1.08 Macht der Gedanken von Steffi Raatz

1.08 Macht der Gedanken von Steffi Raatz

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Das Rütteln ließ sie aufsehen. Wesley hatte es auch gespürt und sah seine Kollegin fragend an.
"Habt ihr das auch..." Angel kam aus seinem Büro, sah seine Angestellten an und brauchte gar nicht weiter zu sprechen. Natürlich hatten sie es gefühlt.
Nicht eine Sekunde später bewegte sich der Erdboden unter ihren Füssen erneut, doch diesmal etwas stärker. Einige Tassen kippten um und verteilten ihren Inhalt über Wesleys Unterlagen.
Dann kam die Stille zurück.
"Ein leichtes Beben?" Wesley sah hoffend zu Angel, der sich am Türrahmen festhielt.
"Vorbeben, würde ich sagen", kommentierte Gunn und wirkte dabei für einen Schwarzen ziemlich blaß.
"Vorbeben?" Wesley versuchte seine Unterlagen zu retten, "willst du damit andeuten, es könnte noch schlimmer werden?"
"Im Allgemeinen schon...", erwiderte Gunn wenig lässig.
"Habe ich schon erwähnt, dass ich Erdbeben hasse?", murmelte Cordelia und klammerte sich an einem der Tische fest, als ein neues, stärkeres Beben begann.
"Jetzt hast du's gesagt!", entgegnete Wesley und suchte ebenfalls Halt.
Die gesamte Einrichtung begann zu beben und nach einander suchten alle Mitglieder des Angelteams Schutz unter den Tischen des Büros.
"Ohhhhh... ich hasse hasse hasse es!", fluchte Cordelia und krallte sich an Angel fest, der direkt neben ihr kauerte.
Mörtel und Putz fiel von den Wänden, rieselte hinab auf ihre Unterlagen, Scheiben barsten, ließen das Sonnenlicht eindringen.
Cordelia warf sich geistesgegenwärtig halb über Angel, um ihn vor der Sonne zu schützen, dann brach der Tisch über ihnen zusammen und anschließend riß das Mauerwerk.
Teile der Deckenverkleidung suchten ihren Weg hinab auf die Anwesenden, begruben Wesley, Gunn und auch Cordy und Angel unter ihren Trümmern.

~

In einem anderen Teil der Stadt tat sich ein Krater auf. Das Zentrum des Bebens. Der Inhalt des Kraters war übernatürlicher Natur. Ein Dämon wurde aus seinem Verbannungscontainer geschüttelt und erweckt. Es war ein Dämon der Kategorie 4, ein Parasit. Mächtig und gefährlich, verbannt aus gutem Grund. Und er tat, wozu er bestimmt und schickte seine Kinder los, die Menschen zu infizieren. Eine Schar kleiner Larven suchte ihren Weg zu den Ohren der Erwählten...

~

Irgendwann hörte der Putz auf zu rieseln und Gunn schob die Holzlatte von sich fort. Ein Husten, fast Röcheln erklang neben ihm und mit zwei Handgriffen hatte er auch die Bretter von Wesleys Körper geschoben.
"Mein Gott, das war ja... leben wir noch?" Wesley sah ein wenig irritiert in die Runde.
"Sieht so aus", kommentierte Gunn, "bei dir alles okay?"
Wesley klopfte sich auf die Brust und hustete den Staub aus. Ein Blick auf seine Arme und Beine ließ ihn beruhigt aufatmen. "Ja, scheint alles okay zu sein!"
Mit einem Blick auf den Tisch, der unter einem riesigen Berg Schutt verschütt gegangen war, hievten sich die beiden auf.
"Cordelia? Angel? Seid Ihr da drunter? Seid Ihr okay?" Wesley versuchte einen Balken fort zu heben, doch er war zu schwer.

~

Cordelia öffnete ihre Augen und es brannte fürchterlich. Der Staub hatte sich darin festgesetzt. Die Gestalt unter ihr regte sich nicht.
"Angel, alles okay?", ihre Stimme klang rauchig.
Ein Husten erklang von ihm und er schlug seine Augen auf. "Ist es vorbei?"
Cordelia lächelte erleichtert: "So ziemlich. Jetzt können wir nur hoffen, dass die beiden uns hier herausholen."
"Wes und Gunn? Ich hoffe doch mal, die beeilen sich!", murmelte Angel.
"Wieso?", entfuhr es Cordelia, "ist dir meine Gesellschaft nicht genehm?"
"Cordy, natürlich mag ich deine Gesellschaft, aber bitte doch unter anderen Umständen!", erwiderte er ein wenig entrüstet.
"Na ja, okay, schon gut", brummte sie und musste sich eingestehen, dass es wirklich für sie beiden nicht unbedingt bequem war, wie sie hier lagen.
Sie hatte die Last der Trümmer auf ihrem Rücken, er hatte ihre Last auf seinem Körper. Eine reichlich verzwickte Situation. Nur zu gut, dass sie nur Freunde waren.
"Ähm... danke übrigens!", murmelte Angel nach einem Moment.
"Wofür?" Cordelia sah ihn fragend an.
"Die Sonnenstrahlen...", erklärte er und sie lächelte.
"Ach das, schon okay!"
"Trotzdem!", erklärte Angel und küsste sie scheu auf die Wange.
Just in diesem Augenblick hoben sich die Steine und Balken über ihnen und zwei erstaunte, dann grinsende Gesichter starrten sie an.
"So so, und unsereins macht sich Sorgen!", witzelte Gunn und erhielt einen Knuff von Wesley in die Seite.
"Ich habe ihr nur gedankt, dass sie sich über mich geworfen hat, als die Sonne so stark reinfiel. Und nicht das, was du schon wieder denkst, Gunn!", gab Angel in einem brummigen Ton zur Antwort.
"Und warum ist es dir dann peinlich?", schmunzelte dieser.
"Es ist mir nicht... Herr Gott, deswegen streite ich mich doch nicht mit dir!" Angel schob die letzten Trümmer beiseite, während Wesley Cordelia aufhalf, die noch immer nichts gesagt hatte.
Als Angel sich schließlich befreit hatte, stand auch er auf und klopfte sich die Sachen ab. Staub und Schutt lagen überall verteilt.
"Herr Gott, wie sieht es denn hier aus!" Angel blickte sich um und sah dann die anderen an.
"Dann Lasst uns mal mit dem Aufräumen anfangen!", sprach es aus und ging in den hinteren Teil des Büros, "ich fange hier hinten an, ihr könnt ja vorne am Tresen anfangen!"
"War klar, dort wo der meiste Dreck liegt, starten wir!", brummte Gunn und begann mit den Aufräumarbeiten.

