Blizzard von Nadia

Blizzard von Nadia

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Story Bemerkung:

SPOILER: alles bis einschließlich 3x16 Rettet Green!

Nichts was nach ‚Rettet Green!’ kam, ist hier in meiner Story geschehen. Joey und Pacey sind also ‚nur’ Freunde bisher. Sehr zu seinem Leid. Und ich will das ändern.
Auch hat Pacey in dieser Story Geburtstag wie in der 4. Staffel. Also irgendwann im Winter. (Könnte Februar sein. Ich nehme jedenfalls Februar. *lol*) Das läuft mir einfach gut rein…
„Verdammt…“, murmelte Bessie und schaltete den Fernseher lauter. Es liefen gerade die Nachrichten. Ein gewaltiger Blizzard war auf dem Weg nach Vermont. Er zog allmählich in genau die Richtung, in der das Ferienhaus der Familie Witter stand. Zumindest hatte Joey ihr erzählt, dass es irgendwo dort liegen würde. Nicht direkt in Vermont, das konnte sich die Familie nicht leisten, aber nicht weit weg vom beliebtesten Skigebiet Amerikas.

Instinktiv griff Bessie nach dem schnurlosen Telefon und wählte Joeys Handynummer, um sie vor der Sturmfront zu warnen.

Sie wartete angespannt, während es ein paar Mal tutete. Dann sagte eine monotone Frauenstimme: „Der gewünschte Gesprächspartner ist zur Zeit nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut.“

„So ein Mist!“, fluchte sie und legte wieder auf, den Blick immer noch auf den Fernseher gerichtet. Sie hoffte, dass Joey ebenfalls die Nachrichten mitbekommen hatte und blieb wo sie war.

***

„Komm schon, Jo“, bettelte Pacey und schüttelte das kleine Päckchen. „Warum darf ich es nicht jetzt schon aufmachen? Immerhin bist du den weiten Weg hierher gefahren, um mir das Geschenk zu bringen. Und da interessiert es dich gar nicht, ob es mir überhaupt gefällt?“

Joey stemmte die Hände in die Hüfte und gab sich völlig uninteressiert. „Wenn es dir nicht gefällt, dann ist das dein Problem, nicht meins.“ Sie band sich den Schal um den Hals, zog den Reißverschluss ihres Anoraks hoch und setzte sich die Mütze auf. „Ich muss jetzt gehen, ehe die Dunkelheit hereinbricht.“

„Du bist so lange gefahren, um mir bei einer Tasse Tee mein Geschenk zu geben und dann gleich wieder nach Capeside zurückzufahren? Machst du Witze?“ Pacey konnte es nicht glauben.

„Ja denkst du denn, dass ich die Nacht hier bei dir verbringe?“, entgegnete sie dreist. „Nicht in deinen wildesten Träumen, Witter!“ Mit diesen Worten schob sie Pacey zur Seite, der sich vor der Tür aufgebaut hatte und öffnete selbige. Eisiger Wind blies in die Hütte, trieb ihr wild umher fliegende Schneeflocken ins Gesicht und ließ sie augenblicklich frösteln. „Bis in ein paar Tagen dann!“, rief sie ihm noch zu, um den Wind zu übertönen.

Dann verschwand sie im Schneegestöber. Pacey schüttelte nur den Kopf. Das war typisch Joey Potter. Hauptsache den Kopf durchgesetzt, ganz egal was für ein Wetter draußen herrschte. Und dabei wurde das Schneetreiben zunehmend stärker. Er hoffte, dass sie wusste, was sie tat. Immerhin war sie noch relativ unerfahren, was das Autofahren anging. Und bei solchem Wetter war sie noch nie zuvor unterwegs gewesen. In Capeside schneite es nur selten so stark, wie hier draußen am Rande der Berge.

Er hatte sich so sehr gefreut, als sie so unverhofft vor der Tür gestanden hatte. Tausend Gründe waren ihm in den Sinn gekommen, weshalb sie ihm gefolgt war. Viele furchtbar kitschige Gedanken. Er hatte sie schnell hereingebeten, ihr den Anorak abgenommen und ihr einen Tee angeboten, den sie nach den Strapazen der Fahrt hier herauf gerne und ohne das übliche Zicken angenommen hatte, um sich aufzuwärmen.

