur wenige Meter vom Wrack entfernt, in dem sie hoffte Garen zu finden. Kaum, dass die Antriebsmotoren des Schiffes abgeschaltet waren, griff sie zum Medkit und verließ das kleine Raumschiff.

Sie atmete mehrmals tief ein und aus, während sie auf Garens Schiffswrack zuging. Ihr Herz schlug hämmernd gegen ihre Brust. Schließlich wusste sie nicht, was sie vorfinden würde. Sie versuchte sich einzureden, dass sie auf alles gefasst war, doch tief in ihrem Innern wusste sie, dass man auf gewisse Dinge nie vorbereitet sein konnte.

Um die Einstiegsluke öffnen zu können, musste sie einen nicht gerade geringen Kraftaufwand einsetzen. Das Metall hatte sich beim Aufprall stark verbogen und klemmte daher. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn, als die Luke endlich aufging und ihr Einlass gewährte. Überall lagen offene Leitungen und Wandverkleidungen herum. Aus aufgerissenen Rohren drang Dampf und nahm Nisa praktisch jede Sicht. Erst als sie die kleine Lampe aktivierte, die sie an ihrem Handgelenk trug, konnte sie wenigstens ein bisschen was erkennen.

Vorsichtig begann sie systematisch mit der Durchsuchung des Wracks, bis sie Garens Körper schließlich unweit der Pilotenkanzel fand. Er hatte offenbar versucht dem Brand zu entkommen, der dort entflammt war. Sie vermutete, dass beim Aufprall die Navigationskonsole explodiert war und alles im näheren Umfeld in Brand gesteckt hatte.

Sofort ging sie neben dem scheinbar leblosen Körper in die Knie, der mit dem Gesicht zum Boden vor ihr lag. „Garen“, sagte sie gleichermaßen fragend wie hoffend. „Könnt Ihr mich hören? Ich bin hier, um Euch zu helfen.“ Ein wenig unsicher drehte sie den Körper herum, so dass er schließlich auf dem Rücken lag. Sie erschrak, als sie sein Gesicht sah, das von Blut überströmt war, mehrere offene Wunden aufwies und zusätzlich Verbrennungen. Er musste an der Konsole gesessen haben, als sie explodiert war. Nisa nahm an, dass der Jedi bis zuletzt versucht hatte eine Notlandung einzuleiten, was ihm jedoch nicht mehr gelungen war.

„Garen …“ Sie versuchte es erneut, doch wieder zeigte er keine Reaktion. Sie legte ihren Zeige- und den Ringfinger auf die Halsschlagader des Mannes, um seinen Puls zu messen. Zuerst merkte sie absolut nichts, doch dann glaubte sie einen schwachen Puls zu fühlen.

Nisa kramte einige Augenblicke in dem Notfallkoffer und fand schließlich das gesuchte Medikament, das Garen ein wenig stabilisieren sollte. Sie injizierte ihm sofort eine Dosis, die auf sein Körpergewicht abgestimmt war und begann mit der Versorgung seiner offenen Wunden. Eine Schicht Bacta sollte eine Infektion der verbrannten Hautstellen verhindern, die beiden Platzwunden an Schläfe und unter dem linken Auge nähte sie mit laienhafter Professionalität und wusch schließlich sein Gesicht.

Sie sah sich auf dem Schiff um, suchte nach etwas, das ihr als Trage dienlich sein konnte, fand jedoch nichts. Nisa war sich jedoch nicht sicher, ob sie genug Kraft hatte, den Jedi auf den Schultern aus dem Wrack und hinüber zu ihrem Schiff tragen zu können. Zudem befürchtete sie, ihm zusätzlich zu schaden, wenn sie ihn zu sehr bewegte. Seine Wirbelsäule könnte schließlich verletzt sein. Sie kannte sich in medizinischen Dingen nicht genug aus, um die Werte des medizinischen Scanners deuten zu können. Lediglich den gebrochenen Arm und die starke Prellung des rechten Oberschenkels hatte sie erkannt. Ihr wurde auch etwas im Wirbelsäulenbereich angezeigt, aber was genau, das wusste sie nicht. Und sie wollte kein unnötiges Risiko eingehen.

Plötzlich stöhnte der Jedi und bewegte sich unmerklich. Nisa fiel ein Stein vom Herzen und sie setzte sich wieder zu dem Verletzten.

„Ich wusste, dass Ihr nicht so leicht unterzukriegen seid.“ Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen, wischte die Erschöpfung fort, die bis eben noch ihr Gesicht gezeichnet hatte. Seit ihrem Aufbruch von Naboo waren fast zwanzig Stunden vergangen. Zwanzig Stunden, in denen sie sich keine Ruhepause gegönnt hatte. „Wie fühlt Ihr Euch?“, wollte sie schließlich wissen.

„Als wäre ich mit dem Schiff abgestürzt“, kam es scherzhaft über schmerzverzerrte Lippen. Er versuchte sich aufzurichten und Nisa half ihm dabei, bis er schließlich halbwegs saß und sich dabei an sie lehnte. „Ich wurde angegriffen.“

„Wir dachten schon, dass Ihr uns verlassen hättet.“

„Warum seid Ihr dann hier?“, fragte Garen schwer atmend. Seine Brust fühlte sich an, als säße jemand darauf. Es fiel ihm schwer zu atmen.

„Ich wollte nicht daran glauben. Mein Instinkt hat mir gesagt, dass Ihr noch lebt. Und schließlich haben mich verschiedene Gerüchte hierhergeführt.“

„Wo ist hier?“ Garens Frage folgte ein Hustenanfall und er bereute sofort, nicht liegen geblieben zu sein.

„Hier trinkt etwas.“ Nisa hob ihm eine Metallflasche hin, die mit frischem Wasser gefüllt war. „Ihr seid auf Tatooine abgestürzt. Wisst Ihr das nicht mehr?“

„Ich wurde beim Übergang aus dem Hyperraum überrascht und abgeschossen. Ich wollte gerade die Schilde aktivieren, als mich der erste Schuss traf. Dann ging alles so schnell. Ich verlor die Kontrolle, die Navigationskonsole flog mir plötzlich um die Ohren und dann wurde alles schwarz.“

„Ihr wisst demnach nicht, wer Euch angegriffen hat?“, erkundigte sich Nisa.

Garen schüttelte langsam den Kopf.

„Wir müssen jetzt erst einmal hier raus. Mein Schiff steht keine fünfzig Meter von hier entfernt. Ich werde Euch zu einer Krankeneinrichtung bringen. Denkt Ihr, dass Ihr mit meiner Hilfe gehen könnt?“

„Ich versuche es“, gab Garen keuchend zurück, während er sich von Nisa auf die Beine helfen ließ.

Sie legte seinen rechten Arm um ihre Schulter. Erst jetzt merkte Garen, dass sein linker Arm gebrochen war. Der Schmerz nahm für den Bruchteil eines Augenblicks seine gesamte Wahrnehmung ein, doch dann versuchte er sich nicht mehr darauf zu konzentrieren und blendete den Schmerz aus, so gut es ging. Er ließ den Arm einfach hängen und achtete darauf ihn nirgendwo zu stoßen, als sie das Schiffwrack verließen.

Draußen traf den Jedi der nächste Schock. Die zwei Sonnen von Tatooine schienen erbarmungslos auf den Planeten herab, blendeten die beiden und sorgten für eine unbarmherzige Hitze. Zur Mittagszeit war es für nicht Einheimische meist ein Schock, sich auf dem Planeten zu bewegen.

Dadurch, dass Garen humpelte, kamen die zwei nur sehr langsam voran. Doch schließlich erreichten sie Nisas Schiff. Sofort legte sich der Jedi dankbar in eines der Betten, die die zwei Schlafkabinen anboten. Nisa brachte ihm etwas zu Essen und Trinken, dann begab sie sich in die Pilotenkanzel und aktivierte den Antrieb. Sobald sie in der Luft waren, schaltete sie den Comlink ein und nahm Kontakt mit Naboo auf, um Obi-Wan die gute Nachricht mitzuteilen, dass sie seinen Freund Garen zwar verletzt, aber lebendig gefunden hatte und dass sie optimistisch sei, dass er wieder voll und ganz genesen würde.

Im Med-Center angekommen erzählte Garen Nisa alles, was er über Anakin herausfinden konnte, ehe man ihn abgeschossen hatte. Er berichtete ihr, dass man ihn zusehends mit zweifelhaften Personen gesehen hatte und dass er scheinbar auch für Meister Yodas Verschwinden verantwortlich sei.

Nisa hörte ihm aufmerksam zu, um später Obi-Wan alles berichten zu können, solange Garen sich noch erholte. Schließlich fragte sie nach einem Bild und Garen zog ein kleines Datapadd hervor, auf dem ein Foto von Anakin gespeichert war. Als Nisa das jugendliche Gesicht sah, wich ihr jegliche Farbe aus dem Gesicht.

„Was habt Ihr?“, fragte Garen.