~

Cordelia spürte ihren Rücken. Das ewige Gebücke ging ihr gewaltig auf den Geist und noch immer sah das Hyperion furchtbar aus. Aber sie war auch dankbar, dass nichts weiter passiert war.
"Angel ist so ruhig..." Sie sah erst Wesley an und dann Gunn.
"Der wurstelt sich da hinten bestimmt durch seine Akten!", knurrte Gunn und schob einen Balken beiseite.
Cordelia hustete unter dem Staub, der aufwirbelte und sah wieder in die Dunkelheit von Wesleys und Angels Büro.
"Alles was recht ist, aber das ist mir nicht geheuer. Ich werde mal zu ihm rüber gehen!" Sie kletterte über den Schutt, stützte sich dabei auf Wesleys Rücken und ging dann hinüber in Angels Büro.
Angel lag bewußtlos am Boden, als Cordelia das Büro betrat.
"Angel!", schrie sie auf und Wesley und Gunn kamen hinzu geeilt.
"Was ist los? Ach du meine Güte!" Wesley hatte sich als erster wieder gefaßt und ging neben Angel und Cordelia in die Knie.
"Mein Gott, was hat er nur?" Sie strich sich die Haare aus der Stirn und sah Wesley mehr oder weniger hilflos an.
Wesley begutachtete Angel eingehen, konnte jedoch nichts erkennen. "Keine Ahnung, aber am besten bringen wir ihn gemeinsam zur Couch und legen ihn dort drauf!"
"Ich denke er ist gestürzt und der Sturz hat ihn ohnmächtig werden lassen", Gunn hatte sich jetzt auch gefaßt und schon Platz auf dem Sofa geschaffen.
"Nein", Cordelia schüttelte den Kopf, "so was passiert Angel nicht. Ich meine, habt Ihr einmal erlebt, dass er wegen so etwas ohnmächtig geworden wäre?"
Wesley ließ Angels Körper los, als sie ihn endlich auf der Couch hatten und rieb sich die Nasenflügel. "Ich denke, Cordelia hat Recht. So was ist Angel noch nie passiert."
"Sollen wir einen Arzt rufen? Oder können Ärzte nicht helfen!", fragte Gunn.
"Nein, das müssen wir machen. Der Arzt würde sich wundern, wenn er sehen würde wie die Wunden bei Angel verschwinden!" Cordelia beugte sich über Angel und tastete vorsichtig den Torso ab.
"Und du bist die Fachfrau für seine Verletzungen, oder was?", stellte sich Gunn in den Türrahmen.
"Immerhin tu ich was!", erwiderte Cordelia ein wenig zickig.
"Ja, so wie vorhin, als du ihn vor der Sonne gerettet hast!", triezte Gunn sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Hey du vergißt, dass er im Sonnenlicht zu Staub zerfällt! Oder hattest du das auf deinem Gedächtnis-Zettel!", fauchte sie ihn an.
"Nun mal langsam ihr beiden! Angel braucht jetzt unsere Hilfe und keine Streitereien!", mischte sich nun auch Wesley ein, der sich bisher aus dem Ganzen heraus gehalten hatte.
Cordelia nickte demonstrativ: "Na wenigstens einer, der mitdenkt!", und hockte sich wieder neben Angel.
"Und was wollen wir jetzt machen, Frau Doktor?", konterte Gunn bissig.
Wesley stand auf und sah die beiden Streithähne an. "Okay, jetzt reicht es! Gunn, du gehst das Büro weiter aufräumen und du, Cordelia, holst aus Angels Küche ein paar kalte Tücher oder so. Ich werde mal in Büchern nachsehen, was einen Vampir umhauen kann. Irgendwie werden wir das schon deichseln!"
Obwohl die beiden anderen brummten und nicht sehr zufrieden mit der Situation waren, folgten sie Wesleys Anweisungen und verschwanden.
Wes seufzte und ging zum Bücherregal hinüber. Gerade wollte er ein Buch aus dem Regal ziehen, als etwas hinter ihm knirschte und wenig später eine Scheibe zerbrach.
"Mein Gott!" entfuhr es Wes, der mit ansehen mußte, wie Angel durch das Fenster sprang und verschwand.
Cordelia kam just in diesem Augenblick mit Tüchern und einer Schüssel Wasser in den Raum und ließ prompt die Schüssel fallen.
"Was tut er da?" Entsetzen stand auf ihrem Gesicht geschrieben.
Wesley zuckte nur mit den Schultern.
"Die Sonne scheint! Mein Gott, er wird sich umbringen!", ihre Stimme zitterte.

~

Doch Angel wusste seinen Weg auch am Tage fortzusetzen, hindurch durch die Schatten der Häuserschluchten L.A.'s. Er rannte zu den Häusern auf der gegenüberliegenden Seite und verschwand. Es schien, als sei er ferngesteuert, mit einem Ziel. Einem ihnen unbekannten, aber bestimmten Ziel.

~

Der Dämon aus den Tiefen L.A.'s versammelte seine Kinder um sich und hatte ebenso auch Angel gerufen. Angel spürte in seinem Inneren etwas Lebendiges, etwas Kriechendes, doch er konnte es nicht verstehen. Es war, als ob ein anderes Wesen von ihm Besitz ergriffen hatte, ihn zu einem Zombie gemacht hatte, doch er war nicht böse, er war es nicht! Doch niemand konnte und würde ihm glauben!
Er sah Menschen, die alle auf ein Ziel hin strömten, doch auch sie schienen wie hypnotisiert. In seinem Kopf sprach eine Stimme, erzählte ihm, was passieren sollte, doch er konnte sich nicht wehren. Es war, als ob er ein Gefangener in seinem eigenen Körper war. Angel wollte umkehren, seine Freunde warnen, doch er konnte nicht.

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Cordelia und die beiden Männer versuchten die Ursache für Angels Verschwinden zu ergründen. Konnten aber keine Antwort erhalten. Und so machten sie sich auf die Suche nach Angel, in der Hoffnung ihn zu finden.

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Angel war wie die anderen Menschen in seiner Nähe an ihrem Zielort angekommen und warte jetzt geduldig auf die Wünsche ihres Herren. In ihm drin, da war er noch immer Angel, ungebrochen in seiner Seele und voller Widerstand. Doch sein Äußeres, seine Motorik gehorchten einem Wesen, dessen grausames und widerliches Äußeres er nicht in Worte zu kleiden vermochte. Seine Sinne rieten nach Wachsamkeit und nach Vorsicht, doch auch wenn er es wollte, er konnte ihnen nicht gehorchen. Er spürte einen Fremdkörper in seinem Schädel, etwas, was die Kontrolle über ihn erlangen wollte, nicht nur über seine Motorik, sondern ganz über ihn. Noch war er stark genug, um dagegen an zu kämpfen, doch wie lange noch. Wie lange würde er sich innerlich noch wehren können?
Gardesgar, ein Parasit Dämon bemerkte, dass bei seinen Kindern jemand war, der sich gegen ihn wehrte. Und er versuchte diesen jemand zu sich zu ziehen. Angel versuchte nun seinerseits, dem Sog zu widerstehen, doch sein Kampf schien ein aussichtsloser. Gardesgar hatte Mächte, die Angel nicht beziffern konnte. Und so blieb ihm nur die Hoffnung auf seine Freunde und deren wachen Geist.