Vor dem Kamin hatte sie ihm vor einer Stunde das liebevoll verpackte Geschenk überreicht und ihm gesagt, dass sie ihm das Genick brechen würde, wenn er es wagte, es vor seinem Geburtstag morgen zu öffnen. Er hatte es ihr versprochen und sie unterhielten sich noch einige Zeit, ehe sie aufstand und ihm klar wurde, dass sie dabei war wieder aufzubrechen. Gerne hätte er sie hier bei sich gehabt.

Sicherlich, er war hierher gekommen, um allein zu sein. Um einem weiteren schrecklichen Geburtstag im Kreise der Horrorfamilie Witter zu entgehen. Aber so ganz allein fühlte er sich doch einsam. Und Joey war ihm niemals lästig. Ganz im Gegenteil, er genoss es zunehmend in ihrer Gegenwart zu sein.

Er schloss die Tür, als sie schon lange außer Sichtweite war und er das Geräusch des Motors hörte, das sich mit dem Rauschen des Windes vermischte und darin beinahe unterging. Sie war fort und er wieder allein.

Pacey lehnte sich an die massive Holztür und schloss einen Moment nachdenklich die Augen. Wie hatte es nur soweit kommen können? Wie hatte er zulassen können, sich ausgerechnet in die Frau zu verlieben, die von allen Frauen auf der Welt vermutlich am wenigsten für ihn in Frage kam.

Nicht zum ersten Mal, seit er sich seiner Gefühle für sie bewusst geworden war, hatte er darüber nachgedacht. Doch so sehr er auch versuchte eine Antwort auf die imaginäre Frage zu erhalten, sie blieb aus.

Seufzend schlurfte er in die Küche, um das Geschirr abzuwaschen. Anschließend wollte er sich einen der Filme anschauen, die er vorsichtshalber eingepackt hatte, zusammen mit seinem DVD Player. Er wusste, dass hier oben nicht sonderlich viele Kanäle empfangen werden konnten. Und Pay TV gab es hier schon gar nicht. Zudem wurde der Empfang immer total schlecht, wenn es schneite. Und hier draußen schneite es um dieses Jahreszeit verdammt viel.

***

Die Scheibenwischer waren bereits auf höchster Stufe eingestellt und dennoch hatte Joey Schwierigkeiten die Straße vor sich zu sehen. Das Schneetreiben wurde zusehends stärker, der Schnee fiel rascher und dichter. Und der Wind war inzwischen so heftig geworden, dass Joey das Auto gegenlenken musste, um nicht im Straßengraben zu landen.

Allmählich wurde sie nervös. Sie hatte noch nicht mal das Tal erreicht, war keine zwanzig Minuten unterwegs. Und schon schien es, als würde sie irgendwo anhalten und Rast machen müssen., solange das Wetter derart schlecht blieb. Zu allem Überfluss glitt ihr Blick zur Tankanzeige. Sie würde ohnehin tanken müssen, ehe sie die Strecke zurück nach Capeside in Angriff nehmen konnte.

Sie erinnerte sich an eine Tankstelle unten im Tal. Sie war an ihr vorbei gekommen, als sie zur Berghütte der Witters gefahren war. Sie musste nur noch ein paar Minuten durchhalten, was ihr in Anbetracht des Wetters zunehmend schwerer fiel. Sie bekam es langsam mit der Angst zu tun. Immerhin hatte sie ihren Führerschein erst seit wenigen Wochen. Und wenn sie den alten Pick-Up zu Klump fuhr, würde Bessie sie garantiert umbringen.

Nach einigen Minuten erreichte sie endlich die ersehnte Tankstelle und stoppte das Fahrzeug an einer der Zapfsäulen. Ihre Hände zitterten und trotz der Kälte, die draußen vorherrschte, waren ihre Wangen vor Aufregung gerötet und ein kleiner Schweißfilm hatte sich unter ihrer Mütze am Haaransatz gebildet. Sie atmete tief durch, schaltete den Motor ab und lehnte sich auf die Beifahrerseite, wo ihre Handtasche lag.

