7.11 - Nacht der Enthüllungen von Anna-Lena

7.11 - Nacht der Enthüllungen von Anna-Lena

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Story Bemerkung:

Co-Autor war Jessy
Eifrig tippte Dawson an einer Mail für seine Assistentin. Wie immer stand er ziemlich unter Druck und versuchte alles so zu legen, dass es günstig für ihn und die Leute, die mit ihm arbeiteten, war. Die zweite Staffel seiner Serie war gerade angelaufen und natürlich gab es noch immer ziemlich viel zu tun. Gerade die Zuschauerzahlen waren wichtig. Doch bisher waren diese noch ganz gut. Natürlich hatten nicht alle so hohe Quoten wie die Premiere, aber es lohnte sich die Episoden zu schreiben und zu produzieren.

Im nächsten Moment klopfte es an der gläsernen Tür. „Herein“, rief Dawson.

„Hallo, Mr Leery. Ich wollte Sie nur daran erinnern, dass Ihr Flug nach Capeside in zwei Stunden geht“, informierte ihn seine Sekretärin.

„Danke, Rita“, bedankte sich der blonde junge Mann und erkundigte sich im nächsten Augenblick: „Haben Sie die Briefe für den Sender schon fertig gemacht?“

Einen Augenblick überlegte die ältere Dame, verneinte dann.

„Aber die müssen heute noch raus“, seufzte Dawson.

„Ich werde es sofort machen. Nehmen Sie einfach Ihren Laptop mit und ich maile Ihnen die Briefe nachher zu“, schlug Rita vor und lächelte.

Nervös schlug Dawson immer wieder mit seinem Bleistift auf den Tisch und antwortete schließlich zweifelnd: „Sollte ich nicht lieber hierbleiben? Schließlich muss noch so viel gemacht werden.“

„Nein, Sie sollten gehen. Sie haben mir sogar nahegelegt, dass ich Sie zwingen sollte nach Capeside zu fliegen.“

Lachend erinnerte sich Dawson an diese Tatsache. „Danke, Rita. Ich werde gleich kommen.“

Die Sekretärin zog sich leise zurück und Dawson machte sich wieder daran die letzten Zeilen der E-Mail zu schreiben. Noch immer war er sich nicht sicher, ob er nach Capeside fliegen sollte. Natürlich wollte er all die anderen Capesider sehen. Schon lange hatte er nichts mehr von Joey gehört. Genau gesagt nach ihrem Anruf wegen ihrer Schwangerschaft. Hatten Pacey und Joey sich wohl inzwischen vertragen und geeinigt. Insgeheim hoffte er ja, dass sie sich für das Kind entschieden hatten oder entscheiden würden. Auch Ashley und Justin hatte er seit ihrem Einzug nicht mehr gesehen oder gesprochen. Genauso wie Jack und Doug. Außerdem wollte er wissen, ob es Amy gut ging. Mit einem Seufzen schaute Dawson aus dem riesigen Fenster, durch welches er vom Schreibtisch aus blicken konnte. Er musste seine Freunde einfach wiedersehen.


Er klappte den Laptop zu und packte ihn in die dafür vorgesehene Tasche. Seine Reisetasche hatte er gestern schon gepackt. Diese nahm er außerdem auf und als er aus der Tür trat, merkte er, wie sehr er sich auf die Reise nach Capeside freute. In der Tür drehte er sich nochmals um und blickte lächelnd auf seinen Arbeitsplatz. So sehr er seine Arbeit auch liebte, für die nächsten Tage wollte er einfach alles stehen und liegen lassen.

~*~

Das Haus der Harpers leuchtete in der Abenddämmerung. Draußen auf der Veranda waren ein paar Lichterketten angebracht worden und auch im Inneren des Hauses sah alles schon sehr festlich aus.

Andie und Ashley eilten zwischen Küche und Wohnzimmer immer wieder hin und her. Ashley hatte gerade alle Knabbersachen in Schalen gefüllt und brachte diese nun ins Wohnzimmer. Andie schleppte sich mit einer Getränkekiste ab.

„Puh“, stöhnte sie, „ist das anstrengend. Haben wir jetzt alles?“ Fragend sah sie sich um, nachdem sie die Kiste abgestellt hatte.

Argwöhnisch begutachtete Ashley ihr Werk und murmelte: „Irgendetwas fehlt noch.“ Vorsichtig stellte sie ein paar Kerzen und Schälchen um.

„Meinst du, so sieht es gut aus?“, fragte sie dann Andie, die mittlerweile die Kiste noch in die Küche geschleppt hatte.

Andie sah sie lachend an und zog sie mit auf die Couch. „Es sieht perfekt aus. Außerdem achtet sowieso keiner großartig auf die Deko. Hauptsache wir amüsieren uns heute Abend gut.“

Nickend sah Ashley sie an. „Hoffen wir es doch mal. Dawson hat vorhin angerufen. Er kommt ein bisschen später, aber Hauptsache er kommt überhaupt.“

„Genau.“

Dann sah sie ihre Freundin an und fasste sie an die Schultern. „Ich freue mich so darauf, alle mal wieder zu sehen. Es war wirklich eine gute Idee von dir, so eine Art Einweihungsparty zu machen.“

Lachend erwiderte Ashley. „Oh, ja. Einweihungsparty ist zwar nicht der richtige Name, aber immerhin.“

Beide sahen sich lachend an und freuten sich auf den Abend. Schließlich kam es immer seltener vor, dass Andie ihre Freunde sah und für Ashley war es eine gute Gelegenheit, mehr über die Capeside-Clique zu erfahren.

„Dann können die Gäste ja jetzt kommen“, stellte Ashley daraufhin auch gleich fest.

Andie nickte zustimmend und im nächsten Moment klopfte es auch schon an der Tür. Sie machte sich auf den Weg zur Tür und öffnete diese. Ihr gegenüber stand eine wohlbekannte Brünette. „Hallo, Joey. Schön, dass du da bist“, begrüßte sie ihre alte Freundin.

Unsicher lächelte auch Joey. „Hey, Andie. Ich bin doch hoffentlich nicht zu früh?“

„Wir sind gerade fertig geworden. Komm rein“, antwortete Andie während sie Joey ihren Mantel abnahm und an die Gardarobe hängte.

„Sind die anderen schon da?“, erkundigte sich Joey auch sofort.

Andie schaute sie von der Seite an und meinte dann: „Du bist die Erste.“ Etwas überrascht merkte Andie, wie Joey tief durchzuatmen schien.

Die beiden Frauen gingen ins Wohnzimmer, wo Ashley noch immer auf der Couch saß. „Hallo, Joey,“ begrüßte auch diese die junge Frau, die sie vor allem an den Abend in Krankenhaus erinnerte.

Auch Joey lächelte und meinte: „Hey, Ashley. Dankeschön für die Einladung.“

Nun forderte Ashley sie auf sich zu setzen.

Sofort fing Andie munter an drauf los zu reden. „Wie läuft’s in New York, Joey? Nachdem du extra für unsere Party nach Capeside gekommen bist.“

„Eigentlich läuft es ganz gut. Meine Chefin ist sehr mit meiner Arbeit zufrieden“, beantwortete Joey die Frage kurz und knapp und machte keine Bemerkung über den letzten Satzteil von Andie, wie diese es erwartet hatte.

„Mein Mann ist gerade in L.A. wegen eines Fotoshootings für Jerry Bruckheimer“, warf Ashley ein und lächelte Joey an. „Dawson hat ihm das Shooting verschafft.“

Joey spielte nervös mit ihren Fingern herum und konnte sich nicht auf die Unterhaltung konzentrieren, deshalb lächelte sie nur unbeholfen. Die Gesprächsfetzen drangen an ihr Ohr, aber sie verstand nicht worüber die beiden Frauen redeten.