„Das ist er“, sagte Nisa. „Das ist der Mann, der mir den Auftrag gab, Obi-Wan zu töten.“ Sie starrte noch immer fassungslos das Bild an.

„Seid Ihr Euch vollkommen sicher?“

Sprachlos nickte Nisa. Offenbar war alles noch viel schlimmer, als Obi-Wan es zunächst angenommen hatte. Was hatte es zu bedeuten, wenn ein ehemaliger Padawan einen Auftragskiller engagierte, um seinen einstigen Meister ermorden zu lassen? Die Antwort auf diese Frage wollte sie lieber nicht bekommen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken und sie wusste, dass sie Obi-Wan persönlich die furchtbare Neuigkeit würde überbringen müssen.
Der Informant by Steffi Raatz
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Obi-Wan hatte sich selten so einsam gefühlt. Seine Finger glitten unter seine Tunika, wo sich sein Lichtschwert befand. Es zu berühren und es in seiner Nähe zu wissen, gab ihm ein wenig Sicherheit für sein Vorhaben.

"Coruscant hat uns Landeerlaubnis gegeben", erklärte Rag Dagbar, Pilot des kleinen Raumschiffes und seines Zeichens Mandalorianer. Obi-Wan konnte sich glücklich schätzen, dass der Mandalorianer sich bereit erklärt hatte, ihn mitzunehmen. Die kriegerische Rasse der Mandalorianer war nicht unbedingt gut auf die Jedi zu sprechen, nachdem vor langen Jahren der Kampf gegen die Sith fast erfolglos verlaufen wäre. Er konnte sich an alte Geschichten erinnern, die ihm Qui-Gon erzählt hatte. So alt wie die Republik und noch viel älter. Aber das war momentan eher sein geringstes Problem. Tatsache war, dass er sich davongestohlen hatte, ohne jemanden darüber in Kenntnis zu setzen. Hinter Padmés Rücken hatte er begonnen Informanten zu kontaktieren, die ihm helfen sollten, Anakin zu finden und ihm Informationen zu liefern, wer ein falsches Spiel mit den Jedi spielte und unter anderem Mace Windu auf dem Gewissen hatte. Zudem wunderte sich Obi-Wan einmal mehr, dass Count Dooku immer noch nicht in Erscheinung getreten war. Das schloss aus, dass er die Finger im Spiel hatte, denn Dooku genoss es, wenn man wusste, dass er an etwas beteiligt war.

Mit seiner Reise nach Coruscant, so gefährlich sie sein mochte, erhoffte der Jedi, herauszufinden, was genau vor sich ging. Und wenn es sein Leben kosten würde, er musste es wissen, um seine Freunde und alle, die er liebte, zu schützen.

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Nisa stand etwas abseits von Garen und betrachtete ihn nachdenklich. Ihre Finger ruhten auf der Kommunikationszentrale der Konsole und waren bereit, Naboo anzuwählen, wäre da nicht der untrügliche Gedanke gewesen, sie könne damit alles noch schlimmer machen als es schon war. Was, wenn der Jedi wusste, wer ihn töten wollte? War er imstande seinen eigenen Schüler zu töten? Nisa kannte Obi-Wan nicht sonderlich gut, lediglich aus der Zeit ihres kurzen Bündnisses konnte sie Schlüsse ziehen, aber diese ließen in ihren Augen keinerlei Zweifel zu. Er würde es nicht können.

Nisa seufzte und schloss kurz die Augen. Wie war sie nur in diese Geschichte hineingeraten? Sie hatte schon so vieles erlebt, hatte sich selbst so manches Mal in verfahrene Situationen katapultiert. Doch das hier war die Krönung. Zynisch bleckte sie die Zähne. Ja seit wann kämpfte sie denn auf der guten Seite? Seit wann auf überhaupt einer, wenn nicht ihrer eigenen?

Dieser verfluchte Jedi und seine Gefolgschaft. Ihr Verstand schien dauerumnebelt. Anders konnte sie sich nicht erklären, dass sie plötzlich mithelfen wollte den galaktischen Frieden zu sichern. Krieg und Hass waren ihr Geschäft. Was, wenn es das nicht mehr geben würde? Sie wäre arbeitslos.

"Dann kannst du immer noch als Palastwache arbeiten", konterte eine Stimme aus dem Heck des Raumschiffes.

Nisa konzentrierte sich wieder auf Garen und zog die Augenbrauen hoch. Hatte sie etwa laut gedacht?

"Ich vergesse mich langsam, wenn ich jetzt schon laut meine Gedanken ausspreche ...", fluchte sie und nahm auf dem Pilotenstuhl Platz.

"Gib auf, es zu leugnen. Du gehörst nicht zu den Bösen."

"Soll ich dafür den Göttern danken? Garen Muln, ich kann so etwas derzeit nicht gebrauchen. Gestrandeter Jedi, Pilot ... was bist du eigentlich?" Sie sah ihn aufmerksam an und spürte, dass sie einen Nerv getroffen hatte.

"Jedi ist man immer irgendwie, wenn man der Riege mal angehört hat. Die Fähigkeiten lassen sich nicht mehr abschalten. Das Gewissen schon." Garen zuckte matt mit den Schultern und verzog das Gesicht, als eine Schmerzwelle ihn überrollte.

"Ah ja, aber ein gewissenloser Jedi ist doch ein Sith, oder nicht?"

"Nisa, ich bin kein Sith ... ich bin ... gestrandet. Als ich mich entscheiden musste, habe ich mich für das Leben entschieden. Und mein Leben war es, Pilot zu sein." Garen legte den Kopf wieder zurück und schloss die Augen.

Nisa legte ihre Füße auf die Steuerkonsole und betrachtete ihre Finger. "Ich frage mich, warum die Galaxie denkt, Jedi wären unfehlbare Wesen. Die einzigen Jedi, die ich bisher kennengelernt habe, sind ein eifersüchtiger Junge, ein verliebter Mann, der seine Gefühle leugnet, eine Jugendliche, die von Rache beseelt ist und einen Jedi, der lieber Pilot ist, als die Welt zu retten. Wow!"

"Spar dir deinen Zynismus, Nisa! Wenn die Sith wieder an die Macht gelangen sollten, wirst auch du es nicht einfach haben."

"Bla, bla …“, murmelte sie als Antwort, konnte jedoch nicht umhin, ihm insgeheim Recht zu geben.

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Obi-Wans eigentlicher Zielort lag ein ganzes Stück entfernt von Galactic City. Genauer genommen einige hundert Meter weiter unten. Coruscants Bevölkerungsschichten wohnten nicht in unterschiedlichen Behausungen, nein, auf Coruscant kam es darauf an, in welcher Höhe man wohnte. Je tiefer man gelangte, desto niedriger wurden die Verdienstraten, desto größer wurden Elend und Abschaum. Doch hier fanden sich auch die besten Bars und Spielhöllen.

Nicht, dass Obi-Wan zum Spielen oder Trinken hier war, aber diese Lokalitäten brachten die nötige Anonymität für das Treffen mit seinem Informanten.

Hätte Padmé gewusst, dass er hinter ihrem Rücken Kontakt zu Boba Fett aufgenommen hatte, sie hätte ihn von seinem Vorhaben abzubringen versucht, oder sie hätte mitgewollt. Er schüttelte kurz den Kopf. Beides hatte er nicht zulassen können, so sehr ihm missfiel, dass er sie insgeheim hinterging.

Wie tief war er eigentlich schon gesunken?

Während er aus dem kleinen Raumschiff des Mandalorianers stieg und sich mit einem großzügigen Trinkgeld bedankte, wanderte sein Blick bereits über die Skyline von Coruscant. Galactic City erstrahlte in hellem Glanz. Auf den goldenen Türmen spiegelte sich das Licht der untergehenden Sonne. Die kunstvollen Brücken und gewölbten Solarien wirkten spektakulär. Obi-Wans Blick verfing sich für einen kurzen Augenblick an einer Häuserfassade. Sie gehörte zu dem Gebäude, in dem er Padmé nach langer Zeit wiedergesehen hatte - kurz vor Anakins und ihrer heimlichen Hochzeit.

Er erinnerte sich an ihr wallendes lockiges Haar und wie zierlich und wunderbar sie in ihrem Nachtkleid ausgesehen hatte, kurz bevor er aus dem Fenster gesprungen war, um die Drohne zu fangen, die Padmé fast das Leben gekostet hätte.

Ihm wurde klar, dass er die Senatorin schon lange liebte. Im Grunde seit jenem Augenblick, als sie sich im Wald von Naboo den Gungans als Königin offenbart hatte. Die Königin, die sich als ihre Dienerin ausgab und selber mit Hand anlegte. Selber kämpfte und etwas tat, statt sich in ihrer Position zu sonnen und beschützen zu lassen. Sie war jung, aber ehrgeizig und voller Idealismus. Obi-Wan hatte sie bewundernd angesehen und gelächelt. In diesem Augenblick war es um ihn geschehen gewesen.

Nicht, dass er sich das erste Mal verliebt hatte, aber es war nie mit einer derartigen Intensität gewesen.