Oder besser, wo sie liegen sollte. Erstaunt stellte Joey fest, dass die Handtasche nicht dort war, wo sie sie vermutete. Womöglich war die Tasche nach unten gefallen, in den Fußraum, ohne dass sie es bemerkt hatte. Sie machte das Licht im Wagen an und sah nach. Fehlanzeige!

Frustriert ließ Joey sich in den Sitz zurückfallen und schaltete das Licht wieder aus. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich darauf dem Wutausbruch nicht nachzugeben, der in ihr brodelte. Sie klammerte sich derart am Lenkrad fest, dass ihre Knöchel weiß unter ihrer Haut hervor schimmerten.

„Ich bin so ein Idiot!“, schimpfte sie sich selbst und startete den Wagen erneut. Sie musste zurück zur Hütte fahren. Bis nach Capeside würde der Tank nicht reichen. Und außerdem befand sich auch ihr Führerschein in der Handtasche, zusammen mit ihrem ganzen Geld. Nicht auszudenken wie die Polizei bei einer Kontrolle darauf reagieren würde, wenn sie ohne Führerschein fuhr. Es gab nur noch einen Ort wo ihre Handtasche jetzt sein konnte.

***

Er hob erstaunt den Kopf und stand langsam von der Couch auf, auf der er es sich gemütlich gemacht hatte. Hatte er sich das Klopfen an der Tür eben nur eingebildet, oder war es real? Er drückte die Pausetaste und stoppte Bruce Willis mitten im Satz. Das Klopfen wiederholte sich und er zog seine Pantoffeln an. Der Boden hier war eisig.

Verwundert ging er hinüber zur Tür und öffnete sie. Mit Schwung kam ihm die wuchtige Holztür entgegen und er hatte Mühe sie einigermaßen zu halten, als eine völlig eingeschneite Person zu ihm in die Hütte stolperte, ohne um Einlass zu bitten.

Er drückte die Tür hastig wieder zu, um das Schneegestöber auszusperren und sah mit freudiger Überraschung in das zornige Gesicht von Joey Potter, die sich die Mütze vom Kopf und den Schal vom Hals riss.

„Du hast es dir anders überlegt?“, fragte er positiv erstaunt.

„Keineswegs!“, erboste sie sich. „Ich bin einfach nur der dümmste Mensch der Welt und habe meine Handtasche hier vergessen! Die Handtasche, in der sich all mein Geld und natürlich auch mein Führerschein befindet!“

Pacey musste sich eine Hand vor den Mund halten, um sein Grinsen zu verbergen.

Joey sah es jedoch ganz genau und funkelte ihn böse an. „Dir wird das Lachen noch vergehen, Witter! Jetzt muss ich nämlich hier bleiben, obwohl ich eigentlich nicht will. Dass meine Laune entsprechend schlecht ist, wirst du dir ja denken können.“ Sie machte eine Pause und sah ihn spitz an. „Nein, das wirst du dir nicht denken können. Dafür hast du zu wenig Gehirnzellen.“

Er sah sie unberührt an. „Bist du fertig? Geht’s dir jetzt besser?“

Sie schnaubte kurz, ließ die in die Hüfte gestemmten Hände und ihre Schultern sinken. „Ich denke schon“, brachte sie schließlich schmollend über die Lippen. „Tut mir leid, dass ich dich angefahren habe.“

„Ist okay. Ich bin gern dein Sandsack.“ Er lächelte aufmunternd. „Was hältst du von einem schönen heißen Kaffee, um dich etwas aufzuwärmen?“

Sie sah ihn aus zusammen gekniffenen Augen an und legte den Kopf ein wenig schief, während sie nachdachte. „Ein Tee wäre mir lieber. Ich will ja irgendwann auch schlafen.“

Gott, Bessie würde sie sicher umbringen. Sie hatte versprechen müssen, dass sie noch heute wieder zurückkäme. Nicht zuletzt wollte sie auch zurückfahren, weil AJ sie anrufen wollte. Sie hatte seit der Demoaktion nichts mehr von ihm gehört, weil er so massiv im Prüfungsstress gewesen war.