„Entschuldigt mich, ich gehe eben auf die Toilette“, meinte sie im nächsten Augenblick und unterbrach die beiden mitten im Gespräch. Ashley und Andie schauten auf und blickten ihr hinterher, wie sie aus dem Wohnzimmer verschwand.

Andie machte sich Gedanken über Joey. Sie schien total abwesend zu sein und das war sonst gar nicht ihre Art. Würde es ihr nicht gut gehen, dann wäre sie erst gar nicht gekommen.

Joey lehnte sich an die Tür des Badezimmers und schloss die Augen. Sie musste auf jeden Fall versuchen locker zu bleiben. Wie konnte sie sich nur so nervös machen? Mit einem Schritt ging sie zum Spiegel und strich sich einige Strähnen ihrer Haare aus dem Gesicht. Wie sollte sie nur Pacey gegenübertreten? Nach ihrem Streit hatten sie nicht mehr miteinander geredet.

„Reiß dich zusammen“, befahl sie sich selbst und atmete nochmals tief durch bevor sie aus dem Badezimmer trat. Sie ging den kleinen Flur entlang und erstarrte. Aus dem Wohnzimmer drangen Stimmen zu ihr herüber. Definitiv war eine männliche Stimme dabei – Paceys Stimme.

„Justin kommt am Ende der Woche wieder zurück“, erzählte Ashley gerade.

Und Pacey erwiderte daraufhin: „Es muss schwer zu sein, so lange von seinem Mann getrennt zu sein.“

Im nächsten Moment betrat Joey den Raum, denn sie wollte die Drei nicht bei dem Gespräch belauschen. Genauso gut konnte sie einfach mitreden. Doch als sie den Raum betrat schossen ihr wieder all die bösen Wörter und Beleidigungen in den Kopf. Wie erstarrt blieb sie stehen und sah die Drei an.

Abrupt hörte Pacey auf zu reden und die beiden blonden Frauen schauten zwischen dem Pärchen hin und her.

Andie hatte auch keine Ahnung, warum die beiden sich nicht begrüßten. Schließlich hatte Pacey doch alles mit ihr klären wollen. War irgendetwas schiefgelaufen?

Eine eisige Kälte schien den Raum zu gefrieren und bevor die Situation peinlich werden konnte, sagte Ashley leise: „Pacey ist gerade eben gekommen als du auf der Toilette warst.“

Joey wandte ihren Blick ruckartig der jungen Frau zu und sagte dann: „Hallo, Pacey.“

~*~

Doug war gerade damit beschäftigt das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen, als Jack die Treppe hinunter gepoltert kam.

„Hey, Schatz“, begrüßte Doug ihn und küsste ihn leicht auf die Stirn.

„Hey“, antwortete er und ging hinüber zu Amy, um sie aus dem Laufgitter zu heben. Jack hatte das Gefühl, dass sie immer schwerer wurde. Sanft küsste er die Kleine in den Nacken und fuhr ihr durch ihre kleinen blonden Locken. „Amy wird immer hübscher“, meinte Jack und setzte sich mit ihr auf den Arm an den Küchentisch.

Doug lächelte den beiden zu und kitzelte die Kleine am Bauch, als sie vor Spaß anfing zu quicken. „Ja, da hast du wahrhaftig recht. Sie erinnert mich immer mehr an ihre Mutter“, entgegnete Doug.

Jack musste schlucken. Jen! Wieso musste die Sprache, jedes Mal, wenn von Amy die Rede war, auf sie fallen?

„Das ist echt schade, dass wir keinen Babysitter für Amy gefunden haben. Es wäre sicherlich schön gewesen, mal wieder auszugehen. Du weißt schon, nur wir beide“, meinte Doug.

Jack nickte anerkennend. „Ashley hätte sich bestimmt gefreut dich ebenfalls zu sehen.“

Doug wischte den Tisch mit einem Lappen ab und platzierte die Vase auf dem Esstisch. „Nun ja, einer muss ja für Amy da sein. Und du hast es dringender nötig dich mal zu amüsieren. Die Arbeit stresst dich doch schon seit Wochen“, erwähnte er sanft.

Jack setzte Amy wieder in ihr Laufgitter und zog sich seine Jacke über. Dabei blickte er noch einmal in den Spiegel und richtete sein mit Gel gestyltes Haar, doch eine Strähne wollte sich partout nicht im Zaun halten. Immer wieder rutschte sie vor die Stirn. Genervt nahm Jack den Haustürschlüssel vom Brett.

„Ich mach mich dann auf den Weg, Doug. Ich hoffe es wird nicht so spät“, meinte er und küsste seinen Liebsten zart auf die Wange.

„Hab Spaß!“, rief Doug zum Abschied und widmete sich wieder dem Geschirr.

Jack ließ die Haustür hinter sich zufallen. Traurig lehnte er sich an die Hauswand und atmete einmal tief durch. Der kalte Wind umwehte seinen Körper. Zitternd umfasste er seinen Oberkörper und setzte sich in seinen Wagen. Im Grunde war im nicht zum Feiern zu Mute gewesen. Er hätte viel lieber zu Hause vor dem Fernseher gesessen und sich mit Doug und Amy einen Film angesehen. Mit kalten Händen startete er den Motor, als er eine Stimme wahrnahm.

„Hi Schatz“, begrüßte ihn eine Person neben ihm. Es war Jen.

Jack lächelte vor Glück bis über beide Ohren. „Ich dachte schon, ich sehe dich nie wieder“, meinte Jack klagend.

„Du müsstest mich doch besser kennen“, meinte sie und strich sich eine ihrer Haarsträhnen hinters Ohr.

„Wollen wir dann?“, fragte Jack und schaltete das Radio ein.

Jen nickte zustimmend.

Jack startete den Motor und fuhr die Ausfahrt hinunter. „Ich bin echt froh, dass wenigstens du mitkommst“, entgegnete er freudig.

~*~

Aus den Boxen der Anlage drang zeitgenössische Popmusik und die Freunde standen in kleinen Gruppen im Wohnzimmer und sprachen über die Dinge, die sich seit der letzten Begegnung geändert hatten. Dawson und Pacey diskutierten gerade darüber, wie schwer es doch war sein eigener Chef zu sein.

„Meine Reise hierher wäre auch fast ins Wasser gefallen, weil ich nicht alles fertig hatte“, erzählte Dawson gerade und erinnerte sich an seine zuverlässige Sekretärin zurück.

„Das Problem habe ich auch immer. Allerdings lasse ich dann lieber alles stehen und liegen, anstatt auf die angenehmen Dinge zu verzichten“, stimmte Pacey ihm zu.

Lachend antwortete Dawson: „Das sieht dir ähnlich. Ich kann's immer noch nicht fassen, dass du ein eigenes Restaurant hast.“

Auch Pacey musste lachen, da er genau wusste, wie Dawson es meinte. Nicht, dass er ein Versager war, denn auch er hatte sich nie wirklich erträumen lassen, dass er tatsächlich mal eine eigene Serie haben würde. „Ich selbst hätte es auch niemals gedacht. Aber nachdem du deinen Traum erfüllt hast, dachte ich, ich könnte mich auch mal an die Arbeit machen“, zwinkerte ihm Pacey zu und entschloss sich dann, sich noch etwas zu trinken aus der Küche zu holen. „Möchtest du auch noch was?“, bot er seinem Freund an, doch dieser schüttelte den Kopf.

So ging Pacey den Flur entlang und kam dann an die Küchentür. Diese lag still im Dunkeln und so ging Pacey schnurstracks zum Kühlschrank. Summend nahm er sich ein frisches Bier aus dem ebenfalls summenden Gerät und drehte sich um, um einen Flaschenöffner aus einer Schublade zu nehmen.