Damals auf Naboo waren sie jung gewesen - zu jung.

Obi-Wan hatte geglaubt, er würde diese Liebe überwinden. Er würde in ihrer Abwesenheit zurück zu sich finden. Und ja, es hatte so gewirkt. Doch in jenem Augenblick, als sie sich wieder gegenübergestanden hatten, waren die Gefühle zurückgekehrt - mit aller Wucht – und mächtiger als je zuvor.
Und nun? Er hatte sie ausgelebt. Hatte seinen Gefühlen das erste Mal im Leben nachgegeben und es hatte ihn an einen Punkt geführt, an dem er sein gesamtes Leben neu überdachte.

Hatte er Anakin all die Jahre Unrecht getan?

Obi-Wan schüttelte seine Schuldgefühle ab und sah hinüber zu den kleinen Raumgleitern. Er hasste das Fliegen, aber was sein musste, musste sein.

In Kürze würde er sich mit Boba Fett treffen, den er als kleinen Jungen kennengelernt hatte und der dank des Klonvorganges enorm gewachsen war. Nicht wie die üblichen Klone, die bereits erwachsene Männer waren, dennoch war Boba Fett ein Jugendlicher, der allem Anschein nach in die Fußstapfen seines Vaters treten wollte. Obi-Wan würde in Kürze wissen, ob er in eine Falle laufen würde oder ob der junge Boba tatsächlich Informationen für ihn hatte.

Er schwang sich in einen der Raumgleiter und startete den Motor.

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Padmé trat an ihren Schreibtisch heran und aktivierte den blinkenden Comlink, der ihr eine wartende eingehende Verbindung anzeigte. Ein kleines blaues Feld erschien auf ihrem Schreibtisch und projizierte das verkleinerte Abbild von Nisa Amari. Ein wenig erstaunt zog die Senatorin die Augenbrauen hoch.

"Senatorin Amidala, bitte teilen Sie Obi-Wan mit, dass ich Garen lebend gefunden habe. Er ist in einem akzeptablen Zustand und wir werden in Kürze nach Naboo zurückkehren."

"Garen lebt?" Padmé's Lippen formten sich zu einem erleichterten Lächeln.

"Ja und ich konnte in Erfahrung bringen, wer mein Auftraggeber ist. Aber das ist etwas, was ich Obi-Wan lieber selber mitteilen möchte."

"Kann ich ..." Padmé verstummte und sah zur Tür, die just in diesem Augenblick aufgestoßen wurde.

Die Zwillinge stürmten in den Arbeitsraum der Senatorin und schienen völlig außer Atem. Während E'Lin verärgert aussah, konnte sie in den Augen von Lin'A große Besorgnis lesen. Irgendwas ließ Padmés Inneres beim Anblick der beiden jungen Frauen in Aufruhr geraten.

"Meister Kenobi ist verschwunden!", platzte es aus E'Lin heraus.

Padmé konnte neben Wut auch Angst in der Aura der jungen Padawan wahrnehmen.

"Verschwunden?", tönte Nisas Holostimme verwirrt.

Padmé wirkte erstaunlich ruhig. Es fühlte sich fast an, als hätte sie es geahnt. "Ich hätte es wissen müssen ...", flüsterte sie und lehnte sich nachdenklich zurück.

"Was machen wir denn jetzt?" E'Lin wirkte aufgelöst.

"Garen hat mir gerade mitgeteilt, dass er ahnt, wo Obi-Wan zu finden ist." Nisa sah hinter sich und wieder zurück auf den Projektor, als habe sie mit jemandem hinter sich gesprochen.

Padmé fragte sich für einen kurzen Augenblick, ob sie überhaupt wissen wollte, wo er war. So sehr sie sich Sorgen machen würde. Obi-Wan tat nichts Unüberlegtes. Und dann wieder erinnerte sie sich an den Augenblick, als sie sich einander hingegeben hatten.

"Wo ist er!", platzte es aus ihr heraus, während sie mit dem Oberkörper nach vorne schnellte.
Tod dem Jedi by Steffi Raatz
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Lin'A und E'Lin sahen einander an. Nie waren sie sich wirklich einig gewesen, außer wenn es um ihren Meister ging. Obi-Wan hatte erreicht, dass die beiden jungen Frauen sich einmal im Leben einig waren, auch wenn er nicht anwesend war.
"Wir werden nach Coruscant reisen und ihn suchen."
"Werdet ihr nicht. Obi-Wan würde nicht wollen, dass ihr euch in diese Gefahr begebt!", Padmé schüttelte den Kopf und starrte noch immer auf das Hologram von Nisa.
"Lasst sie gehen", erklang deren Stimme, "die beiden sind keine Kinder mehr. Und welche Macht sie haben, habt Ihr selbst gesehen."
Die Stirn der Senatorin wurde kraus, während sie abwog, ob sie die beiden gehen lassen sollte oder lieber davon abhalten.
Schließlich nickte sie matt: "Geht! Wenn ich euch bitten würde, nicht zu gehen, würdet ihr es ja doch nicht machen."
E'Lin und ihre Schwester sahen die Senatorin einen Augenblick bekümmert an, dann machten sie auf dem Absatz kehrt und verschwanden.
"Garen und ich werden ebenfalls nach Coruscant reisen. Wenn wir Glück haben, sind wir vor den beiden da. Glaubt mir, Padmé, Obi-Wan wird sich nicht unnütz in Gefahr begeben. Wir melden uns in Kürze."
Padmé sah das Hologram verschwinden und lehnte sich zurück. Ihr Blick ging aus dem großen Fenster, welches auf eine große Parkanlage ausgerichtet war, doch sie sah die Schönheit der Natur nicht. Ihre Gedanken kreisten um Obi-Wan. Nisa kannte ihn nicht so gut wie sie. Er neigte durchaus dazu sich in Gefahr zu bringen. Anakin hatte ihr so oft davon erzählt, wie er seinen Meister hatte retten müssen, sie konnte es nicht mehr an einer Hand abzählen. Alles was ihr blieb, war die Hoffnung. Sie betete, dass Obi-Wan nichts unüberlegtes tat.


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Nisa drehte sich zu Garen um, nachdem das Gespräch mit der Senatorin beendet war.
"Glaubst du wirklich, es war richtig, die Zwillinge hinter Obi-Wan her zu schicken?"
"Sie wären so oder so gegangen", kam die ernüchternde Antwort von Garen. "So wissen wir wenigstens wo sie sind. Und wenn wir uns beeilen, können wir vielleicht vor ihnen da sein."
"Und du bist dir sicher, dass sich Obi-Wan auf Coruscant in dieser Bar aufhalten wird?" Nisa wirkte skeptisch.
"Wenn man auf Coruscant irgendwo Informationen bekommt, dann dort. Er wird sich sicher mit jemandem treffen. Ohne Grund begibt er sich nicht an einen solchen Ort. Und ich bin mir sicher, dass er dort ist."
Garen wirkte sehr überzeugt, so dass Nisa jegliche Frage dahin gehend unterließ.
"Bist du denn wirklich fit genug mitzukommen?"
Garen lachte kurz auf und fasste sich an seine schmerzende Schulter. "Bleibt mir was anderes übrig? Es wird schon gehen."
Nisa zog die Augenbrauen hoch und drehte sich wieder zur Steuerkonsole um: "Wie du meinst." Dann programmierte sie den Kurs nach Coruscant ein und startete die Maschine.

+++

Obi-Wan ließ den kleinen Raumgleiter sanft auf einer Haltefläche nieder gehen und stoppte die Maschine. Ein kurzer Blick in den Rückspiegel zeigte ihm, dass er nur wenige Meter von der Bar entfernt war, in der er sich mit Boba Fett treffen wollte. Er war schon einmal hier gewesen, damals, als Zam Weezel ein Attentat auf Padmé ausgeführt hatte. Jango Fett hatte seinerzeit den Auftrag dafür gegeben. Und nun traf er sich mit dessen Sohn. Eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet er ihm weiterhelfen konnte?
Obi-Wan kletterte aus seinem Gefährt und kontrollierte noch einmal den Sitz seines Lichtschwertes unter seinem Mantel. Mit einem mechanischen Handgriff, zog er seine Tunika glatt und setzte sich in Bewegung.
Neonlichter spiegelten sich in Pfützen wieder, tanzten wie der Regenbogen in allen Farben. Laute Musik und Gelächter erfüllten die Luft. Der Jedi sah hinauf zu der Laufschrift und atmete noch einmal tief durch.
Er war nicht gesund und ein Angriff aus dem Hinterhalt war möglich. Er konnte nicht sichergehen, dass er in der Lage sein würde, sich ausreichend zur Wehr zu setzen. Hier konnte sein Leben ein Ende finden. War er wirklich bereit, diesen Schritt zu gehen?
Er schloß kurz die Augen.
Wenn Boba Fett wirklich die Informationen hatte, die er schon so lange suchte und die den Jedi-Rat retten konnten, dann würde er diesen Schritt wagen. Er konnte nicht riskieren, dass weitere Jedi starben, weil er diese Chance nicht wahrnahm.
Obi-Wan streckte seinen Rücken durch, ignorierte den Schmerz in seiner Seite und betrat erhobenen Hauptes die Bar.

