Mandalores Schicksal von Oriane

Mandalores Schicksal von Oriane

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Die Szenerie, die sich Bo-Katan bot, als sie in die Messe trat, hatte sie in der gesamten Zeit bei der Death Watch noch nicht erlebt. Aus einem Tisch war für Tor Vizsla und die anderen Führer der Organisation eine behelfsmäßige Bühne entstanden. Darum herum gruppierten sich seine Anhänger. Vizsla selbst hatte den Helm abgenommen, unter den Arm geklemmt und ließ die Augen ruhig über die Menge wandern, als wolle er sicherstellen, dass auch jeder einzelne anwesend war. Tatsächlich schien es so, als sei Bo die letzte, die im Saal noch gefehlt hatte. Sie hätte nicht gedacht, dass sie bei der Death Watch mittlerweile ein Gesicht war, das man wiedererkannte. Besonders, da sie die letzten Wochen entweder in Einzelhaft, oder beim harten Training verbracht hatte. Seit sie erfahren hatte, dass Vizsla ihren Vater ebenfalls getötet hatte, war sie in den ersten Tagen beinahe vor Wut und Verzweiflung umgekommen. Danach war ihr langsam klargeworden, dass die Death Watch ihre beste Chance darstellte. Sie mochte ihr die Familie genommen haben, jedoch war sie die einzige, mit deren Ideale Bo sich identifizieren konnte. Oft genug hatte sie sich vorgestellt, zu fliehen und zu ihrer Schwester zurückzukehren, aber sie wusste tief in ihrem Innern, dass das der falsche Weg gewesen wäre. Bei Satine würde sie ihr Selbst niemals ausleben können. Die Death Watch mochte ihr grausame Dinge angetan haben, und doch hatte sie sich zum Zuhause des verirrten jungen Mädchens entwickelt.
Trotz all dieser Überlegungen hatten sich die letzten Wochen als sehr einsam herausgestellt und nun war sie beinahe überwältigt von der Masse der Mando-Krieger, die sich vor ihr ausbreitete. Mittlerweile war sie eine von ihnen geworden.
„Bo! Hey!“, rief jemand und bahnte sich seinen Weg durch die Menge. Sie erkannte Spike nicht erst, als der den Helm absetzte und ihr ein strahlendes Grinsen entgegenbrachte. Nach einem unsicheren Blick auf den Wächter, der sie hergebracht, sich jedoch danach in die Menge zurückgezogen hatte, fiel sie ihrem Freund spontan um den Hals.
„Es tut gut, dich zu sehen“, sagte sie, nachdem sie ihn wieder losgelassen hatte.
„Es tut gut, dich in Freiheit zu sehen“, erwiderte er. „Es scheint, als hätte man dich entlassen.“
„Ja.“ Sie nickte und sah sich um. „Was wird das hier? Normalerweise hält Vizsla doch keine Death Watch-Vollversammlung ab.“
„Es heißt, es gäbe ein Angebot, über das er mit uns allen sprechen müsste, nicht nur den Führungspositionen.“
Wie, als wären Spikes Worte ein Stichwort für ihn, brachte Tor Vizsla seine Anhänger zum Schweigen.
„Das Gerücht hat sich mit Sicherheit längst unter euch verbreitet. Uns liegt ein Angebot des Clanrats von Mandalore vor, das von jedem von euch Aufmerksamkeit fordert. Anscheinend hat man im steinernen Saal endlich verstanden, dass wir Forderungen stellen und man ist bereit, darüber zu reden. Der Vorschlag, den wir enthalten haben, enthält den Mond Draboon, der als neutraler Boden empfohlen wird. Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich werde hier keineswegs eine Abstimmung durchführen. Ob die Death Watch diesen Vorschlag annimmt, ist letztendlich allein meine Entscheidung, aber was ich von euch hören will, sind Meinungen.“
Ungläubig drehte Bo den Kopf und fixierte Spike, der mindestens genauso verwirrt aussah, wie Bo sich fühlte. Fast war es, als hörte sie die Stimme ihres Vater in ihrem Kopf, der beim Abendessen lange Parolen hielt und immer wieder darauf bestand, dass man nur einmal miteinander reden müsse. Dann würden die Kämpfe aufhören und eine Einigung könnte erzielt werden. Bo hatte immer argumentiert, dass die Meinungen dafür viel zu unterschiedlich waren und dass es Jahre dauern könnte, bis eine Einigung vorlag, wenn nicht vorher ungeduldige Stimmen wieder zu Kämpfen aufgerufen hätten.