In dem Augenblick, in dem er sich umdrehte, erschrak er so, dass er die Flasche beinahe fallen ließ. Im Licht, welches aus dem Kühlschrank kam, saß Joey. Mit angezogenen Beinen saß sie auf der alten Bank, die noch immer ihren Platz in der Küche hatte.

Ein halbes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, während Pacey sich noch immer von seinem Schrecken erholte. „Was machst du hier?“

„Eigentlich wollte ich vor dir flüchten“, meinte Joey leise und stand langsam auf.

Doch Pacey war schnell bei ihr und hielt sie an einem Arm fest. „Joey, bleib doch hier. Irgendwann müssen wir miteinander reden.“

„Und dieses irgendwann werde ich so weit wie möglich von mir schieben“, erwiderte diese zynisch und sah ihn mit blitzenden Augen an.

„Ich weiß, dass ich vorhin kühl war, aber ich wusste einfach nicht, wie ich mich verhalten sollte“, entschuldigte sich Pacey bei ihr und sah sie bittend an. „Ich möchte wirklich mit dir darüber reden.“

Seufzend stimmte Joey ihm zu und beide setzten sich nebeneinander auf die alte karierte Bank. Da die Kühlschranktür mittlerweile geschlossen war, fiel nur noch Licht durch die Glastür, ansonsten war es dunkel. Beide schauten einfach nur in die Dunkelheit, ohne etwas zu sagen.

Schließlich räusperte sich Pacey und fing leise an zu sprechen: „Ich war am letzten Abend wirklich unfair zu dir. Vor allem wegen all den Sachen, die ich dir an den Kopf geworfen habe. Mal wieder bin ich in meine alte Streitmasche verfallen. Es tut mir wirklich leid.“

Sein Blick driftete zu Joey rüber, die auch ihn ansah. Mittlerweile hatte sie wieder die Beine angezogen und ihre Arme darum geschlungen. Ihren Kopf hatte sie zur Seite gelegt, sodass sie ihn anschauen konnte. „Ist schon okay. Ich denke wir haben beide einfach überreagiert. Aber du musst auch mich verstehen.“ Vorsichtig legte sie ihre Hand auf seinen Unterarm und sprach dann weiter: „Ich habe mich lange mit der Situation beschäftigt und schlussendlich bin ich die, die damit umgehen muss und nachher mit dem Baby dasteht.“

Wieder schüttelte Pacey den Kopf, wie schon so oft, über die Ansichten gegenüber dem Baby. „Joey, ich bin doch da. Ich werde immer bei dir sein. Schon vergessen – ich habe dir einen Antrag gemacht.“

„Ja, genau, weil ich schwanger bin“, zischte diese und zog ihre Hand zurück. Die Wut stieg ihr ins Gesicht und auch Pacey merkte dies.

„Joey, ich liebe dich. Ich will, dass wir heiraten, weil ich dich liebe und zwar schon immer“, schwor Pacey ihr und erinnerte sie an ihre Liebeserklärung.
Doch Joey seufzte nur leise. „Pacey, du weißt was ich gemeint habe. Und ich denke es ist klar, dass ich dich liebe und dass du mich liebst, aber wir müssen um Himmelswillen versuchen einander zu verstehen und das scheinst du nicht zu begreifen.“

Doch diese Behauptung brachte Pacey auf die Palme. „Woher willst du das wissen? Wer kommt denn immer zu dir?“

Wieder seufzte Joey und wurde dann richtig wütend. „Das muss ich mir wirklich nicht von dir anhören. Sprich mich am Besten erst wieder an, wenn du bei klarem Verstand bist“, zischte Joey, stand auf und stürmte aus der Tür.

Auch Pacey seufzte nun und verfluchte sich selbst. Warum hatte er wieder so reagieren müssen? Gerade jetzt wo Joey schwanger war, da schienen die Frauen ja noch empfindlicher zu sein. Schnell lief er hinter ihr her und erwischte sie an der Garderobe, wo sie sich ihren Mantel gerade schnappte. „Joey – warte doch.“

Doch diese schaute ihn nur stumm an und drehte sich dann zur Tür, die ihr, als sie die Türklinke herunterdrückte, fast aus der Hand geschlagen wurde. Verwundert blickten Joey und Pacey nach draußen. Dicke Regentropfen schlugen ihnen entgegen und in der Ferne blitzte und grummelte es.

Bäume und Büsche bogen sich unter der Windkraft. Beide stemmten mit vereinter Kraft die Tür wieder zu und Pacey meinte nach einer kleinen Stille: „Dann müssen wir das doch wohl hier und jetzt ausdiskutieren.“

Doch Joey drehte sich mit einem verkniffenen Lächeln um. Sie war nicht bereit, so schnell wieder nett und lieb zu sein. „Ich denke das Haus ist groß, damit wir uns aus dem Weg gehen können.“ Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand in Richtung Badezimmer.

Seufzend guckte Pacey ihr mit traurigen Augen hinterher. Dann schweifte sein Blick ins Wohnzimmer, wo all seine Freunde sich amüsierten. Warum konnten Joey und er nicht auch dort sein?

~*~

Dicke Regentropfen prasselten gegen die Fenster und die Geräusche waren auch auf dem Dach zu hören. Der Wind pfiff um die Häuser und man konnte glauben, dass Geister um das Haus spuckten, da die Geräusche wirklich angsteinflößend waren.

Mittlerweile war niemand mehr auf den Straßen von Capeside zu sehen. Auch die Freunde saßen alle in dem Haus der Harpers.

Die drei Mädels hatten es sich vor dem Kamin gemütlich gemacht, Pacey lag in einem gewissen Abstand auf dem einen Sofa und Jack und Dawson teilten sich das andere Sofa. Inzwischen war es schon nach zwölf und keiner der Freunde wusste so recht, was sie machen sollten.

Nachdem ein Fenster vom Sturm kaputtgegangen war, war ihnen allen der Spaß am Feiern vergangen. Nun hockten sie also alle vor dem alten Kamin und ließen sich von dem Feuer wärmen. Keiner sprach ein Wort, da niemand wusste was sie machen sollten.

„Meint ihr, dass man bei diesem Wetter noch nach Hause gehen oder fahren kann?“, sprach Jack schließlich die Frage aus, die allen auf der Zunge brannte.

Die Frauen schauten zu ihm hinüber und schließlich antwortete Joey: „Ich werde auf keinen Fall nach draußen gehen, auch wenn ihr mich jetzt für eine Memme haltet.“

Doch Andie pflichtete ihr sofort bei: „Mich würden auch keine zehn Pferde vor die Tür bekommen.“

Und auch Dawson schien Zweifel zu haben: „Also bei diesem Unwetter werde ich nicht noch mal nach draußen gehen – auch wenn wir dabei schon mal auf dem Meer waren. Mir liegt etwas an meinem Leben.“

Die sechs Freunde lachten und schauten Dawson an. Dieser verdrehte die Augen. Natürlich hatte er dieses Ereignis etwas übertrieben dargestellt, aber natürlich hätten sie an diesem Tag alle sterben können – auch wenn ihnen das nie wirklich bewusst gewesen war.

„Heute hast du ja auch keinen so wichtigen Freund draußen“, witzelte Pacey weiter und animierte die restlichen Leute wieder zum Lachen.

Ein trauriges Lächeln erschien auf Jacks Gesicht, aber niemand schien es wahrzunehmen. Ein Freund war schon lange gestorben – Jen. Aber Jack versuchte nicht über sie nachzudenken, nicht heute. Gerade heute, wo alle Freunde, oder fast alle, wieder vereint waren.

Wieder trat Stille ein und schließlich drehte sich Ashley zu ihnen um. Sie lächelte die anderen an und meinte: „Wie wäre es, wenn ihr alle hierbleibt? Schlafen könnt ihr ja auch auf den Sofas und Justin ist nicht da.“

Die anderen wandten ihre Gesichter der zierlichen blonden Frau zu.