Boba Fett saß an einem der hinteren Tische. Er war gewachsen. Obi-Wan erinnerte sich daran, wie er ihn in der Arena gesehen hatte. Nun hatte er einen jungen Mann vor sich, der vielleicht 17 Jahre alt war. Kurz ließ er einen Blick über die anderen Gäste schweifen, ehe er sich quer durch den Raum auf seinen Informanten zu bewegte.
Mit einem kurzen Nicken nahm er ebenfalls an dem Tisch Platz und zauberte aus seiner Tunika einen kleinen Beutel mit Kristallen.
"Wie ich sehe, habt Ihr vor in die Fußstapfen Eures Vaters zu treten." Obi-Wan deutete auf den geflickten Helm seines Vaters, der auf der Bank neben Boba Fett lag.
"Ich bin sein genetisches Ebenbild. Das Schicksal hat es mir so vorbestimmt."
Der angehende Kopfgeldjäger ließ sich nicht weiter auf das Gespräch ein, sondern griff nach dem Beutel mit Kristallen und sah hinein.
"Und die sind tatsächlich echt?"
"Ich bin nicht hergekommen, um Sie zu betrügen. Also Fett, welche Informationen haben Sie für mich." Obi-Wan sah kurz zur Tür und gab seinen Gegenüber Druck. Je länger er an diesem Ort verweilen würde, desto gefährlicher wurde es.
Der junge Mann nickte kurz, brummte etwas unverständliches und reichte dann dem Jedi einen Zettel, den dieser für einen kurzen Augenblick nur ansah.
Als er ihn dann griff und öffnen wollte, sprang sein Gegenüber plötzlich auf die Bank, auf der er eben noch gesessen hatte und zog eine Waffe. Obi-Wan ließ den Zettel in seiner Tunika verschwinden und wirbelte herum.
Vier bewaffnete Männer, zielten auf ihren Tisch. Der Jedi tastete nach seinem Lichtschwert und aktivierte es noch während er es hervorzog.
Während auch er aufsprang und in Kampfstellung ging, spürte er seine Wunde erneut höllisch brennen. Doch es nützte nichts. Er musste sich diesem Kampf stellen.
Obwohl Obi-Wan ausschloss, dass Verhandlungen etwas gebracht hätten, wäre er gern das Risiko eingegangen, doch Boba Fett feuerte bereits den ersten Schuss ab und brachte damit eine Salve von Rückschüssen in Gang, der Boba nur mit einem Hechtsprung aus der Schussbahn entgehen konnte. Obi-Wan hingegen versuchte mit seinem Lichtschwert die Schüsse zu parieren, was ihm augenblicklich noch einigermaßen gelang.
Im nächsten Moment jedoch waren es zu viele Schüsse. Während Boba sich in Sicherheit gebracht hatte und aus der Deckung heraus schoss, hatte Obi-Wan damit zu kämpfen, die Vielzahl von Blasterschüssen zu parieren.
Seine Wunde schmerzte immer mehr und Schweiß machte sich auf seiner Stirn breit. Er war definitiv nicht in Form.
Mit einem Zischen griff er sich an die Schulter und sah einen dünnen Blutfaden über seine Tunika laufen. Ein Streifschuss hatte ihn offensichtlich erwischt.
"Haaaa!"
Er sah auf, als ein wilder Schrei erklang und blinzelte. Sah und hörte er richtig?
Zwei junge Frauen, ausgerüstet mit Laserschwertern und Blastern stürzten sich auf seine Gegner.
E'Lin und Lin'A stürmten förmlich in den Raum.
Während Lin'A auf traditionelle Jediart angriff, stürzte sich E'Lin mit Kampfgeschrei und gezücktem Blaster auf die vier Männer.
Obi-Wan holte tief Luft und hielt sich kurz seine schmerzende Seite, dann griff auch er an.

+++


Außer Atem und mit Schmerzen lehnte sich Obi-Wan an die Bar. Sein Herz raste.
"Was zur Hölle habt Ihr Euch dabei gedacht?"
E'Lin zwinkerte verschmitzt und steckte ihr Lichtschwert ein. "Wir haben Euch das Leben gerettet."
Er lachte kurz auf und schüttelte dabei den Kopf. Egal wie, im Grunde war er den Zwillingen dankbar. Er war sich sicher, dass sie ihm das Leben gerettet hatten.
"Macht so etwas nie wieder, ohne meine Erlaubnis."
"Wir hatten die Genehmigung von Senatorin Amidala", erklärte Lin'A mehr beiläufig.
Obi-Wan zog die Augenbrauen hoch. "Dann werde ich wohl mit ihr ein ernstes Wörtchen reden müssen."
"Habt Ihr wenigstens erfahren können, was Ihr wolltet?" E'Lin deutete auf Boba Fett, der die vier Leichen durchsuchte.
"Mh", er tastete nach dem Zettel in seiner Tunika, doch in diesem Augenblick betraten Garen und Nisa den Raum und der Hinweis war für den Moment wieder vergessen.
"Garen!" Obi-Wan stieß sich von der Bar ab und bewegte sich zu dem ebenfalls verletzen Jedi.
"Unkraut vergeht nicht!", lachte dieser und schloss seinen Freund in die Arme.
"Kopfgeldjäger!", ertönte Boba Fett's Stimme im Hintergrund.
"Du musst aber beliebt sein!", scherzte Garen und klopfte seinem Freund auf die Schulter.
"Lass uns eine Passage nach Naboo suchen." Obi-Wan wollte nur noch nach Hause und das war augenblicklich Naboo... bei Padmé.

+++

Es war dunkel im Raum. Padmé stand am Fenster und wartete auf eine Nachricht von Nisa. Ihre Gedanken kreisten zum xten Male um das, was geschehen war und ihr Leben an einen Punkt gebracht hatte, an dem sie nicht wusste, wie es weitergehen sollte. Obi-Wan oder Anakin. Ihr Herz war voller Liebe und Sehnsucht und dennoch zerrissen.
"Du scheinst mich nicht vermisst zu haben."
Die Senatorin drehte sich erschrocken herum und sah in die Dunkelheit des Raumes. Ein Schatten stand in der Tür.
"Anakin!"
Tiefer Hass by Steffi Raatz
++++

"Ja, wir sollten schnellstmöglich nach Naboo reisen. Mein Raumschiff ist nicht weit entfernt." Nisa zog Garen am Arm.
"Nisa", Obi-Wan hielt sie fest, "gibt es etwas, was du mir sagen solltest?"
"Jedi, ich mag es nicht, wenn du in mir liest!", erwiderte sie und löste sich aus seinem Griff.
"Ich lese nicht in dir, das brauche ich gar nicht. Es ist offensichtlich."
"Anakin hat ihr den Auftrag gegeben, dich zu ermorden", unterbrach Garen die Diskussion.
Für einen Sekundenbruchteil erstarrte der Jedi-Meister und nickte dann seinem Freund zu.
"Gehen wir!" Obi-Wan's Stimme klang erkaltet.
Wenn Anakin wirklich seinen Tod wollte, dann war auch Padmé in Gefahr. Er musste sie schützen.
Den Schmerz im Inneren, seine Bruderliebe, die er Anakin gegenüber empfand, erlosch.
Zurück blieb eine bittere Leere.


++++

"Du bist zurück!" Padmé sah ihren Mann voller Angst an. Nicht, dass sie sich nicht über seine Rückkehr gefreut hätte, aber die Dinge hatten sich geändert.
Er hatte sie verlassen. Sie hatte ihn suchen lassen und war dabei ihren wahren Gefühlen erlegen. Sie wusste, er würde es nie im Leben verstehen. Schon immer hatte er einen Konkurrenzkampf mit seinem Meister geführt. Immer wieder hatte sie ihm gesagt, dass er ihr nichts beweisen müsse, dass er sich und Obi-Wan nichts beweisen müsse. Doch er hatte ihr nicht geglaubt. Hatte ihr sogar unterstellt, sie würde seinen Meister lieber mögen, als ihn selbst.
Und ja, als sie Königin von Naboo gewesen war, da hatte sie für den jungen Padawan Obi-Wan geschwärmt, sich heimlich ausgemacht, wie es sein würde, in seinen Armen zu liegen. Doch der Altersunterschied war enorm gewesen. Enorm für ihr Alter. Nur Jahre später hatte diese Differenz keine Rolle mehr gespielt. Obi-Wan war Ende Dreizig, sie Ende Zwanzig. Diese Differenz war jetzt nicht mehr relevant. Sie hatte auch keine Rolle bei ihrer Hochzeit mit Anakin gespielt. Immerhin waren zwischen ihnen auch mehrere Jahre Unterschied. Anakin war Anfang Zwanzig.
Aber sie hatte seinerzeit Anakin gewählt und nicht Obi-Wan, weil sie Anakin für leidenschaftlicher hielt und fähiger ihre Liebe zu erwidern. Obi-Wan lebte nach den Regeln. Regeln, die ihm Liebe verboten.
Doch sie alle hatten sich verändert. Sie, Anakin und Obi-Wan. Sie waren reifer geworden und zugleich in unterschiedliche Richtungen gedriftet. Während Anakin nur noch sich selbst kannte, hatte Obi-Wan gelernt, sich seine Gefühle einzugestehen. Und Padmé war sich sicher. Obi-Wan war dadurch ein besserer Jedi geworden, als er es je zuvor gewesen war.
Verstand Anakin nicht, dass er sie in Obi-Wan's Arme getrieben hatte?
Nein. Und er würde es auchnie verstehen.
"Ja, ich bin wieder zu Hause. Du siehst wenig begeistert aus! Störe ich dein trautes Zusammensein mit Obi-Wan?" Anakin trat ins Licht und Padmé konnte seinen verärgerten Blick sehen. Ein Ausdruck in seinen Augen, der die junge Frau erschaudern ließ.