~

"Es gab in der Stadt mehrere Vorfälle dieser Art," Gunn rannte die Tür zu Angel Investigations fast ein und prallte gegen Wesley, der hinter jener Tür gestanden hatte.
"Es haben also mehrere Vampire den Verstand verloren?", lamentierte Cordelia gelangweilt und sah nach draußen in die bereits tiefschwarze Nacht.
"Nein, ach Mensch! Ich meine, es haben sich mehrere Menschen, Wesen, was auch immer, nach dem Erdbeben merkwürdig verhalten. Angel ist nicht der einzige und ich finde, das deutet auf eine Verschwörung!" Gunn schloß die Tür wieder hinter sich und sah aufmerksam in die Runde.
"Sind wir hier bei Akte X?", schmunzelte Cordelia und reichte Gunn einen Donut, "ich dachte bisher, das ist eine Fernsehserie und da ginge es um Verschwörungen!"
"Moment, Cordy!" Wesley gebot ihr Einhalt. "Es könnte doch auf ein Ereignis nach oder während des Erdbebens hindeuten. Vielleicht wurde etwas freigesetzt, von dem wir keine Ahnung haben."
Cordelia dachte über Wesleys Satz nach. "Schon möglich, aber wieso hat es Angel getroffen und nicht uns? Wir haben uns doch während des Bebens alle im gleichen Raum befunden!"
"Das ist eine gute Frage. Vielleicht hängt es mit Angels Ohnmacht zusammen. was auch immer in ihm steckt, kann sich vielleicht nur bei schlafenden oder ohnmächtigen Menschen einnisten!", spann Wesley den Faden gleich weiter.
"Angel ist noch nie vorher ohnmächtig geworden!", widersprach Cordelia und Wesley riss die Hände in die Höhe.
"Bessere Vorschläge? Ich halte meine Variante jedenfalls für möglich."
"Du redest hier schon von etwas, was wir nur vermuten. Woher sollen wir wissen, dass es tatsächlich etwas ist, was sich in ihm eingenistet hat? Vielleicht war es ein Ton? Eine Frequenz? Gedankenübertragung?", gestikulierte Gunn.
Cordelia sah zum Boden und ekelte sich bei dem Gedanken, dass dort etwas gekrochen war und vielleicht noch immer kroch. Ihr angeekelter Blick traf Wesley. "Ich hoffe, Gunn hat Recht!"
"Haben wir einen Ton gehört? Meint ihr eine Frequenz war schuld? Angel ist ein Vampir und keine Fledermaus! Und Gedankenübertragung? Wieso dann ausgerechnet er? Man hätte ihn sich schon zielsicher aussuchen müssen!" Wesley verschränkte die Arme vor der Brust.
"Also irgendwas Ekliges, was kriecht," murmelte Cordelia und stieg auf einen der umstehenden Stühle.
"Komm wieder runter! Wir müssen Angel suchen! Du weißt doch, wenn die Sonne aufgeht, können wir seine Asche auffegen!" Wesley zog sie vom Stuhl und wollte gleich weiter mit ihr in Richtung Tür, als diese aufschwang und Angel herein kam. Zumindest wirkte es so, als wäre es Angel. Aber dieses Geschöpf, ja Geschöpf war der richtige Ausdruck, war nicht mehr der Angel, den sie kannten.
"Ähm... du suchst, da ist er," Cordelia schob Wes vor, "ich gehe dann mal!"
"Haaaaaaaaalt!" Gunn hielt sie fest und schob sie vor sich, "wir bleiben alle!"
Als aus Angels oder wessen Kehle auch immer ein unmenschlicher, fürchterlicher Schrei erklang, sah Cordelia mit hochgezogenen Augenbrauen hinter sich: "Super Idee, Gunn! Noch mehr auf Lager?"
"Nein, nichts mehr. Aber seht ihn euch doch mal an! Das ist doch nicht mehr Angel!" Er zuckte zurück, weil jener nach ihm gegriffen hatte.
"Toll! Wirklich toll, Gunn! Was meinst du, warum ich Reißaus nehmen wollte?" Cordelia begann mit Gunn zu diskutieren und den Vampir hinter sich zu ignorieren.
"Angelus?", stotterte Gunn mit Blick auf den Vampir, der Angel glich, doch Cordelia schüttelte den Kopf. "Zu harmlos im Aussehen und Auftreten. Wäre es Angelus, wären wir nicht mehr am Leben!"
Gunn schluckte hart, während Wesley die halb erstarrte Vampirgestalt beobachtete.
Er konnte sehen, dass sich im inneren von Angel etwas abspielte, von dem sie nicht wissen konnten, welche Auswirkungen es auf ihre Umwelt haben würde, wenn sie versuchen wollten Angel zu befreien.
"Hallo Jungs... haaaaaaaaaallllooooo..." Cordelia winkte vor Wesleys und Gunns Gesichtern hin und her. "Hat jemand von euch eine Patentlösung für dieses Problem?"
Allen Anschein nach war Angel ungefährlich.
"Vielleicht steht er auch unter Drogen?", kommentierte Gunn und schnippte vorsichtig mit seinem Finger vor Angels Augen.
Das sollte sich als Fehler heraus stellen. In Angel kam Bewegung und er griff Wesley an, Cordelia und Gunn konnten gerade noch verhindern, dass er seine Zähne in Wesleys Hals schlug. Cordelia nockte Angel die Faust in den Nacken und er verfehlte sein Ziel. Zeitgleich jedoch wirbelte er schon herum, ergriff den Arm der jungen Frau und seine Zähne streiften an ihrer Schulter entlang.
Mit einem gezielten Schlag auf den Kopf setzten Gunn und Wesley ihren Chef jedoch außer Gefecht und sahen erleichtert, wie er leblos zu Boden sackte.
Wesley ließ den Baseballschläger fallen, während Gunn den Rest eines Stuhles in der Hand hielt. Ein Stuhl, der auf Angels Kopf zerschellt war.
"Okay", Cordelia schnappte nach Luft, "was jetzt?"
"Lasst ihn uns erst mal in ein Bett schaffen und am besten gleich festknoten. Dann würde ich vorschlagen, ihn auf irgendwelche Anzeichen von Einstichen und dergleichen abzusuchen!" Wesley wedelte mit dem Baseballschläger herum, stellte ihn dann nach bösen Blicken von Cordelia und einem sich duckenden Gunn beiseite und sie machen sich ohne lange zu diskutieren an die Arbeit.
Während Gunn und Wesley Angel auf sein Bett hievten, begann Cordelia die alte Kette aus dem Schrank zu suchen, die sie bereits einmal für eine derartige Situation verwendet hatten. Bitter mußte sie an die ganze Situation von damals denken und an Angels Worte, die er als Angelus gesprochen hatte.
Unterdessen hatte sich einiges verändert - sie hatte sich verändert. Nichtsdestotrotz schmerzte sie die Angelegenheit immer noch. So kam es auch, dass sie die Kette in ihrer Frustration reichlich stramm zog.
"Hilf mir, Cordelia!", raunte Angel ihr plötzlich leise und schwach zu.
Im ersten Augenblick glaubte sie, sich verhört zu haben, doch seine Augen, die sie flehend ansahen, vertrieben jeden Zweifel.
Dann plötzlich, ohne jede Vorwarnung, verschwand das bißchen, was von ihrem Angel übrig geblieben war, wieder gänzlich und machte dem Wesen Platz, welches sie überwältigt hatten.
Cordelia sog scharf die Luft ein. Angel hatte sie um Hilfe gebeten.
Noch einmal erinnerte sie sich an die damalige Situation. Oh ja, es hatte sich viel verändert. Angel war nicht mehr unvertraut, sie war nicht mehr unvertraut. Jetzt waren sie wirklich Freunde, Freunde, die sich in der Not halfen und auf den anderen vertrauten. Angel hatte ihr mehrfach das Leben gerettet, sie hatte seins gerettet... einer für alle, alle für einen. Was auch immer in Angel stecken mochte, sie würde versuchen eine Lösung zu finden.
"Lasst uns in das Büro zurück gehen. Ich denke wir sollten uns so schnell wie möglich an die Lösung des Übels machen." Cordelia warf noch einen letzten Blick auf Angel und schubste die beiden Männer dann regelrecht ins Büro zurück.