„Aber nur, wenn es dir wirklich Recht ist“, meinte Jack nach einigen Sekunden.

„Natürlich ist es mir recht. Ansonsten würde ich ja nicht fragen. Aber nur, wenn ihr auch wirklich wollt.“

Die anderen nickten begeistert und spontan umarmte Joey sie. „Vielen Dank. Ich hätte wirklich keinen Mut gehabt, bei dem Unwetter nach draußen zu gehen.“

Als ob jemand dies bestätigen wollte, donnerte es einmal kräftig und die Freunde zuckten zusammen.

„Ich werde auch hier blieben, okay?“, wandte sich Dawson an seine neue Nachbarin. „Natürlich könnte ich eben schnell rübergehen, aber ...“

„Bleib ruhig hier. Wie gesagt, wir haben ja Platz genug“, nickte Ashley ihm zu und lächelte. Sie freute sich darüber, dass alle hier zu bleiben schienen. Schließlich konnten sie so noch mehr Zeit miteinander verbringen. Auch, wenn sie sich erst mal überlegen mussten, was sie überhaupt anstellen wollten.

Alle sechs sahen sich begeistert an und schließlich bot Dawson an: „Ich werde mal schauen, was ihr noch so im Kühlschrank habt. Essen kann ja nie schade.“

Die anderen nickte und Jack rief ihm noch hinterher: „Bring doch bitte irgendetwas Süßes mit. Ich brauche meine Zuckerportion, damit ich es mit euch aushalte.“

Dafür erntete er einen Schlag auf den Oberarm von Pacey und Gelächter von den anderen.

~*~

Mit einem Lächeln über ihre Blödeleien, ging Dawson in die Küche und schaute sich um. Zu erst nahm er ein paar Gläser aus dem Schrank und schaute sich dann im Kühlschrank um. Vorsichtig nahm er ein paar Flaschen aus dem Kühlschrank, so war also schon mal für die Getränke gesorgt. Er schaute sich weiter im Kühlschrank um, als die Küchentür nochmals geöffnet wurde. Vom Geräusch aufmerksam gemacht, drehte sich Dawson um und sah Joey.

Sie hatte ihr schüchternes Lächeln auf dem Gesicht und meinte: „Ich wollte dir helfen.“

Auch Dawson lächelte, insgeheim hatte er nicht gedacht, dass sie es war. „Getränke habe ich schon. Wir brauchen nur noch etwas zu Essen ...“ Grübelnd stand er vor dem großen Kühlschrank.

Als Joey hinter ihn trat um ein Blick in das Innere des Schrankes zu erhaschen, musste sie lachen. „Gib es zu! Du suchst nur deine geliebten Schoko-Pops!“

Völlig verdattert schaute Dawson sie an. „Joey, ich bin kein kleines Kind mehr!“

Doch Joey konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen. Schwer atmend verebbte das Lachen nach ein paar Minuten, doch Dawson sah sie noch immer entrüstet an. Noch immer außer Puste vom Lachen, setzte sich Joey auf einen Stuhl und meinte: „Natürlich liebst du sie noch immer. Das wird sich auch nicht ändern.“

Seufzend und mit einem Lächeln auf dem Gesicht ließ auch Dawson sich auf einem Stuhl nieder. „Wahrscheinlich kennst du mich einfach zu gut.“


Nickend und lächelnd sah Joey Dawson von der Seite an. Er hatte wohl Recht und sie freute sich darüber. „Ich freue mich, dass du heute Abend kommen konntest. Bei deinem Beruf“, teilte sich ihm mit und lächelte noch immer.

„Ich freue mich auch, dass ich hier bin“, gab Dawson zu und fuhr fort, „Außerdem ist es schön mal wieder mit allen meinen Freunden zusammen zu sein.

„Stimmt“, erwiderte Joey, wenn ihre Stimme auch ein bisschen zweifelnd klang.

„Wie sieht's eigentlich mit dir und Pacey aus? Nicht, dass ich mich einmischen möchte, aber heute Abend habt ihr kaum miteinander geredet. Es ist nicht zu übersehen, dass ihr euer Problem noch nicht aus der Welt geschafft habt.“

Nun war es Joey, die seufzte. „Hast du schon mal das Gefühl gehabt, dass diese eine Person, die deine Gefühle eigentlich am besten verstehen sollte, deine Gefühle und Gedanken gar nicht versteht.“

Mit einem halbherzigen Lächeln meinte Dawson: „Und ob. Bei uns habe ich es auch manchmal gedacht. Gerade, weil wir schon so lange befreundet waren und eigentlich alles übereinander wissen sollten.“

Wieder nickte Joey und sah ihn dann von der Seite an und sagte langsam: „Im Moment stecken Pacey und ich in dieser Lage. Wir streiten und andauernd.“ Ihr fiel es schwer, all diese Sachen zu erzählen.

Vorsichtig nahm Dawson ihre Hand und meinte: „Joey, jedes Paar steckt mal in dieser Lage. Ihr müsst einfach beide aufeinander zugehen. Ich meine, jeder von uns weiß, dass ihr beiden schon immer gut streiten konntet. Worum geht es denn überhaupt?“

„Ich habe dir doch von der Schwangerschaft erzählt. Pacey war einfach total begeistert und sieht meine Bedenken nicht. Er glaubt, dass ich meinen Job einfach so aufgeben kann, was aber einfach nicht geht. Wir scheinen beide aneinander vorbeizureden. Genauso wie vorhin in der Küche.“

Noch immer redete Dawson ziemlich leise und überlegte, was er sagen sollte. Es war offensichtlich, dass Joey jemanden brauchte, mit dem sie reden konnte. „Hat Pacey nicht irgendwelche Vorschläge gemacht?“

Joey wurde ein bisschen rot und antwortete kleinlaut: „Eigentlich streiten wir beide immer nur darüber, ob und warum ich das Kind abtreiben will. Sollte es nicht möglich sein, Kompromisse zu finden?“

Doch nun schüttelte Dawson seinen Kopf: „Das kann ich dir auch nicht sagen. Das Problem kann ich dir nicht abnehmen. Aber ich könnte dich einerseits verstehen, wenn du das Kind abtreiben würdest, doch andererseits würde ich mich auch freuen, wenn mich jemand ‚Onkel Dawson‘ nennt.“

Beide lächelten sich an und Joey umarmte ihren Freund. „Danke, Dawson.“

Noch immer umarmten sich die beiden, als die Küchentür erneut aufgestoßen wurde und das Gesicht von Pacey sichtbar wurde. „Genau, danke, Dawson. Vielen Dank, dass du dich wieder in Sachen einmischst, die dich nichts angehen.“

Joey und Dawson schreckten auf und sahen Pacey entsetzt an. Wie viel hatte er von ihrem Gespräch mitbekommen? Obwohl ja nichts Schlimmes gesagt worden war.

Doch im nächsten Moment verließ Pacey die Küche auch schon wieder und ließ eine verzweifelte Joey in der Küche zurück. „Siehst du? Genauso ist es immer wieder“, erklärte sie Pacey und Tränen bildeten sich in ihren Augen. „Ich kann es einfach nicht mehr ertragen.“

Doch Dawson wusste auch nicht was er noch sagen könnte. Also nahm er seine Freundin einfach in den Arm und versuchte sie zu trösten.

~*~

Ashley stand auf einem Stuhl und kramte auf einem Schrank herum, als sie laut anfing zu husten. Der Staub umwirbelte ihr Gesicht und sie konnte vor Dunst nur noch schwer sehen. Mit einem Lächeln im Gesicht holte sie einen Stapel voller Spielkisten hervor. „Das sind sie ja. Ich wusste doch, dass Justin sie hier beim Einzug hin verfrachtet hatte“, murmelte sie und stieg den Stuhl hinunter.