Auch der Rest der Krieger im Raum war komplett verstummt. Fragende Stille senkte sich über die Anwesenden und Vizsla war sichtlich zufrieden damit, welche Reaktion seine Bombe ausgelöst hatte. Aber niemand war darauf vorbereitet, zu reden. Jeder hier im Raum war Krieger, der dafür lebte, seine Ideale kämpferisch zu verteidigen. Dafür hatte die Death Watch seit jeher existiert, sodass niemand wirklich sagen konnte, was er von dieser unerwarteten Möglichkeit hielt. Allerdings gab es ein junges Mädchen im Raum, der das Denken und Argumentieren von klein auf beigebracht worden war. In Bos Kopf formte sich plötzlich eine Idee, ein Plan, der sich auf Anhieb so gut anhörte, dass sie ihn nicht für sich behalten konnte. Außerdem war es vielleicht eine Chance, bei Tor Vizsla wieder Boden unter den Füßen zu bekommen. Sie hatte sich längst entschieden, wo sie hingehörte.
„Ich denke, wir sollten das Angebot annehmen!“ Der Satz war Bo so schnell und so laut herausgerutscht, dass sie ihn nicht zurücknehmen oder als leise Meinungsäußerung in Richtung Spike verkaufen konnte. Alle Augen richteten sich auf sie, während sie langsam realisierte, was sie wieder angerichtet hatte. Aber was man anfing, das musste man auch zu Ende führen. Also bahnte sie sich langsam ihren Weg nach vorn, direkt vor Vizslas improvisierte Bühne. Wäre sie nicht damit beschäftigt gewesen, ihr rasendes Herz zu beruhigen, hätte sie den Gesichtsausdruck vielleicht lustig gefunden. Gerade aus der Einzelhaft entlassen und schon wieder frech, sagte sein Blick, aber sie ließ sich davon nicht beirren.
„Ich denke, wir sollten das Angebot annehmen“, wiederholte sie, fügte dann aber den entscheidenden Satz hinzu, „und den Clanführern auf Draboon zeigen, wie die Death Watch gestrickt ist; dass wir nicht bereit sind, über unsere Ziele zu verhandeln, sondern dass wir gedenken, sie durchzusetzen mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Ich verstehe ein bisschen von Verhandlungen. Als ich jünger war, gab es die bei uns Zuhause zur Genüge, wie ihr euch sicher alle denken könnt. Wenn man die Tochter von Aman Kryze ist, lernt man schnell, dass Verhandlungen immer dazu führen, dass man seine eigentlichen Ziele aufgeben muss.“ Gespannt beobachtete sie Vizslas Reaktion, als sie wieder von ihrem Vater anfing. Sie hatte nicht vor, ihn wieder zu beschimpfen und ihm zu drohen, aber sie wollte wissen, was er über sie dachte. Doch der Mando-Krieger hörte mit steinernem Gesicht ihrer Rede zu.
„Was du also vorschlägst, ist ein Hinterhalt“, fasste er ihre Worte plötzlich zusammen und sie nickte.
„Wir erklären uns bereit, zu reden, hören uns ihren Vorschlag an. Vielleicht unterschätze ich den Clanrat. Vielleicht ist er wirklich bereit, einen großen Schritt auf uns zuzumachen, doch wenn nicht, haben wir einen Plan in der Hinterhand, der uns zur Macht über Mandalore verhelfen wird.“
„Darf ich fragen, was deine Meinung bezüglich meiner Person geändert hat?“
Nun fiel es Bo plötzlich schwer, vor der Menge offen zu reden. Was er fragte, war etwas Persönliches und kein Mandalorianer sprach offen über persönliche Gefühle vor vielen Leuten. Es würde sie als schwach darstellen und da sie gerade versuchte, genau das Gegenteil zu erreichen, wand sie sich um die direkte Wahrheit so gut wie möglich herum. „Mir ist klargeworden, was meine Ziele sind.“
Glücklicherweise schien ihn diese Antwort zufriedenzustellen. „Hat sonst niemand den Mut, vor allen einen Vorschlag zu machen?“
Die Frage war gemein formuliert, aber Bo erlaubte sich, stolz auf sich selbst zu sein, denn der Wortlaut stellte auch Vizslas Anerkennung für sie dar. Es meldete sich niemand. Stattdessen schwoll murmelnde Zustimmung an. Die Krieger links und rechts neben ihr, nickten ihr zu und einer von ihnen sprach es schließlich aus. „Ein guter Plan“, knurrte er. Vizsla nickte. „Du hast recht.“ Dann sprang er behände vom Tisch herunter. Der Rest der Führungsriege tat es ihm gleich. Ehe Bo es sich versah, hatte er ihr einen Arm auf die Schulter gelegt und führte sie bestimmt mit sich durch die Menge. Von außen mochte die Geste fast väterlich wirken, aber Bo spürte den Druck, der dahinterstand sehr deutlich. Als sie an Spike vorbeikamen, vertröstete sie ihn mit einem Nicken auf später.