~

In seinem Inneren fand ein Kampf statt. Es war nicht der Kampf von Gut und Böse, es war der Kampf gegen die Leere in seinem Kopf.
Hatte er auch kurz darüber gesiegt, Cordelia eine Botschaft übermittelt, so war sein Geist, sein freier Wille kurz darauf wieder zurückgedrängt worden.
Er hörte Stimmen, bittere, gemeine Stimmen, die ihm Befehle gaben, ihn antrieben Dinge zu tun, die er nicht tun wollte.
Er dankte Cordelia und den anderen dafür, dass sie ihn gefesselt hatten. Er hätte sich nicht kontrollieren können, konnte es ja nicht einmal jetzt.
Und er wusste, ohne die Hilfe seiner Freunde würde er sich selbst verlieren. Oh ja, sein Dasein hing von seinen Freunden ab.

~

Sie suchten fieberhaft in den Bücher und am Computer nach einer Lösung und konnte doch erst nichts finden. Aber in einer uralten Ausgabe eines Hexenbuches gab es einen Hinweis auf die Symptome, die ihr Freund aufwies. Und Gunn hatte diesen Hinweis gefunden.
"He, ich glaube ich habe was gefunden!", rief er den anderen zu.
"Woher hast Du dieses Buch?" Wesley riß es Gunn aus der Hand und betrachtete den Einband.
"Aus dem Regal da hinten", erwiderte der Angesprochene erstaunt und auch Cordelias Blick deutete von Überraschung.
"Wesley, was ist in dich gefahren und was zum Teufel hat es mit dem Buch auf sich?" Sie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
"Dieses Buch! Es dürfte gar nicht existieren. Es ist eine Legende, ein Hexenbuch der Unterwelt. Mit ihm soll man Dämonen heraufbeschwören können, deren unaussprechliche Grausamkeit größer sein soll, wie alles bisher erdachte!", redete sich Wesley in Rage.
"Nun ja", Cordelia zählte eins und eins zusammen, "wenn wir Angels Symptome hier drin finden, dann muss es sogar noch mehr wie eines dieser Bücher geben."
"Aber woher hat Angel dieses Buch und wieso weiß ich nichts davon?" Wesley war am Toben.
"Vielleicht wusste er selbst nicht, dass er es besitzt?", kommentierte Gunn.
Cordelia stellte eine ganz andere These auf: "Vielleicht wollte er nicht, dass du von dem Buch erfährst, weil er deine Reaktion erahnte!"
Wesleys ärgerlicher Blick traf sie.
"Sonst noch was!", fauchte er Cordelia an.
"Hey, ganz ruhig!", kam es von Gunn, "wollen wir hier jetzt weitermachen, oder legen wir uns lieber gegenseitig miteinander an!"
"Tut mir leid, Wesley", erklärte Cordelia, "ich bin in meiner Wut über die Situation, in der wir stecken, zu weit gegangen."
Wesley nickte und richtete seinen Blick dann wieder auf das Buch. "Lasst uns mal sehen, was dieser Schatz als Antwort zu bieten hat!", griff wieder nach dem Buch und blätterte darin herum.
"Komm mein Mädchen, zeig uns dein Geheimnis!", beschwor er das Buch.
Cordelia und Gunn sahen ihm überrascht zu und das Buch blätterte wie von Geisterhand gezogen eine Seite auf.
"Jetzt weiß ich, wo er seine Anmachsprüche her hat", flüsterte Cordelia Gunn zu und dieser grinste breit: "Deshalb hat er auch keine Freundin!"
"Könntet Ihr bitte...", brummte Wesley und strafte seine Freunde mit einem ärgerlichen Blick.
"Natürlich gern!", grinsten beide und lachten sich dann frech an.

~

Während Cordelia und Gunn aufgebrochen waren und diverse Zutaten aus Zauberläden und anderen Institutionen besorgten, bereitete Wesley alles für ein Ritual vor. Die Seite des Buches hatte sich automatisch dargelegt und es konnte nicht anders sein, als dass der dort genannte Dämon Angel unter seiner Kontrolle hatte.
Wesley ekelte sich, wenn er daran dachte, dass Gardesgar, einer der gefährlichsten Dämone, die er kannte, seine Larven los geschickt hatte. Und eine von diesen kleinen schleimigen Larven klammerte sich nun um Angels Gehirn und versuchte die Kontrolle zu bekommen, die gänzliche Kontrolle.