+++

Das kleine Raumschiff von Nisa landete sanft im Raumhafen von Naboo.
Die Sonne schien und trotzte der Stimmung, die sich in der kleinen Gruppe breit gemacht hatte.
Während Obi-Wan wie mechanisch die Rampe hinunter ging und auf eines der kleinen Shuttles zusteuerte, die für den Transport zum königlichen Palast bereit standen, sahen Nisa und Garen einander nur an.
"Deshalb wollte ich es ihm nicht sagen!"
"Er musste es erfahren!", wiederholte Garen zum xten Male.
"Es war richtig", schaltete sich Lin'A ein, "es ändert doch alles!"
Nisa hievte ihre Tasche über die Schulter und sah die beiden nochmals an. "Ich halte es für einen Fehler!" Dann folgte sie Obi-Wan zu den Shuttles.
"Vielleicht hat sie Recht", murmelte E'Lin und folgte ihr.
Ihre Schwester sah Garen an. Verzweiflung stand in ihrem Gesicht geschrieben.

+++

Obi-Wan betrat die Gemächer von Padmé mit Vorsicht. Es war, als ob er genau wusste, was geschehen war. Mit einem geübten Griff löste er seinen Umhang und warf ihn achtlos zur Seite. Wenn sich das bewahrheitete, was er ahnte, dann würde er Bewegungsfreiheit brauchen.
Der Rest des Trupps, der mit ihm gereist war, eilte bereits seit der Ankunft am Palast hinter ihm her. Und als die Tür sich öffnete und Lin'A, ihre Schwester und der Rest den Raum betraten, sahen sie nur noch den Umhang des Jedi-Meisters.
"Was hat er vor? Was geht hier vor?", Nisa sah von einem zum anderen.
"Anakin ist hier!", erwiderte Garen. Seine Sinne waren vielleicht nicht mehr so geschult, aber er konnte die Emotionen von Obi-Wan auffangen, die von Angst und Wut beherrscht wurden.
"Ich spüre tiefen Hass!", erklärte Lin'A und sah besorgt ihre Schwester an.
"Obi-Wan?"
"Nein", erwiderte Lin'A, die empfindsamere von beiden, "es muss jemand anderes sein."

+++

Er betrat den weitläufigen Balkon und sah hinüber zur Treppe, die hinunter in den Garten führte. Sein Gespür hatte ihm bereits verraten, dass sein ehemaliger Padawan da war.
"Hallo Meister!", voller Hohn erklang die Stimme des jungen Mannes, in dessen Gesicht Hass geschrieben stand.
"Das war einmal, Anakin. Diese Position hast du verspielt!"
Obi-Wan's Blick wanderte zu Padmé, die an der Brüstung stand und ihn verzweifelt ansah.
"Ihr solltet Euch an Eure eigene Nase fassen, Obi-Wan. Ein Jedi darf nicht Lieben... waren das nicht Eure Grundsätze?"
"Gegen die habe ich bereits verstoßen, als ich dich begann wie einen Bruder zu lieben. Du warst mir wichtig, Anakin."
Anakin zückte sein Lichtschwert und kniff die Augen zusammen: "Deshalb habt Ihr mir Padmé nicht gegönnt und sie mir weggenommen, ja?!"
Obi-Wan schloss kurz die Augen. "Ich habe sie dir nicht genommen, Anakin. Du hast sie von dir gestoßen!"
"Ihr habt schon immer einen Konkurrenten in mir gesehen, weil ich in allem besser bin! Deshalb habt Ihr mir auch die Frau weggenommen! Glaubt ja nicht, dass ich Eure Lügen glaube, Obi-Wan!"
Mit einem großen Schritt kam der junge Mann auf den Jedi-Meister zu und richtete sein Lichtschwert auf ihn.
"Obi-Wan!", Garen's Stimmer erklang hinter ihm und die beiden Zwillinge E'Lin und Lin'A gingen bereits in Position, um einzugreifen. Doch Obi-Wan hob seine Hand und gewährte ihnen Einhalt.
"Ruhe über Zorn. Ehre über Hass. Stärke über Angst." Obi-Wan zog sein Lichtschwert. "Auch ich habe diese Regeln lernen müssen. Sie sind die Grundregeln, Anakin. Und nur wer sie beherrscht, kann zu einem wahren Jedi-Meister werden. Nur wer diese Regeln befolgt, ist stark und mächtig."
"Und Ihr seid das, ja?", spöttisch setzte der junge Jedi zum ersten Schlag aus.
"Ich war einmal so wie du Anakin. Voller Angst und unkontrolliertem Zorn. Doch durch meinen Meister habe ich gelernt, diese Gefühle zu kontrollieren. Du hast es nie gewollt, Anakin, nicht wahr? Du fühlst dich durch deinen Zorn und deinen Hass stark und unbezwingbar. Doch das wird dich irgendwann umbringen."
"Und Ihr wollt derjenige sein, der es vollbringt?" Hass schwang in seiner Stimme mit.
"Nein, das will ich nicht." Obi-Wan hatte das Gefühl gegen eine Wand zu reden. Er parierte den recht harmlosen ersten Schlag und bereitete sich darauf vor, weitere Schläge abzuwehren.
"Lassen wir das Lichtschwert entscheiden, ob Ihr Recht habt, Meister!", spottete Anakin und startete den Kampf.
Obi-Wan schloß für eine Sekunde die Augen und atmete tief durch, dann parierte er erneut und ließ sich auf einen bitteren Kampf mit seinem ehemaligen Schüler ein.
Er war verletzt, aber er kannte Anakin. So stark und fähig er auch war, sein Hass ließ ihn mit Sicherheit Fehler machen. Fehler, die Obi-Wan ausnutzen musste.
Nun war es also soweit. Er kämpfte gegen den Auserwählten, gegen denjenigen, für den Qui-Gon alle Regeln hatte brechen wollen.
Gut, dass sein toter Meister das nicht mehr erleben musste.
Schwere Entscheidungen by Steffi Raatz
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Ein brennender Schmerz durchfuhr Obi-Wans Arm, als dieser von der glühenden Klinge des Lichtschwertes von Anakin gestreift wurde. In letzter Sekunde hatte er ausweichen können und hielt sich nun an der Brüstung des großen Balkons fest. Anakin war stark. Er hatte ihn eindeutig unterschätzt. Irgendetwas war passiert. Irgendwer hatte Anakin gelehrt, seinen Zorn mit der Macht zu nutzen und sein alter Meister wusste, was das bedeutete. Sein ehemaliger Schüler war bei einem Sithmeister in Lehre gegangen.

Obi-Wans Hand schnellte hoch, parierte den Angriff und richtete sich wieder auf und machte sich gerade. Sein Blick verdunkelte sich. Er hatte sich lange genug an die Regeln gehalten. Es war Zeit den Ratschlag seines Meisters Qui-Gon zu beherzigen.

++++

Lin'A schloss die Augen und fand Halt suchend den Arm von Garen. Ihre Schwester, die ihren Schwächeanfall sofort registrierte, stützte sie unter den Armen und sah besorgt zu Garen.
"Er hat eine Entscheidung getroffen", kam es nüchtern von Nisa und richtete alle Blicke auf sich.
"Ich kann es nicht so spüren wie ihr, aber ich sehe es. Es ist so, als würde ich mein Spiegelbild ansehen. Diesen Blick, die Haltung. Das alles ist mir sehr vertraut."
E'Lin strich ihrer Schwester über die Haare und spürte zornige Tränen in ihren Augen. Warum passierte das alles? Warum ihnen? Warum Obi-Wan? Was konnte ihre Schwester dafür. Warum musste sie darunter leiden?
Garen sah von den beiden jungen Frauen zu Nisa und auch sein Blick verriet Schmerz.
"Warum tut er das?"
"Weil er muss!" Ihr Blick ruhte weiterhin auf Obi-Wan. Nüchtern. Verstehend.