„Hast du sie?“, fragte Dawson, der hinter Ashley stand und den Stuhl festhielt.

Ashley nickte freudig. Die Beiden gingen ins Wohnzimmer zurück, wo Pacey und Joey am Fenster standen und sich angeregt unterhielten. Jack saß etwas abwesend auf dem Sofa und lauschte Andies Worten.

„Wir haben sie!“, rief Dawson stolz und schwenkte mit einer Spielkiste fröhlich umher.

„Na, dann kann ja unseren feucht fröhlichen Spielespaß nichts mehr im Weg stehen“, meinte Pacey sarkastisch und versammelte sich mit Joey zu den anderen am Tisch.

Ashley war gerade damit beschäftigt die Anleitung sorgfältig zu studieren, als Jack sich erhob und mit einem „Komme gleich wieder“ ins Badezimmer verschwand.

Joey zuckte mit den Schultern und begann das Spiel zusammen mit Dawson aufzubauen.

Jack schloss die Badezimmertür leise hinter sich und ließ sich auf dem Toilettendeckel nieder. Mit angezogenen Beinen saß er dort und umfasste seinen Körper, um das Gleichgewicht zu halten.

Er hatte nun wirklich keine Lust gehabt irgendwelche Spiele zu spielen. Geschweige denn, Spaß zu haben! Er hatte sowieso schon den ganzen Abend das Gefühl gehabt, das fünfte Rad am Wagen zu sein. Frustriert stand Jack auf und blickte sich im Spiegelbild an. Irgendwie sah er auch schon einmal besser aus. Seine Augen wirkten trüb und müde. Jack atmete tief durch und spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht um sich zu erfrischen. Als er sich das Gesicht abtrocknete, nahm er Jen hinter sich war. Sie war also immer noch anwesend. Jack lächelte bis über beide Ohren. Auf Jen konnte man sich einfach verlassen.

„Na?“, begrüßte sie ihn erneut an diesem Abend und ließ sich auf der Badewannenkante nieder. „Jen? Können wir nicht einfach gehen? Ich bin echt fertig und möchte am liebsten nur noch in mein Bett“, erwähnte Jack, der sich nun neben sie gesetzt hatte.

„Jack, nun komm. Lass uns noch ein wenig bleiben“, murrte sie und warf ihr Haar gekonnt nach hinten.

Jack suchte nach ihrer Hand und hielt sie behutsam fest, als plötzlich die Badezimmertür mit einem lauten Ruck aufsprang und Ashley im Türrahmen stand.

Vor lauter Entsetzten konnte sie kein Wort hervorbringen und blickte Jack erstaunt an.

Jack fühlte sich ertappt und schreckte hoch. „Kannst du nicht anklopfen?“

Ashley schaute peinlich berührt auf den Boden. „Tut mir leid. Ich dachte nur, ich hätte Stimmen gehört und da wollte ich nur nach dir sehen, weil du eben so abgezischt bist“, rechtfertigte sie sich.

Jack stampfte wütend an ihr vorbei und ließ Ashley alleine im Badezimmer stehen. „Was soll denn schon sein?“, meinte er und verschwand in Richtung Wohnzimmer.

~*~

Langsam ging Dawson durch das nun fast leere Haus. Nachdem sie versucht hatten ein paar Spiele zu spielen, um die Stimmung wieder auf zu lockern, was aber fehlgeschlagen war, hatte sich nun jeder in irgendeiner Ecke verkrochen. Seufzend ging er in den Wintergarten der Harpers, der extra neu gebaut worden war.

Korbsessel und helle Farben verliehen dem Wintergarten einen fröhlichen und sommerlichen Eindruck, selbst bei dem stürmischen Wetter. Dawson schaute eine Weile aus dem Fenster, bis er sich in einen der Sessel fallen ließ und sich somit neben Pacey wiederfand.

„Pacey, „versuchte er seinen Freund nach einer Weile anzusprechen.

Doch dieser unterbrach ihn und meinte leise: „Sollte Joey nicht eigentlich diejenige sein, die mich hier aufsucht?“

Pacey stand langsam auf, doch Dawson hielt ihn am Arm fest und sagte: „Vielleicht solltet ihr beide aufeinander zu gehen.“

Mit einem ungläubigen Blick musterte Pacey Dawson und sagte: „Wie soll ich auf sie zugehen, wenn sie sich lieber dir zuwendet, als zu mir?“

„Aber sie hat doch nur Rat gesucht. Außenstehende sehen Vieles anders als man selbst. Ich habe ihr nur gesagt, dass ihr unbedingt einen Weg finden müsst, ein für beide Seiten befriedigendes Arrangement zu treffen.“

Ungläubig sah Pacey seinen besten Freund an. Langsam begann das Gefühl der Eifersucht zu weichen und wurde von einem anderen Gefühl ersetzt – vielleicht Ratlosigkeit? Seufzend berichtete Pacey Dawson nun von ihren Gesprächen und wie ratlos er sich fühlte. „Ich habe einfach keine Ahnung, was ich noch machen soll. Schließlich liebe ich sie und verstehe sie im Moment einfach nicht. Immerhin ist so ein Kind doch etwas Wunderbares und wenn ich nur daran denke, dass sie dieses unschuldige Leben beenden will …“

Dawson lächelte ihn mitfühlend an und erwiderte: „Joey liebt dich genauso. Sie denkt einfach, dass du ihre Bedenken nicht siehst, sondern nur das Kind.“

Pacey starte auf seine Füße und strich sich durch seine braunen Haare. „Vielleicht verstehe ich ihre Bedenken auch einfach nicht. Natürlich ist das Baby ungeplant und wir sind vielleicht noch etwas jung, aber ich bin sicher, dass wir es zusammen schaffen und gute Eltern sein würden. Ich weiß, dass ich ein besserer Vater wäre als es mein Dad gewesen ist.“

Dawson sah seinen Freund an und sagte schließlich: „Pacey, du wärst ganz bestimmt ein besserer Vater und das weiß Joey auch. Aber das sind nicht ihre Bedenken.“

Ein trockenes Lachen entwich Pacey und er sah seinen Freund an. „Mag sein, dass ich zu blöde bin es zu begreifen“

Auch Dawson sah ihn an und lachte: „Nein, manchmal einfach ein bisschen schusselig und schwer von Begriff.“

Beide Freunde ließen ihre Blicke aus dem Fenster schweifen und sahen zu wie sich die Bäume unter dem Wind bogen und wie der Regen gegen das Glas prasselte.

„Irgendwie scheint es bei uns wohl so zu sein, dass wir unsere Probleme immer nur lösen können und konfrontiert werden, wenn wir irgendwo zusammenhocken oder eingesperrt sind“, meinte Dawson irgendwann.

Ein halbherziges Lächeln erschien auf Paceys Gesicht, als er sich an den Nachmittag erinnerte, den sie in der Bibliothek hatten nachsitzen müssen und an den Tag, in Chris Wolfs Haus, an dem sie eigentlich hatten lernen wollen.

„Und jedes mal wird ein Geheimnis entlüftet, welches eine Person eigentlich für sich behalten wollte.“

Nickend stimmte Dawson ihm zu und strich sich die Haare aus der Stirn. „Mal schauen, ob es auch heute wieder so ereignisreich wird.“

Beide Freunde schauten wieder nach draußen und plötzlich fragte Pacey: „Ich werde wohl heute noch mit ihr reden müssen, oder?“

Trotz des Themenwechsels wusste Dawson natürlich sofort, von wem Pacey sprach. „Ich denke schon. Ansonsten entfernt ihr euch nur noch mehr voreinander.“

Pacey sah seinen Freund von der Seite an. „Danke.“

Dawson schenkte seinem ältesten Freund ein Lächeln. Wer hätte je gedacht, dass er Pacey eines Tages Rat gebend zur Seite stehen würde und das ausgerechnet hinsichtlich seiner Beziehung zu der Frau, die einst der Grund gewesen war, ihm die Freundschaft zu kündigen. Dawson hatte geglaubt, Pacey niemals dafür vergeben zu können. Er hatte gedacht, sein Hass wäre für immer. Zum Glück hatte er sich getäuscht!