~

Angel war bewusstlos geworden, und die Stimmen in seinem Kopf waren dadurch ebenfalls verstummt. Er bekam nicht mit wie Cordelia, Gunn und Wesley sich um ihn aufbauten und eine Art Ritual vollzogen, um ihn von seinem Dämon zu befreien.
"Und du meinst, wir bekommen ihn damit wieder hin?" Cordelia hatte eine nette Art, sich auszudrücken.
"Nun ja, Gardesgar ist ein Klasse 4 Dämon. Es ist nicht einfach ihn zu bekämpfen. Ich denke auch nicht, dass wir ihn mit unserem Ritual irgendwie beeinträchtigen, aber wir könnten Angel von der Larve befreien. Immerhin wäre das ein erster Schritt." Wesley schlug das Buch auf und zündete zwei Kerzen an.
"Und der Dämon? Ich meine, können wir den nicht auch gleich vernichten?" Cordelia sah zu Gunn, der seine kleine Axt, die er neu erworben hatte, putzte.
"Cordelia, dazu müssten wir ihn erst einmal finden. Er...", Wesley versuchte sich zu sammeln, "er ist vor Jahrhunderten verbannt worden. Man... man hat ihn in ein Verließ aus Granit gesperrt und einen Bannspruch darüber gelegt. Ich schätze das Erdbeben hat ihn daraus befreit und nun..."
"Nun ist er wohl mächtig sauer, hä?!", unterbrach Gunn ihn.
"So... könnte man das wohl nennen", lächelte Wesley verhalten. Er stellte sich in Position und Cordelia und Gunn taten es ihm gleich. Er umschrieb einen Kreis mit seiner Hand über Angel hinweg und begann mit einer Beschwörung. Sein Murmeln wurde nach und nach immer lauter, bis schließlich Worte, in einer Sprache, die die anderen beiden nicht verstanden, klar zu hören waren. Cordelia und Gunn schlossen den Kreis und taten es Wesley mit leichter Verzögerung nach. Während Wes jedoch mit geschlossenen Augen seinen Text herunter rasselte, starrten Cordy und Gunn recht verkrampft auf die Zettel in ihren Händen, auf denen sie den Text zu entziffern versuchten.
Sie konzentrierten sich ganz auf Angel und konnten bald sehen wie er wie von großen Meereswogen geschüttelt wurde. Als dieser Punkt erreicht war, reichte Gunn Wesley etwas und dieser hielt einen magischen Krug hoch und goß eine Flüssigkeit hinein, die Cordelia aus dem Zauberladen besorgt hatte.
"Und nun?", ihre Stimme klang besorgt.
"Helft mir, ihn auf die Seite zu drehen. Ich muß die Flüssigkeit jetzt in sein Ohr schütten." Wesley stellte den Krug zur Seite und begann Angels Position zu verändern.
Gunn und Cordelia griffen mit ein, und als Angel die richtige Position hatte, ergriff Wes wieder den Krug und sprach einige Beschwörungsformeln aus dem Buch. Als wenige Augenblicke später die Flüssigkeit in das Ohr des Vampirs lief, gab es einen zischenden Laut. Dampf stieg auf und Angels Zuckungen wurden stärker.
"Wes, bitte, das muss ihm doch weh tun, ich meine... können wir nicht aufhören?" Cordelias Stimme klang nun mittlerweile mehr als besorgt, doch Wesley zog das Ritual weiter durch. Er konnte nicht aufhören. Wenn er das tat, dann war ihre Arbeit umsonst gewesen.
Cordelias Stimme jedoch wurde immer spitzer und auch Gunn begann seine Besorgnis zum Ausdruck zu bringen, als Angel gurgelnde Laute aus der Kehle entwichen, doch Wesley machte weiter, so schwer ihm das ganze auch selbst fiel.
Als Cordelia ihm bereits an die Kehle springen wollte und Gunn seine Hand festhielt, da war er fertig, fertig und beunruhigt, weil Angel keine Reaktion zeigte.
Noch während Cordelia Beschimpfungen ausstieß und Gunn Kraftausdrücke abließ, da vernahm er plötzlich noch etwas. Es war nur leise, aber es war da und es schien wirklich so, als ob...
"Angel?" Cordelia schien es auch gehört zu haben und stürzte neben ihren Freund ans Bett.
Dieser schlug die Augen auf und sah benommen zu ihr. Benommen, aber wieder er selbst. Das erkannte die junge Frau augenblicklich, als sie in seine Augen sah.
Wesley aber beobachtete weiterhin das Ohr seines Freundes und siehe da, der Parasit entschlüpfte. Er zog Cordelia zur Seite und fing den Parasiten in dem Gefäß, in dem der magische Trank gewesen war. Gunn zuckte überrascht zusammen und auch Cordelia musste sich erst mal einen Moment fassen.
"Mein Gott", sagte sie.
"Er hätte dich als nächste befallen können", gab Wesley ihr zu verstehen.
Gunn zeigte mit wedelndem Finger auf das Gefäß: "Das Ding ist... nicht tot?"
"Nicht, solange der Dämon ebenfalls noch lebt", erklärte Wesley und hob das durchsichtige Gefäß in Sichthöhe, um die Larve betrachten zu können.
"Uaa..." Gunn verzog angewidert das Gesicht, während Cordelia sich wieder neben Angel kniete.
"Angel, ruh dich erstmal aus. Du bist geschwächt!" Cordelia drückte Angel sanft in die Kissen zurück, als dieser sich versuchte aufzurichten. Gunn, der die Fesseln gelöst hatte, ging mit Cordy zur Tür und Wesley setzte sich an Angels Bett und gab Cordelia und Gunn damit zu verstehen, dass er bei Angel bleiben würde.
Die beiden anderen gingen mit einem letzten Blick auf ihren Freund zurück ins Büro.
"Und was jetzt?" Cordelia wischte sich fahrig über die Stirn.
Gunn sah sie nachdenklich an: "Also normalerweise müssten wir jetzt nach diesem Dämon suchen, aber da Wesley der einzige ist, der dieses Ding überhaupt aufspüren könnte, macht mich die Situation ein wenig nervös."
"Das heißt, ihr wisst, womit wir es zu tun haben?"
Die beiden Freunde drehten sich erstaunt zu der Frauenstimme am anderen Ende des Raumes um.
Kate Lockley stand in der Tür und verschränkte die Arme. Sie wirkte nicht wirklich gut gestimmt und ihre Stirn lag in Falten.
"Was zum Teufel...?" Cordelia konnte sich gerade noch zusammen reißen.
Zwar hatte sich Kate bei ihren letzten Begegnungen als hilfsbereit erwiesen, doch von der Freundschaft von damals zu Angel war so gut wie nichts übrig geblieben.
"In L.A. geschehen merkwürdige Dinge, Menschen verhalten sich nicht normal und Ihr fragt, warum ich hier bin? Ich denke, die Frage hat sich erübrigt und eine Antwort auf meine Frage habt ihr auch parat. Ein Dämon treibt also sein Unwesen", sie seufzte und lehnte sich gegen den Tresen, "gibt es denn nicht einen Fall mehr, in den ihr nicht eure Finger steckt?"
Cordelia zuckte mit den Schultern und lehnte sich rückwärts an die Wand. "Es tut mir wahnsinnig leid, dass ihr Weltbild durch uns zerstört wurde."
Gunn sah die junge Seherin einen Augenblick lang ratlos an. Er kannte die Vorgeschichte nicht.
"Ich werde Wesley holen", erklärte er stattdessen und verschwand hinter Cordelia, die noch immer gelangweilt zu der Polizistin sah.
"Und, wie läuft es sonst so?" Kate scharrte mit dem Fuß auf dem Boden. Keiner der beiden Frauen war wirklich wohl in ihrer Haut.
"Wie immer eben", erwiderte Cordelia, "Dämonen jagen, sein Leben riskieren, die Welt retten. Und bei Ihnen?"
"Verbrecher jagen, ungewöhnliche Fälle zugewiesen bekommen, für Verrückt gehalten werden, das übliche."
"Ah ja...", entgegnete Cordelia, "Spooky Mulder sozusagen."
Kate zog die Augenbrauen hoch und Cordelia winkte ab. Sie hatten scheinbar alle zuviel Akte X gesehen.
Im selben Augenblick betrat Wesley die Halle und schob sich seine Brille zurrecht, als er Kate am Tresen stehen sah.
"Kate... lange ist es her. Gibt es einen Grund, warum Sie hier sind?"
"Ich denke, das wissen Sie sehr gut, Wesley." Kate trommelte mit ihren Fingern auf dem Holz des Tresens.
"Ich weiß wirklich nicht…", versuchte er sich und die Situation zu retten, doch die blonde Polizistin stieß sich ab und machte einige Schritte auf ihn zu, ehe sie stehen blieb.
"Reden wir nicht lange um den heißen Brei." Sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich habe schon mitbekommen, dass es sich um einen Dämon handeln soll. Also wie gehen wir vor?"
Wesley rückte seine Brille ein wenig unbeholfen zurrecht und suchte nach passenden Worten, doch irgendwie hatte ihn diese Aussage doch zu sehr überrascht. Cordelia übernahm stattdessen die Aufgabe, Kate in den Fall einzuweihen.
"Es scheint sich um einen sehr alten parasitären Dämon zu handeln, der so etwas wie Larven oder Würmer ausgesandt hat, die die Gehirne von Menschen befallen und sich dort einnisten. So weit ich das beurteilen kann, handelt es sich um einen sehr üblen Gesellen, denn die Austreibung eines dieser Würmer gelang zwar, sterben tun diese jedoch nur, wenn der Dämon selbst vernichtet oder verdammt wird. Wobei ich denke, dass wir das Hauptaugenmerk auf den Begriff Verdammen legen sollten. Eine Vernichtung erscheint mir unter gegebenen Umständen ein wenig zu riskant, wenn nicht unmöglich zu sein."
"Und wie..." Kate legte den Kopf neugierig schief.
"Das Erdbeben. Scheinbar hat es den Ort freigelegt, an dem der Dämon bis dato verbannt war. Der Bann wurde aufgehoben und nun treibt er sein Unwesen. Zumindest so lange, bis wir einen Weg finden, ihn erneut zu verbannen. Hier sollten wir auf Wesleys Kenntnisse und seine magischen Erfahrungen zurückgreifen. Einfache stumpfe Gewalt, wie sie von Angel oder Gunn ausgehen würde, würde hier zu nichts führen."
Gunn und Wesley starrten ihre Freundin und Kollegin einen Augenblick lang mit offenen Mündern an.
Wesley schüttelte schließlich kurz den Kopf, rückte seine Brille erneut zurrecht und ging zu seinem Büro hinüber, während Gunn den Kopf schief legte. "Was hast du eingenommen, Cordy?"
Sie boxte ihn in die Seite und richtete ihren Blick auf Angel, der schwach, aber durchaus wieder er selbst in der Tür stand und die Gruppe betrachtete.
Einen Augenblick lang sahen Kate und Cordelia, ohne darüber nachzudenken auf seinen Oberkörper, den das offene Hemd nicht sonderlich verdeckte.
Ein Räuspern von Gunn und die Frage von Wesley, ob Angel nicht weiter im Bett liegen bleiben solle, löste die Starre der beiden Frauen und ließ sie ertappt in unterschiedliche Richtungen sehen.
"Ich fühle mich gut, Wesley. Besser geht's gar nicht!", erwiderte der gutaussehende Vampir und machte ein paar Schritte auf den Tresen zu. Cordelia und Gunn griffen ihm helfend unter die Arme, als er zu taumeln und kippen begann.
"Besser geht's nicht!", äffte ihn Cordelia nach und tauschte mit Gunn viel sagende Blicke aus.
Angel ließ sich dadurch jedoch nicht beirren und ignorierte die beiden geflissentlich, seinen Blick auf Kate gerichtet. "Kate. Wie kommen wir zu der Ehre?"
"Sie hilft uns", erklärte Cordelia knapp und entschied somit kurzfristig über den Kopf ihrer Kollegen und Freunde hinweg.
Angel sah in die Runde und erntete nur Schulterzucken und ein müdes Lächeln vom restlichen Team.
"Cordelia hatte einen richtigen Redeschwall, was unseren neusten Dämon angeht und hat zugleich Theorien über dessen Vernichtung angestellt", erklärte Gunn und lehnte sich gegen den Pfeiler hinter sich.
Wesley ließ ein Buch auf den Tisch fallen und ließ einen leicht abfälligen Blick über die Seherin gleiten. "Zudem hat sie nebenbei mal eben die Aufgaben für das Team verteilt."
"Hey", wollte sie gerade protestieren, als Kate ihren Ellenbogen auf den Tresen abstützte und Wesley direkt ansah. "Sie haben nicht protestiert und getan, was sie angeordnet hat. Also sollten ihre Anweisungen doch recht schlüssig gewesen sein, oder?"
Cordelia empfand augenblicklich einen Funken Sympathie für die Polizistin und nickte einvernehmlich.
Angel konnte sich ein dünnes Lächeln abringen und sah seine Freundin neugierig an. "Aha, neue Qualitäten kommen zum Vorschein."
Cordy streckte ihm demonstrativ die Zunge heraus, behielt aber das selige Grinsen in ihrem Gesicht.