+++

"Es wird der Tag kommen, Junge, da wirst du die Regeln außer Kraft setzen müssen. Es wird kein einfacher Schritt sein, gegebenenfalls sogar einer ohne Rückkehr. Aber dieser Schritt wird notwendig werden. Vertraue der Macht, vertraue ihr aber nur so lange, wie sie nicht das in Gefahr bringt, was dir mehr Wert ist, als dein Leben."

Obi-Wan hatte es nicht verstanden. Lange Jahre hatte er nicht gewusst, was Qui-Gon damit hatte sagen wollen. Nicht bis zu dem Tag, als Padmé sein Herz eingenommen hatte. Auch Qui-Gon hatte seinerzeit geliebt. Unglücklich geliebt und seine Liebe verloren. Obi-Wan wusste, dass Liebe stärker war als die Macht. Er spürte es. Und er wusste, dass er nun an dem Punkt war, wo er seinen Zorn zulassen musste, um seine Liebe nicht zu gefährden. Er musste den Balanceakt zwischen der Macht und seinem Zorn, seiner Verletzlichkeit und Angst hinbekommen, damit dies hier ein Ende hatte.

Obi-Wan wandte seinen Blick zu Anakin und positionierte sein Lichtschwert vor sich. Seine Hände waren ruhig, sein Blick dunkel und tief. Seine Haltung war Respekt einflößend, ließ ihn größer erscheinen, als er war.
"Das hier wird ein Ende haben, Anakin!", seine Stimme klang kühl, Besitz ergreifend und siegessicher. Der Klang ging nicht an Anakin vorbei. Ließ ihn in seiner Bewegung stoppen und seinen ehemaligen Meister fragend ansehen.
Was war geschehen?
Obi-Wan dachte nicht daran, zu warten. Sein Fuß schnellte vor. Ein schneller Schritt, zwei. Lichtschwert rechts, Schwenker links.
Pariert.
Anakin taumelte.
Zwei schnelle Schritte zurück. Einer vor. Stoß.
Ein Schmerzenschrei.
Verwundert hielt sich Anakin seinen Arm. Blut lief in dünnen Fäden über den hellen Stoff seiner Tunika.
Zorn. Gelassenheit.
Obi-Wan konzentrierte sich.
Ein Ausfallschritt, abtauchen, parieren.
Ein schneller Schritt vor, zu stoßen.
Treffer.
Anakin taumelte. Seine Augen weit aufgerissen.
Padmé's Schrei: "Anakin!"


+++

Lin'A spürte einen Engergiestoß durch ihren Körper und sah auf. Der Schmerz ließ nicht nach, doch er beeinflusste sie nicht mehr derartig. Etwas hatte das Band zwischen ihr und ihrem Meister gelockert. Er war noch da. Sie spürte ihn noch. Doch die direkte Verbindung war gestört. Vielleicht sogar verschwunden. Ihr Herz hämmerte wie verrückt.
"Die Verbindung...", sie sah ihre Schwester verzweifelt an, "Obi-Wan... es ist... ich verliere den Kontakt!"
Garen sah Nisa wütend an. "Du hättest es ihm nicht sagen sollen!"
"Das hätte nichts geändert!", erwiderte sie nüchtern und wandte sich ab.
E'Lin war den Tränen nahe. Sie sah Nisa hinterher, schwenkte zu Obi-Wan und Anakin, um dann Garen vorwurfsvoll unter Tränen anzusehen.
"Seid ihr alle wahnsinnig?! Was soll das? Was geschieht hier?"
In ihrem Kopf schien es, als könnte sie etwas zerbrechen hören. Etwas, was nicht hätte zerbrechen dürfen.
Aufstieg der Sith by Steffi Raatz
GEWIDMET NADIA VOLKRODT
"für ihre unermüdliche Ausdauer mit mir"


++++

"Senatorin!" Jamé eine der Dienerinnen der Königin von Naboo blieb im Türrahmen stehen und erstarrte für einen kurzen Moment, ehe sie weiter sprach. "Die Königin lässt euch ausrichten, dass der Senat Palpatine zum Kanzler gewählt hat und dieser sich im Beisein eines mächtigen Meisters ebenfalls als Meister der Sith bekannt hat. Die Königin fordert, dass sie unverzüglich zu ihr kommen sollen, um sich zu beratschlagen."
Obi-Wan ließ sein Lichtschwert sinken und sah zu Padmé, die seinen Blick bekümmert, aber nicht erstaunt erwiderte.
Die dunkle Seite war stark und sie beide hatten gespürt, dass sie immer mächtiger geworden war. Sie selbst nicht einmal verschont hatte.
Obi-Wan sah resigniert zu Anakin, der vornüber gebeugt da stand, seine Seite hielt und zu Boden sah. Sein Atem ging schwer, aber hastig. Er war erschöpft und geschlagen. Körperlich. Doch seelisch, wusste Obi-Wan, hatte er ihn nicht brechen können und wollen.
"Steh auf Anakin und geh!"
Der junge Mann sah erstaunt und zweifelnd auf und in die Augen jenes Mannes, der ihn hatte aufwachsen sehen, der erlebt hatte, wie fähig er im Umgang mit der Macht war, der ihn hatte fallen sehen...
Und in diesen Augen war jegliche Vertrautheit erloschen. Obi-Wans Blick war müde. Er hatte keine Lust mehr auf Kämpfe. Sein ganzes Leben lang hatte er kämpfen müssen. Um Anerkennung. Um Zuneigung. Darum, ein Jedi-Meister zu werden. Darum den Auserwählten auszubilden. Sich selbst nicht zu verlieren. Kämpfe ohne Ende.
Obi-Wan war erschöpft. Nicht körperlich. Sein Körper hatte die Verletzungen erstaunlich gut weggesteckt. Nein. Seine Seele schrie nach Erholung. Sie schrie nach einem Ende.
Und zum ersten Mal in seinem Leben fragte sich Obi-Wan, ob er noch ein Jedi sein wollte.

++++

Nisa starrte aus dem Fenster des kleinen Raumschiffes. Ihr Blick war leer und ins Nichts gerichtet. Bis auf die piepsenden Töne der Konsole war nichts zu hören. Ihr Atem ging flach und ruhig.
Garen konnte nicht verstehen, wieso der Jedi seinen Kodex gebrochen hatte. Warum er alles auf's Spiel gesetzt hatte. Er konnte es vermutlich nicht wissen. Vermutlich hatte er noch nie in seinem Leben wirklich geliebt.
Sie wusste wie es war alles aufzugeben, um einen Menschen zu retten. Und sie wusste wie es war, es umsonst getan zu haben. Sie war nicht umsonst Kopfgeldjägerin geworden. Roden Falak war ein stattlicher junger Mann gewesen. Attraktiv, warmherzig und unglaublich intelligent. Sie waren zusammen bei Neurotek angestellt gewesen, hatten Androiden entwickelt. Sie hatte ihn geliebt, vergöttert... und er sie. Bis... bis eines Tages ein Sith seine Dienste in Anspruch hatte nehmen wollen. Und da Roden der dunklen Seite nicht hatte helfen wollen, hatte man sie erpresst. Nisa konnte sich noch genau an den Tag erinnern, als Palpatine vor ihrer Tür gestanden hatte. Damals, ein junger Sithschüler, der noch die Befehle seines Meisters befolgte, doch schon so bösartig, wie er nur sein konnte.
Sie hatte Roden natürlich nicht retten können. Heute wusste sie, dass sie ihn nie hätte retten können. So wie sie ihrem Bruder nie hatte helfen können.
Palpatine und sein ehemaliger Meister hatten mittlerweile die Macht im Senat übernommen. Beherrschten die Republik. Die Nachricht stand noch immer im Display der Konsole. Nisa hatte nicht mehr die Kraft, die Nachricht zu löschen.
Sie hatte alles aufgegeben. Obi-Wan hatte sich aufgegeben. Doch genützt hatte es nichts.
Das Böse konnte man nicht vernichten.
Niemals.

+++

Anakin starrte seinen ehemaligen Meister immer noch an. Hatte er gesagt, er solle gehen?
Er wusste nicht genau, ob er nun wirklich gehen sollte, oder den Jedi-Meister niederstrecken. Den Kampf beenden, so wie vorgesehen.
"Geh!", schrie ihn Obi-Wan an. Seine Augen waren tiefschwarz und Anakin erkannte zum ersten Mal in seinem Leben, dass er seinem Meister nicht überlegen war.
Er griff sein Lichtschwert, sah noch ein letztes Mal zu Padmé und hastete davon.
Erschöpfung machte sich augenblicklich beim jungen Jedi-Meister breit. Obi-Wan ging in die Knie und ließ sein Lichtschwert fallen.
Padmé sank neben ihm auf die Knie und umarmte den Mann, den sie - wie sie nun wusste - mehr liebte als ihr Leben.
E'Lin und hielt ihre Schwester umklammert und starrte mit bitterem Blick dorthin, wo die Silhouette des einstigen Padawan Anakin Skywalker verschwunden war.
Garen indes holte einmal tief Luft und eilte davon.