Immer noch auf sich selbst wütend, ließ Joey sich auf einen der Holzstühle in der Küche sinken und sah Pacey dabei zu, wie er Wasser abkochte, um ihr einen Tee zu machen.

„Ich hab noch nicht mal einen Pyjama hier, von frischer Unterwäsche, einer Zahnbürste und Duschgel ganz zu schweigen.“

Er sah über seine Schulter zu ihr. Sie stütze den Kopf in ihre Hände und sah ziemlich geschafft aus. „Potter, das ist kein Problem. Ich teile meine Sachen gerne mit dir.“

„Damit ich nach einem Männer-Duschgel rieche, gemischt mit dem Schweiß, der noch in deinem alten Shirt klebt, das du mir zum schlafen leihst und ich Karies durch die viel zu alte Zahnbürste von dir bekomme? Nein danke.“ Sie zog eine Grimasse und ließ sich demonstrativ mit vor der Brust verschränkten Armen in die Lehne des Stuhls fallen.

„Es gibt hier Seife die neutral ist, klar. Zudem sind meine Klamotten allesamt frisch gewaschen. Für was für ein Schwein hältst du mich eigentlich? Und wo wir schon dabei sind, die Zahnbürste habe ich gerade neu gekauft. Und ich koche sie dir auch gerne aus, damit sie auch wirklich keimfrei ist!“, erwiderte Pacey ein wenig beleidigt. Er hängte einen Teebeutel in die Tasse mit dampfendem Wasser und stellte diese dann zusammen mit einer Schale Zucker und einem Löffel vor Joey auf den Tisch. „Hast du deine Tage, oder warum bist du so extrem scheiße drauf?“

Sie schlug ihn sofort für den Kommentar mit der geballten Faust auf den Oberschenkel, worauf hin er unter Schmerzen zuckte und sich auf den Stuhl auf der linken Seite des an der Wand stehenden Tisches sinken ließ. „Verdammt, musst du immer gleich so impulsiv reagieren?“

„Musst du immer so blöde Sprüche reißen?“, konterte sie.

Er hob nur die Brauen. „Wir sollten versuchen das Beste aus der Situation zu machen. Und so schlimm wird es schon nicht werden. Wir können doch Karten spielen oder uns einen Film ansehen“, schlug er vor.

„Und wie machen wir das mit der Übernachtung?“

„Du meinst, weil es hier nur ein Doppelbett gibt?“, fragte Pacey und sie nickte. „Ich weiß, meine Eltern haben nicht sehr weit gedacht, als sie diese kleine Hütte gekauft haben. Wir Kinder haben eben immer Luftmatratzen und Schlafsäcke mitgenommen, dann ging das irgendwie.“

„Das kommt mir so unmenschlich vor.“

„Was glaubst du, warum ich dieses Jahr meinen Geburtstag nicht mit dem Rest des Witter Clans verbringen wollte?“ Er sah sie mit traurigem Blick an und sie nickte stumm.

Normalerweise vertrat sie ja den Standpunkt, dass man sich auch über eine weniger perfekte Familie freuen sollte, so wie Dawson sie beispielsweise hatte. Denn das war ja immer noch besser als die Mutter mit zwölf zu verlieren und den Vater auch kurz darauf. – Wenn auch nur deshalb, weil er im Gefängnis landete.

Sie würde alles für Eltern geben, wie Dawson sie hatte. Eine gesunde, liebevolle Mutter und einen noch liebevolleren, verantwortungsbewussten Vater. Sie beneidete ihren besten Freund so sehr für dessen Glück, dass sie ihm an manchen Tagen sogar böse war, weil er nicht sehen wollte oder konnte, welches Glück er tatsächlich hatte. Sein Lamentieren wegen Nichtigkeiten trieb sie immer öfter an den Rand des Wahnsinns.

Pacey war da anders. Er hatte die Hölle auf Erden zu Hause. Joey kannte seine Eltern nur flüchtig, aber sie zweifelte nicht daran, dass seine Horrorgeschichten der Wahrheit entsprachen. Nicht nachdem auch Andie seine Geschichten zusätzlich bestätigt hatte. Und nicht nachdem, was sie so mitbekam, wie Doug ihn manchmal von oben herab behandelte.