~

"Ich weiß nicht so recht. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, sich aufzuteilen." Cordelia stieg über etwas, was sie lieber nicht identifizieren wollte und folgte Wesley den dunklen Kanalschacht entlang.
"Es war deine Idee", erwiderte er ruhig, jedoch mit einem Funken Ironie.
"Genau genommen, war es Gunns Idee, Wes. Er war es, der darauf hingewiesen hat, dass wir den Dämon nicht finden können, wenn wir nicht Flächendeckend arbeiten", versuchte sie die Verantwortung abzuwälzen, wusste aber, dass sie bei Wes da auf taube Ohren stieß.
"Es war eine gute Idee, Cordy!" Wesley drehte kurz seinen Kopf zu ihr herum und lächelte sie matt im Schein der Taschenlampe an.
Sie zog den Mund zu einem schiefen Lächeln und sah ihn dankbar an. Trotzdem wollte das ungute Gefühl sie nicht verlassen. "Ehrlich?"
"Ja, das habe ich ehrlich gemeint", erwiderte er und reichte ihr seine Hand, damit sie ihm über einen dünnen, rutschigen Steg folgen konnte.
Sie ließ sich hinüber ziehen und klammerte sich dann einen kurzen Moment an Wesleys Arm, als sie die stinkende, trübe Brühe betrachtete, die in einem kleinen Rinnsal unter dem Steg hinweg floss. Ungewollt stellte sich ein leichter Brechreiz ein, den sie mühsam zu unterdrücken versuchte.
"Können wir weiter?" Wesley sah sie forschend an und bekam ein eifriges Kopfnicken zur Antwort.