+++

"Was macht er da?" E'Lin bewegte sich vorsichtig Richtung Fenster, während sich ihre Schwester an die Balustrade der großen Terrasse gelehnt hatte und nachdenklich gen Himmel starrte.
"Er steht da und starrt aus dem Fenster. Himmel, woher soll ich das wissen. Wie kann das überhaupt jemand wissen?!" Ärger unterstrich die Antwort von Lin'A.
"Du bist doch unsere Emphatin! Du hast doch diese wundervolle Begabung, mit Kraft der Macht andere zu lesen wie ein Buch." Sarkasmus sprach aus den Worten ihrer Schwester.
"Du vergisst, dass unser werter Meister nicht mehr über die Macht erreichbar ist. Entweder habe ich den Kontakt verloren oder er hat der Macht entsagt."
E'Lin sah ihre Zwillingsschwester wütend an und tippte ihr mit dem Zeigefinger auf die Brust. "Lass es! Mach unseren Meister nicht schlecht! Er hat Entscheidungen getroffen, die wir nicht verstehen konnten, aber es waren Entscheidungen die getroffen werden mussten!"
"Ach ja? Und seit wann können wir diese Entscheidungen verstehen? Ich kann es nicht!" Lin'A schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter, der sonst die Tränen in ihre Augen getrieben hätte.
"Linny, du kannst es verstehen... du besser als jeder andere. Ich weiß, es zerstört unser Bild von den Jedi. Nein, es zerstört dein Bild von den unfehlbaren Jedi, von unserem unfehlbaren Meister. Aber er ist keiner der Bösen. Keine dunkle Macht hat ihn gelockt. Obi-Wan ist seinem Herzen gefolgt und vielleicht geht er den richtigen Weg. Vielleicht ist das der einzige Weg, damit die Jedi weiter bestehen können... vielleicht..."
Lin'A atmete tief durch: "Wenn dem so ist, Schwester, dann fang schon mal an zu beten!"
E'Lin hob wütend eine Hand und machte eine Einhalt gebietende Geste. "DU solltest anfangen zu beten, Schwesterherz, denn ich glaube, dass wir mitten in einem Krieg sind, den wir nur gewinnen können, wenn wir einen Schritt weiter gehen, als jemals ein Jedi zuvor!"
"Ich fürchte", erklang eine fremde Stimme hinter ihnen, "ihr habt vollkommen Recht, Padawan."

+++

Garen fand Nisa dort, wo er sie vermutet hatte. Sie saß an Board des kleinen Raumkreuzers und starrte ins Nichts. Ihn wunderte nur, dass sie nicht schon längst verschwunden war. Sie war seiner Ansicht nach niemand, der sich gern lange an einem Ort aufhielt oder sich den Verlierern anschloss und das waren sie. Sie alle waren Verlierer.
Sie hatten ihre Integrität, Freunde, Familie, ihren Stolz oder ihren Glauben verloren. Manche auch ihre Seele. Doch vor allem hatten sie ihr Leben verloren. Mit der Machtübernahme der Sith war ihrer aller Existenz für nichtig erklärt worden.
Garen seufzte schwer und schwang sich die kleine Treppe hoch, um in das innere des Cockpits zu gelangen.
"Ich habe nicht erwartet, dich noch hier zu finden."
Nisas Kopf rührte sich nur unmerklich. "Deshalb suchst du mich hier also... wenn ich doch nicht mehr da bin... logisch."
"Vielleicht, weil ich einen kleinen Funken Hoffnung hatte, dass dem nicht so sei", erwiderte er und legte ihr die Hand auf die Schulter, "ich könnte verstehen, wenn du gehen würdest. Auch ich habe den einfachen Weg gewählt und habe mich lieber der Fliegerei gewidmet, als einem Leben der Jedi mit all ihren Verpflichtungen."
"Und weil du das getan hast, sollte ich es auch so machen? Mich auf die Seite der Gewinner schlagen und alles andere hinter mir lassen?" Ihr Kopf ruckte herum und Tränen standen in ihren Augen. "Weißt du eigentlich wie oft ich das getan habe? Und wohin hat es mich geführt? Ich habe keine Familie mehr, meine Freunde sind tot und fast hätte ich noch mehr verloren... Ich habe gekämpft. Nicht immer auf der richtigen Seite, aber ich werde jede Chance nutzen, um Palpatine von seinem hohen Ross zu stoßen." Ihre Augen blitzten. "Ich werde ihn vernichten, Garen. So wie er versucht hat, mich zu vernichten!"
Ein erstaunter Ausdruck blitzte in Garens Augen auf, ehe er sich neben sie setzte und ihre Hand in seine nahm. "Ich bin zwar kein Jedi mehr, aber einer der besten Piloten und ich möchte dir helfen."
Sie sah auf und forschte in seinen Augen nach einer Antwort: "Du fragst nicht nach dem Warum, nach den Fakten, bist nicht überrascht oder hältst mich für wahnsinnig? Garen, wer bist du?"
"Ein Freund, Nisa. Und du hast noch mehr Freunde. Sie sitzen da oben in dem Palast und fühlen sich verloren. So verloren, wie ich mich fühle, wie du dich fühlst. Wir haben einen Kampf verloren, das heißt nicht, dass wir den Krieg verlieren müssen."
Sie zog die Stirn kraus und entzog ihm ihre Hand. "Dein Optimismus in allen Ehren, aber bist du sicher, dass die Anderen genauso denken? Mal davon abgesehen, dass mich dein spontanes Hilfsangebot immer noch mehr als irritiert."
Er seufzte und stand auf: "Hör zu, ich habe keine Lust für Palpatine und sein Imperium zu arbeiten, also bleibt nur Gleichgültigkeit oder Widerstand. Da ich nie ein gleichgültiger Mensch war, scheidet diese Option aus. Ich werde also Widerstand leisten, das ist ein natürlicher Reflex von mir und ich werde es ohne dich oder mit dir tun. Also warum nicht gemeinsam? Die Wahl liegt bei dir."
Sie stand ebenfalls auf und stellte sich direkt vor ihn, ihre Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter von einander entfernt. Ihr Blick war prüfend, abschätzend. Nach der Wahrheit in seinen Augen suchend. Sie kniff die ihren zusammen und schien ihr Urteil gefällt zu haben. Ihr Finger landete an seiner Brust und schien sich dort bis zu seinem Herzen durchzubohren. "Wir werden ihm die Hölle heiß machen. Ihn brennen lassen in den Feuern seiner eigenen Hölle. Und wir werden nicht aufgeben, ehe wir ihn nicht vollkommen zerstört haben!"
"So wird es sein!", erwiderte Garen leise und strich ihr lächelnd eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht. Er liebte es, wenn ihre Augen schwarz vor Wut wurden. Er sollte es nicht lieben, aber er stellte fest, dass er es tat. Just in diesem Augenblick.
"Wenn du mich jetzt küsst, mache ich dich zum Eunuchen!", zischte sie und stieß ihn von sich.
Garen grinste breit und betrachtete ihren Hintern, der in der engen Lederhose wunderbar zur Geltung kam, während sie sich von ihm entfernte.

***

Bail Organa sah zu den jungen Frauen hinüber und lächelte müde. Seine Sorgen nach Mace' und Yodas Verschwinden waren massiv angestiegen. Als sich schließlich auch andere Ratsmitglieder nicht mehr mit ihm in Verbindung gesetzt hatten, war er vom Schlimmsten ausgegangen.
Palpatines Aufstieg hatte das Ende der Jedi bedeutet und Bail ahnte, dass er nur von Glück sprechen konnte, wenigstens Obi-Wan hier anzutreffen.
Die erstaunten Blicke der beiden Padawane ignorierend, betrat er den Raum, in dem sich der Jedi-Meister befand und klopfte vorsichtig an den Türrahmen: "Obi-Wan?"
Dieser drehte sich um und blinzelte sichtlich überrascht: "Bail!"
Mit wenigen großen Schritten gingen die Männer aufeinander zu und umarmten sich freundschaftlich. "Ich bin überrascht Euch hier zu sehen." Obi-Wan atmete durch und ließ den Senator wieder los.
"Ich konnte weder Mace noch Yoda erreichen, geschweige denn einen anderen Jedi. Ich bin mehr als erleichtert zumindest Euch hier anzutreffen."
Der Jedi nahm etwas Abstand und sah wieder aus dem Fenster. Es schien ihn Kraft zu kosten, eine Antwort zu geben. Als er dann jedoch begann, wirkte seine Miene versteinert: "Meister Windu ist tot. Meister Yoda wurde von Anakin entführt. Ich nehme an jener ist der dunklen Seite verfallen. Und ich denke nicht, dass ihr erfreut sein solltet mich zu sehen. Ich habe Dinge getan, die mich dem Jedi-Orden entfremdet haben."
Bail nickte matt und sah zur Tür, wo sich Padmé eingefunden hatte: "Bail, ich hatte gehört, Ihr seid auf Naboo, aber ich wollte es mit eigenen Augen sehen."
Ein leichtes Lächeln stahl sich auf seine Lippen, während er die Senatorin in seine Arme zog und fest an sich drückte.
Padmé war stets eine Freundin und Vertraute für ihn gewesen. Sie unversehrt zu sehen, füllte sein Herz mit Wärme.
Dann ließ er sie los und wandte sich wieder Obi-Wan zu, der noch immer aus dem Fenster blickte: "Obi-Wan, wir müssen etwas unternehmen. Wir können das doch nicht hinnehmen."
"Nein?", der Jedi zeigte kaum eine Reaktion, "wir müssen es hinnehmen. Was wollen wir allein schon tun. Wir haben keine Chance."
"Aber, das kann es doch jetzt nicht gewesen sein, Obi-Wan", schaltete Padmé sich ein und trat hinter Bail Organa vor, doch eine Reaktion des Mannes, den sie liebte, blieb aus.
Sie machte einen Schritt auf ihn zu, stellte sich hinter ihn: "Soll es das gewesen sein, hast du dafür die Gesetze der Jedi gebrochen? Für eine Zukunft ohne Hoffnung. Für ein Leben ohne jegliche Bedeutung? Sag mir", sie legte ihm ihre Hand sachte auf die Schulter, "bist du wirklich bereit aufzugeben. Uns aufzugeben... Ben."
Es war das erste Mal, dass sie ihn tatsächlich so nannte und es war mit einer solchen Wärme gesprochen, die sein Herz wieder zum Schlagen brachte, just in jenem Augenblick, in dem er glaubte, seine Seele habe bereits seinen Körper verlassen.
Seine Hand berührte ihre und sie konnte spüren, dass ein leichtes Zittern seinen Körper erfasste. In diesem Moment wusste sie, dass er weinte. Stumm und ohne Tränen.