Beide junge Männer starrten weiter hinaus in das windige Wetter.

~*~

Mit schnellen Schritten eilte Andie die Treppe ins obere Stockwerk hinauf, um noch ein paar Handtücher zu holen, mit denen sie die Tür abdichten wollte. Der Regen wurde einfach nicht weniger und gerade auf den schrägen Fenstern konnte man die Regentropfen sehr gut hören. Prüfend schaute sie erst mal die Fenster an, ob diese auch dem starken Druck standhielten. Doch die Fenster schienen dicht zu halten. Noch immer in Eile ging sie nun ins Badezimmer und kramte in einem der hohen, weißen Schränke. Allerdings konnte sie nirgends weitere Handtücher finden. Etwas ratlos sah sie sich nochmals im Zimmer um, doch dann kam ihr eine Idee. Vielleicht bewahrten die Harpers ihre Handtücher ja in ihrem Schlafzimmer auf. Doch sollte sie einfach so ins Zimmer gehen? Sie verwarf diese Überlegung. Sie hatte keine Zeit, um Erlaubnis zu bitten.

Tatsächlich fand sie die Handtücher im Schrank des Schlafzimmers. Daneben hockte Ashley. Ihre blonden Haare wirr im Gesicht, die Beine angezogen und die Arme um die angewinkelten Beine geschlungen. „Ashley? Was machst du denn hier?“, wunderte sich Andie.

Ashley, etwas erschrocken, blickte auf und als sie Andie erblickte, lächelte sie traurig. „Ich musste einfach ein bisschen nachdenken.“

„Ist etwas passiert?“, erkundigte sich Andie besorgt und kniete sich zu ihrer neuen Freundin.

„Nein, es ist nichts passiert. Oder doch?“

Stirnrunzelnd sah Andie die andere Blondine an und legt ihr beruhigend die Hand auf den Arm. „Was ist denn los?“

Unsicher schaute die junge Frau ihre Freundin an. Sollte sie Andie wirklich erzählen, was sie gesehen hatte? Eigentlich war sie dazu verpflichtet es ihr zu erzählen, da Jack ja ihr Bruder war. Aber es könnte such so aussehen, als ob sie sich in die Sache einmischte. Vielleicht wusste Andie ja längst davon. Doch schließlich entschied sich Ashley dazu, Andie die Sache zu erklären. Man konnte etwas besser doppelt gesagt bekommen, als wenn man nichts davon erführe. „Ich habe Jack vorhin gesehen und ... er schien sich mir irgendjemandem zu unterhalten.“

Völlig ahnungslos meinte Andie nur: „Ja, und? Vielleicht waren Joey oder jemand anders mit in dem Zimmer.“

Ashley schüttelte ihren Kopf. „Nein, die anderen waren doch noch alle unten.“

Nun war auch Andie ein bisschen verwirrt. „Aber mit wem soll er denn gesprochen haben?“

Ashley zuckte mit den Schultern und meinte nur: „Ich glaube, er hat einmal den Namen Jen benutzt.“

Nun wurde Andie doch hellhörig. Ihr Herz setzte einen Takt aus. „Meinst du wirklich? Hast du dir das nicht nur eingebildet? Vielleicht lag es daran, dass du wieder eine Panikattacke hattest.“

Erneut schüttelte Ashley den Kopf. „Ganz sicher nicht. Ich wollte doch nur ins Badezimmer und habe mich gewundert, mit wem Jack sich unterhält.“

Nachdenklich schüttelte Andie wieder ihren Kopf. „Nein, dass kann nicht sein. Schließlich war gerade er derjenige, der den Tod von unserem Bruder am besten verarbeitet hat.“

„Jack hat auf keinen Fall mit sich selbst gesprochen. Dazu passten seine Sätze einfach nicht“, beharrte die junge Blondine fest.

Ungläubig schüttelte Andie immer noch ihren Kopf. Es konnte einfach nicht sein. Jack war der Vernünftige. Er war immer für sie da gewesen und hatte sie trösten müssen. Wie sollte ihm so etwas passieren? Gerade jetzt, wo er Doug hatte und die beiden so verliebt waren.

Wahrscheinlich hatte Ashley sich diese Sache wirklich nur eingebildet. Auch wenn sie auf ihre Meinung beharrte, Andie wusste aus eigener Erfahrung, wie kranke Menschen manchmal die Wahrheit zu ihren Gunsten veränderten.

„Es kann einfach nicht sein. Wahrscheinlich hast du dich geirrt.“

Ashley sah sie mit großen Augen an. Sollte sie Andie nicht widersprechen? Doch ihre Freundin kannte ihren eigenen Bruder vermutlich besser als sie und ... vielleicht hatte sie sich das Gehörte wirklich nur missverstanden. „Wahrscheinlich hast du recht“, gab Ashley nach und sah Andie mit einem Lächeln an. „Ich werde mal wieder zu den anderen runtergehen.“

„Okay, mach das.“ Sobald Andie allein in dem Zimmer war, schloss sie für einen Moment der stillen Verzweiflung die Augen und schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Dass es Jack so schlecht ging, wollte sie einfach nicht glauben. Das durfte einfach nicht sein!

~*~

Nur das Licht der Sterne schien auf den Treppenabsatz, auf dem Joey es sich gemütlich gemacht hatte. Ihr Kopf lehnte an der kühlen Fensterscheibe. Sie lauschte dem Regen und hoffte, dass er sie beruhigen würde.

Ein leises Knarren einer Treppenstufe holte sie aus ihren Gedanken und als sie aufblickte sah sie, wie Pacey auf sie zukam. „Darf ich mich setzen?“, fragte er leise und sah sie mit seinen dunkel blauen Augen bittend an.

Mit einem schiefen Lächeln meinte Joey: „Klar.“

Beide schauten aus dem Fenster und dachten eine Weile nach, bis Joey ihren Kopf zu ihm drehte und leise sagte: „Weißt du woran mich das erinnert?“

Als Pacey den Kopf schüttelte, fuhr sie fort: „Erinnerst du dich noch an den einen regnerischen Tag als wir auf der ‚True Love‘ waren? Es hat Hunde und Katzen geregnet und man konnte keine fünf Meter weit sehen. Wir lagen in der kleinen Koje und haben nur auf das gleichmäßige Prasseln des Regens gehört. So eng aneinander gekuschelt ... wir brauchten nichts und niemanden außer uns, um glücklich zu sein. Ich habe mich damals so unglaublich wohlgefühlt. Ich weiß auch nicht, warum mich das Ganze an den Sommer erinnert."

„Vielleicht, weil wir damals glücklich waren und nichts außer etwas zu Essen und uns brauchten?“, mutmaßte Pacey.