Sahen sie denn nicht, welches Potential in Pacey steckte? Man musste ihn lediglich etwas führen. Ihm zeigen, dass es die Mühe wert war. Dass ein guter Abschluss den Stress wert war, den man in den letzten Jahren auf der Schule durchmachen muss. Er hatte so viele Möglichkeiten etwas aus seinem Leben zu machen, aber er war doch nur ein Teenager, noch ein halbes Kind, wie sie und die anderen auch. Und er brauchte wie sie selbst gelegentlich etwas Unterstützung, einen Halt, Aufmunterung.

Joey war froh, dass sie Bessie hatte. Ohne ihre Schwester, das wusste sie genau, wäre sie heute auch nicht so gut in der Schule. Immer wieder hatte sie sich Predigten ihrer großen Schwester anhören müssen, wie wichtig es war klug zu sein. Dass Äußeres nicht von Bedeutung war, wenn sie es einmal weiterbringen und aus Capeside herauskommen wollte. Und sie war clever genug gewesen auf Bessie zu hören. Auch wenn sie ihrer Schwester manchmal nur die kalte Schulter zeigte. Sie liebte sie und sie wusste, dass Bessie sie mindestens ebenso sehr liebte.

„Genug Trübsal geblasen!“, sagte Pacey plötzlich, klopfte mit den flachen Händen auf den Tisch und riss Joey damit unbeabsichtigt aus ihren Grübeleien. „Wie verbringen wir den Abend?“

Sie lächelte etwas beklommen. „Erstmal müssen wir uns was zu essen machen.“

„Es ist doch erst fünf Uhr. Hast du etwa schon Hunger?“

„Nein, aber ich hatte kein Mittagessen, außer einem kleinen Sandwich. Ich hätte gerne was Warmes zu essen. Gibt es hier Pizzaservice?“

Pacey musste lächeln. „Nein, aber ich mache dir die beste Pizza, die du je gegessen hast, Potter.“

Sie sah ihn skeptisch an, erwiderte sein Lächeln jedoch. „Du willst eine Pizza backen?“

„Sag’ mir nur was drauf darf und was nicht“, nickte er zuversichtlich. Seit er bei Doug wohnte hatte er gelernt wie man sehr schnell eine sehr gute Pizza selbst machen kann. Überhaupt hatte sein Bruder ihm beigebracht, wie man richtig kocht. Und dass es sogar Spaß machen kann, sich sein Essen selbst zu machen. Er hatte ihm das zunächst nicht glauben wollen, doch letztlich hatte Doug ihn überzeugen können.

Joey überlegte einige Momente. „Hast du Pilze und Schinken?“

„Jep, habe ich. Und Salami und Thunfisch, Ananas und Artischocken.“

Sie verzog ein wenig das Gesicht, als er Artischocken erwähnte.

„Du magst Artischocken nicht?“, fragte er amüsiert.

Sie schüttelte mit einem verlegenen Lächeln den Kopf. „Nicht wirklich.“

„Dann machen wir eine Hälfte Speziale und eine Hälfte Hawaii, in Ordnung?“ Pacey stand bereits voller Tatendrang auf.

„Okay“, bestätigte Joey und erhob sich ebenfalls. „Vielleicht wird es ja doch nicht so schlimm hier mit dir, als ich zunächst dachte.“ Sie zwinkerte ihm frech zu.

„Wie hat Julia Roberts in Pretty Woman gesagt: Baby, ich werde so nett zu dir sein, dass du nicht willst, dass ich jemals wieder gehe.“ Er zwinkerte zurück.

„Das ist ‚dein’ Haus.“

„Du wirst nicht mehr gehen wollen. Wir passen das einfach unseren Umständen an.“

„Pacey, eine Nacht. Und ich werde wieder gehen.“

„Das werden wir ja sehen…“, sagte er keck über seine Schulter hinweg und begab sich zum Vorratsschrank, der in die Wand eingelassen war, um die Zutaten herauszuholen. Ihm fiel plötzlich eine Passage aus dem Song von ‚The Jayhawks I’m gonna make you love me’ ein.