Bail zog sich unauffällig zurück und wäre fast über Lin'A gestolpert, die am Boden kniete und deren Körper wie Espenlaub zitterte, während dicke Tränen ihre Wangen hinunter kullerten.
Er kniete sich hinab und legte ihr eine Hand auf den Arm. "Alles in Ordnung? Kann ich helfen?"
Sie sah auf und er erkannte, dass ihre Augen weinten, doch ihr Mund zu einem Lächeln geformt war. "Es ist alles gut. Nun ist alles wieder gut!"
Irritiert sah er zu ihrer Schwester, die ihn mit leuchtenden Augen ansah.
"Sie hat wieder Kontakt. Sie hat wieder Kontakt!", wiederholte sie, um sich scheinbar selber zu bestätigen, dass sie die Wahrheit sprach.
Bail verstand die Welt nicht mehr.

In diesem Augenblick stürmte eine vollkommen in Schwarz gekleidete Frau den Gang hinauf und stoppte abrupt vor ihm. Ihr Blick war entschlossen und sie schien sich in ihrem Vorhaben massiv gestört zu fühlen, während sie auf den Senator hinab sah. Dann stieg sie über die Beine des Padawan hinweg und stürmte in das Zimmer weiter, in dem sich Obi-Wan und Padmé befanden. Ihre Privatsphäre schien ihr unwichtig.
Kurz hinter ihr kam eine weitere Person den Gang entlang. Bail erkannte ihn als Obi-Wans ehemaligen Freund Garen Muln, den er jedoch seit Jahrzehnten nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Sein Arm lag in einer Schlinge und sein Gang war mehr ein Stolpern, denn ein Laufen, was er auf eine Verletzung zurückführte.
Garen fiel fast über den Senator und sah ihn erstaunt an: "Bail, Ihr hier?" Doch weiter ging das Gespräch nicht. Garen sah wieder auf und umrundete ihn, um ebenfalls zu dem Jedi und der Senatorin zu eilen.
Er betrat den Raum just in dem Augenblick, als Nisa zum verbalen Überfall ansetzte.
"Wer hilft Palpatine?", Nisa schob die Senatorin unter Protest zur Seite und fasste den Jedi-Meister an der Schulter. Ihre Bewegung gefror kurz, als sie sah, dass der Jedi rot geränderte Augen hatte, doch dieser Moment verflog so schnell, wie er gekommen war. Sie hatten einfach keine Zeit.
"Was zur... Nisa!", protestierte Padmé und versuchte dazwischen zu gehen, doch Garen hielt sie sanft davon ab.
"Lasst sie, Padmé." Seine Hände hielten ihre Schultern fest umfasst.
Obi-Wan musste sich kurz fassen, ehe er wirklich begriff, was die Kopfgeldjägerin von ihm wollte. Als sein Verstand jedoch wieder begann normal zu arbeiten, griff er in seine Tunika und zog den Zettel hervor, der ihm von Boba Fett überreicht worden war.
Eine Sekunde lang starrte er ihn an und wusste nicht, ob er überhaupt wissen wollte, was dort geschrieben stand, dann jedoch straffte er seine Schultern und reichte Nisa das Stück Papier.
Sie riss es ihm förmlich aus den Händen und entfaltete es mit einer Geschwindigkeit, die ihn blinzeln ließ.
"Wer zur Hölle ist Jocasta Nu?", platzte es aus ihr heraus, während die vier im Raum anwesenden Jedi scharf die Luft einsogen.
"Sie hatte Jahrzehnte lang Zugang zum kompletten Wissen des Jedi-Ordens!" Garen schluckte kurz, während Obi-Wan nur den Kopf schüttelte.
"Ich hätte es wissen müssen." Er schloss kurz die Augen. "Wer hätte den Planeten im System besser verschwinden lassen können, als diejenige, die die Bibliothek und alle Karten verwaltet." Er schlug mit der Faust auf den Tisch. "Wie konnte ich so blind sein?"
"Was bedeutet das? Was wird jetzt geschehen?" Bail sah fragend in die Runde.
Nisa sah von Garen zu Obi-Wan: "Sind wir Freunde?"
Der Jedi-Meister sah sie einen Augenblick nachdenklich an. Schließlich reichte er ihr seine Hand: "Ja, sind wir."
Sie nickte und ergriff seine Hand: "Dann werden wir denen jetzt gewaltig in den Arsch treten und sie in die Hölle schicken. Wir werden uns nichts mehr gefallen lassen!"
"Und wie wollen wir das bitte anstellen? Wir sind nur..." E'Lin zählte kurz durch. "...fünf."
"Sechs", mischte sich Bail Organa ein, "und wenn wir es geschickt angehen, können wir eine Rebellion starten."
Garen zog die rechte Augenbraue hoch und lächelte schief: "Wir Rebellen? Interessante Idee!"
"Irgendwie habe ich das Gefühl, dass eine lange Zeit voller Gefahren und Entbehrungen vor uns liegt." Padmé sah zu Obi-Wan hinüber.
Dieser gesellte sich neben sie und zog sie an sich, um sie vor allen zu küssen. Ihre Lippen brannten unter der Berührung seiner Lippen. Doch es war ein süßes Brennen. Als brenne sich seinen Geschmack auf ihre Lippen. Wie ein Siegel, das allen zeigen sollte, dass sie von nun an zu ihm gehörte.
Als seine Lippen sich von ihren lösten, lächelte er kaum merklich, legte seinen Arm um ihre Schultern und sah in die Runde. "Ich habe Entscheidungen getroffen, die alles verändert haben. Wir alle haben solche Entscheidungen gemacht. Gemeinsam werden wir einen neuen Weg beschreiten, der alles andere als einfach wird. Vielleicht sogar unmöglich. Aber wenn wir eine Einheit bilden, dann können wir es schaffen!"
Der Mann der leisen Töne, der Regeln und der Vernunft kehrte seinem alten Ich den Rücken und öffnete eine neue Pforte. Er war fortan Kenobi, der Jedi-Meister. Ben, der Liebende sowie Obi-Wan, der Lehrer und Anführer der Rebellen.
Garen deutete auf die Tür und machte eine ausladende Geste: "Wollen wir? Es ist Zeit Geschichte zu schreiben!"
Obi-Wan sah Padmé an und sie nickte.
Sie waren bereit. Bereit für eine neue Zukunft. Eine, die sie sich nicht willenlos aufzwingen lassen, sondern die sie selbst formen würden.


Ende
End Notes:
"New Force knüpft an Episode II an und sollte nach dem Ende an Episode III anschließen, doch die Storyline hat sich ein wenig anders entwickelt wie zuerst angenommen. Ich werde das Ende daher offen lassen. Vielleicht bin ich irgendwann bereit eine zweite Staffel zu schreiben, aber ich kann wirklich keine Versprechen geben. Im Augenblick reichen die Ideen einfach nicht. - Tja, das war New Force... ich verabschiede mich mit einem lachenden und einem weinenden Auge nach über 4 Jahren. Die Charaktere sind mir ans Herz gewachsen und ich werde sie vermissen, aber ich bin ebenfalls erleichtert, dass ich es geschafft habe, dieses Projekt erfolgreich zu beenden. Danke an alle, die sich die Mühe gemacht haben, alle Teile zu lesen. Danke für eure Geduld und eurer Feedback. Wir sehen uns bei einer anderen virtuellen Serie, auf Fanfix.de oder vielleicht irgendwann nochmals hier.

BYE Steffi"
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