Joey lächelte ihn wieder mit ihrem halben Lächeln an und erwiderte: „Vielleicht.“

Beide schauten sich an und schließlich sagte Pacey leise: „Auch, wenn es vielleicht nicht so scheinen mag, aber ich liebe dich heute noch genauso wie damals und vielleicht sogar noch mehr. Ich hasse es, mich mit dir zu streiten.“ Pacey sah ihr fest in die Augen und nahm ihre Hände in seine: „Joey, ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt. Ich möchte dich nicht verlieren. Und das heute mit Dawson ... du kennst mich ja. Dieses schreckliche Monster namens Eifersucht scheint mich einfach nicht verlassen zu wollen.“

Eine kleine Träne lief Joeys Wange hinunter. „Ich liebe dich auch noch genauso wie damals. Und unser Streit hat mir erst recht gezeigt, dass ich dich brauche, denn ich war die letzten Wochen einfach nur mies gelaunt und wollte mit niemandem mehr reden.“

Langsam beugten sich beide zueinander und küssten sich schließlich sanft. Ihre Augen waren geschlossen und beide fühlten die Sehnsucht und die Zuneigung des anderen. Als sich ihre Lippen wieder trennten, lächelten sich beide an und sanft wischte Pacey die Tränen von ihrem Gesicht. Ein kleines Lachen entkam ihrer Kehle.

„Ich habe vorhin mit Dawson gesprochen und wir beiden müssen wohl einfach einen Kompromiss finden.“

„Das wollte ich doch schon die ganze Zeit“, warf Joey ihn vor, doch sie meinte es nicht böse.

Geknickt antwortete Pacey: „Ich weiß, aber du kennst mich ja. Ich wollte deine Seite einfach nicht sehen, sondern habe nur an mich gedacht. Wie wundervoll es wäre ein Vater zu sein, ein so viel besserer als mein Dad es jemals für mich war ...“

„Pacey, du wärst ein großartiger Vater. Schon damals als du mit Alexander gespielt hast, konnte ich es nie fassen, wie ruhig und still er war, wenn du dich um ihn gekümmert hast“, bestätigte Joey ihm und guckte ihn zärtlich an.

„Danke, Joey. Ich hoffe nur, dass wir beide es hinbekommen werden. Aber wahrscheinlich sollten wir uns in Ruhe unterhalten, nachdem sich jeder seine Gedanken gemacht hat.“

Zustimmend nickte Joey ihm zu und gab ihm dann einen Kuss auf die Stirn. „Ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch.“

Beide umarmten sich und schließlich flüsterte Joey leise: „Wahrscheinlich sollten wir mal wieder zu den anderen gehen und schauen, ob wieder irgendetwas Schlimmes passiert ist. Auf diesen komischen Veranstaltungen von uns passiert ja immer irgendetwas und es wendet sich doch noch alles zum Guten.“

Pacey lachte daraufhin leise. Wie Recht sie hatte! „Genau das haben Dawson und ich uns vorhin auch gefragt. Ob wir immer erst eingesperrt sein müssen, um unsere Probleme und Fehler ein zu sehen.“

„Anscheinend ist es so. Aber ich bin regelrecht froh, mal wieder eingesperrt zu sein. Schließlich hätten wir beiden sonst womöglich nie miteinander geredet, oder uns noch mehr gestritten.“

Lächelnd sahen die beiden sich an und schließlich fragte Pacey: „Soll ich in den nächsten Tagen vielleicht mal bei dir in New York vorbeikommen, damit wir in Ruhe und unter vier Augen über alles reden können? Bis dahin kann sich ja auch schon jeder etwas überlegt haben.“

Nickend stimmte Joey ihm zu und seufzte, als sie sich wieder in seine Arme sinken ließ. Vielleicht hatte es ja doch geholfen, dass der Regen an die Fenster prasselte und sie sich so an die traumhafte Zeit auf der ‚True Love‘ erinnert hatte.

~*~

Joey und Pacey saßen noch immer eng umschlungen auf der Treppe, als eine Gestalt die Stufen hinunterkam. Beide blickten auf und sahen Ashley auf sich zukommen. „Ash?“

„Ja“, antwortete diese mit zittriger Stimme.

„Ist alles okay?“, fragte Joey genauer nach.

„Ich weiß nicht.“

Pacey und Joey sahen sich etwas verwirrt an und schließlich flüsterte Pacey seiner Freundin zu: „Ich werde euch besser allein lassen. Sie sieht ziemlich durcheinander aus.“

„Okay.“

Pacey gab Joey noch einen Kuss und ging dann die Treppenstufen hinunter.

Inzwischen war Ashley bei Joey angekommen und meinte: „Er muss nicht gehen, nur weil ich komme.“

Doch die Brünette schüttelte ihren Kopf und klopfte mit der flachen Hand auf den eben freigewordenen Platz neben sich. „Setz dich!“

Seufzend ließ sich Ashley neben ihrer neuen Freundin nieder und sah sie an. „Läuft es zwischen euch beiden wieder besser?“

Joey nickte lächelnd und meinte dann: „Aber eigentlich wollte ich wissen, warum du so verwirrt bist. Oder jedenfalls scheint es so.“

Einen Augenblick dachte Ashley darüber nach, Joey alles über die Sache mit Jack zu erzählen, doch schließlich hatte Andie es nicht glauben wollen und sie wollte sich auch nicht in die Sache einmischen.

„Nein, es ist alles in Ordnung“, sagte sie also und lächelte die junge Frau neben sich kurz an.

„Warum ist Justin eigentlich nicht da? Schließlich ist es ja eure Einweihungsparty“, erkundigte sich Joey nun und sah die Blondine neben sich aufmerksam an.

„Justin ist noch in Los Angeles, um das Photoshooting für Jerry Bruckheimer zu erledigen. Eigentlich war die Party auch für etwas Anderes gedacht und nur als Einweihungsparty getarnt.“

Verdutzt sah Joey Ashley an. „Wieso denn das?“

„Also, ich weiß nicht wie ich es dir sagen soll, aber ... ich habe eine Krankheit. Ich war ja früher Modell. Ich hatte einige Probleme … eben die ganze Palette an Klischees aus falschen Beziehungen, zu viel Alkohol und Drogen.“ Sie lachte kurz verbittert auf und fuhr dann fort: „Ich hatte oft Panikattacken, die ich allerdings glaubte im Griff zu haben seit ich meinen Entzug gemacht habe. Ich dachte wirklich, ich wäre wieder gesund. Aber wenn Justin nicht bei mir ist, fühle ich mich so hilflos. Ich bin nicht gut darin allein zu sein. Erst durch Andie ist mir das alles klargeworden.“

Joey nickte nachdenklich. Das Geständnis überwältigte sie ein bisschen. „Das kommt wirklich alles ein wenig überraschend.“

„Außerdem wollte ich euch endlich mal alle richtig kennenlernen und nicht nur als die Neue gelten, die in das alte Ryan Haus gezogen ist.“

„Aber Ashley, mittlerweile sind wir doch alle wirklich befreundet. Wir mögen dich.“ Mit einem Lächeln sah sie Ashley an, wurde dann jedoch ernster. „Um nochmals auf deine Panikattacken zurückzukommen; gibt es nicht jemanden, der dir dabei helfen kann? Professionell, meine ich.“

„Ja, ich gehe zu einer Selbsthilfegruppe. Außerdem ist es wirklich großartig, Andie hier zu haben, da sie ja auch schon mal so etwas Ähnliches durchgestanden hat.“

Joey nickte und fragte dann vorsichtig: „Geht es dir denn inzwischen etwas besser?“

Nachdenklich antwortete die Blondine: „Irgendwie geht es mir schon besser. Erst mal muss ich mich nicht mehr selbst anlügen und zweitens lerne ich, dass ich nicht ganz allein bin und wie ich meine Panikattacken selbst unter Kontrolle bekomme.“

„Hast du Justin schon davon erzählt?“

Nun hatte sie Ashleys wunden Punkt getroffen. Sie seufzte. „Nein. Ich weiß nicht wie er reagieren würde und außerdem will ich ihn einfach nicht bei seiner Arbeit stören. Wie ich ihn kenne, würde er sofort nach Hause kommen und alles stehen und liegen lassen.“

„Aber du wirst es ihm doch sagen, oder?“

„Ja, natürlich. Ich muss nur noch herausfinden, wie ich es mache. Selbstverständlich muss ich es ihm sagen und ich will es ihm auch sagen, denn dann sieht er ja wie sehr ich mich bemühe und wie eigenständig ich mit diesem Thema umgehen kann, so dass er sich keine Sorgen machen muss.“

Joey nickte ihr lächelnd zu und meinte schließlich: „Ich finde es wirklich gut, dass du dir die Krankheit selbst eingestehst und auch daran arbeitest. Ich wüsste nicht, ob ich es schaffen würde.“

Nun lächelte auch Ashley ein bisschen. „Na ja, irgendwie bin ich auch ein bisschen stolz auf mich.“

Beide lächelten sich an und schließlich umarmten sie sich. „Ich bin froh, dass ich wieder jemanden habe, mit dem ich reden kann. Schließlich fliegt Andie ja bald wieder zurück nach Deutschland.“

„Ich bin auch froh, dass es endlich wieder eine weibliche Person in meinem Leben gibt, mit der ich reden kann.“

Die beiden jungen Frauen lächelten sich an und gingen schließlich wieder zu den anderen zurück.