We talked for hours at a time
Then I came to my senses
You’re more than a friend
You’re my perfect lover

I’ll never be all you want me to
But that’s all right

I’m gonna make you love me
I’m gonna dry your tears
And we’re gonna stay together
For a million years

***

„Ich gebe es ja nicht gern zu“, sagte Joey, während sie Messer und Gabel auf den leeren Teller zurücklegte, „aber das war wirklich die beste Pizza, die ich jemals gegessen habe.“ Sie strich sich über den vollen Bauch und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Du bist ein ziemlich guter Koch, Pacey.“

„Danke“, sagte er und deutete eine Verbeugung an, in dem er kurz den Kopf senkte. „Es freut mich, dass es dir geschmeckt hat.“ Er lächelte und sah sie einen Moment länger an, als nötig gewesen wäre. Sie war so bildhübsch. Kein Wunder, dass ihr die Jungs in der Schule ständig hinterher sahen, ohne dass sie es jedoch bemerkte.

Wie hatte Dawson sie nur einfach so gehen lassen können? Nein, eigentlich hatte er sie ja nicht gehen lassen. Er hatte sie zurückgewiesen, was in Paceys Augen nur umso unverständlicher war.

Und Joey war weit mehr als nur schön. Sie war auch klug und humorvoll, auch wenn sie ihre ganz eigene Art von Humor besaß. Und er liebte ihren Sarkasmus und die Art, wie sie gelegentlich auf ihrer Unterlippe herumkaute. Sie tat es besonders oft, wenn sie nachdachte, aber auch, wenn sie in Verlegenheit war.

Er hatte sie schon viel länger gern, als er sich selbst zunächst hatte eingestehen wollen. Er mochte sie schon sehr, bevor Dawson bemerkt hatte, dass aus dem Kumpel, der sie für beide Jungen gewesen war, das begehrenswerte Mädchen wurde. Er hatte ihre Schönheit und das Potential die perfekte Freundin zu sein schon lange vor seinem Freund Dawson entdeckt.

Natürlich war auch er zunächst von Jen angetan gewesen, aber seit jenem Nachmittag als sie Schnecken suchen waren, hatte er ein Auge auf Joey geworfen. Er hatte die Möglichkeit natürlich schnell verdrängt, dass jemals etwas aus ihnen werden könnte, als sie ihm gesagt hatte, dass sie Dawson wollte. Und er hätte Dawson gerne eine dafür verpasst, weil er so lange gebraucht hatte, um Joey endlich *richtig* zu sehen und weil er nicht der Auserwählte war.

Und dann war Andie in sein Leben getreten und hatte vorübergehend die Gedanken von Joey abgelenkt. Er hatte sich in das blonde Mädchen aus Rhode Island verliebt und sie hatte ihm das Herz gebrochen. Und Dawson hatte Joey das Herz gebrochen, als er sie wegen Eve abgelehnt hatte.

Es war, als hätte das Schicksal seine Hände im Spiel. Denn alle Wege führten zurück zueinander. Sie hatten sich gegenseitig getröstet, die Zeit miteinander verbracht, sich von den traurigen Gedanken an vergangene Liebeleien abgelenkt. Und dann eines Tages war er aufgewacht und konnte es nicht erwarten den Tag mit Joey zu verbringen. Und aus einem Tag wurde eine Woche und aus einer Woche ein Monat.

Sie hatten so viel Zeit miteinander verbracht, dass sie ihm in jeder Minute, in der sie nicht bei ihm war, fehlte. Und zwar so sehr, dass es wehtat. Vielleicht hatte Doug Recht. Möglicherweise sollte er ihr einfach sagen, was er fühlte. Doch sein Wunsch es ihr zu sagen wurde von der Angst überschattet, wie Dawson und Andie reagieren würden, sollte je der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass Joey ebenfalls etwas für ihn empfand. Und er hatte auch schreckliche Angst davor, dass Joey ihn wie damals ablehnen würde, weil sie immer noch an Dawson hing.