~

Kate setzte ihre Sonnenbrille auf und zog ihren Mantel enger um sich. Sie wusste, dass sie in der Abenddämmerung damit furchtbar albern aussah, aber es schützte sie kurzfristig vor den Blicken ihrer Kollegen, die sie alle für sonderbar hielten. Mit einem recht lauten Seufzen stellte sie sich neben ihren Wagen und lauschte dem Polizeifunk. Aber es gab keine sonderbaren Vorkommnisse, die ihre Aufmerksamkeit erforderten. Augenblicklich jedenfalls.
Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie mittlerweile seit nunmehr 31 Stunden auf den Beinen war. Ihr Einsatz hatte mit einem Verrückten angefangen, der unsinniges Kauderwelsch von sich gegeben hatte, während sie mittlerweile die Funktion übernommen hatte, das Team von Angel Investigations aus der Schusslinie sämtlicher Beamter zu halten.
Ein undankbarer Job, wie sie zum wiederholten Male feststellen musste, als sie einen Streifenpolizisten davon abbringen musste, einen Fahrraddieb durch die Kanäle zu verfolgen.
So lange es bei der Vereitelung von Gefangennahme kleiner Gauner blieb, war die Angelegenheit recht unkritisch. Im Falle des Fahrraddiebes hatte sie zwei Beamte in die eine Meile entfernte U-Bahn Station entsandt, wo die Kanäle endeten, in die der Dieb geflüchtet war. Was aber sollte passieren, wenn ein Schwerverbrecher in die Kanäle abtauchen würde? Kate wischte sich fahrig mit ihrer Hand über das Gesicht und versuchte weiterhin klar zu denken, auch wenn es ihr unter den gegebenen Umständen nicht mehr sehr leicht fiel.
Für Verrückt erklärt zu werden, war die eine Sache. Etwas, mit dem sie sich wohl oder übel bereits einigermaßen abgefunden hatte. Jedoch als Verräter tituliert zu werden, was unweigerlich folgen würde, sobald sie einem Schwerverbrecher zur Flucht verhalf - von den anderen Konsequenzen mal ganz abgesehen - war dann doch etwas mehr, als sie glaubte, verkraften zu können.
Müde und völlig überarbeitet nahm sie ihr Handfunkgerät vom Autositz und betätigte die Sprechtaste. "Hört mich jemand? Alles in Ordnung bei euch?"
"Alles bestens. Wir befinden uns gerade südlich des Sunset Boulevard. Hier ist alles ruhig", ertönte Gunns Stimme krächzend aus dem Gerät.
Kate zog die Augenbrauen hoch und suchte auf dem auf ihrer Motorhaube ausgebreiteten Stadtplan die Position des Teams Angel/Gunn zu lokalisieren.
Als sie diese gefunden hatte, wartete sie angespannt auf die Meldung von Team 2, doch das Funkgerät blieb außer einem statischen Rauschen still.
"Team 2 hört ihr mich?", Kate sah das Gerät an und versuchte durch den Lärm um sie herum alles zu erfassen, was aus dem Funkgerät kam, doch es blieb bei statischem Rauschen.

~


"Ich... verdammt", Cordelia kämpfte mit ihrer Umhängetasche und blieb dabei an einem hervorstehenden Stein hängen. Währenddessen drang Gunns Stimme aus dem Funkgerät und bestätigte den Ruf der Polizistin.
Cordelia hielt sich den aufgeschürften Arm, während Wesley zu ihr zurückeilte und in ihrer offenen Tasche nach dem Gerät suchte.
"Team 2 hört ihr mich?", erklang erneut Kates Stimme und Cordelia rief fluchend mit Blick in ihre Tasche. "Ja, verdammt, wir hören dich!"
"Wo ist das blöde Ding bloß!", fluchte der Brite und kramte weiter. Irgendwie kam es ihm vor, als sei die Tasche ein Fass ohne Boden. "Was musst du auch so viel Mist mit dir herumschleppen!"
"Mist? Hey, das erzähl ich Angel. Das sind Waffen, mein Lieber! Die könnten uns das Leben retten!", schimpfte sie.
"Das nützt uns herzlich wenig, wenn wir die Unterstützung der Kavallerie gleich hier haben und erklären müssen, was wir hier tun!", erwiderte Wesley leicht genervt und zog endlich das gesuchte Objekt hervor.
Er wollte gerade die Sprechtaste betätigen, als Cordelia neben ihm fürchterlich zusammenfuhr und einen Schrei zu unterdrücken schien.
Ihre Hand krampfte sich um Wesleys Arm, so dass dieser bewegungsunfähig zu sein schien.
"Was…", weiter kam der Brite nicht, da begann ein fauliger Geruch in seine Nase zu steigen. Tränen traten ihm in die Augen.
Langsam, ohne anfangs seine Augen von seiner Partnerin zu wenden, drehte er seinen Kopf herum. Er ahnte fürchterliches…

~

"Sollen wir umkehren und Wes und Cordy suchen?" Gunn sah Angel fragend an. Er war sich nicht sicher, ob er sie einfach nur für zu schusselig im Umgang mit dem Funkgerät halten sollte oder ob er sich wirklich Sorgen machen musste.
Angel betrachtete das Funkgerät einen langen Moment recht unschlüssig. Dann sah er auf zu Gunn und zog die Augenbrauen hoch. "Wissen wir denn, wo sie sind?"
"Nein", erwiderte Gunn.
"Wie hoch sind die Chancen, die beiden zu finden?" Angel kniff die Augen zusammen.
"Extrem gering", antwortete Gunn.
"Dann werden wir sie suchen?" Angel sah Gunn an.
"Jep, das werden wir wohl." Der junge Schwarze machte auf dem Absatz kehrt und schlug einen Weg Richtung Süden ein.
Angel folgte ihm ohne einen weiteren Kommentar.