~*~

Joey wischte sich mit dem Handrücken eine Träne von der Wange, als die letzten Töne von E.T. verklangen.

„Ich werde immer bei dir sein“, murmelte sie und richtete sich auf, um sich zu strecken.

Die anderen saßen zusammengekauert auf dem Sofa oder auf dem Boden und erhoben sich ebenfalls, um nach dem Film wieder wach zu werden.

„Wer hat damals noch mal den Oscar bekommen, Dawson?“, witzelte Joey und blickte zu ihm, der genervt eine Augenbraue hochzog.

„Das war Ghandi. Wie oft willst du das eigentlich noch wissen?“, entgegnete er und nahm sich eine Hand voll Chips aus einer Schüssel, die sich vor ihm befand.

Joey lächelte und kuschelte sich an Paceys Schulter, der neben ihr auf dem Sofa saß. Sie suchte nach seiner Hand und war froh, nun wieder die ewigen Streitereien mit ihm vergessen zu haben.

Jack fuhr sich mit der Hand durch seine Haare und zog seinen Pullover gerade, um die hinterlassenen Chipsspuren zu beseitigen.

„Sagt mal, wie oft habt ihr eigentlich diesen Film schon gesehen, Dawson?“, meinte Ashley und blickte abwechselnd zu ihm und Joey.

Dawsons Blick schweifte zu Joey und ein Lachen umspielte seine Lippen. „Ich glaube, das ist nicht mehr zählbar. Dieser Film ist ein wahres Sinnbild meiner Jugend und ein Meilenstein in der Beziehung von Joey und mir“, meinte er und zog die Kassette aus dem Videorecorder, um sie wieder in der Kassettenhülle zu verstauen.

„Ich sag dir, die Beziehung zwischen Dawson und Joey wirst du bei weitem nicht verstehen können, wenn du nicht selbst und wahrhaftig da bei warst“, frotzelte Pacey und fuhr sich mit dieser Bemerkung einen Seitenhieb von Joey ein, die ihn gespielt drohend anblickte.

Alle lachten laut auf.

„Ja, irgendwie vermisse ich die guten alten Zeiten“, warf Dawson ein und machte es sich auf dem Sofa wieder bequem.

Pacey zog eine Augenbraue hoch und blickte verwundernd zu ihm hinüber. „Dawson, Mann, du kannst mir doch nicht weismachen, dass du diese Zeit voller Selbstanalysen und ständig wiederkehrenden Auseinandersetzungen und Missverständnissen vermissen würdest?“, meinte Pacey.

Dawson lächelte sanft. „Doch, im Grunde schon. Ich meine, abgesehen von dem Offensichtlichen, war die Zeit doch für uns alle eine große Erfahrung und ein einziges Abenteuer“, erklärte er seinen Standpunkt und nahm einen Schluck von seinem Weinglas.

„Das hast du Recht, Dawson. Wenn die Zeit kein Abenteuer war, dann weiß ich auch nicht“, erwähnte Jack.

„Aber wisst ihr was, Jungs. Im Grunde haben wir uns eigentlich nicht sonderlich verändert. Ich meine, wir können sagen, dass wir uns weiterentwickelt haben oder dass wir erwachsen geworden sind, aber unsere Beziehungen untereinander beinhalten immer noch die selben Probleme und Schwierigkeiten wie sie es früher taten. Wir wollen doch eigentlich immer nur das Beste für den jeweiligen anderen“, erwiderte Joey, die Pacey leicht auf den Handrücken küsste.

Alle anderen stimmten ihr nickend zu. Joey hatte Recht. Vielleicht hatten sie sich weiterentwickelt und sicherlich hatte sie sich in vielen Dingen geändert, aber die Probleme waren immer noch die gleichen wie zu ihrer Jugendzeit.

Dawson stand euphorisch auf und streckte sein Weinglas in die Höhe. „Auf die Freundschaft!“, rief er und alle anderen erhoben sich um mit ihm anzustoßen.

„Ja, auf die Freundschaft. Und darauf, dass sie ewig halten möge“, fügte Pacey hinzu und das Klirren der Gläser hallte durch das ganze Haus.

~*~

Dawson drehte sich auf seinem Schlafplatz nochmals um, doch er konnte einfach nicht wieder einschlafen. Die Sonne schien mit aller Macht durch das große Fenster des Wintergartens und hinterließ lange sonnige Streifen auf dem Fußboden. Gähnend streckte er sich und schaute sich dann um. Seine Freunde lagen zusammengekauert auf dem Fußboden oder auf den Sofas. Pacey und Joey teilten sich eine Couch und schliefen beide noch friedlich. Zufrieden lächelte Dawson in sich hinein. Er war froh, dass die beiden ihre Streitigkeiten doch noch beigelegt hatten.

Jack lag auf dem Bach auf dem Boden, eine dünne Decke bedeckte seinen Körper. Dawson hatte gestern zwar nicht viel mit ihm geredet, aber trotzdem schien es Jack ziemlich gut zu gehen. Endlich schien er über den Verlust von Jen hinweg zu kommen. Aber die kleine Amy half ihm sicher, genauso wie Doug. Bei dem Gedanken an Paceys Bruder musste er grinsen. Hatte Pacey es nicht immer schon gesagt? Er konnte es immer noch nicht glauben, dass Doug Witter sich nach all den Jahren zu seiner Homosexualität bekannt hatte und nun Jacks Lebensgefährte war. Wie sich die Zeiten veränderten.

Andie hatte es sich im Sessel bequem gemacht, auch wenn Dawson sich nicht vorstellen konnte, dass es eine bequeme Schlafposition war. Ashley lag ebenfalls auf dem Boden und ein leises Schnarchen drang aus ihrem Mund.

Dawson lächelte und stand dann vorsichtig auf. Nach einem Blick auf die Uhr stellte er fest, dass er sich beeilen musste, um sein Flugzeug noch zu erwischen. So leise wie möglich packte er daher seine Sachen zusammen, denn er wollte die anderen nicht aufwecken.

Schließlich zog er sich fertig an und ging aus dem Wohnzimmer. Bevor er die Tür zuzog, warf er noch einen letzten Blick auf seine Freunde. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht und er schien glücklich zu sein. Er freute sich, dass sie endlich mal wieder Zeit miteinander verbracht hatten.

Schließlich schloss er leise die Zimmertür und begab nach draußen. Als er die Haustür öffnete, war er überwältigt. Der Himmel strahlte in einem klaren Blau, die Büsche und Bäume strahlten in einem frischen grün, auch wenn sie noch ein bisschen nass waren. Die Natur schien auf das erlösende Klicken eines Fotoapparats zu warten, damit sie wieder ausatmen konnte. Das Gewitter hatte sich verzogen.


Fade to black ...


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