Dieser Student AJ war nicht wirklich ein Konkurrent. Er war ein unbedeutender Junge, der zurzeit das Glück hatte mit Joey zu gehen. Doch Pacey sah das ziemlich locker, auch wenn es ihn fast umbrachte zu sehen, wie dieser Kerl *seine* Joey geküsst hatte. AJ war kein Hindernis, aber Dawson.

Der Gedanke daran Dawson zu hintergehen, ihn zu verraten, brachte Pacey innerlich beinahe um. Denn nichts anderes wäre es, wenn er jemals etwas mit dem Mädchen anfangen sollte, dass sie beide liebten. Und doch… die Liebe zu Joey war so stark und der Wunsch mit ihr zusammen zu sein so groß, dass er dafür bereit war, einen Knacks in der Freundschaft zu Dawson und auch zu Andie in Kauf zu nehmen.

„Erde an Pacey…“, sagte Joey und wedelte mit der Hand vor seinen Augen, bis er blinzelte und sie seine Aufmerksamkeit hatte. „Wo warst du nur mit deinen Gedanken?“

Er winkte ab. „Ach, nirgendwo“, log er schweren Herzens und seufzte innerlich. Dann setzte er ein Lächeln auf, das sie etwas widerwillig akzeptierte und sagte: „Lass uns den Abwasch machen. Danach können wir ja mal überlegen, wie wir den Abend verbringen.“

„Das habe ich eben auch vorgeschlagen, aber du hast mir anscheinend nicht zugehört…“ Sie versuchte vorwurfsvoll zu klingen, aber sie konnte das Amüsement nicht aus ihrer Stimme verbannen.

Sie standen auf und räumten das Geschirr in die Spüle. Joey ließ heißes Wasser in das Becken laufen und begann mit dem Abwasch. „Sag mal, Pacey, hast du Sekt hier oder etwas anderes, um anzustoßen?“

„Ich habe zwei Flaschen ungarischen Weißwein aus Dougies Weinkeller mitgehen lassen“, sagte er und nahm den ersten gespülten Teller zum abtrocknen entgegen. „Warum?“

Sie lächelte viel sagend. „Na, damit wir um Mitternacht auf deinen Geburtstag anstoßen können.“

„Du willst meinen Geburtstag feiern?“ Er sah sie misstrauisch an. „Seit wann empfindest du den Tag als Grund zum Feiern?“

„Wir sind Freunde, Pacey. Du warst das ganze Jahr für mich da, wie noch niemand zuvor für mich da gewesen ist. Du hast die Ausbauten des B&B organisiert und für die ersten Gäste gesorgt, du hast dich für mich eingesetzt, als Matt Caultfield mein Gemälde zerstört hat, du hast mich aufgefangen, als Dawson mich wegen Eve hat fallenlassen wie eine heiße Kartoffel und du hast mir das Autofahren beigebracht. Das Mindeste was ich nun tun kann, ist dir diesen Geburtstag so schön wie möglich zu machen. Dein Letzter fiel ja mehr oder weniger sprichwörtlich ins Wasser. Und das muss dieses Jahr nicht wieder sein…“, lächelte Joey und reichte einem völlig sprachlosen Pacey den zweiten sauberen Teller. „Du bist gar nicht so schlimm, wenn ich ehrlich sein soll.“

Er versuchte seine Rührung zu verbergen und zwang sich, das Lächeln zu erwidern. „Du bist auch ganz okay, Joey Potter.“ Er stupste sie ein wenig, sodass sie fast das Gleichgewicht verlor.

Das ließ sie natürlich nicht auf sich sitzen. Sie rammte ihm den Ellbogen zwischen die Rippen, jedoch darauf bedacht ihm nicht wirklich wehzutun. „Werd’ nicht frech, Witter, sonst wirst du gleich nass!“, drohte sie und nickte in Richtung des vollen Spülbeckens.

„Vergiss nicht das draußen tonnenweise Schnee liegt, Potter. Wenn du es wagst mich auch nur nasszuspritzen, verspreche ich dir, dass du die Einseifung deines Lebens bekommen wirst“, konterte er zwinkernd und sie gab sich geschlagen.


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