~

Mühsam wandte sich Cordelia hin und her. Dicke klebrige Tentakel umschlossen ihren Körper und schnürten ihr die Luft ab. Fauliger verwester Gestank zog ihr in die Nase und ihr Magen drehte sich um. Den Würgereflex unterdrückend, zappelte sie immer heftiger herum und war bald außer Atem.
"Es bringt nichts!", Wesleys Stimme erklang von irgendwo neben ihr, jedoch konnte sie ihn nicht sehen, "es kostet dich nur all deine Energien."
"Die ich mir für was aufsparen soll?! Wir sitzen hier fest, keiner weiß, wo wir uns aufhalten", giftete sie zurück und atmete schwer.
"Was nicht unwesentlich deine Schuld ist", erwiderte Wesley ein wenig angesäuert.
"Schon gut, hack jetzt auf mir herum. Bitte doch. Immer zu. Ist ja auch einfach, wenn sich der andere nicht verteidigen kann!"
"Wieso nicht verteidigen? Dein Mundwerk funktioniert doch einwandfrei!", erklärte Wesley mittlerweile völlig angenervt.
"Ahhhhh!", fluchte Cordelia und warf sich noch energischer hin und her.
"Sei ruhig!", erwiderte er und seine Stimme hatte etwas sehr Eigenartiges an sich. Die Seherin schwieg augenblicklich und sah zu ihm hinüber.
Mit seinem Kopf deutete er zum Boden, nicht weit von ihnen entfernt, wo sich kleine Öffnungen in den Tentakeln des Dämons pulsierend öffneten und schlossen.
Mit hochgezogenen Augenbrauen und dem üblen Geschmack von Panik auf der Zunge starrte sie auf die fleischigen Öffnungen, ahnend, was geschehen würde.
"Darf ich dir eine Frage stellen, Wes?" Ihre Stimme hatte einen leicht zittrigen Unterton.
"Als du die Larve aus Angels Kopf befreit hast, da ging es ihm anschließend ja wieder recht gut. Das könntest du doch wiederholen... bei einem von uns... oder? Ich meine, dass Angel noch existiert, liegt nicht daran, dass er schon tot ist?"
"Wie du sehen konntest war der Prozess sehr schmerzhaft. Eine dauerhafte Schädigung bei uns kann ich nicht ausschließen. Ich habe es schließlich noch nie an einem Menschen vollführt."
Cordelias Seufzen war laut genug, um an Wesleys Ohren zu gelangen. "Ich hatte so etwas befürchtet."
Just in diesem Augenblick begann ein leises Knistern und Knirschen. Anfangs konnten es die beiden nicht identifizieren, doch ihr Blick richtete sich ahnend auf die geöffneten Tentakel.
"Brauchen Sie Hilfe?"
Cordelias und Wesleys Köpfe schnellten nach links zu Kate Lockley, die mit vor der Brust verschränkten Armen auf das Gebilde starrte, in dem sie gefangen waren.
"Kate?!" Cordelias Stimme klang erleichtert. "Greifen Sie sich Wesleys Tasche und nehmen Sie alle Utensilien heraus, vor allem aber die Schriftrolle."
Kate nickte, steckte ihre Waffe in den Holster und zog die Tasche zwischen zwei sich windenden Tentakeln heraus. So vorsichtig es ging, immer wachsam, dass keiner der Tentakel sie zu greifen bekam.
"Sie kann das doch, Wes? Ich meine, sie ist keine Hexe, aber sie kann das, oder?", drängte Cordelia Wes unterdessen zu einer Antwort.
"Nun ja… ich… ich weiß es nicht", gab er zu und Kate verdrehte entnervt die Augen.
"Wenn Sie es mir nicht sagen, wie es geht, kann ich es auch nicht versuchen." Ihre Stimme hatte einen spitzen Unterton.
"Okay… okay… okay!" Wes schloss kurz die Augen, um sich die Formel ins Gedächtnis zurück zu rufen. "Nehmen sie alle Pulver, die Sie in der Tasche finden können und bilden Sie daraus einen Kreis. Schütten Sie die Fläschchen aus. Dann legen sie die Amulette nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet auf den Kreis aus Pulver. Wenn Sie damit fertig sind, setzten Sie den Kranz auf und beginnen Sie den Text der Schriftrolle zu lesen."
Kate, die gerade das letzte Fläschchen Pulver auf den Boden schüttete, sah auf und zog die Stirn kraus. "Kranz aufsetzen? Wollen Sie mich veralbern?"
"Wollen Sie uns helfen oder nicht?", erwiderte Wesley.
"Schon gut, schon gut", brummte sie und warf das Fläschchen beiseite.
Als sie schließlich die Amulette angeordnet hatte, den Kranz auf ihrem Kopf trug und sich das Gejammer von Cordelia zur Genüge angehört hatte, entfaltete sie den Text und starrte ihn einen Augenblick fragend an.
Sie hatte schon viel gesehen, doch diese Sprache war ihr noch nie unter gekommen. "Was ist das?" Sie sah zu Wesley hinauf.
"Das zu erklären dauert zu lange, lesen Sie einfach."
"Aber das kann ich nicht lesen. Ich kenne diese Sprache nicht!", widersprach sie und kniff die Augen zusammen.
"Doch das können Sie. Beginnen Sie einfach. Es wird wie von selbst gehen." Wesley sog die Luft ein und beobachtete den kritischen Blick der Polizistin. Er konnte sehr gut verstehen, dass sie es nicht verstand. Ebenso gut, wie die Tatsache, dass sie ihm nicht glauben wollte.
Doch Kate begann zu lesen und die Worte flossen nur so aus ihrem Mund. Fast so, als hätte sie diese Sprache schon immer gesprochen. Glutahle Laute, fremdartige Töne, doch vertraut und ebenfalls sehr fremd.
Eine helle Aura bildete sich um ihren Körper, dehnte sich aus und schien wie in einer Blase im Kreis zu verweilen.
Cordelia und Wesley starrten wie gebannt auf die Polizistin, die den Zauber mit einer solchen Routine vollzog, die sie ihr nicht zugetraut hätten.
Dann durchbrach das Licht den Kreis, erfüllte den Raum und als die Strahlen Cordy und Wes trafen, da spürten sie die Energie und Macht des Zaubers…

~

Wesley klopfte sich seine Kleidung ab und rückte sich seine Brille zurrecht. Just in diesem Augenblick stürmten zwei schwarz gekleidete Gestalten durch einen Seitentunnel ins Sichtfeld von Wesley.
"Wes, Cordy, alles in Ordnung?" Gunn klang atemlos, während Angel den merkwürdigen Kranz auf Kates Kopf anstarrte.
"Alles bestens!", erklärte Cordelia und schwang sich seufzend ihre Tasche über die Schulter.
Kate nahm dank Angels kritischem Blick den Kranz von ihrem Haupt und drückte ihn Wesley in die Hand, der ihn grinsend zurück in seine Tasche steckte.
"Was…?" Irritiert hob der Vampir die Arme und sah in die Runde.
"Es ist alles okay, Angel. Der Dämon ist wieder verbannt", Wesley hob eine kleine Schatulle hoch und zeigte sie den beiden Männern.
"Aber wie?" Gunn sah fragend in die Runde.
Cordelia und Kate ignorierten die Frage und schlugen den Rückweg an, während Wesley dem jungen Schwarzen auf die Schulter klopfte. "Das erzähl ich dir, wenn wir wieder zu Hause sind!"
Angel sah den Vieren hinterher und wandte sich dann um, um die Wand anzustarren, in der ein riesiges Loch klaffte. Was zur Hölle war geschehen?
Als er sich wieder umdrehte, war sein Team bereits verschwunden. Er konnte noch ihre gedämpften Stimmen hören, doch das war alles.
Langsam setzte er sich in Bewegung. Wenn er irgendwas erfahren wollte, musste er sich gedulden und ihnen folgen.
Doch das Gefühl, dass sie ihn nicht gebraucht hatten, was immer geschehen war, machte ihn nachdenklich und hinterließ ein ungutes Gefühl.


Ende


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