Bo-Katan begann schnell zu ahnen, dass ihr dieser Spielzug noch leidtun würde. Vizsla bugsierte sie geradewegs in die Kommandozentrale, wo er sie auf einen Stuhl pflanzte und sich dann für die Revanche bereit machte.
„Woher der plötzliche Eifer?“, fragte er ruhig, während er langsam vor ihr auf und ab ging. Bo hätte es wissen müssen. Anstatt das Misstrauen gegen sie zu erschlagen, hatte sie ihm nur noch mehr Gründe gegeben, ihr kein Vertrauen zu schenken.
„Mir sind ein paar Dinge klargeworden“, antwortete sie wahrheitsgemäß. Die Einzelhaft hatte ihr – trotz der Grausamkeit, oder gerade deswegen – wieder gezeigt, für welche Philosophie und damit für welches Leben sie sich entschieden hatte. Sie hatte geglaubt, sich an die Resol'nare, die sechs Handlungen zu halten, aber in Wirklichkeit musste sie zugeben, dass sie die Handlungen schon lange sehr flexibel interpretierte. Sie trug weder zum Wohle ihres Clans bei, noch schloss sie sich dem Mand'alor an, sondern arbeitete gegen ihn. Zwar sprach sie Mando'a und trug mittlerweile auch die traditionelle, mandalorianische Rüstung, aber als Selbstverteidigung konnte sie ihr Handeln und das der Death Watch auch nicht bezeichnen. Bo hatte sich diese Dinge eingestehen und dann einen anderen Weg finden müssen.
Als Vizsla keine Reaktion zeigte, ergriff sie die Initiative und sprach einfach weiter. „So schwer es auch zu akzeptieren ist; meine Familie hat den falschen Weg gewählt. Wenn Satine gegen die Death Watch kämpft, kämpft sie auch gegen mich. Das gibt mir das Recht, mich über eine der sechs Handlungen hinwegzusetzen.“
„Du warst deiner Philosophie immer sehr treu. Wie kann ich sicher sein, dass du mir nicht frech ins Gesicht lügst?“
„Meine Philosophie existiert nicht mehr“, versuchte Bo das Dilemma zu erklären. „Weder im Clanrat, noch bei der Death Watch. Doch die Death Watch hat sich einem Kampf verschrieben, der die alten Regeln wieder etablieren soll. Diesem Weg werde ich folgen.“
„Bereits bei deiner Ankunft hier hast du dich gut geschlagen, das muss ich zugeben. Dass du deine Zweifel und deinen Hass auf uns überwunden hast, zeigt nur, dass du stark bist. Aber ich muss sicher sein, wem du diese Stärke zur Verfügung stellst.“
Die Nervosität, die sich für gewöhnlich in Vizslas Nähe einstellte, blieb diesmal aus. Erst jetzt realisierte Bo, dass sie nun wusste, wo sie stand und was sie wollte. Sie war keine willenlose Witzfigur, die sich Vizsla angeschlossen hatte, nur weil ihr die Politik des Clanrats nicht gefiel. Nein, sie war stark und unabhängig und Vizsla wusste das. Er hatte erkannt, dass sie ausschließlich ihre eigenen Ziele verfolgte und verstand, dass er Bos Talente für sich nutzen konnte, oder sie vernichten musste. Aber trotz allem war noch immer er das Oberhaupt der Death Watch und Bo sich seiner Position sehr bewusst.
„Meine Loyalität gehört Euch, wenn Ihr sie wollt.“
Vizsla blieb stehen und baute sich drohend vor Bo auf. „Beweise es!“


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